Dienstmann bleibt Dienstmann

Niemand kann aus seiner Haut. Bis heute ist Frank-Walter Steinmeier der „Kofferträger“ geblieben, als den ihn Gerhard Schröder 1993 an seine Seite holte, damals noch in Hannover, später in Berlin. Auch unter Angela Merkel blieb er der treue Diener seiner Herrin, als Außenminister von 2005 bis 2009 und dann nochmals von 2013 bis 2017. Stets überbrachte er, was andere an den Mann bringen wollten. Weil er selbst nichts zu sagen hatte, machte er in jeder politischen Seifenoper bella figura. 

Dass das zu wenig ist, um die Rolle des Bundespräsidenten auszufüllen, scheint ihm bisher nicht aufgegangen zu sein. Statt sich als Staatsoberhaupt der Bundesrepublik Deutschland über den Hickhack der Parteien zu erheben, schürt er Vorurteile, indem er die üblichen Phrasen herunterleiert. Das Amt hat aus dem Dienst- keinen Staatsmann gemacht, keine unabhängig denkende Persönlichkeit. Nach wie vor beschränkt das Niveau der linksliberalen Dorfschule seinen geistigen Horizont. 

Die Ansprache, die Frank-Walter Steinmeier vorgestern, am 58. Jahrestag des Mauerbaus, zu Eröffnung einer Gesprächsreihe mit dem bemühten Titel „Geteilte Geschichte(n)“ hielt, war schlichtweg banal.. 

„Die Mauer“, säuselte er gleich zu Beginn seiner Rede, „die Mauer fiel übrigens in der Nacht der Nächte, am 9. November, nicht einfach. Nein, die Bürgerinnen und Bürger der DDR brachten sie zum Einsturz und die SED-Diktatur gleich mit dazu“.

„Das Zusammenwachsen zweier Systeme“

Wer außer unserem amtierenden Bundespräsidenten wäre je darauf gekommen. Welches Licht mag den Ostdeutschen da aufgegangen sein. Wie mögen sie gestaunt haben, als Steinmeier von dem „Schandmal aus Beton und Stacheldraht“ sprach, obwohl doch die SPD, des Redners eigene Partei, noch 1987 zusammen mit der SED ein gemeinsames „Grundsatzpapier“ zur deutsch-deutschen Zukunft erarbeitetet hatte, ohne ein Wort über die Mauertoten zu verlieren. 

Tempi passati? Mitnichten! Definierte der West-Genosse die Wiedervereinigung doch wenige Sätze später kurzerhand als „das Zusammenwachsen zweier Systeme“, auf gut Deutsch als die Verschmelzung der Demokratie mit einer Diktatur. Meist verrät die Sprache mehr, als die Schwafler verraten wollen. Unversehens kommt heraus, was uns nicht bewusst werden soll, in dem Fall die Tatsache, dass wir längst auf dem Weg in eine Demokratur sind, in autokratische Verhältnisse, die sich denen der „sozialistischen Demokratie“ ostdeutscher Prägung annähern. Schon damals endete die Freiheit des Bürgers, die individuelle wie die politische, wo seine Ansprüche denen der „Partei“ zuwiderliefen. 

Nun soll man nicht Birnen mit Äpfeln vergleichen. Gleichwohl stellt sich die Frage, was der Bundespräsident meint, wenn er uns, wiederum in die martialische Diktion der abgesoffenen DDR verfallend, zum „Kampf für Freiheit und Demokratie“ aufruft. Leben wir nicht bereits in einem Land, in dem durchweg demokratisch gewählte Parteien um den politischen Kurs streiten sollten, statt einander zu bekämpfen, Kritiker der exekutierten Politik auszugrenzen und zu diffamieren? 

Immerhin reicht das Spektrum der Überzeugungen in jeder anständigen Demokratie von links bis rechts. Wen also meint Frank-Walter Steinmeier, wenn er sagt: „Wer Mitmenschen verunglimpft oder bedroht, wer das Gift des Hasses in die Sprache und die Gesellschaft trägt, steht heute auf der falschen Seite!“ Müsste er sich da nicht an der eigenen Nase zupfen? Wer hat denn große Teile des Volkes als „Pack“ und „Schande für Deutschland“ beschimpft? Waren es nicht Christ- und Sozialdemokraten, die das im Schulterschluss getan haben? 

Die Geschichte auf den Kopf stellen

Sicher hat der Bundespräsident recht, wenn er feststellt: „Eine neue Faszination des Autoritären ist auch in westliche Gesellschaften tief eingedrungen.“ Aber sind es nicht die herrschenden Politiker und ihre medialen Wasserträger, die sich jeden Zweifel an der Autorität kategorisch verbieten und nicht einmal davor zurückschrecken, den Verfassungsschutz gegen ihre Kritiker in Stellung zu bringen? Wieso spricht das Staatsoberhaupt von „neuen Mauern“, die sich in der „Gesellschaft aufgetan“ hätten, von „Mauern, die sich auch in Wahlergebnissen widerspiegeln“? Geht dem Genossen Steinmeier womöglich die Muffe? 

Zwar sagte er: „Wenn politische Gruppierungen im Wahlkampf versuchen, das Erbe von ‚89‘ für ihre Angstparolen zu stehlen, dann ist das eine perfide Verdrehung der Geschichte.“ Doch hält ihn das nicht davon ab, gleich im nächsten Satz selbst die Geschichte auf den Kopf zu stellen und die Ostdeutschen vor den Karren der westdeutschen Europapolitik zu spannen, indem er behauptet: „Die friedlichen Revolutionäre suchten den Weg nach vorn, in eine offenes Europa.“ 

Purer Unsinn, halten zu Gnaden. Auf den Transparenten, die die Demonstranten damals trugen, stand zuerst „Wir sind das Volk“, dann „Wir sind ein Volk“, nicht „Wir sind Europa“. Es sollte eines Bundespräsidenten unwürdig sein, mit der Geschichte zu aktuell politischen Zwecken derart Schindluder zu treiben. 

Wie wäre es, wenn auch sie in Zukunft befolgen würden, was sie anderen ins Stammbuch schreiben, sich an ihre eigenen Worte hielten. Sie wissen doch: „Jeder muss im Blick auf die eigenen Lebensgeschichte für sich selbst bewerten, was gut und wichtig war und was nicht. Das zu bewerten ist nicht Sache des Bundespräsidenten.“ 

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Leserpost

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Eckehard Kittler / 15.08.2019

Irgendwo habe ich mal gelesen, dass ein damaliger Studienfreund von Frank-Walter Steinmeier bei einem Besuch in dessen Studentenbude in einem unbeobachteten Augenblick dessen Kassettenrekorder angehört hat. Da waren nur Arbeiterkampflieder drauf! Ich habe in der DDR etwa zur gleichen Zeit studiert. Ich kann mir nicht vorstellen, dass zu einer Zeit, als die Rolling Stones, Pink Floyd,  Depp Purple, Led Zeppelin etc. das Musikleben der Jugendlichen bestimmt hat, jemand der kein Linksradikaler war, mit so was seinen Recorder zugemüllt hat. Wir werden von ehemaligen Maoisten und Kommunisten regiert. In Freiheit und Wohlstand, großgepampert, die DDR bewundernd nie eine Diktatur von innen kennengelernt. Den Kommunismus als Kick für das abgesicherte aber langweilige Leben erkoren. Gute Nacht Deutschland. Ich glaube, die friedliche Revolution war für die Katze. Wir wollten westliche Demokratie und freie Marktwirtschaft,

Rainer Küper / 15.08.2019

Korrektur zu meinem Kommentar: Statt Bundesrat muss es Bundesversammlung heißen. Bitte um Entschuldigung für den Fehler.

Rolf Lindner / 15.08.2019

Eine perfide Verdrehung der Geschichte ist es, ein Grenzregime, das der Sicherung der Macht von Diktatoren diente, mit der Forderung gleichzusetzen, eine in der ganzen Welt übliche Sicherung der Grenzen vor dem Eindringen von Menschen zu gewährleisten, die unsere Rechtsordnung missachten. Wir sind in der DDR vor der Wende auf die Straße gegangen, um Phrasendrescher, Geschichtsverdreher und Realitäsverleugner vom Schlage eines Steinmeiers von der Macht zu entfernen. In diesem Sinn ist noch viel zu tun, um die Wende zu vollenden.

sybille eden / 15.08.2019

W erter Herr Rietzschel, was diese Steineule da faselt ist nichts weiter als linksideologisches Geschwafel, eigentlich nur zum k…....... Allerdings bin ich der Meinung, wir befinden uns mitnichten auf dem Weg in eine DEMOKRATUR, sondern wir befinden uns ganz real bereits in einer LINKS - GRÜNEN GESINNUNGSDIKTATUR und sind auf dem Weg in eine ÖKODIKTATUR,  meinen sie nicht ?

Uta Buhr / 15.08.2019

Der Buh-Präsi hat schon lange den Olymp seiner Unfähigkeit erklommen. Eigentlich hatte er das Peter-Prinzip bereits als Außen-Walter übererfüllt, als er,  seinerzeit erster Diplomat des Landes, den mächtigsten Mann der Welt einen Hassprediger nannte. Seiner Chefin ist es jedoch nicht eingefallen, ihn darob zu rügen. Merkel und Steinmeier sind beide Totalversager, die im Hinterzimmer ein Bündnis frei nach dem Gestammel eines Tarzan ausklüngelten: “Ich Kanzleröse, du Buprä.” Was bei dieser Symbiose herauskommt, erleben wir jeden Tag. Ich freue mich übrigens, dass Steinmeiers Sozi-Verein bald eine Doppelspitze haben wird. Wer könnte dafür geeigneter sein als Pöbel-Ralle im Zusammenspiel mit Storchennest-Gesine?  Da bewegt sich die SPD aber munter in Richtung letzte Ruhestätte. Jener, der die Grabrede halten wird, muss höllisch aufpassen,  nicht selbst in die Grube zu fallen. Requiescat in pace, SPD!

Dr. Gottfried Köppl / 15.08.2019

Die Mütter und Väter der Verfassung dachten sich den Bundespräsidenten als persönliche Repräsentanz des Staates, so wie die Flagge seine symbolische und die Hymne seine akustische Repräsentanz sind. Unter Merkel hat das allen an Bedeutung verloren: Armee und Grenzschutz sind in einem Staat, der allen ohne Identitätsprüfung offen steht, eigentlich funktionslos, Schwarzrotgold ist sogar der Kanzlerin peinlich (man erinnere sich an die Szene mit Hermann Gröhe), die Hymne irgendwie Nazi-verdächtig (obgleich nicht verbürgt ist, ob der Gröfaz jemals mitgesungen hat) und der Bundespräsident als alter weißer Mann ein toxisches Relikt der Vergangenheit. All das kann weg. Die Europahymne reicht, die Regenbogenfahne symbolisiert Buntheit, und als Repräsentantin des Staates wäre jetzt eine junge weibliche Person dran. Wenns mit dem Friedensnobelpreis nicht klappt, wäre Greta ein heißer Tipp. Für entsprechende Grundgesetzänderungen findet sich bestimmt eine Mehrheit jenseits der AfD.

Chr. Wiese / 15.08.2019

Nie zuvor eine derart treffende Beschreibung unseres Präsidenten gelesen! Großartig, danke dafür!

Leo Hohensee / 15.08.2019

Der Mann muss weg und das Amt muss ersatzlos gestrichen werden. Wenn ich mir bewusst mache, was die letzten Bundespräsidenten alles an Respektlosigkeiten gegen das Volk “ausgebrütet” haben dann ist dieses Amtes es nicht wert, durch das Volk finanziert zu werden. @ Jürgen Volkenandt : von Herrn Köhler habe ich allerdings eine gute Meinung nicht so wie Sie; er hat sich gleich zu Anfang einem Intrigenspiel widersetzt mit bekanntem Ergebnis. Ich muss auch nicht unbedingt von “Volk” sprechen, ich kann auch Bevölkerung sagen womit ich einschließe alle unsere ausländischen Mitbürger, die in diesem Land seit langem leben, arbeiten und seine Kultur nicht ablehnen. Aber direkt danach hört es auch schon auf. Wer Gastfreundschaft ausnutzt, diesem am Ende sogar gerichtlich einfordert (mit Hilfe links-grüner Schreihälse und Ideologieapostel), den hätte ich gerne wieder heraus aus diesem Land = hirnrissige Rechtswege müssen durch Rechtsänderungen abgeschafft werden. Zurück zum Präsi, - unser Frank Walter hat sich doch durch seine Voreingenommenheit zu den Chemnitz-Vorfällen insbesondere mit der Einladung von Feine Sahne Fisch ..... enttarnt als - jedenfalls KEIN STAATSOBERHAUPT - !

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