Joachim Nikolaus Steinhöfel / 13.11.2018 / 13:00 / 13 / Seite ausdrucken

Die Zensurminister der Länder legen nach

Die Justizminister der Länder wollen eine Verschärfung des Netzwerkdurchsetzungsgesetzes (NetzDG) verlangen, berichtet das “Handelsblatt”. Die Zeitung zitiert aus einer Beschlussvorlage für die Justizministerkonferenz am Donnerstag. Darin fordern die Länder Bundesjustizministerin Katarina Barley auf, Wege zu prüfen, durch die Nutzer einfacher ihre Beschwerden einreichen können. Ferner sollen “inhaltsleere Antworten auf Anfragen der Strafverfolgungsbehörden” künftig mit Geldbußen von bis zu einer halben Million Euro geahndet werden können.

Der Hamburger Justizsenators Till Steffen (Grüne) sagt der Zeitung, dass Gesetz habe sich in der Praxis in einigen Bereichen als “zahnloser Tiger” entpuppt. So würden einige Plattformen ihre Beschwerdeformulare zu sehr verstecken.

§ 3 Abs. 1 NetzDG lautet aber schon jetzt:

„Der Anbieter eines sozialen Netzwerks muss ein wirksames und transparentes Verfahren nach Absatz 2 und 3 für den Umgang mit Beschwerden über rechtswidrige Inhalte vorhalten. Der Anbieter muss Nutzern ein leicht erkennbares, unmittelbar erreichbares und ständig verfügbares Verfahren zur Übermittlung von Beschwerden über rechtswidrige Inhalte zur Verfügung stellen.“

Bei Verstößen drohen Geldbußen bis zu 50 Millionen Euro. Genügt das nicht? Kennen die Herren Minister das Gesetz, dessen Verschärfung sie jetzt verlangen, nicht? Erkennen sie nicht, dass es ganz offenbar keine Frage des Gesetzestextes, sondern der Durchsetzung der schon bestehenden Vorschrift ist? Zuständig dafür ist das Bundesamt für Justiz, das schon zuvor durch spektakuläre Kompetenz in Erscheinung getreten ist.

Weitere Frontalangriffe auf die Meinungsfreiheit

Kaum haben die Anbieter aus Angst vor noch massiveren Regulierungen aus Brüssel gekniffen, was den Weg zum Verfassungsgericht angeht, plant der Gesetzgeber weitere Frontalangriffe auf die Meinungsfreiheit.

Man muss unter ernsthaften Juristen lange suchen, bis man jemanden findet, der einschränkungslos auf dem Standpunkt steht, dass das NetzDG verfassungsgemäß ist. Die Landesjustizminister aber, die die Verfassung und die Grundrechte wahren sollen, planen eine weitere Attacke auf Art. 5 GG.

Diese Amtsträger sollen nie wieder das Wort „Meinungsfreiheit“ in den Mund nehmen. Sie sind selbst damit überfordert, die schon bestehende Rechtslage zu erfassen. Es war nicht anders, als das komplett überflüssige NetzDG verabschiedet wurde. Denn das Instrumentarium, strafbare Inhalte im Netz zu verfolgen, gab es schon vorher. Um es mit den Worten des großen Ronald Dacey („Startup“) zu sagen: „It’s a little more complicated than your ass might understand.“

Siehe auch Joachim Steinhöfels Blog hier.

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Leserpost

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Jana Grohmann / 13.11.2018

Nach der abendlichen Lektüre der letzten Achse-Artikel ist mir jetzt regelrecht übel geworden und Hoffnungslosigkeit entsteht. Ich war gerade 18, als die DDR zusammenbrach und ich habe alles miterlebt. In den Jahren zuvor lag vor allem die Lüge wie Mehltau auf dem Land, die Menschen glaubten schon lange nicht mehr, was sie täglich im Fernsehen und den Zeitungen vorgesetzt bekamen. Genau das ist jetzt anders. Trotz vielfältiger Medienangebote kommt mir die deutsche Bevölkerung gehirngewaschen vor. Der Point of no return wird bald erreicht sein, für die Generation meiner Kinder sehe ich schwarz.

Gabriele Klein / 13.11.2018

Aber verstehen Sie doch, wir haben eine Haushaltslücke und die gilt es finanziell zu schließen…..Jeder Stöpsel tuts, auch der des Rechts. Was wollen sie anderes von einer Regierung erwarten die den Unterschied zwischen Resolution und Gesetz nicht kennt? Oder, besser ausgedrückt nicht kennen will und das eine als das Andere an die Wähler verkauft? Der Leser sehe sich doch die hessische Volksabstimmung zum “Grundgesetz” im Internet an…. Das Grundgesetz hat etwas mit elementarsten Menschenrechten zu tun und entzieht sich somit einer Volksabstimmung, da Menschenrechte nun mal NICHT demokratisierbar sind. Daran ist in einem Rechtsstaat nicht zu rütteln. ganz egal wie schön die Resolutionen den Leser auf den ersten Blick auch anmuten mögen….. Stellt man Grundrechte DENNOCH zur Diskussion wie geschehen, verlassen wir den Rechtsstaat nach westlichem Vorbild…......ganz egal wie die positiv formulierte Resolution am Ende lautet. ..... (Das Recht, wie ein Anwalt, dessen Name ich vergaß im Netz erklärte, ist in Demokratien vorwiegend negativ formuliert es sagt NICHT was zu tun ist sondern was man NICHT darf.  Ein positiv formuliertes Recht,wie es in der Hessischen Verfassungsänderung erkennbar wird trägt die Züge der Diktatur und nutzt die rechtliche Unwissenheit der Wähler als Vorwand dieses Unrecht durchzusetzen…......Bei der ansonsten großen Scheu vor Volksabstimmung seitens der Regierenden sehe ich hier einen grenzenlosen Zynismus…....

Klaus Klinner / 13.11.2018

Was ist eigentlich in diesem Zusammenhang aus der Lindner’schen Vorwahl-Ansage geworden, gegen dieses Gesetz zumindest mit parlamentarischen Mitteln vorgehen zu wollen?

Eugen Karl / 13.11.2018

Natürlich wird das Gesetz weiter verschärft werden. Das passiert eben, wenn man zwar lauthals ankündigt, nach Karlsruhe gehen zu wollen, dies dann aber nicht tut (AfD, FDP et al.). Nach einem Jahr ist gegen dieses Gesetz noch nichts unternommen worden. Da sollen sich seine Kritiker was schämen.

Wolfgang Kaufmann / 13.11.2018

Das Einfachste wäre, die US-Medienfirmen würden sich aus Deutschland zurückziehen; Zensur und 1. Verfassungszusatz sind unvereinbar. Kein Google, kein Windows, kein Netz, kein Mobilfunk. Sollen die Deutschen doch schauen, wie weit sie kommen mit hausgemachter Technologie à la Pergamon und Robotron.

Constanze Rüttger / 13.11.2018

Langsam macht es mir Angst, in Deutschland zu leben. Ob alle regelmäßigen Kommentatoren der Achse bald Besuch vom Verfassungsschutz gekommen?

Robert Jankowski / 13.11.2018

Was bleibt denn übrig, wenn man weiß, dass man Recht hat und die Leute trotzdem nicht gehorchen? Die Konsequenz daraus muss dann doch zwangsweise “Notwehr” lauten. Anders ging doch schon in der Vergangeneit nicht, weshalb man die Notverordnung “zum Schutz von Volk und Staat” in Kraft setzte. Fehlt jetzt irgendwie nur noch Marinus van der Lubbe, aber wer weiß, ob jetzt nicht Alice Weidel für den nächsten Reichstagsbrand verantwortlich gemacht werden wird? Wobei es dabei ein großes Manko gibt: Frau Weidel ist leider keine Jüdin!

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