Vera Lengsfeld / 06.11.2018 / 17:00 / Foto: BMI/Sandy Thieme / 43 / Seite ausdrucken

Die Wahrheit in den Ruhestand versetzt

"Das Lügengebäude bricht zusammen" lautete kürzlich eine Überschrift bei kath.net. In den USA ist trotz oder wegen Donald Trump noch kritischer Journalismus möglich. Lügen werden, egal in wessen Interesse sie geäußert wurden, aufgedeckt und sanktioniert. Eine Frau, berichtet kath.net, hatte behauptet, sie wäre von Brett Kavanaugh, der kürzlich zum US-Höchstrichter auf Lebenszeit ernannt wurde, vergewaltigt worden. Nun musste sie zugeben, dass sie Kavanaugh nie getroffen hat und muss sich vor Gericht verantworten. 

In Deutschland muss sich die Wahrheit mühsam durch Schlupflöcher verbreiten, aber manchmal bekommt sie ungewollte Helfer. Zum Beispiel gestern, am 5.November, im heute-journal. Spitzenmeldung war die Versetzung des Verfassungsschutzchefs Maaßen in den einstweiligen Ruhestand. Eine vertrauensvolle Zusammenarbeit mit Maaßen sei ihm nicht mehr möglich, sagte ein sichtlich gequälter Innenminister Seehofer ins Mikrofon. Damit gestand er, dass deutsche Politiker mit Vertrauen meinen, dass man ihren Äußerungen nicht zu widersprechen habe, egal wie weit sie von der Wahrheit entfernt sind und wie sehr sie Deutschland schaden.

Maaßen, der zwar Beamter, aber auch Bürger ist, hat sich der Wahrheit verpflichtet gefühlt und in seiner Abschiedsrede vor den europäischen Geheimdienstchefs wiederholt, was er vorher mehrmals im Bundestag und der BILD zu Protokoll gegeben hatte: Hetzjagden auf Ausländer, für die Chemnitz, Sachsen, ja ganz Deutschland an den Pranger gestellt wurden, sind bis heute nicht nachgewiesen, es hat sie wohl nie gegeben.

Das ZDF war so freundlich, die entsprechenden Äußerungen der Kanzlerin noch einmal auszustrahlen. Merkel sprach eindeutig von Videos über Hetzjagden und Zusammenrottungen, alles im Plural und löste damit eine Medienkampagne gegen Deutschland aus, dem sie – das hat sie in ihrer Abkündigungsrede wiederholt – angeblich dienen wollte. Wer solche Diener hat, braucht keine Feinde mehr. Es ist wohl ein ganz besonderer Fall, dass ein demokratisch gewählter Regierungschef sein eigenes Land denunziert hat.

Maaßen muss mit allen Mitteln diskreditiert werden

Für den Bürger Maaßen war es unerträglich, zu diesem Vorgang zu schweigen. Inzwischen ist klar, was man von Anfang an vermuten musste, dass es außer dem Wackel-Video von Antifa Zeckenbiss, das in 10 Sekunden zeigt, wie ein „Schutzsuchender“ etwa 10 Meter von der Demonstration vertrieben wird, die er vorher womöglich provoziert hat, keinen Beweis gibt. Dass der Schutzsuchende und sein Kumpel, der ebenfalls ins Bild kam, Handschuhe trugen, die mutmaßlich anderen Zwecken dienten, als modisches Attribut zu sein, wurde in den staatstreuen Medien nie erwähnt, geschweige denn problematisiert.

Um die Untragbarkeit von Maaßen zu beweisen, hat nicht nur das FDF das Manuskript von Maaßens letzter Rede in die Kamera gehalten, man kann sie inzwischen fast überall nachlesen. Die Sätze, die man ihm um die Ohren haut, sind nach dem derzeitigen Erkenntnisstand wahr, sollen es aber offenbar nicht sein:

„Diese „Hetzjagden“ hatten nach Erkenntnissen der lokalen Polizei, der Staatsanwaltschaft, der Lokalpresse, des Ministerpräsidenten des Landes und meiner Mitarbeiter nicht stattgefunden. Sie waren frei erfunden… Dass aber Politiker und Medien „Hetzjagden“ frei erfinden oder zumindest ungeprüft diese Falschinformation verbreiten, war für mich eine neue Qualität von Falschberichterstattung in Deutschland“.

In der Tat ist die Berichterstattung über Chemnitz ein so großer Politik- und Medienskandal, dass offenbar mit aller Macht daran festgehalten werden soll. Also muss Maaßen nicht nur gehen, sondern er muss mit allen Mitteln diskreditiert werden. Darin steht die Altparteienkoalition wieder einmal fest zusammen. Olaf Scholz von der SPD spricht davon, dass Maaßen nicht verstanden hätte, dass es seine Aufgabe gewesen sei, sich um die Sicherheit der Bürger zu kümmern, statt „krude Theorien“ zu verbreiten.

Das sagt er einem Mann, unter dessen Leitung sieben Attentate in den letzten Jahren verhindert wurden. Damit hat der Verfassungsschutzchef hat mehr Gutes getan, als alle anderen Politiker, die mit ihrer chaotischen Flüchtlingspolitik“ die Sicherheitslage unseres Landes verantwortungslos destabilisiert haben.

Maaßen ist weder naiv noch infantil

Das hat die Fraktionsvorsitzende der Grünen im Bundestag indirekt bestätigt, indem sie in ihrem Statement von „einem hoch sicherheitsrelevanten Problem“ sprach, oder wollte sie damit sagen, dass der Mann, der so viele Anschläge verhindert hat, ein Sicherheitsrisiko sei? Das ist er sicher für Politiker, die es mit der Wahrheit aus machtpolitischen Erwägungen nicht so genau nehmen. Fast überflüssig, zu sagen, dass der SED-Linke Bartsch und auch FDP-Fraktionsvize Stephan Thomae den Rausschmiss vor der Kamera befürworteten.

Ob sich Maaßen selbst „in Not“ gebracht hat, wie das ZDF behauptete, darf bezweifelt werden. Maaßen ist weder naiv noch infantil. Ihm war ganz sicher klar, was es für Folgen haben würde, wenn er sich noch einmal äußert, noch dazu in verschärfter Form, denn er machte auf die Linksradikalen in der SPD aufmerksam, was ihm sofort als Verschwörungstheorie angekreidet wurde.

Warum eigentlich? Mit Bundespräsident Steinmeier und Außenminister Maas gibt es gleich zwei hochrangige SPD-Politiker, die eine linksextremistische Band hoffähig gemacht haben und das ZDF wird diese extremistische Band demnächst per Äther in alle Wohnzimmer schicken, die dem ZDFf noch offen stehen. Die fatale Neigung der SPD zum Linksextremismus ist Realität.

In den Zeitungen wird heute mehr oder weniger wiederholt, was gestern im ZDF vorgekaut wurde. Allerdings mit interessanten Absicherungen, falls es mal anders kommen sollte. Die Morgenpost verweist darauf, dass über Chemnitz unangemessen hysterisch berichtet worden sei, aber Maaßen hätte nicht reagieren dürfen, wie er es tat. Nun, ich denke, Maaßen wusste genau, was er tat. Er wird künftig womöglich noch unbequemer werden, als er es zum Schluss als Verfassungsschutzchef war.

Foto: BMI/Sandy Thieme CC BY-SA 3.0 de via Wikimedia Commons

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Leserpost

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Benjamin Goldstein / 06.11.2018

Der Treppenwitz ist ja, dass der Verfassungsschutz die Aufgabe hat, Theorien darüber zu entwickeln, wer sich gegen den Staat verschworen hat.

Wolfgang Kaufmann / 06.11.2018

In Deutschland werden Beamte auf Recht und Gesetz vereidigt, daher ist es sogar geboten, dass Herr Maaßen für die Rechtsstaatlichkeit spricht, selbst wenn es seinen Vorgesetzten nicht gefällt. Die Bundesrepublik ist eben kein Unternehmen, das nach außen eine gute Figur machen muss; jeglicher Korpsgeist wäre hier fehl am Platze. Vielmehr sind seine inhaltlichen Vorwürfe zu klären, darunter auch das Verhältnis der SPD zu einer brandschatzenden und plündernden Antifa (Hamburg!) oder die von Hans-Jürgen Papier monierten Dinge. – Herr Maaßen hat das Zeug zum Innenminister!

Regina Dexel / 06.11.2018

@Matthias Martiné: Genau dieses Schweigen, welches Sie einfordern, wurde Beamten der Nazidiktatur und der DDR im Nachhinein vorgeworfen. Wird aus Unrecht jetzt Recht, weil man Kritik für unangebracht hält? Es ist doch wohl offensichtlich, dass Maaßen das Bauernopfer für Merkels momentanes Verbleiben im Kanzlersessel ist und im Übrigen zum Schweigen gebracht werden soll, aufdass man ihn auf das Übelste diskreditiert.

Jens Breitenbach / 06.11.2018

Was hat Maaßen denn von sich gegeben? - Dass es beim G20-Gipfel im Hamburg nicht zu Ausschreitungen im engeren Sinne gekommen sei, und dass die Videoaufnahmen, die Vermummte zeigen, wie sie Molotowcocktails auf Polizisten werfen nur ein Ablenkungsmanöver seien, damit nicht in den Schlagzeilen steht, dass der Polizeichef sich eigenmächtig über das Gerichtsurteil hinweggesetzt hat, welches das Demonstrieren ausdrücklich erlaubt hat. - Hat er nicht? Doch, hat er, nur genau andersherum. Und genau das war der Tropfen, der das Fass zum Überlaufen gebracht hat. Die anderen Tropfen waren - ebenfalls auf links gedreht -: Die Vertuschung, dass sein Amt die RAF-Veteranen jahrelang mit Geld, Waffen und falschen Papieren ausgestattet hat; dass beim Rohwedder-Mord ein V-Mann des Verfassungsschutzes dabei war; eine Beratungsleistung für die Linkspartei, wie sie der Beobachtung durch seine Behörde entgehen könne, ohne sich ernsthaft ändern zu müssen; V-Leute im Umfeld von Anis Amri und die Vertuschung derselben. - Nur eine Frage, Frau Lengsfeld: Bei welchem dieser Fehltritte hätten Sie die Abberufung eines so auf Links gewendeten Verfassungsschutz-Chefs gefordert?

Steffen Kallinowsky / 06.11.2018

Mich hätte mehr Auskunftsbereitschaft von Herrn Maaßen im Fall „Amri“ mehr beeindruckt, als seine vertrucksten Statements in Bild und als Abschiedsrede. Zu einer klaren öffentlichen Stellungnahme und dabei zu bleiben hat es nicht gereicht. Das heißt eine Linie haben und nicht auf „den Strich gehen“. Herr Maaßen hat nicht den Mut Position zu beziehen - mit dem Risiko den Job zu verlieren. Stattdessen wollte er sich erst einmal irgendwie durchmogeln, in der Hoffnung doch noch am Futtertrog zu bleiben. Wenn er jetzt als „Opfer“ in die Politik gehen würde hätte er genügend Gläubige die in anbeten würden. Mag er in der Sache recht haben - der Mann ist nicht nur schwach sondern richtig schlecht.

Peter Bereit / 06.11.2018

M. hat das wiederholt, was der sächs. Ministerpräsident als auch das sächs. LKA zweifelsfrei festgestellt hatten. Es gab keine Hetzjagden und es gab auch keine massenhaften Zusammenrottungen von Nazis. Es passierte am betreffenden Tag weniger, als nach einem Fußballspiel. In den Medien sah das anders aus. Da titelte eine Zeitung “Rechtsradikale zogen eine Spur des Blutes und der Verwüstung durch Chemnitz”. Nichts davon ist wahr. Aber wenn der König lügt, dann müssen die Hofschranzen mitlügen, oder sie finden sich vor der Schlossmauer wieder. Die ärmlichste Figur in dieser miesen Show gab der Innenminister ab. Wer stets die große Fresse hat, im entscheidenden Moment aber immer kneift oder Unterstellte ins Messer laufen lässt, der gehört in die Wüste. Endlich.

Hein Tiede / 06.11.2018

Ein Beamter schwört, dass er sich jederzeit für die demokratische Grundordnung einsetzen werde. “- zur Wahrhaftigkeit verpflichtet sind. Tatsachen wesentlicher Art dürfen sie nicht verschweigen.” heißt es zu den Treuepflichten des Beamten. Und ein Widerstandsrecht gibt es auch. “Gegen jeden, der es unternimmt, diese Ordnung zu beseitigen, haben alle Deutschen das Recht zum Widerstand, wenn andere Abhilfe nicht möglich ist.” Was hilft gegen Merkel? Das Parlament folgt, die Presse ist einverstanden. Der Mann, der über die miesten Informationen zur Gefährdungslage verfügt, soll schweigen?

Dragan Isakovic / 06.11.2018

Bei Sarrazin konnte man noch unterschiedlicher Meinung sein, ein Grenzfall. Mit Maaßen nun, der einfach Fakten benennt ohne darüber hinaus gehende Interpretation, für die Innere Sicherheit mit verantwortlich ist, wurde eine letzte Grenze seitens der etablierten Parteien überschritten. Die der Säuberung der Verwaltung nach ideologischen Maßstäben hat begonnen. Deutschland ist ohne Frage eine defekte Demokratie, das Ziel der dominierenden Parteien scheint eine gelenkte Demokratie zu sein, mit politischen Durchgriffsrechten in die Beamtenschaft hinein, aufgeweichter Gewaltenteilung. Die Menschen lassen es sich mehrheitlich bieten. Schade, solche Entwicklungen haben am Ende oft einen hohen Preis.

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