Peter Grimm / 09.05.2020 / 17:00 / Foto: Tom Sodoge / 21 / Seite ausdrucken

Die Vorzüge einer Corona-App-Infektion

Können Sie sich noch an Axel Voss erinnern? Der CDU-Europaparlamentarier ist in den letzten Monaten nicht so sehr im Blickfeld der Medienöffentlichkeit gewesen, weshalb er in diesen schnelllebigen Zeiten vielleicht bei dem einen oder anderen Zeitgenossen in Vergessenheit geraten sein mag. Doch wenn Sie die Schlagworte EU-Urheberrechtsrichtlinie, Uploadfilter und Europäische Datenschutzgrundverordnung hören, dann erinnern Sie sich vielleicht an den Mann. Er war maßgeblich daran beteiligt, solch höchst umstrittenen Regelwerke für die digitale Welt im EU-Parlament mit analogen Mitteln zu Gesetzeskraft zu verhelfen. Was also drohende Regularien und Gebote angeht, kann man ihm kaum eine gewisse Kernkompetenz absprechen.

Insofern ist es sicher nicht falsch, seine Prognosen auch in Corona-Krisenzeiten ernst zu nehmen – also beispielsweise zur Rolle, die die Corona-App in unserem künftigen Leben spielen soll. Bekanntlich müssen sich mindestens sechzig Prozent der Bevölkerung diese App auf ihr Mobiltelefon laden und es dann auch dauernd mit sich führen, damit sie funktioniert. Man soll – so wird es Laien wie mir erklärt - durch die Auswertung verschiedener relevanter Daten und der Kommunikation des eigenen Mobiltelefons mit allen anderen Corona-App-infizierten Geräten rechtzeitig vor zu engem Kontakt mit coronainfizierten Mitmenschen gewarnt werden, die sich eventuell in der Nähe aufhalten. Trotz einer so persönlichen Dienstleistung sei selbstverständlich alles anonymisiert. Mancher Laie kann nicht so recht glauben, dass diese Aussage hundertprozentig tragfähig ist und Lecks und Pannen ausgeschlossen sind. Die diesbezügliche Glaubensfestigkeit bei Fachleuten scheint ebenso zu variieren. Aber beruhigend wird uns ja von den politischen Entscheidungsträgern und ihrem Gefolge hoch und heilig versichert, dass die Installation dieser App vollkommen freiwillig sei. Wieso aber hat niemand einen Zweifel, ob sich die nötige Zahl von Freiwilligen findet? Ansonsten werden die Bürger (mit beschränkten Bürgerrechten) doch gerade wie Kleinkinder bevormundet, die nicht selbst entscheiden können, ob und wann sie rausgehen und mit wem sie spielen dürfen. Wenn unsere Staatsführung davon ausgeht, dass die hiesige Bevölkerung auch amtliche Anleitungen zum Händewaschen braucht, soll sie bei der App gleichzeitig auf volle Freiwilligkeit setzen? Auch hier fehlt sicher vielen der Glaube.

Freiheit nicht mehr für alle

Nun drängt sich die Frage auf, auf welchen Wegen die Regierenden die nötige Freiwilligkeit zu erreichen trachten. Aber das ist wilde Spekulation. Wenn hingegen Axel Voss eine Prognose abgibt, hat das schon viel mehr Substanz. In einem Interview mit der FAZ sagt er, man müsse „Anreize setzen.“

Vor dem Gesetz sollen zwar eigentlich alle gleich sein, doch App-Nutzer sind dann etwas gleicher, oder wie es Voss so schön formuliert: Aber man sollte denen, die sie nutzen, auch wieder mehr Freiheiten gestatten. Schließlich schützt es auch andere, wenn man sich dann selbst schnell testen lässt und selbst isoliert. Gerade im grenznahen Bereich sollten App-Nutzer wieder reisen dürfen. Wer eine solche App hat, sollte auch zuerst wieder ins Restaurant, ins Kino, ins Theater und ins Freibad dürfen.“

Also nach Voss ist der Anreiz zur Freiwilligkeit eine Corona-App zu installieren, wieder ins Kino, ins Theater oder ins Ausland zu dürfen. Das muss man ja nicht. Da kann man ja freiwillig darauf verzichten. Haben wir ja fast alle in den letzten Wochen gelernt.

Auch der in Deutschland vorerst beerdigte Immunitätsausweis ist für den rechtspolitischen Sprecher der christlich-demokratischen EVP-Fraktion im Europäischen Parlament offenbar längst nicht vom Tisch. Noch besser wäre ein digitaler Impfpass, am besten EU-europäisch: Das ist eine sinnvolle Lösung, um Geimpften oder Genesenen Reisen wieder zu ermöglichen. Wir brauchen auch da eine europäische Herangehensweise, damit das Vertrauen in solche Zertifikate hoch ist. Der belgische Grenzbeamte sollte auf eine Datenbank zugreifen können, um zu sehen, ob der Deutsche an der Grenze geimpft oder immun ist.“

Toll! Noch vor wenigen Wochen feierte sich die EU dafür, dass an den innereuropäischen Grenzen in der Regel gar keine Grenzbeamten mehr standen. Heute sollen sie neben den Personalien auch gleich ein Gesundheitszeugnis vom EU-Bürger abrufen können.       

Foto: Tom Sodoge tomsdg CC0 via Wikimedia Commons

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Leserpost

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Dieter Blume / 09.05.2020

Wir müssen uns nicht fürchten, denn die App soll in Deutschland entwickelt werden. Daher wird es noch Jahre dauern, bis alle Wichtigtuer die Funktionen absegnen, die sie selbst nicht mal ansatzweise verstehen. Gerade erst empört man sich, dass Open-Source-Code erst veröffentlicht werden soll, wenn er erstellt wurde. Das ist in etwa so, als wenn man sich beschwert, weil man mit einem noch nicht produzierten Auto nicht fahren kann.

Gert Köppe / 09.05.2020

Nix Da! Finger weg von meinem Telefon! Was mich betrifft, ich werde Widerstand leisten, gegen diese staatliche “Schnüffel-App”. Passiver Widerstand ist die Beste Gegenwehr, denn hier braucht man sprichwörtlich einfach nur nichts zu tun. Kostet nix und kann jeder. Wenn man uns zwingen kann, wie aktuell, nichts zu machen, dann kann ich das auch freiwillig durchziehen. Dazu gehört nur ein Wille und ansonsten ein wenig Geduld. Nicht mehr in Urlaub fliegen/fahren, gut bleibe ich eine Weile hier. Kein Kino/Theater- oder Stadienbesuch, egal, macht mir nichts aus, gibt doch Alternativen. Wenn das ganz viele Menschen machen, dann brauchen wir nur noch gespannt abzuwarten, wer dann als Erster jammert, weil die Kunden massenhaft ausbleiben. So gerät die Politik, auf Umwegen, wieder unter Druck. Egal was uns die Politiker hoch und heilig versprechen, Datenschutz, Sicherheit, alles Quatsch. Da können wir auch ab morgen wieder alle an den Weihnachtsmann glauben. Wie wir gerade an den stümperhaften Corona-Maßnahmen sehen können, ist unsere Regierung geradezu ein Garant für Fehler. Jeder der ihnen Glauben schenkt, der sollte sich einmal, auf YouTube, die Hacker Dokumentation - Die Welt der Cyberpiraten - Fehler im System, anschauen. Danach wird er merken, es gibt keine absolute Sicherheit, nicht im Netz und nicht im Smartphone. Wenn ich mir dann überlege, das mindesten 60% diese App installieren müssen, dann sind das aber Millionen Menschen. Für einen versierten Hacker geradezu eine “Einladung”, diese App zu “knacken”, Millionen Smartphones angreifen zu können, oder “fernsteuern”, zu “kapern”, oder einfach jede Menge Daten zu klauen und gewinnbringend im “Darknet” zu verhökern. Selbst wenn nicht, Politiker lügen immer und wer will schon seinen “persönlichen Spitzel” auch noch täglich mit sich herum tragen? Ich gewiss nicht. Ich verzichte gern.

Christian Feider / 09.05.2020

es geht geschwinden Schrittes in die Ära der NWO auf Umwegen über eine “supranationale EU,die weder befugt noch ermächtigt waere,derart in die Grundrechte der Mitgliedsstaatsbürger ein zu greifen. Mutti hat ja voller Inbrunst schon in Davos davon geschwaermt,das wir in dreissig Jahren in GANZ anderen Zeiten leben werden. Vielleicht hatte ja Ihr Besuch in Wuhan an der dortigen Uni im September ja auch ein ganz klein bisschen mit dem feuchten Traum aller Kommunisten und sonstiger (Gates etc) zu tun…

Gereon Stupp / 09.05.2020

Homo homini lupus. Der ‘canis lupus’ ist ein armer Fiffi dagegen. Sollte der mir aber doch einmal begegnen, habe ich immer noch meinen Dolch. Ach ja, der hülfe ggf. auch gegen die zweibeinige Bestie, ‘dual use’ sozusagen. Schaun’s einfach ‘mal bei Böker in Solingen rein.

Petra Wilhelmi / 09.05.2020

Nunja, dann werde ich wohl zum Bürger 2. Klasse degradiert werden. Ich habe nämlich überhaupt kein Smartphone, auf welchen ich irgendeine App draufladen könnte. Ich kaufe mir deswegen auch keines. Ein kleiner Fehler ist mir dabei unterlaufen. Ich werden nicht Bürger 2. Klasse, sondern 3. Klasse werden, da Bürger 1. Klasse die Migranten sind, Bürger 2. Klasse die Biodeutschen mit Smartphone und dann komme ich vielleicht.

Caroline Neufert / 09.05.2020

Interessant, dass die Kirche (Kardinal Müller) aufbegehrt

Thomas Taterka / 09.05.2020

Hauptmerkmal der deutschen Heimtücke ist immer ihre einwandfreie, aalglatte ” Korrektheit “. Hat immer so was Streberhaftes mit Tarnkappe , die nach erbarmungslosem Gutsein riecht. Vorbildlich bis in die Socken.

Hjalmar Kreutzer / 09.05.2020

Ja, ist doch alles freiwillig, wozu die Aufregung! Ich musste auch nicht in die Freie Deutsche Jugend und Deutsch-Sowjetsche Freundschaft eintreten, später als Berufstätiger in den Freien Deutschen Gewerkschaftsbund. Ich musste auch nicht freiwillig drei Jahre statt achtzehn Monate in der Armee dienen. Musste ich nicht. Ich musste dann aber auch nicht unbedingt eine Ausbildung im gewünschten Beruf antreten oder Abitur machen und ein Medizinstudium aufnehmen. Dessen waren nur gefestigte junge sozialistische Persönlichkeiten würdig. Der Immunitätsausweis bzw. die Corona-App sind der neue Ariernachweis. Müssen „die Anderen“ sich dann wieder ein farbiges Kainsmal auf die Kleidung nähen? Ich gehöre zu den Dinosauriern, die ein abgelegtes Smartphone geerbt haben und gehe damit nur im häuslichen WLAN online. Wer zahlt mir das mobile Internet, was ich sonst nicht brauche? Bevor ich das Smartphone erbte, hatte ich nur für die mobile Erreichbarkeit im Bereitschaftsdienst ein simples Mobiltelefon, Telefonbuch, Wahlwiederholung, SMS, völlig aureichend. Vielen Senioren wird es ebenso gehen. Sollen diese dann keine Schiffsreisen mehr machen dürfen?  Hätten wir in D und der EU Parlamentarier mit Eiern, würden diese solchen Politikern mit der größtmöglichen Handschuhnummer kräftig auf die Finger klopfen.

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