Rainer Bonhorst / 30.07.2020 / 10:00 / Foto: Pixabay / 30 / Seite ausdrucken

Die Virus? Oder wäre die Virussin besser?

So lange ist es noch nicht her, dass Unwetter immer einen weiblichen Namen bekamen. Die Meteorologen wollten die Frauen damit wahrscheinlich nicht herabwürdigen, sondern ehren. Ein klassischer männlicher Schuss in den Ofen. Denn wer will schon gerne ein Unwetter verkörpern. So war es ein Akt der Gerechtigkeit, dass auch Männer in die Katastrophen-Pflicht genommen wurden. Zwar war es wieder mal eine Katrina, die besonders wild tobte. Aber wir hatten inzwischen auch einen Karl und einen Otto, um nur zwei von vielen zu nennen. Da geht es mit dem Corona-Virus doch glatter. Das Virus. Ein geschlechtsneutrales Phänomen. Gendermäßig divers, also geradezu woke. Kein Potenzial für einen Kampf der Geschlechter. Oder?

Schauen wir mal. Im Lateinischen ist das virus in der Tat ein Neutrum. Kein sehr schönes, schließlich wird es mit Schleim, Gift, Gestank übersetzt. Aber es entspricht in seiner Genderneutralität, also weder männlich noch weiblich, dem neuesten Stand der politischen Korrektheit. Alles wäre so schön, wäre da nicht der Duden. Der duldet doch glatt, wer oder was sich klammheimlich in die Alltagssprache eingeschlichen hat: den männlichen Virus. Vor dem obersten deutschen Sprachorgan sind beide gleich: das Virus und der Virus.

Hier erhebt sich nun doch wieder eine Frage der Geschlechtergerechtigkeit. Wieso darf das Virus, dieser schleimige, giftige Gestank, auch ein Mann sein? Und wieso keine Frau? Weil es Virus heißt und nicht Vira? Klingt einleuchtend, ist aber – wie man so sagt – zu kurz gesprungen. Denn nicht alle Wörter, die im lateinischen auf „us“ enden, sind männlich oder sächlich. Die meisten schon, aber nicht alle. Das Haus (domus), die Hand (manus) und sogar die Tugend (virtus) sind weiblich. Haus, Hand, Tugend. Lauter schöne Sachen oder Eigenschaften. Alle weiblich. Ist das gerecht? Kann nicht auch das Gift mal weiblich sein? 

Sich ganz persönlich dem männlichen Virus verweigern

Wenn ja, wie? Die Virus? Ich gebe zu, das klingt komisch. Wäre die Virussin besser? Kaum, außerdem würde man sich des antislawischen Rassismus schuldig machen. Die Vire? Sozusagen als Einzahl der vielen Viren, die zur Zeit ihr Unwesen treiben? Auch nicht überzeugend. 

Ich fürchte, die weiblichen Viren werden sich nicht durchsetzen. Weder die Virus, noch die Vire und schon gar nicht die Virussin. So erfolgreich sich der männliche Virus eingeschlichen hat, so aussichtslos wäre der Versuch, dem einst exklusiv neutralen Virus auch eine weibliche Identität überzustülpen. Wer es trotzdem versuchen würde, müsste mit einem Sturm der Empörung rechnen, gegen den Katrina am Golf von Mexiko ein lindes Lüftchen wäre. Ich rate dringend ab, sich diesem weiblichen Donnerwetter auszusetzen.

Was kann man als Mann tun, nachdem der Duden unter dem Druck des Volksmundes zum grammatikalischen Weichei geworden ist und den Virus mit dem Stempel der Korrektheit versehen hat? Nur eines: Man kann sich ganz persönlich dem männlichen Virus verweigern und das Virus als das behandeln, was es nun mal von Hause aus ist: ein Neutrum. Kein sehr schönes. Und das tut mir leid für die nicht binär sortierten Mitmenschen, die sich von dem viralen Gift und Schleim indirekt diskriminiert fühlen könnten. Aber die Grammatik ist – wie das wirkliche Leben – ungerecht. 

Foto: Pixabay

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Dr. med. Jesko Matthes / 30.07.2020

P.S.: Was auch noch ungeklärt ist: Welche Hautfarbe haben die Vir*Innen? Ja, natürlich, es gibt keine Rassen! Das vermittelt auch meine autoritäre, größtenteils weiße Hauskatze meiner unterdrückten, schwarzbraunen Britisch-Kurzhaar. Aber, mal im Ernst: Sind die Vir*Innen white suprematists, die man bekämpfen muss, oder oppressed POC, die man wüten lassen muss? Noch schlimmer: Würden Vir*Innen gar Jörg Meuthen oder Donald Trump wählen? Die haben doch auch schon Boris Johnson gewählt! Oder wählen sie Gregor? - Na, dem kann es egal sein. Der redet sich ja aus allem raus.

Rolf Mainz / 30.07.2020

Da ist noch viel Luft nach oben. Warum soll z.B. “der Teufel” stets männlich sein? Warum immer nur “der Nazi”? Wieso “der Tod”, “der Leichnam”, usw., usw.? Es werden noch viele Lehrstühle notwendig sein, um hier “Gerechtigkeit” zu schaffen, nicht wahr? Als überaus bösartigem, männlichen Menschen kam mir der Slogan “Male Lives Matters” in den Sinn, doch (unglaublich, aber wahr) ich war zu spät - Spruch und Bewegung gibt es längst…

Stefan Riedel / 30.07.2020

Das Virusende ( siehe tagesschau.de ” Ein Verkehrsexperte, “Genderwahnsinn” und das Fahrspurende”) Willkommen in Gaga-D!

Dr. med. Jesko Matthes / 30.07.2020

Bleiben wir sächlich. Daher mein Vorschlag: “Vir*Innen”! Das kommt auch bei der Anrede gut, wenn man beispielsweise die genderneutralen Erreger*Innen verbal korrekt um Gnade anwinseln möchte. Oder man lässt die Biester im Neutrum und zwingt sie einfach zum Tragen einer Maske. In jedem Fall muss man aber schon aus Interesse am eigenen guten Ruf alle diese mentalhygienischen, gendergerechten Sprachpogrome und peni-cunni-linguistischen Säuberungen loben, wenn man in ‘schland noch was werden will. Also: Ut desint VIRES, tamen est laudanda voluntas. - Früher war allerdings nicht nur die Zukunft, sondern auch das besser. Witziger. An irgendeiner Wand der Uni-Rostlaube in Berlin Dahlem prangte in den 1980ern eine zeitlang der Spruch: “Als Göttin den Mann erschuf, übte sie nur.” Und den nutze ich heute noch. Wenn ich zuhause mal wieder Mist gebaut habe.

Bea Frank / 30.07.2020

DIE Influenza/Grippe, Pest, Gürtelrose, Meningitis/Gehirnhautentzündung, Lepra, Tollwut, etc. etc. Zu kurz gedacht ;-)

Dirk Jungnickel / 30.07.2020

Anfrage an den Sender Jerewan: Bekommt das Corona - Virus in Absurdistan jetzt einen gendergerechten Status, weil es bekanntlich ständig mutiert ? Antwort des Senders Jerewan:  Das liegt im Bereich des Möglichen. Das RKI ist nämlich jetzt von Regierungstellen beauftragt worden,  die näheren ” geschlechtsspezifischen” Umstände der Vermehrung des Virus zu erforschen. Wohl auch um die täglichen Horrormeldungen ein wenig zu konterkarieren.

Arnold Warner / 30.07.2020

Die weiblichen Viren werden sich nicht durchsetzen? Wer regiert denn in Berlin und Brüssel, wer steht an der Spitze der Europäischen Zentralbank? Wer plädiert für Kuschelkurs gegenüber der Party- und Linksterroristenszene? Wer führt die Denunziantenszene an?

Thomas Taterka / 30.07.2020

Was man als Mann tun kann ? ‘Nen Riesenbogen machen um die mobile Gummizelle der Virus _innen und im eigenen ” Saft ” schmoren lassen.

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