Ulrike Stockmann / 12.01.2021 / 16:00 / Foto: Pixabay / 115 / Seite ausdrucken

Die Verzweiflung hinter den geschlossenen Läden

Im November berichtete Achgut.com über eine junge belgische Friseuse, die sich das Leben genommen hatte, weil im Zuge der Corona-Maßnahmen ihr vom Munde abgesparter Friseursalon nicht mehr zu halten war. Die Verzweiflung der ihrer Existenz beraubten kleinen Unternehmer und Geschäftsleute ist inzwischen mit den Händen greifbar. Eine Gastronomin in der österreichischen Metropole Linz hat am Montag um 16 Uhr ihr „Badcafé“ trotz Lockdown geöffnet – eine halbe Stunde später beendete ein Polizeieinsatz das Unternehmen.

In diesem Video beschreibt die Café-Besitzerin Alexandra Pervulesko ihre Handlung als Verzweiflungstat:

„Ich hab irgendwie das Gefühl, ich hab gar keine andere Wahl mehr. Ich bin eine Mama, ich hab ein 13-jähriges Kind. Ich bin quasi durch sämtliche Raster gefallen, die so an Förderungen (da) sind. Also, das, was ich bekommen habe, hat noch nicht mal meine Kosten gedeckt (...)

Meine Intention, das Lokal jetzt zu öffnen, war, vielleicht zwei-, dreihundert Euro einzunehmen, um meine nächsten zwei Wochen zu finanzieren mit meinem Sohn.

 (...)

Die finanzielle Situation ist gar keine mehr, ich bin hochgradig verschuldet und hab noch nicht mal Geld, um Essen auf den Tisch zu stellen.“

Betretungsverbot über das Café verhängt

Eine halbe Stunde nach Öffnung rückte die Polizei an, um die Versammlung aufzulösen. Der Standard berichtet:

„37 Personen kassierten insgesamt 97 Anzeigen, ihnen drohen Strafen bis zu 1.450 Euro pro Person. Die Wirtin wird ebenfalls angezeigt, bei ihr beträgt der Strafrahmen bis zu 30.000 Euro.“

Mittlerweile wurde ein Betretungsverbot über das Café verhängt. Der Kommentar des Linzer Bürgermeisters Klaus Luger dürfte aus Gastronomen-Sicht eine Zumutung sein:

„Die Stadt Linz hat großes Verständnis für die wirtschaftlichen Sorgen von Gastronomen, es gibt jedoch keine Toleranz gegenüber einzelnen Betreiberinnen und Betreibern, die sich medial inszenierend über geltende Gesetze hinwegsetzen und somit das gemeinsame Ziel einer Eindämmung der Covid-19-Pandemie gefährden.“

Café-Besitzerin Alexandra Pervulesko hatte ihre Öffnung im Vorfeld bei einer Corona-Demo sowie gegenüber Medien angekündigt.

Verzögerung der Novemberhilfen

Die Existenzbedrohung der Gastronomie wird auch in Deutschland allenthalben zur Gewissheit. Steuerberater und Bank-Mitarbeiter sind gewissermaßen das Frühwarnsystem der Wirtschaftslage und berichten auch hierzulande von immer mehr Selbstständigen, die in Not geraten und ihre Geschäfte verlieren. Kürzlich gestand mir ein Berliner Restaurantbetreiber, dass er die versprochenen Novemberhilfen noch immer nicht erhalten habe und nun mit seinem Ersparten versuche, sich selbst und seine Mitarbeiter über die Runden zu bringen.

Doch die Nöte von Gastronomie und Einzelhandel scheinen in der Politik bislang auf taube Ohren zu stoßen. In vollem Bewusstsein der verzögerten Wirtschaftshilfen bezichtigt Markus Söder Kritiker etwa, sich als Opfer der Pandemie darzustellen, obwohl die wahren Opfer „die fast 40.000 Toten in Zusammenhang mit dem Virus“ seien.

Generös wie der Bayrische Landesvater nun einmal ist, hat er dennoch „Verständnis für den Ärger vieler Menschen über die Maßnahmen, vor allem aus der Wirtschaft“. Und: „Es dauert schon sehr lange, und manches wirkt sehr bürokratisch.“ In der Tat. Mittlerweile gibt es eine weitere Verzögerung bei der Auszahlung der Novemberhilfen: Weil laut Welt „die dafür notwendige Software auch nach mehreren Wochen Vorbereitung nicht zur Verfügung“ stehe. Bislang gab es lediglich Abschläge – von 4,5 Milliarden Euro Antragsvolumen wurden bislang 1,33 Milliarden gezahlt. Bei den Dezemberhilfen läuft es ähnlich schleppend: Von bis dato 1,5 Milliarden wurden bislang nur 640 Millionen Euro ausgezahlt. Söder & Co. können sich wenigstens darüber freuen, ihre Gehälter stets pünktlich zu erhalten.

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Leserpost

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winston schmitt / 12.01.2021

Herr Söder reich eingeheiratet und mit einem fürstlichen monatlichen Salär als Ministerpräsident ausgestattet sollte sich schämen. Ebenso wie Herr Altmeier “keiner wird wegen Corona seinen Arbeitsplatz verlieren. Ja, Corona gibt es und es gibt Mutationen - welch Wunder ähnlich wie bei der Grippe - und ja, es kann einen schlimmen Verlauf nehmen. Was wir aber erleben ist, dass die Pandemie von der Politik aufs übelste instrumentalisiert wird.

Karsten Dörre / 12.01.2021

Hunger und Not führen zu vielen Handlungen. Die einen bringen sich um, andere begehen Straftaten und dann gibt es diejenigen, die mit ehrlicher Arbeit Einkommen erzielen wollen, um weder zu sterben noch Straftaten zu begehen. Dass seriöse Arbeit verboten ist, ist dem Wahnsinn der Corona-Demokratie geschuldet. Das Palaver, sich zu gedulden usw. treibt eine gesunde Gesellschaft zwar nicht auf Treppen und Fahnenschwenkerei. Die ausharrende Gesellschaft sammelt genügend Aspekte, um in absehbarer Zeit Bewegung in die festgefahrende Corona-Karre der derzeitigen Bundes- und Landesregierungen zu bringen.

Rolf Menzen / 12.01.2021

@Jana Hensel: Fragen Sie mal seine Ex. Die musste jahrelang prozessieren, damit der feine Herr Unterhalt für seine vier Kinder bezahlt.

Ralf Pöhling / 12.01.2021

Man kann den Unternehmern nur dringend raten: Macht den Mund auf! Wehrt euch gegen diese vollkommen sinnlosen Maßnahmen! Der harte Lockdown führt erwiesenermaßen nicht zu geringeren Infektionszahlen. Es muss also einen anderen Grund geben, warum die Regierungen am Lockdown festhalten. Und dieser Grund dürfte Unfähigkeit sein. Eine Regierung, die ihr eigenes Land gegen jeden Verstand in den Abgrund zwingt, braucht Gegenwind. Starken Gegenwind. Extrem starken Gegenwind! Und zwar so lange und so kräftig, wie es nötig ist, bis dieser Wahnsinn ein Ende findet.

Konrad Wilhelm / 12.01.2021

... und dann kommen die Aasgeier und kaufen billig , und was die Aasgeier übriglassen, besetzen Angela mortis maximal pigmentierte Hilfstruppen, und was Angela mortis Lieblinge übriglassen, fressen die Ratten und die Ratten bringen wieder die Pest, und dann geht das weiter wie in den Jahren um 1350 und keiner wills wie immer gewußt haben -  finis germaniae

Horst Girmann / 12.01.2021

Söder hat in einem wesentlichen Punkt recht: Ich radikalisiere mich. In Gedanken weit mehr als ich mich je in Wirklichkeit getraue, aber das liegt nur an meinem Alter.

Maria Ulm / 12.01.2021

Wenn der Arbeitsminister die Alimente der Gesellschaft für eine Vielzahl von Arbeitsscheuen inklusive einer 2-jährigen Schonung von Vermögenswerten und unter Umgehung einer Anerkennung von Wohnungsgrößen als besonders vordringlich in Zeiten von Corona betrachtet, aber diejenigen völlig außer Augen verloren hat, falls er sie jemals beachtet haben sollte, dann ist dieser Minister ideologisch verblendet oder völlig ignorant. Diejenigen, die mit Mut, persönlichem Risiko und oftmals überdurchschnittlichem persönlichen Einsatz versuchen, ihr Leben selbst zu gestalten und vielen anderen einen Broterwerb ermöglichen, werden mit bürokratischen Schikanen, mit Hinhaltetaktiken, wenn es um die Auszahlung von zugesagten Leistungen geht (s. Auszahlung der Ansprüche aus November für Selbstständige) und Auflagen traktiert, dass man den Glauben an soziale Marktwirtschaft schon lange begraben konnte. Wie sagte doch die GröKaZ so richtig: das ist nicht mehr mein Land!! Meines auch nicht mehr! Und was verwundert, hier ist die Staatsmacht sofort zur Stelle, bei den Clans dauert es etwas länger.

Horst Jungsbluth / 12.01.2021

Es ist schon mehr als Ironie, dass das, was 1989 der mit tatkräftiger Unterstützung der SED ins Amt gehievte Berliner SPD/AL-Senat “wegen des Mauerfalls zur falschen Seite” nicht schaffte, nunmehr durch eine Seuche gelingt, nämlich die Vernichtung von Existenzen, Arbeits- und Ausbildungsplätzen. Dass gerade jene, die eigentlich auf eine florierende Wirtschaft angewiesen sind, da nur diese ihnen ihre nicht schlechten Bezüge und die gute Altersversorgung erwirtschaftet, dieses nicht nur in Kauf nehmen, sondern sogar noch forcieren, mag befremdlich erscheinen, ist es aber nicht, da ihnen das im vergangenen Jahrhundert bereits dreimal gelungen ist.

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