Roger Letsch / 15.09.2017 / 08:00 / Foto: Antje Naumann / 15 / Seite ausdrucken

Die verschwundene Antwort der “Zeit”

Es ist nicht das erste Mal, dass Zeit-Online durch Artikel auf sich aufmerksam macht, deren Absicht zwar schon im Titel sichtbar ist, die dann beim Weiterlesen aber nichts als heiße Luft, unhaltbare Vorwürfe, unzulässige Schlussfolgerungen oder gar Lügen enthalten. Und ehrlich, ich bin nicht im Mindesten enttäuscht! Ich würde in den Kopfnoten „Betragen“ und „Mitarbeit“ ohne Zögern die Wertung „Erwartungen erfüllt“ vergeben.

Der Artikel bei Zeit-Online über die angeblich illegal beschäftigte Putzhilfe bei Alice Weidel reiht sich denn auch nahtlos in die Galerie besagter Zeit-Artikel ein: „Alice Weidel ließ Asylbewerberin schwarz für sich arbeiten“, eine Headline, die so weit vom hier eigentlich angebrachten Konjunktiv entfernt ist, wie es nur möglich ist. Aber lassen wir für einen Moment die Möglichkeit beiseite, dass Weidels Handeln an deren Schweizer Wohnsitz womöglich vollkommen legal sein könnte.

Ignorieren wir auch die geistigen Schlaganfälle und Kurzschlüsse der Zeit-Redakteure, die aus der Ablehnung von Masseneinwanderung zwingend die persönliche Feindschaft zu Einwanderern im Allgemeinen konstruieren wollen und wenden uns den Kommentaren zu. Es sind viele. Sehr viele! Und viele davon nicht mehr da. Gelöscht vom Moderationsteam bei Zeit-Online, wie das heutzutage bei vielen Medien üblich ist. Ich will das auch nicht generell in Zweifel ziehen, denn es gilt Hausrecht. Spiegel-Online lässt z. B. unliebsame Antworten gar nicht erst auf die Plattform, weshalb es dort fast unmöglich ist, wirklich kontroverse Diskussionen zu finden. Diese sieht man bei Zeit-Online aufgrund der nachträglichen „Korrektur“ zumindest an den Löschhinweisen. „gelöscht – sachlich bleiben“, „gelöscht – Polemik“, „gelöscht wegen Pauschalisierung“ oder „gelöscht wegen Relativierung“.

"Der absolute Inbegriff eines Neonazis"

User „Thyrm“ versuchte es mit einem ironischen Seitenhieb und kommentierte: „Eine Homosexuelle mit asiatischstämmiger Lebenspartnerin und syrischer Putzhilfe scheint mir nicht unbedingt der Inbegriff eines Neonazis zu sein…“, worauf das Moderationsteam antwortete:

„Hallo Thyrm,

sie wissen aber schon, dass die Nationalsozialisten damals mit Japan (Asiaten) verbündet waren und die Juden (ganz entfernt mit der im Text erwähnten Syrerin vergleichbar) für sich haben arbeiten lassen? Insofern kann man auch sagen: der absolute Inbegriff eines Neonazis.

Die Redaktion/sq“

Irgendwem in den weiten Fluren der Zeit muss wohl aufgefallen sein, dass hier dem oder der „sq“ die letzten Sicherungen durchgebrannt sind, denn ein beredteres Beispiel für Relativierung, Polemik, Pauschalierung und an den Barthaaren des Propheten herbeigezogene Vergleiche kann man wohl kaum finden. Und das beste: der Witz ging auch noch auf’s Haus! Aus diesem Grund hat „Die Zeit“ diese Antwort samt aller darauffolgenden, die sich darauf bezogen, restlos und rückstandlos entfernt. Nur diesmal nicht mit dem Hinweis auf den Löschgrund, sondern klammheimlich und spurlos.

Ich habe die Zeit-Redaktion deshalb per Mail* um eine Erklärung gebeten. Sollte ich wider Erwarten eine Antwort erhalten, erfahren Sie dies hier.

Liebe Zeit-Redaktion, liebe Community-Betreuer bei Zeit-Online,

ich lese ja immer gern besonders Ihre investigativen Artikel, in denen Sie über unhaltbare Missstände oder Korruption in der Politik berichten. Mit großer Neugier las ich deshalb auch Ihren Artikel über die Asylbewerberin, die bei Alice Weidel putzt.

Auch bewunderte ich die Konsequenz, mit der das Zeit-Moderationsteam so gut wie alle kritischen Kommentare mit dem Hinweis auf unzulässige Relativierungen gelöscht hat – so weit kommt es noch, dass jemand zu Wort kommt, der Ihre Darstellung für aufgebauscht, tendenziös und verleumderisch hält!

Doch dann musste ich sogar feststellen, dass sie auch mit Ihren eigenen Team-Mitgliedern so rigoros umgehen, und deshalb eine recht seltsame, relativierende Antwort des Moderationsteams gelöscht haben. Und zwar so rückstandslos, dass die darauffolgenden Posts in der Nummerierung nachrutschten! Das finde ich sehr mutig und konsequent von Ihnen! Relativierer muss man entsorgen, am besten so, wie Sie das tun!

Nun zu meiner Frage: Arbeitet der für den getilgten Post 2.29 verantwortliche Online-Redakteur noch bei der Zeit, oder putzt dieser jetzt bei der Antifa? Womöglich schwarz? Ihrer Antwort sehe ich in heller Freude entgegen.

Herzliche Grüße, Roger Letsch, Blogger

PS: Falls Ihre erste Reaktion wie die meine ausfällt und Sie sich denken „Das kann doch nicht sein, dabei muss es sich um einen grafischer Fake handeln!“, empfehle ich diesen Hinweis, der über archive.is noch zugänglich ist. Die dort sichtbaren Rechtfertigungen von „sq“ beziehen sich eindeutig auf den gelöschten Eintrag.

Dieser Beitrag erschien zuerst auf Roger Letschs Blog Unbesorgt hier. Dort finden Sie auch die entsprechenden Screenshots.

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Leserpost

netiquette:

Svenja Gerwing / 15.09.2017

Lieber Herr Letsch, genauso wie Sie hoffe ich, dass der Kollege, der sich hinter “Redaktion/sq” versteckt eine Anschlussverwendung bei der hamburger Roten Flora Hausbroschüre bekommen wird. Die Zukunft dieser ideologisch gefestigten Kompetenzen ist längst nicht mehr krisensicher! Glück auf, oder wie sagt man in diesen Kreisen?

Stefan Rausch / 15.09.2017

Herr Letsch, ich kommentiere seit längerem bei der Zeit, mittlerweile mit dem 3 Account und kann Ihnen bestätigen dass, die von Ihnen beschriebene Praxis ein typischer Einzelfall unter Unzähligen ist. Neu ist hingegen die Löschpraxis mit der Kommentarnummern nachrutschen. Möglicherweise würde einem die Antwort auf Ihrer Spitze, bezüglich des Moderators, der jetzt bei der Antifa putzt, den Mund offen stehen lassen. Was dort während der G20 an “Moderationsleistung” geschah, hat mich sprachlos hinterlassen. Um es auf den Punkt zu bringen: Relativierung bis hin zu Verteidigung von linker Gewalt. In einem liberalen Medium. Ein gelöschter Useraccount, der sich daraufhin einen neuen unter dem Namen “Hier moderiert die Antifa” anlegte, konnte genau 2 sachliche Beiträge über die tendenziöse Löschung posten und ward wiederum nie wieder gesehen. Kurzum ... Vielen, vielen Dank für Ihren Beitrag und bitte bleiben Sie nach Möglichkeit an diesem Thema dran.

Hjalmar Kreutzer / 15.09.2017

Lieber Herr Letsch, ich habe gerade Tränen gelacht über Ihre Mail, köstlich! Ja, dieser Text der ZEIT-Moderatoren war so unbeschreiblich blöd, dass er wohl selbst der Red. zu peinlich war. Was für ein Glück, dass wir die Gegenöffentlichkeit im Netz haben!

Jens Kaup / 15.09.2017

Peinlicher geht es nun wirklich nicht! Was ich allgemein nicht kapiere, sind diese Mainstream-Journalisten wirklich so dumm und merken nicht, daß sie aus ihrer eigenen Sicht absolut kontraproduktiv arbeiten. Sie bräuchten sich doch nur die Umfrageergebnisse anschauen. Vermutlich sind sie so besoffen von Ihrer Ideologie, daß sie nichts mehr merken. Derart billig gemachter Kampagnen-Journalismus bewirkt natürlich genau das Gegenteil, wie gewünscht. Im Netz kursieren jetzt jede Menge “Weidel-Witze” die ironisch die MSM verspotten und immer neue lächerliche, angebliche moralische Verfehlungen der AfD-Kandidatin aus der Vergangenheit ausbuddeln, wie daß sie in der Stadtbücherei schon immer Eselsohren in die Bücher gemacht hat und am aller schlimmsten das Grünglas in den Braunglas(!)-Container wirft.  Ein bißchen kommen mir disee MSM wie ein panisches Treibsandopfer vor, daß mit jeder ungeschickten Zuckung nur noch tiefer sinkt.

ellen widmaier / 15.09.2017

So eine schlimme - und auch noch “gutgemeinte” - Verharmlosung der NS-Vernichtungspolitik gegenüber den Juden ist mir lange nicht mehr begegnet. Und das auf ZEIT Online - von einem verantwortlichen Redakteur des Moderationsteams. Schämt euch!

Leo Lepin / 15.09.2017

Auch bei Zeit online werden Kommentare zum Teil erst gar nicht veröffentlicht. Oder man sperrt dem Profil die Kommentarfunktion dauerhaft. Vermutlich im Sinne eines Essays, in dem ernsthaft gefordert wurde, unliebsame Vorkommnisse zu verschweigen, da der unmündige Bürger sich sonst die “falsche” Meinung bilden und das falsche wählen könnte.

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