Jochen Ziegler / 04.12.2020 / 06:00 / Foto: Pixabay / 111 / Seite ausdrucken

Die vergebliche Sehnsucht nach der Wunderpille

Wann bekommen wir endlich ein Medikament gegen COVID-20 – wie es mittlerweile heißen müsste, da es SARS-CoV-2, den Erreger von COVID-19, nicht mehr gibt?

Homo sapiens hat schon immer versucht, seine Leiden durch Heilmittel zu bewältigen. Und tatsächlich gab es auch im prä-pharmakologischen Zeitalter einige potente Pharmaka, die die Menschheit früh entdeckt und genutzt hat: Ethanol, Nikotin, Opium (mit seinem Gemisch aus Opiaten), Kokablätter (mit dem Inhaltsstoff Cocain). Doch erst die pharmakologische Ära, die etwa um 1880 begann, nachdem man Wirkstoffe chemisch charakterisieren und gezielt modifizieren konnte, brachte einen gewaltigen Schub an pharmakotherapeutischen Möglichkeiten und führte zusammen mit der Entdeckung der Zellularpathologie durch Rudolf Virchow und der Mikrobiologie durch Louis Pasteur zu einem neuen Zeitalter rationaler Medizin. Aderlass und andere auf der Humoralpathologie beruhende magische Ansätze der Medizin wurden endlich aufgegeben, die Heilkunde wurde zur empirischen Wissenschaft.

Zunächst ist festzustellen, dass ein neuer antiviraler Wirkstoff von seiner molekularen Charakterisierung bis zur Marktzulassung in der Regel mindestens 10 Jahre benötigt. Ob ein solcher demnächst entdeckt und erfolgreich durch die präklinischen und klinischen Studien gebracht wird, ist vollkommen unklar. Vor allem ist es aus Sicht der Pharmafirmen, die für diese Entwicklung insgesamt pro Wirkstoff von der Entdeckung bis zur Zulassung ein bis zwei Milliarden USD verausgaben müssen, unklar, ob sich die Entwicklung lohnt. Denn anders als beim Impfstoff, bei dem eine große Nachfrage schon jetzt sicher ist, ist es eher unwahrscheinlich, dass sich in zehn Jahren noch irgendjemand für den Wirkstoff interessieren wird.

Denn SARS-CoV-X ist ein endemischer Erreger eines in 95 Prozent der Fälle leicht verlaufenden grippalen Infekts mit einer Letalität deutlich unter der von Influenza. Daher wird, wenn die derzeitige, auf Propaganda beruhende Hysterie vorbei oder durch ein neues Thema ersetzt ist, das Interesse an einem Medikament verschwinden. Das wissen die Pharmamanager, und daher werden sie kaum ein bis zwei Milliarden in die Entwicklung eines Wirkstoffs gegen Grippeviren stecken. Denn dies wird seit Jahrzehnten bereits vergeblich versucht. Warum ist es so schwer, ein Medikament gegen grippale Infekte zu entwickeln?

Tief in den Zellstoffwechsel eingreifen

Grippale Infekte und die echte Grippe werden von Viren verursacht. Viren sind keine Lebewesen, sondern infektiöse Partikel, die aus Nukleinsäuresträngen mit einer Hülle aus Phospholipiden und Membranproteinen (Eiweißen, die in der Hülle stecken) bestehen. Sie infizieren Zellen, indem sie sich an deren äußere Zellmembran anheften und von den Zellen aufgenommen werden. In den Zellen bringen sie den Proteinbiosyntheseapparat dazu, neue Virusproteine und mehr Nukleinsäurestränge zu produzieren, aus denen neue Viruspartikel entstehen, die die Zelle dann freisetzt. Die für diese Virusreplikation benötigte Energie, die Baustein-Biomoleküle und die Produktionsfabrik liefert die infizierte Zelle. Die Aufgabe des Immunsystems ist es, infizierte Zellen, die auf ihrer Zellmembran Virusproteine exprimieren, zu erkennen und zu zerstören. Die Zerstörung vieler infizierter Zellen führt zu den bekannten Grippesymptomen wie Husten, Schnupfen oder schlimmstenfalls einer viralen Lungenentzündung.

Aus dieser knappen Beschreibung ist ersichtlich, dass Virusinfektionen tief in den Stoffwechsel der infizierten Zellen eingreifen. Wenn man die Virusreplikation stoppen will, muss man dementsprechend genauso tief in den Zellstoffwechsel eingreifen, was in den meisten Fällen zu schweren Nebenwirkungen führt. Erfolgreiche Virostatika (Medikamente, die die Virusreplikation stoppen), die systemisch eingesetzt werden, wie die antiretrovirale Therapie bei HIV oder die Therapie der Hepatitis C, haben erhebliche Nebenwirkungen. Diese sind allerdings hinzunehmen, da eine Nichtbehandlung bei beiden Erregern in den meisten Fällen tödlich endet.

Systemische Virostatika, die kurativ wirken können, aber keine erheblichen Nebenwirkungen haben, sind nicht bekannt – eben wegen der Art, wie Viren in den Zellen repliziert werden. Doch warum sollte man für einen grippalen Infekt, an dem weniger als 5 Prozent erkranken und den 99,8 Prozent der Infizierten aller Altersklassen überleben, schwere Nebenwirkungen hinnehmen? Daher ist auch die Vorstellung, man könne vorhandene Wirkstoffe durchmustern, um schnell auf wirksame Virostatika für SARS-CoV-X zu kommen, naiv. Denn selbst wenn man wirksame Moleküle findet, ist es höchst unwahrscheinlich, dass deren Nutzen-Risiko-Profil eine Anwendung bei den 99,5 Prozent der Infizierten zuließe, die einen milden Verlauf haben. Und kein Pharmamanager, der noch bei Trost ist, würde für die wenigen (ca. 0,5 Prozent) Patienten, die so schwer erkranken, dass sie an dem Virus sterben, ein so kostspieliges Medikament entwickeln. Denn auch bei den allermeisten dieser Patienten wäre der Einsatz gar nicht sinnvoll. Warum soll man eine natürliche Todesursache medikamentös behandeln? Für die allermeisten COVID-Opfer ist der Tod durch Virus ein Tod an Altersschwäche – ihr Immunsystem schafft es nicht, das Virus zu eliminieren. Anzustreben, einen solche Tod pharmakologisch zu verhindern, ist bestenfalls unsinnig, schlimmstenfalls magisches Denken.

Es ist höchst unwahrscheinlich, dass es einen Wirkstoff gegen SARS-CoV-X geben wird, und das ist auch nicht weiter tragisch, da es sich bei diesem Virus um einen normalen Erreger grippaler Infekte handelt. Wir sollten uns lieber darauf konzentrieren, die Wirtschaft durch Reformen zu stabilisieren, damit die Wertschöpfung uns weiterhin die Luxusmedizin erlaubt, die wir heute noch haben. Sonst haben wir bald wieder Todesursachen zu beklagen, die wir bereits überwunden hatten.

Dr. Jochen Ziegler ist Arzt und Biochemiker. Er arbeitet als Berater für private Anbieter des Gesundheitssystems und lebt mit seiner Familie in Hamburg.

Foto: Pixabay

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Leserpost

netiquette:

Gudrun Dietzel / 04.12.2020

@Peter Holschke, bei der Polemik mache ich mit und tippe auf verrückt UND verschlagen, was ich übrigens auch über den gestern hier verarzteten weiblichen Trappatoni-Verschnitt denke. Leider (oder zum Glück) habe ich dieses Stück samt der köstlichen Kommentare erst heute gelesen. Aber was diesen Fall betrifft, bekomme ich wirklich Bauchschmerzen. Daß so etwas noch frei herumläuft, hätten wir früher gesagt. Jedoch, das hat sich bald erledigt, da bin ich ganz bei Ihnen. Noch eine Runde wird es nicht geben, wie es auch KEINE Zwangsimpfung geben wird. Dieses Nazi-Schild wollen sie sich dann doch nicht vor die Brust hängen lassen. Bei Typen wie diesen, ist die Angst viel zu groß.  Bei der dunkelhaarigen Wirrlocke allerdings warte ich auf noch ganz andere Ergebnisse seine Vita betreffend. Das ist spannend wie ein guter Krimi. Was unser Exponieren hier auf der Achse betrifft, halte ich es wie Sie mit Hannah Ahrendt: in den politischen Raum gehen! Das ist für den Souverän die einzige Möglichkeit, Demokratie zu leben.

WOLF-D. SCHLEUNING / 04.12.2020

@Sabine Schönfelder. Der Autor behauptet kategorisch; „Es ist höchst unwahrscheinlich, dass es einen Wirkstoff gegen SARS-CoV-X geben wird“. Dieses statement halte ich für sachlich falsch und musste es begründen, was eben etwas Biochemie erfordert. Es stimmt auch nicht, dass die Pharmaindustrie sich nicht für Atemwegserkrankungen interessieren würde, oder dass alle antiviralen Mittel schwere Nebenwirkungen zeitigen würden. Passive Immunisierung mit monoklonalen Antikörper oder Nanobodies hat er offenbar gar nicht auf dem Schirm.

Sabine Schönfelder / 04.12.2020

Ach, Herr @Stellbrink, hören Sie doch auf. Wollen Sie, daß wir hier immer die gleichen Statements wiederholen? Auch wenn es Ihnen nicht gefällt, es gibt viele Länder mit unkontrollierter Durchseuchung, Schweden, Weißrußland, Serbien, AFRIKA. „ Einige Autoren kommen zu einer fünffach höheren Sterblichkeit (JAMA Intern Med. 2020;180(8):1045-1046“... und noch viel mehr Autoren und offizielle Statistiken belegen, daß es KEINE Übersterblichkeit gibt. Tamiflu ist die medikamentöse Form des alten Kalauers: Wie lange dauert eine Grippe? Mit Tamiflu eine Woche, ohne 7 Tage. Optimisten behaupten, die Einnahme würde die Dauer der Grippe um einen halben Tag verkürzen..hahaha. Mit dem kleinen Unterschied der potenziellen Nebenwirkungen von Virostatika. Zanamivir kann bei Patienten mit chronischen instruktiven Lungenerkrankungen oder Asthma bronchiale zu Bronchospasmen führen. „SARS-CoV-2 ist kein normaler Erreger eines globalen Infekts.“ Da muß ich Ihnen zustimmen. Es ist ein medial auserwähltes Erkältungsvirus, keinesfalls gefährlicher als INFLUENZA, für eine global inszenierte Pandemie. Ich behaupte, gerade DESHALB wurde es ausgewählt! Wo arbeiten Sie? Beim Propagandaapparat oder in der Pharmaindustrie?

Milan Viethen / 04.12.2020

@Francis Johnson, Stichwort Masseuse : Sie werden durch langanhaltendes Husten muskulaere Verspannungen im Rippenbereich gehabt haben, diese werden als Schmerzen ueblicherweise bis ins Sternum weiter getragen . Das ist wenigen Medizinern bekannt . Vitamin D als Immunbooster dazu , that’s it . Sie sind seinerzeit gluecklicherweise an eine gute Kollegin geraten . Inhalieren wird uebrigens von Ihren aerztlichen Kollegen ganz stark unterschaetzt . Gruss Milan Viethen

Werner Kirmer / 04.12.2020

Die ganzen Diskussionen grenzen schon an Paranoia. Sind denn nur noch Psychopathen unterwegs? Weißt endlich ein Virus nach, wo alle 4 Kochschen Postulate erfüllt sind. Konsens, das es Viren gibt, heiß, wir nehmen es an haben aber keine Ahnung. Lasst euch nicht von computergenerierten Bildern beeindrucken.

Sabine Schönfelder / 04.12.2020

W.@Schleunig, was wollen Sie uns mit ihrem kleinen Ausflug in die Biochemie erklären? Daß der Autor deshalb Unrecht hat? Keiner hat etwas dagegen, wenn Forschung für Medikamente gegen Corona-Erkrankungen betrieben wird. Das erspart die ohnehin gefährliche, ineffiziente Impfung, und ein Medikament kann gezielt bei Erkrankten eingesetzt werden; erübrigt die mühsame Suche nach angeblich „Infizierten“, um das Impfgeschäft anzukurbeln. Warum diese Selbstdarstellung Ihres pharmakologischen Wissens? Sind wir hier bei der Firma Merck auf einem Pharmakongress? Welches wirksame Medikament gegen das Influenza-Virus würden SIE denn empfehlen? Tamiflu war ein finanzieller Erfolg für die Pharmaindustrie, - für den Menschen eher ein Flop.

giesemann gerhard / 04.12.2020

@Dr. med. Markus Hahn: Wenn die Letalität bei von Coronaviren verursachten Erkrankungen signifikant (wie signifikant?) höher ist als die von anderen Grippeviren verursachten (Erkrankungen), die Mortalität aber nicht - oder gar niedriger? - , dann heißt das doch: Das Coronavirus verhält sich wie ein Raubtier, es prädatiert die Opfer, die es kriegen kann, also die “Vulnerablen”, die Schwachen, die eh schon Kranken. Weil jeder nur einmal stirbt, merkt man das an der Mortalität natürlich nicht. Damit ist “lockdown” unsinnig, sinnnfrei, man muss eher den Fuchs aus dem Hühnerstall fern halten, indem man den Stall verschließt. Wilhelm Busch: Ein Fuchs von flüchtiger Moral Und unbedenklich, wenn er stahl, Schlich sich beinacht zum Hühnerstalle Von einem namens Jochen Dralle, Der, weil die Mühe ihn verdross, Die Thür mal wieder nicht verschloss.   Er hat sich, wie er immer pflegt, So wie er war zubett gelegt. Er schlief und schnarchte auch bereits.   Frau Dralle, welche ihrerseits Noch wachte, denn sie hat die Grippe, Stieß Jochen an die kurze Rippe. Du, rief sie flüsternd, hör doch bloß, Im Hühnerstall da ist was los; Das ist der Fuchs der alte Racker…. . Es geht noch weiter, im ww-net

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