Gastautor / 09.05.2012 / 16:46 / 0 / Seite ausdrucken

Die Vandalen kommen!

Kevin Zdiara

Sicherlich haben Sie auch schon von jüdischen Extremisten gelesen, die Moscheen in Jerusalem und in der Westbank anzünden. Bei dem letzten Vorfall dieser Art im Dezember 2011 sprach der deutsche Außenminister Westerwelle von einer Provokation, die enormes Konfliktpotenzial berge. Und er hatte recht. Israelis, die solche kriminellen Taten begehen, befinden sich auf einer Ebene mit palästinensischen Terroristen. Die jüdischen Terroristen und Mörder Baruch Goldstein und Yigal Amir kamen nicht von ungefähr aus jenem Brandstiftermilieu.

Dieser Gefahr sind sich alle vernünftigen Politiker in Israel bewusst. Es gab keinerlei Sympathiebekundungen. Premierminister Netanyahu verurteilte die Taten umgehend und forderte eine harte Bestrafung der Täter. Die Oberrabbiner Yona Metzger und Shlomo Amar sprachen sich mit deutlichen Worten gegen diese Taten aus, genauso wie Staatspräsident Peres. Bei einem vergleichbaren Vorfall im Oktober in der Westbank hatten Rabbiner aus dem nahegelegenen Siedlungsblock Gush Etzion die niedergebrannte Moschee besucht, Korane mitgebracht und sich in scharfen Worten gegen diese Taten ausgesprochen.

Dennoch werfen die Reaktionen auf diese Taten wieder einmal ein Schlaglicht auf die Doppelmoral, wenn es um den nahöstlichen Konflikt geht. Denn mit ziemlicher hoher Wahrscheinlichkeit haben sie in denselben Medien nichts von Brandstiftungen in den Synagogen von Ramot und Jaffa gelesen oder von den andauernden Schändungen jüdischer Gräber auf dem historischen Friedhof auf dem Ölberg. Der deutsche Außenminister hielt sich mit Appellen ebenso zurück wie die Hohe Vertreterin der EU für Außen- und Sicherheitspolitik Catherine Ashton, die die Angriffe gegen die Moschee noch „besorgniserregend“ fand.

Dabei nehmen insbesondere die Angriffe gegen den historischen Friedhof auf dem Ölberg in Jerusalem seit Jahren zu. Beinahe täglich kommt es dort zu Vorfällen, bei denen Grabsteine umgestoßen, zerbrochen und Gräber geschändet werden. Regelmäßig werden Besucher mit Steinen beworfen wie unlängst im Februar dieses Jahres, als zwei amerikanische Abgeordnete Ziel von Steinwürfen wurden. Ende März wurde ein jüdischer Bräutigam, der unmittelbar vor seiner Hochzeit das Grab seiner Mutter besuchen wollte, von vier palästinensischen Jugendlichen mit Steinen und einem Molotow-Cocktail angegriffen und verletzt, Mitte April warfen ebenfalls palästinensische Täter 7 Molotow-Cocktails auf die unmittelbar an den Friedhof angrenzende jüdische Wohngegend Maale Hazeitim.

Die Zahl der Attacken ist in den letzten Jahren so dramatisch gestiegen, dass der israelische Staat eine ständige Videoüberwachung einrichten ließ. Dieser gelang es die Zerstörungen aufzunehmen und sie führte in einigen Fällen auch zu Verhaftungen. So im letzten Dezember als ein Palästinenser dabei gefilmt wurde, wie er in aller Seelenruhe über die Gräber spazierte und einen Grabstein nach dem anderen zerbrach. Er konnte aufgrund der Aufnahmen verhaftete werden und gab in seinem Geständnis zu, diese Tat für einen „Lohn“ von umgerechnet 200 Euro begangen zu haben.

Doch verhindern konnten die Kameras die Taten nicht. Deshalb wurde im April eine Polizeistation direkt in der Nähe des Friedhofs eingerichtet. Ja, Sie haben richtig gelesen. Nicht in Deutschland, Polen oder in Teheran, sondern in der Hauptstadt des jüdischen Staates muss ein 3000 Jahre alter jüdischer Friedhof Tag und Nacht bewacht werden!

Und die Zerstörung des historischen Friedhofs hat Tradition. So wurde nach 1948, unter der Besatzung Jordaniens, der Friedhof nahezu dem Erdboden gleich gemacht. Die Grabsteine wurden für Fußwege genutzt, als Böden für Latrinen missbraucht, Jordanien baute Straßen durch den Friedhof und errichtet sogar ein Hotel auf den Gräbern. Nach der Befreiung Jerusalems durch die israelische Armee im Jahre 1967 bot sich den Soldaten auf dem Ölberg ein Bild der Verwüstung. Dort, wo vor dem Unabhängigkeitskrieg rund 60.000 Gräber waren und so prominente Juden und Israelis wie der Prophet Maleachi, Henrietta Szold, Else Lasker-Schüler oder der Rabbiner Abraham Isaak Kook ihre letzten Ruhestätte hatten, fanden die Soldaten ein Meer zerbrochener Grabsteine. Weit über die Hälfte der Grabsteine war zerschlagen oder beschädigt.

Und auch nachdem Israel die Hoheitsgewalt über den Ölberg erlangte, kam es zu mutwilligen Zerstörungen des Friedhofs. Insbesondere im Zuge der ersten Intifada waren Schändungen Teil des palästinensischen Kampfes gegen Israel. Alleine im Mai und Juni 1990 wurden über 90 Grabsteine zerstört, im Oktober 1992 wurden 25 Gräber geschändet und mit palästinensischen Parolen versehen - und die Liste ließe sich bis zum heutigen Tag fortsetzen. Wundert es da jemand, dass Israel diesen Teil Jerusalems, der im sogenannten Osten der Stadt liegt, nie mehr in die Hände einer arabischen Verwaltung geben will?

Natürlich äußert kein palästinensischer Politiker Bedenken oder verurteilt diese Taten. Aber auch von europäischer Seite gibt es keinen Aufschrei. Wenn in Europa ein jüdischer Friedhof geschändet wird, kommt es regelmäßig zu Appellen und Mahnwachen. Fänden in einer europäischen Stadt Angriffe gegen jüdische Grabstätten in der Häufigkeit und Regelmäßigkeit wie in Jerusalem statt, würde das als Zeichen für eine aggressive, neue Dimension des Antisemitismus gesehen werden. Da es sich jedoch um einen Friedhof in Israel handelt, begegnet man dieser Problematik mit europäischer Gleichgültigkeit.

Aber nicht nur die Indifferenz gegenüber diesen Schändungen ist beschämend. Es ist vor allem das offensichtliche Desinteresse an der Bedeutung dieser Vorfälle, das erschreckend ist. Das Symbolische an der Schändung jüdischer Gräber in Israel ist, dass sie darauf abzielt, die jüdischen Wurzeln in Israel und insbesondere in Jerusalem buchstäblich auszulöschen. Friedhöfe sind seit jeher Symbole für die Verwurzlung der Menschen, sie sind eine Art physisch gewordenes historisches Gedächtnis. Man lässt sich dort begraben, wo man sich zuhause fühlte, wo man zuhause war. Nicht zufällig vergingen sich Judenhasser im Mittelalter und während der Nazi-Zeit zuerst an jüdischen Gräbern, bevor sie sich an den Menschen vergingen. Von der Friedhofsschändung zum Pogrom war es seit jeher nur ein kleiner Schritt.

Was Taten jedoch vorausgeht, sind Worte des Hasses. Und seit einigen Jahren gibt es eine Kampagne der palästinensischen Autonomiebehörde (PA), den jüdisch-israelischen Anspruch auf Jerusalem vollständig zu negieren. Im September 2011 sprach der Präsident der PA Mahmoud Abbas vor den Vereinten Nationen von der christlichen und muslimischen Geschichte des Heiligen Lands und überging dabei bewusst den jüdischen Beitrag. Im Februar 2012 warf er Israel auf einer Konferenz in Doha wahrheitswidrig vor, den christlichen und muslimischen Charakter Jerusalems beseitigen zu wollen. Die Lösung für dieses angebliche Vorgehen Israels hatte der Präsident der palästinensischen Behörde in einer Rede im Juli 2010 bereits dargelegt. Darin sprach Mahmoud Abbas Klartext: „Der Unterdrücker [Israel, kzd] wird in Jerusalem nicht von Dauer sein; die Unterdrückung wird nicht bestehen bleiben. Der Sieg wird kommen, so Allah will. Dieses Land ist Allahs bestes Land, für das er die besten seiner Gläubigen aussuchte, wie es in den Worten des Propheten geschrieben steht.“

Dass sich junge Palästinenser von diesen Worten angestachelt fühlen, das Ende der jüdischen Verbindung zu Jerusalem mit Taten herbeizuführen, sollte einen dann nicht verwundern. Und trotz dieses Zusammenhangs zwischen Worten und Taten wird Mahmoud Abbas bis zum heutigen Tag nicht für seine Aussagen zur Rechenschaft gezogen. Weder deutsche noch europäische Außenpolitiker mahnen Mahmoud Abbas, auf solche hetzerischen Reden zu verzichten oder weisen diesen „moderaten“ Führer der Palästinenser zumindest auf deren provokativen Inhalt und deren Konfliktpotenzial hin. Man handelt lieber nach dem Grundsatz, worüber wir nicht reden, das gibt es auch nicht – Konfliktlösung europäischer Art.

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