Eran Yardeni
Die irreführende Gleichsetzung des Ökofaschismus mit dem Gutmenschentum kann erst dann akzeptieren, wenn man eine unwiderlegbare Tatsache übersieht: Seit dem Ende des Kalten Kriegs genoss keine andere Ideologie so viel grenzüberschreitende Unterstützung wie die Ökobewegung. Wer der Meinung war, dass die Postmoderne keine „großen Ideologien“ mehr hervorbringen kann, wer mit dem Ende des 20. Jahrhunderts auch die Ideologie als epistemologische, moralische und politische Erscheinung begraben wollte, der muss sich heute Abbitte leisten. Das Gutmenschentum hingegen, wie ich schon auf der Achse beschrieb (http://www.achgut.com/dadgdx/index.php/dadgd/article/gutmenschen_und_andere_monster/), ist keine Ideologie sondern eine akute moralische Störung, die dadurch gekennzeichnet ist, dass die Betroffenen der Realität durch pseudo-moralische Argumente entkommen wollen. Im Gegenteil zur Ideologie entbehrt der Gutmenschentum jeder politischen Aspiration.
Die heutigen Ökoideologien bilden eine sublimierte und angepasste Version der uns wohl bekannten antidemokratischen Gedankengebäude, indem sie die Verehrung des politischen Führers durch die bedingungslose Unterwerfung des Menschen unter die Natur ersetzen. In beiden Fällen handelt es sich um das Bedürfnis des Menschen, eine Ersatzvaterfigur zu finden, die ihm Schutz, Geborgenheit und moralische Führung bietet. So betrachtet sind die Parallelen zwischen der Beziehung Kind-Vater und Ökofaschist-Natur nicht zu übersehen: Genau wie im Fall des biologischen Vaters, wird auch die Natur auf der einen Seite verehrt, auf der anderen aber gefürchtet.
Gehorsam und Befriedigung der Wünschen des Angst erregenden Objekts sind die übliche Strategie, um den Zorn des Vaters bzw. der Natur zu beschwichtigen. Der Ökofaschismus in diesem Sinne ist ein Vorgang, an dessen Ende der Ökofaschist die Natur als die höchste moralische Instanz, als eine Art von „Über-Ich“, verinnerlicht.
Diese geistige Entwicklung wird auch durch eine weltliche Praxis begleitet. Durch das ständige Verbrauchen von Ökoprodukten versucht der Ökofaschist seinen eigenen Körper zum integralen und untrennbaren Teil der Natur zu machen. In diesem Sinne bildet die Natur als ein metaphysisches Ganzes einen Ersatz zu den antidemokratischen Elementen der Vollgemeinschaft oder der Nation.
Die Sublimierung der faschistischen Gedankengebäude, ihre neue politische Erscheinungsform als Naturschutzmassenbewegung, wird in den kommenden Jahren auch die Integration des Antisemitismus bzw. des Antizionismus ermöglichen. Die alten Kategorien, die für antisemitische Denkweisen typisch waren, werden durch „saubere“ ökologische Begriffe ersetzt werden. Die Behauptung von Amnesty-International, Israel trockne die Palästinensergebiete aus, ist ein konkretes Beispiel für die künftige Tendenz der antisemitischen Agitation. Die öffentliche Diskussion über die israelische Atomkraft wird wahrscheinlich eine ähnliche Metamorphose erleben. In einer ökofaschistischen Welt bildet der Besitzt von Atomwaffe keine politische Bedrohung mehr, sondern eher ein metaphysisches Verbrechen gegen die Allmacht der göttlichen Natur. Die Atomtechnologie ist der Babelturm des Ökofaschismus.
Der Erfolg des Ökofaschismus kann vor allem durch das ideologische Vakuum erklärt werden, das nach dem Sturz der ehemaligen Sowjetunion entstanden ist. Bis dann war die Ökobewegung eine am Rande der Gesellschaft vor sich hin siechende Ideologie. Dem Zusammenbruch im Ostens aber folgte die politische Langweile im Westen. Das war die Schleuse, durch die der Ökofaschismus seine politische Legitimität gewonnen hat.