Rainer Bonhorst / 20.12.2022 / 16:00 / Foto: RB/Achgut.com / 12 / Seite ausdrucken

Die ungerechte Fußballwelt – eine WM-Bilanz

Doha goes Entenhausen: Während der Emir von Katar zum Hybrid zwischen Dagobert Duck und Gustav Gans avancierte, griffen die Deutschen wie der arme Donald Duck ins Klo. 

Der Fußball hat mal wieder seine politische Rücksichtslosigkeit und seinen Mangel an Gerechtigkeitssinn bewiesen. Wie sonst konnte es passieren, dass ausgerechnet im verfemten Katar das spannendste Endspiel der Weltmeisterschafts-Geschichte stattfinden konnte! Es war das übliche unverdiente Glück, mit dem sich schon Gustav Gans schmückte, zum Kummer des braven Donald Duck. Mit anderen Worten: Emir Tamim bin Hamad Al Thani, der ja schon wie Dagobert Duck im Geld baden kann, ist nun auch noch zum Gustav Gans der arabischen Welt aufgestiegen. Während wir Deutschen wieder mal eine Donald-Duck-Bauchlandung hingelegt haben.

Dabei haben sich unsere Kicker so redlich verhalten. Zunächst mit ihrer süßen Hand-vorm-Mund-Geste, die der McMoneysack und Glückspilz von Katar einfach ignoriert hat. Und dann haben wir auf dem Spielfeld auch noch Dienst nach Vorschrift gemacht, um damit unseren Protest gegen die Menschenrechts-Verletzungen in dem Wüstenstaat auszudrücken. Ein echter Streik war nicht möglich, weil der ja nicht vom deutschen Beamtenrecht gedeckt ist. Und die Treuepflicht gegenüber der FIFA geht nun mal vor. Immerhin: So ein Fußball-Dienst nach Vorschrift tut dem eigenen Gewissen gut, ohne den Gesamtbetrieb über Gebühr zu stören. Wenn man es recht bedenkt, kann man das als Idealfall für alle Beteiligten betrachten. Geradezu salomonisch. 

Die Deutschen flogen heim, aber die Karawane zog weiter. Und wie. Da war einmal der arabische Fußball-Frühling. Die Mannschaft der Marokkaner lehrte ein paar hochmögende Favoriten das Fürchten und zeigte den Abendländern, dass der Islam in Bereiche vordringt, die lange Zeit der Christenheit vorbehalten zu sein schienen. Aber dieses Phänomen gibt es ja außerhalb der Fußballwelt schon länger. Wir haben es hier eher mit einer morgenländischen Aufholjagd zu tun.

Ein Endspiel wie ein Hollywood-Thriller

Nun gut, das Endspiel blieb in den Händen beziehungsweise Füßen der südamerikanischen Christen und der europäischen Semi-Laizisten. Aber es wurde zum Triumph und zum Trumpf des moslemischen Veranstalters. Ausverkauftes Haus, jubelnde und weinende, zum Nägelkauen angespannte Zuschauer und ein Spielverlauf, den sich ein Hollywood-Regisseur kaum hätte ausdenken können: 

Klare Führung der Argentinier, französische Aufholjagd und Ausgleich auf den letzten Drücker, Verlängerung, wieder ein scheinbares Siegtor, wieder der Ausgleich in letzter Minute, Elfmeterschießen, das große argentinische Fußballglück, die tiefe französische Fußballtrauer, Tränen aus beiden Gründen. Und dann der Emir, als hätte er etwas geahnt. Er schmuggelt sich vor den Augen der Welt ins Jubelbild, indem er dem Superstar Messi einen eigens für die Gelegenheit angefertigten, transparenten WM-Burnus um die Schultern legt: So machte er Lionel zum Ehren-Emir und sich selbst zum Ehren-Messi.

Das Sommermärchen, eine ferne Erinnerung

Wer dachte da noch an Bestechung und Menschenrechtsverletzungen! Ja, schlimmer noch: Wer dachte da noch an das Wunder von Bern, als die Kicker der neuen Bundesrepublik für die Weltmeisterschafts-Sensation sorgten! Oder an das deutsche Sommermärchen, als unsere Spieler noch mit Leidenschaft bei der Sache sein durften und dann als höfliche Gastgeber und gute Nachbarn den Italienern (und den Franzosen) den Vortritt ließen.

Vorbei, vorbei. Das Endspiel nahe Doha stellt alles in den Schatten. Nicht, weil die Argentinier besser Elfmeter schießen konnten als die Franzosen. Sondern wegen der Choreografie, wegen des Spielverlaufs, wegen des Haareraufens. So unterhaltsam und – aus anderen Gründen – zum Haareraufen die Politik sein kann, gegen Messi und Mbappé kommt kein Olaf Scholz und kein Donald Trump an. 

Naja, Donald Trump wäre schon ein ernst zu nehmender Konkurrent auf dem Feld des Entertainments, auch wenn ihm zur Zeit das Pech an den Füßen klebt wie dem armen Donald Duck. Aber mit etwas Fußball-Glück wird er ja ein gastgebender Präsident, wenn die nächste Weltmeisterschaft in Amerika stattfindet. Allerdings braucht er dazu wohl noch mehr Glück und noch mehr Geld als Emir Tamim, der Gustav Gans und Dagobert Duck von Katar. 

Foto: RB/Achgut.com

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Werner Arning / 20.12.2022

Viele, selbst ansonsten an Fußball durchaus interessierte Deutsche, haben diese WM ja heldenhaft boykottiert. Einfach ignoriert. Doch zum Glück siegte Fußball gegen die Moral. Das Endspiel war ein Fest. Ein Fußball-Fest. Eine deutsche Beteiligung wäre völlig fehl am Platz gewesen. Würde die Stimmung getötet haben. Zu viele Armbinden. Zu viele Hände vorm Mund. Nein,, gut dass die Deutschen so früh ausgeschieden sind. So kamen die Freunde des Fußballs auf ihre Kosten. Dieses Endspiel, aber zuvor auch diese Marokkaner, sie schrieben Fußballgeschichte. Man konnte im Endspiel Weltfußballer bei der Tätigkeit beobachten, die sie beherrschen, nämlich Fußball spielen. Es war ein herrliches Duell zwischen Messi und Mbappé und all den anderen. Das hat Spaß gemacht. Das eine wahre Fiesta, und dieser Sieg tut dem argentinischen Volk und allen Südamerikanern ungemein gut.

Rex Kramer / 20.12.2022

@Talman Rahmenschneider “Der Trainer (Scaloni, 44 J.) war der jüngste erfolgreiche Trainer bei einem WM-Turnier… seit César Luis Menotti (damals 39 J.) bei der WM 1978.”

Talman Rahmenschneider / 20.12.2022

@ R. St.-Besta: Was Sie vielleicht nicht verstehen: Fußball ist lebendige Geschichte. Und wenn gut gespielt wird, sind Fußballspiele pure Freude, und alle guten alten Fußballspiele kommen wieder aus ihrem Winkel der Geschichte hervor. Nach 2050 wird kaum noch jemand an Ursula von der Leyen denken, aber Beckenbauer wird noch da sein neben Pélé, Maradona, Messi und anderen Spielern. Es ist nichts anderes als gute Geschichte (im Gegensatz zu Kriegen), die Geschichte großer Spiele, großer Spieler, gewaltiger Emotionen, Geschichte von Freude und Tränen, die die Welt hier verbindet, und zum Glück hatte Qatar einige schöne Momente und besonders dieses Finale. Wir können über alles streiten und dikutieren und lösen nichts, Fußball dagegen gebiert Gemeinsamkeiten. Hooligans sind dieselben Spalter wie anderswo, aber sie haben es nie geschafft, das Gemeinsame zu zerstören. Deutschland hat einen winzigen Anteil an den zwei Stars: Tuchel. Nichts hinterlässt keine Spuren. Fußball ist neben Fliegen eins der gelungensten globalisierten Unternehmen, und beides macht Freude. Kümmern wir uns um Lockdownapostel, Einsperrer, Verpfeifer, Bilderkleber, Bahnförderer zuungunsten von schönem Reisen und Spielverderber im Namen einer Pseudofairness ohne jeden Funken Freude. Danke, Qatar! Das Finale war toll!

Patrick Meiser / 20.12.2022

So es der einzige Artikel zum WM-Titel-Gewinn 2022 ist, möchte ich auch kurz meinen Senf dazugeben. Argentinien ist ein verdienter Weltmeister, wenngleich mir die Franzosen (außer ihr “Macrönchen”) etwas leid getan haben. Ein klasse Endspiel, voller Dramatik, die eigentlich nur der Fußball bieten kann. 2x Führung, 2x Ausgleich, Verlängerung und Elfmeterschießen - mehr geht nicht. Dem am Boden liegenden Argentinien tut der Titel gut, die Argentinier haben die besten Fans auf den Tribünen und vor allem haben sie sich auf das konzentriert, wofür sie gekommen sind - aufs Fußballspielen. Dieser doofe T. Bartels von der ARD war unterirdisch mit seinen dämlichen Kommentaren bzgl. der Deutschen Mannschaft und deren Schwuchtelgehabe. Wäre er doch bloß still geblieben ..........

Roland Stolla-Besta / 20.12.2022

Der Fußball und seine WM gehen mir, ich muß  es gestehen, aber auch sowas am Dingsbums vorbei, da finde ich ja Pornofilme noch spannender. Und doch habe ich wohl wegen des von mir geschätzten Verfassers diesen Text gelesen, und zwar mit Vergnügen und Zustimmung. Übrigens, ist Messi nicht so einer/eine/eines, der/die/das Gerümpel in seiner/ihrer Wohnung ansammelt? Und so einer/eine/eines wird auch noch gefeiert!

Talman Rahmenschneider / 20.12.2022

@ Yehudit de Toledo Gruber: Danke, Ihnen auch! Ich habe gerade gesehen, das Chanukka dieses Jahr am Zweiten Weihnachtsfeiertag endet.

Hans Kloss / 20.12.2022

Mir hat es gefallen. Bei Tichy hat man auch beschrieben was sie mit den Stadien vor haben (2 sind schon abgebaut?). Nur Politik bei ARD konnte ich nicht ertragen. Die Beschwerde wird angereicht: wegen mangelnder Objektivität. Ich kann das, ehrlich gesagt zunehmend wenig ertragen. Ich meine diese Lust auf alles den anderen zu verderben und an Beschimpfungen von allen die bisschen Spaß haben wollen.

Yehudit de Toledo Gruber / 20.12.2022

Manometer, gibt es denn überhaupt noch ein Medium, in welchem man sich n i c h t mit Donald Trump beschäftigt? Offenbar paßt er noch immer in jede Misere und jegliche “Verdachtsberichterstattung”.  Schon aus diesem Grund male ich es mir ständig aus,  w i e   man hier kollabieren würde, käme Mister Trump als Präsident zurück - Wahnsinn! Doch bezüglich Ihrer herrlichen Fußball-WM-Einschätzung in Katar, sehr geehrter Herr Bonhorst, gibt es nichts zu meckern, es stimmte jedes Wort. Die deutschen “Vorreiter”  und neuerlichen “Führungskräfte” in fast jedem Ressort blamieren sich und unser gesamtes Land jeden Tag mehr, statt sich schlicht und pragmatisch die Ärmel hoch zu krempeln und vorbildgebend realistische Taten folgen zu lassen. Chag Chanukka Sameach und erholsame Weihnachtsfeiertage allen Autoren und Kommentatoren von/bei “Achgut”!

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