Oftmals habe ich mich gefragt, was aus meinen Freunden, die ich sowohl im realen Leben als auch online hatte, geworden ist, die ich seit 2015 verloren habe, weil sie mich entfreundeten.
Schauen sie bei mir im Social Media vorbei, bei dem Ex-Freund, der mit allem, was er sagte, der Grund war, ihn zu entfreunden? Vielleicht! Hatten sie eingesehen, dass ich recht hatte mit dem, was passieren würde, wenn man so viele Muslime ins Land lässt. Bitte verstehen Sie mich nicht falsch, ich habe nichts gegen Muslime, aber sie sind nun mal nicht kompatibel mit der deutschen Mehrheitsgesellschaft, eigentlich mit keiner Gesellschaft außer der islamischen.
Dabei muss ich betonen, dass ich einen Teil der Muslime ausnehmen muss, nämlich diejenigen, die sich mit der deutschen Mehrheitsgesellschaft zusammenfügten oder parallel dazu friedlich lebten – insbesondere die türkischen Gastarbeiter und ihre Nachkommen. Sie sind gekommen, um zu arbeiten, ja geradezu zu schuften, damit sie genug sparen konnten, um Geld in die Heimat zu schicken. Mittlerweile sind die meisten von ihnen Deutsche, zumindest nach dem Pass, und besitzen Eigentum in Deutschland.
Ich möchte nicht weiter argumentieren, sondern auf einen sehr treffenden und guten Text meines griechischen Freundes eingehen, der mich am Sonntag per Messenger damit beehrte und sagte, er habe den Text nur an zwei Personen geschickt.
Er stellt in seinem Text ebenfalls die Frage, die ich oben gestellt habe – aber lest besser selbst:
“Wir alle haben seit 2015 Freunde verloren. Mit ihnen sind wir auch unserer Heimat entfremdet, der unschuldigen Heimatliebe beraubt worden. Ich frage mich: Wofür?! Und ich frage mich, ob der große Graben, der entstanden ist, noch zuzuschütten ist, indem man die kleinen Gräben füllt und glättet. Es geht eine Spaltung durch das Land, durch viele Familien und zwischen so vielen Freunden hindurch. Jeder Graben ist eine Tragödie. Im Folgenden will ich von einem Graben berichten, der sich mir auftat, als die Erde unter den Füßen von Millionen illegaler Einwanderer bebte.
Es ist nur ein trübes, unscharfes Foto eines wunderschönen Mädchens von damals 18 Jahren. Ein Mädchen, das meine Traumfrau wurde, als ich sie vor fast 35 Jahren das erste Mal sah. Sie saß auf einer dieser Kisten, in denen am Straßenrand Streusand gegen Glatteis aufbewahrt wurde. Das war in der Altstadt, vor der Kneipe, in der ich mich ein paar Mal die Woche mit meinen Freunden traf. Es war ihr wohl zu heiß geworden, und so war sie auf die Kiste geklettert und rauchte eine Zigarette. Bis heute prägen ihre Charakterzüge mein Idealbild von weiblicher Schönheit – unerreicht und unvergleichlich.
Es war der Beginn einer Freundschaft, die 25 Jahre lang hielt – und wortlos von ihr aufgekündigt wurde, als ich 2015 voraussagte, was die Masseneinwanderung aus unserer Heimat machen würde.
Doch der Reihe nach: Ich hatte mir an jenem Abend ein Herz gefasst und sie angesprochen. Was heute wenig Mut und Geschick verlangt, fiel mir mit 19 durchaus nicht leicht. Es hatte aber Erfolg, und sie gab mir ihre Telefonnummer. Es war schon spät, ich glaube, es war ein Donnerstag gewesen, denn ich musste am nächsten Morgen arbeiten, während sie noch Sommerferien hatte – ich glaube, sie war in der 12. Klasse, ich schon in der Berufsausbildung.
Am nächsten Abend rief ich sie an, und wir gingen etwas trinken, wie so viele Male danach. Bei einem dieser Treffen entstand auch das unscharfe Foto – nie fand ich ein Mädchen schöner als sie; weder zuvor noch später. Dabei waren wir noch halbe Kinder, und aus unserer Begegnung entwickelte sich zunächst nur zaghaft eine Bindung. Sie hatte eine Armee von Verehrern, und ich, nun ja, ich war kein Kind von Traurigkeit. Sie mochte mich – ich aber war verliebt in sie. So verliebt, dass ich mich nicht wirklich traute, es ihr zuzugeben, und so landete ich in ihrer Friendzone und tröstete mich mit anderen Bekanntschaften, was sie einerseits amüsant, andererseits unseriös fand. Weiber…
So ging das über ein Jahr. Ich ging bald in ihrem Elternhaus ein und aus, was nicht ganz unproblematisch war. Obwohl mich ihre Mutter und ihr Bruder schnell ins Herz schlossen, stand ich unter misstrauischer Beobachtung ihres Vaters. Der war Vorsitzender einer Burschenschaft, stramm rechts, und bei meinem Nachnamen dachte er immer an den Blutzoll der Wehrmacht auf Kreta 1941. Ich war naiv genug gewesen, ihm zu erzählen, wie meine Verwandtschaft väterlicherseits mit den deutschen Besatzern verfahren war. Irgendwann aber hat er wohl meinen germanischen Blutsanteil als akzeptabel eingestuft, vermutlich, als ich anfing, Karriere zu machen und er erkannte, dass ich eine passable Partie für seine Tochter abgeben würde. Oder aber er zollte mir schlicht Respekt dafür, dass ich drei, vier Mal die Woche auftauchte, als seine Tochter nach einer Operation an der Wirbelsäule acht Monate lang bettlägerig war. Niemand besuchte sie so oft wie ich, niemand liebte sie schließlich so sehr wie ich. Und sie vermutete es zwar, wollte es aber vielleicht auch gar nicht so genau wissen. Trotz Geheimniskrämerei hatte ich auch so meinen Spaß – den Spaß, den ein mittlerweile 20-Jähriger eben haben sollte, wenn ihn seine Angebetete auf die Freundesliste verbannt hat.
So saß ich also an ihrem Bett, half ihr auf die Toilette, und wir hörten das U2-Album „The Joshua Tree“ rauf und runter. Kein Song der LP, der mich nicht mit jeder Textzeile an sie erinnerte. Keine Melodie, die mich nicht daran denken ließ, wie ich sie anschmachtete und doch auch der Freund sein wollte, den sie in ihrer Genesung brauchte.
Als sie sich erholt hatte, hatte sie natürlich Nachholbedarf, und wir zogen gemeinsam durch die Cafés, Kneipen und Clubs unserer damals noch wunderschönen Heimatstadt. Es traf mich hart, als sie eine Liebschaft hatte. Über meine Bekanntschaften ging sie großzügig hinweg, sofern ich diese nicht verheimlichen konnte. Bis… ja, bis ich eine junge Frau traf, die ich so gut fand, dass sich etwas Ernsteres anbahnte, und ich mich etwas von meiner Traumfrau und Freundin lösen konnte. Wie Mädchen nun mal sind, gestand sie mir genau dann, dass sie gern mehr wäre als nur meine „beste Freundin“. Toll. Wir hatten zwar ein kurzes Techtelmechtel, aber ich blieb bei meiner Beziehung, und so verloren wir uns eine Zeit lang aus den Augen – vorrangig, weil sie wegzog, um im Norden zu studieren, und wir uns ohnehin nur selten sehen konnten. Unser Timing war wirklich schlecht, unsere Zuneigung zueinander aber echt, tief und von Verständnis geprägt. Ich denke oft, es war mit ihr die letzte Freundschaft, die ich als Jugendlicher einging, und die erste, die ich als Erwachsener erlebte.
In jener Zeit wurde ich zu dem Workaholic, der ich zeitlebens blieb, ging die erste dauerhafte und feste Beziehung ein, fiel ein paar Mal kräftig auf die Nase, rappelte mich wieder auf und machte weiter. Der Kontakt zu ihr blieb immer bestehen – ich habe noch ihre Briefe, ich weiß, dass sie bis vor ein paar Jahren noch den Stapel meiner Schreiben an sie aufbewahrte. Wir telefonierten öfter, hatten aber ansonsten unsere eigenen, getrennten Leben. Auf der Beerdigung ihres Vaters war ich nicht – da war ich gerade auf einer längeren Geschäftsreise in Nordamerika. Wir sprachen damals aber fast täglich miteinander, da sie sehr an ihrem Vater hing und Trost bei mir suchte. Ich liebte sie noch immer, wenngleich nicht mehr mit kindischer Verliebtheit, sondern wie man als Maler die Mona Lisa liebt: als Idealbild. Eine Seelenwunde hatte ich jedenfalls nie erlitten, weil wir nicht zusammenkamen.
Auch sie konnte unsere enge Nicht-Beziehung gut einordnen, hatte irgendwann einen Herrn Niemand geheiratet, zwei Kinder geboren und sich rasch getrennt. Wir schrieben uns auch in jener Lebensphase, nun schon auf die 30 zugehend.
Sie kam zurück in die Stadt, ich entschied mich, Auslandserfahrung zu sammeln, was zum mehr oder minder permanenten Abschied wurde. Immer aber hatte ich in ihr das Idealbild weiblicher Schönheit, Intelligenz, Güte und Komplexität, gepaart mit völliger gegenseitiger Akzeptanz und konstruktiver Kritik. Friends with Benefits ohne wirkliche Benefits… damals jedenfalls.
Eines ihrer Kinder hat schwerste gesundheitliche Probleme, und der Vater war – erwartungsgemäß – überfordert. So gut es über die Entfernung ging, half ich aus, wo es möglich war, besuchte sie einige Male. Mitte 30, halbwegs glücklich verheiratet und gerade Vater geworden, bestanden meine Kontakte zwar nur aus gelegentlichen Besuchen, wenn ich in Deutschland war, ich blieb aber ihr Anlaufhafen und sie meine Vertraute – wie konnte es auch anders sein nach so vielen Jahren, nach gemeinsamer Adoleszenz?! Bono sang von den namenlosen Straßen, wir gingen sie mehr oder weniger gemeinsam entlang und wurden dabei erwachsen. Nie zusammen, aber nie getrennt. Nie ein Paar, aber nie auch nur einfach Freunde. Es gab Intimität, aber keine Besitzansprüche: Man gehörte zueinander, ohne sich zu gehören. Unsere Beziehung war immer eine der Akzeptanz und Verlässlichkeit.
With or without her… I could live, she could live, with or without one another. Aber verloren hatten wir uns nie – dafür trugen beide Sorge.
Tatsächlich fanden wir wieder enger zueinander, als sie einige Male in meiner Ecke der Welt Urlaub machte, ich in ihrer Gegend zu tun hatte, und wir einmal mehr merkten, wie leicht es war, sich jemandem anzuvertrauen, mit dem man seit nun bald 20 Jahren verbunden war. Rat von Dritten anzunehmen, fiel uns beiden immer schwer; umso wertvoller war unsere Beziehung, da beide wussten, wie wichtig jeder den anderen nahm und auf dessen Urteil vertraute.
2010 feierte ich meinen 40. Geburtstag – frisch getrennt – mit ihr. Die Details tun nichts zur Sache, bedürfen aber wenig Vorstellungsvermögen, um sie zu beschreiben. Erstmals passten unsere Lebensphasen so übereinstimmend, dass sich etwas Intimeres zu entwickeln begann.
Und wieder spielte The Edge Bassgitarre und Bono sang. Diesmal sang er aber nicht nur davon, dass er noch nicht gefunden habe, wonach er suche. Nein! Er sang nicht einmal vom Platten- oder CD-Spieler, sondern live: Diesmal sang er “One”… und meine „One“ war bei mir, an meiner Seite, schlief in meinem Bett, in meiner Wahlheimat – und wir trafen U2 Backstage. Das waren zwar nicht mehr unsere Helden von einst, sondern angepasste Künstler des Eine-Welt-Establishments, aber cool war das trotzdem. Und es schien, als habe der Lebenszyklus einen Kreis geschlossen, wenn wir uns küssten wie mit 20, uns aber respektierten, wie man es mit 40 tut.
Was die nächsten vier Jahre angeht, so waren sie von gelegentlichen gegenseitigen Besuchen gekennzeichnet – die Lebensumstände gaben dann doch keinen Raum für eine wirkliche Beziehung. Innigkeit, Verständnis und Intimität bestanden fort, die Monate nach U2 in Athen aber blieben die Ausnahme und der Höhepunkt unserer Beziehung.
2013 traf ich die Mutter meines zweiten Sohnes, und als obendrein 2015 Frau Merkel Europa mit „Kuffnucken“ überschwemmte, lag meine Aufmerksamkeit nicht auf meiner fernen Freundin aus Jugendtagen, sondern auf der Erwartung der Geburt meines kleinen Jungen und der Sorge darum, was aus Europa im Allgemeinen und Deutschland im Besonderen werden sollte.
Natürlich griffen alle Befürchtungen zu kurz: Es kam noch schlimmer, als es erwartbar gewesen wäre. Meine politischen Posts hatten schon früher begonnen, während der Ukrainekrise 2014. Schon damals habe ich viele Freunde verloren, und mit der Migrationskatastrophe wurden es noch mehr. Bei aller Wachsamkeit war es im Nachhinein unvorstellbar gewesen, dass die Politik das eigene Versagen noch verschlimmern würde. Sie tat es, aber das weiß der geneigte Leser ja – er sieht es jeden Tag in den Nachrichten oder, dreifach schlimmer, wenn er vor die Tür geht. Nein, niemand konnte sich die Katastrophe im Detail ausmalen: Es war schließlich noch immer das wohlorganisierte, etwas biedere, aber im Kern vernünftige Deutschland… Weit gefehlt, das Land hatte sich in Windeseile zur Unkenntlichkeit verändert, die Einheimischen zogen sich ins Private zurück, drangsaliert von den Einwanderern und einer immer stringenteren Politik der Bevormundung bis ins Private hinein.
Das erste Opfer von Völkerwanderungen ist immer die soziale Kohäsion. Das, so nahm ich damals fälschlicherweise an, wusste auch meine geliebte Freundin – immerhin war sie als Soziologin vom Fach und es gibt tausend Studien, die genau das belegen. Meine vertraute, liebevolle Freundin – die bis heute immer ein Gefühl von “Breakfast Club” und “St. Elmo’s Fire” in mir hervorruft, wenn ich an sie denke – hielt sich schon früher beim Kommentieren meiner politischen Schriften zurück. Sie war eine Person des öffentlichen Lebens in ihrer Studienstadt geworden, bekannt auch im Fernsehen. Dafür hatte ich auch immer Verständnis. Jeder muss sein Leben leben, wie er es für richtig hält, solange er damit niemandem auf den Wecker geht.
Sie war indes gewiss nie eine jener „Wir-sind-mehr“-Deppen, die jeden Müll aus der Tagesschau nachplappern. Entsprechend fiel es mir zuerst nicht auf, dass unser Kontakt plötzlich abgeflacht war. Es war auch in der Vergangenheit schon mal vorgekommen, dass wir ein paar Wochen lang, ja manchmal sogar monatelang, nichts voneinander hörten – nur um sofort wieder ein Herz und eine Seele zu sein, wie Jenny und Forrest Gump.
Als mein kleiner Sohn Ende 2015 zur Welt kam und ich das auf Facebook vermeldete, kam keine Reaktion von ihr. Das machte mich stutzig, und ich musste feststellen, dass sie mich entfreundet hatte – „weil Nazi“ und so, wie sie einem gemeinsamen Bekannten später einmal mitteilte.
Sie und ihr Bruder hatten vom Vater altgermanische Vornamen erhalten, aus Wagner-Opern und dem Nibelungenlied. Vielleicht ein Trauma des deutschen Schuldkultes, das sie damit zu kompensieren suchte, besondere Sozialkompetenz an den Tag zu legen. Gemerkt hatte ich davon nie etwas, und mit ihrem behinderten Kind hatte sie wahrhaft genug Sorgen, als dass sie noch die Verantwortung für syrische Kriegsflüchtlinge und afrikanische Glücksritter gebraucht hätte.
Und jetzt? Sie hat sich nie mehr bei mir gemeldet, sich nie für etwas bedankt, und meine anfänglichen Versuche, sie zu kontaktieren, abgeblockt, die Anrufe nicht angenommen.
Wofür das alles? Wofür?! Wir Mahner hatten in allem Recht und haben dadurch mehr verloren, als man sich hätte ausmalen können. Ich würde ihr vergeben und dort anknüpfen, wo wir aufgehört haben, würde ihr verzeihen, wenn sie mich darum bäte. Doch würde sie das? Und was ist mit all den Millionen unserer Mitbürger, die damals verächtlich auf uns herabblickten, am Bahnhof Invasoren beklatschten und begrüßten, die wir seither alle aushalten müssen und die uns zum Dank dafür ausrauben, unsere Frauen vergewaltigen und unsere Kinder schikanieren? Mein orthodoxer Glaube verpflichtet mich, auch denen zu vergeben, aber meine Vernunft sagt mir, dass sie uns nie um Verzeihung bitten würden, sondern uns vielleicht eher die Schuld an der Katastrophe zuschieben, weil wir nicht mitgemacht haben.
So dachte ich also fast zehn Jahre nach unserem letzten Kontakt mit meiner Traumfrau von einst, und ich schreibe das hier nieder. Zur Therapie meiner selbst und meiner ehemaligen Heimat wird es nicht beitragen, aber vielleicht zu einem klareren Verständnis, wie es weitergeht."
Ahmet Refii Dener, Türkei-Kenner, Unternehmensberater, Jugend-Coach aus Unterfranken, der gegen betreutes Denken ist und deshalb bei Achgut.com schreibt. Mehr von ihm finden Sie auf seiner Facebookseite und bei Instagram.