Jordan B. Peterson, Gastautor / 15.06.2025 / 10:00 / Foto: imago / 48 / Seite ausdrucken

Die Tragik hinter Greta

Greta ist in einer unmöglichen Situation, denn ich kann nicht erkennen, wie sie sich selbst oder ihre Positionen infrage stellen könnte, angesichts der unglaublich überwältigenden Reaktion, die sie für ihre Bekenntnisse erhalten hat.

Ich habe versucht, mich in Greta Thunbergs Lage zu versetzen. Stelle dir vor, du wärst 13 Jahre alt. Außerdem bist du ein bisschen autistisch und hast eine sehr herrschsüchtige Mutter, die bereit ist, dich für ihre politischen Zwecke zu benutzen. Und dann hat sie dir die Angst eingeflößt, dass die Welt einem apokalyptischen Ende entgegengeht und dass es bösartige Kräfte gibt, die sich verschwören, um das zu erreichen. Im Grunde genommen ist damit die gesamte patriarchalische Struktur der westlichen Zivilisation – nebst ihrer gesamten Industrie und allem, was dazu gehört – gemeint.

Vor diesem Hintergrund bist du groß geworden. Und jetzt bist du Teenager und fängst an, einige der Ideen deiner Mutter nachzuplappern. Natürlich sind es nicht wirklich ihre Ideen, aber es sind Ideen, von denen auch sie besessen ist. Und dann? Du bist Teenager und 50 Jahre alte erwachsene männliche Staatsoberhäupter auf der ganzen Welt fallen dir zu Füßen und behandeln dich, als wärst du das Orakel von Delphi. Und was denkst du, wenn du Teenager bist, verwirrt, ein bisschen autistisch und deine Mutter ein bisschen herrschsüchtig?

Dann denkst du dir: „Oh, mein Gott, all diese Dinge, die sie mir erzählt und die so erschreckend sind, müssen wahr sein, denn all diese Männer in herausragender Stellung, die die Welt regieren, behandeln die Enthüllungen meiner Kindheitsängste, als wären sie so wichtig, dass sie auf jedem Nachrichtensender ausgestrahlt werden und zu einer grundlegenden Regierungspolitik werden sollten.“

Und wie zum Teufel würdest du reagieren, wenn du Teenager wärst, außer mit einer massiven Vergrößerung deiner Ängste? Zum Beispiel denkst du dir: „Oh, die Welt ist in einem so schlechten Zustand, dass ich, das jugendliche autistische Kind aus Skandinavien, jetzt das führende Orakel der Welt in Sachen Umwelt und Wirtschaft zu sein scheine.“ Es ist so traurig für Greta. Ich kann mir nicht vorstellen, wie jemand in dieser Situation sich nicht ständig am Rande des existenziellen Terrors befinden kann.

(...)

Greta ist in einer unmöglichen Situation, denn ich kann nicht erkennen, wie sie sich selbst oder ihre Positionen infrage stellen könnte, angesichts der unglaublich überwältigenden Reaktion, die sie für ihre Bekenntnisse erhalten hat.

(…)

Eine Einladung zum Narzissmus

Das ruft mir etwas in Erinnerung, was mich an den Universitäten wirklich gestört hat, und ich habe angefangen, darüber mit einigen meiner Berufskollegen zu diskutieren, kurz bevor es für mich unmöglich wurde, weiter an der Universität zu arbeiten (Anm. d. Red.: 2022 gab Jordan B. Peterson aus politischen Gründen seinen Lehrstuhl an der Universität von Toronto auf, hier erklärt er, warum): Wir haben eine bestimmte Vorstellung, die wir den jungen Leuten ständig vermitteln und die aus meiner Sicht eine heimtückische Einladung zu dem stolzen Narzissmus ist, den sie an den Tag legen. Nämlich die Vorstellung, dass sie vor allem die Welt verändern sollten, was für Menschen, die noch nicht einmal die Erfahrung gemacht haben, selbstständig zu leben, eine Menge zu verändern wäre.

Und auch, dass, wenn man die Welt verändern will – was man ja als solches tun sollte und könnte –, man dies als Aktivist tun sollte. Seit Mitte der 60er Jahre scheint das ein Beruf zu sein. Daher erscheint mir ein Aktivist als jemand, der sich hypothetisch für die Unterdrückten einsetzt, was jedoch bereits eine moralische Gefahr darstellt. Denn wie kommt man dazu, sich als Fürsprecher der Unterdrückten zu gerieren? Haben sie einen dazu gewählt? Warum ist man der Wortführer, und was gibt einem diese moralische Überlegenheit? Das sind wichtige Fragen.

Das Ganze bringt auch eine bestimmte Versuchung mit sich. Denn wenn man ein Aktivist ist, ist man fast immer gegen etwas. Man ist gegen die Industrie. Man ist gegen fossile Brennstoffe. Man ist gegen das Patriarchat. Man ist gegen die Rassisten. Man identifiziert die Probleme der Welt immer als etwas, das andere Personen, die nicht so gut sind wie man selbst, tun.

Wir vermitteln jungen Menschen auf der Highschool und an den Universitäten die Vorstellung, dass es, wenn einem die Welt wirklich am Herzen liegt, nichts Ehrenvolleres geben kann, als Aktivist zu werden. Und vermutlich gibt es in gewissem Sinne keinen stärkeren Ruf, dem man folgen kann.

Dies ist ein Auszug aus einem Video von Jordan B. Peterson.

 

Jordan B. Peterson (* 12. Juni 1962) ist ein kanadischer klinischer Psychologe, Sachbuchautor und emeritierter Professor. In seinen Vorlesungen und Vorträgen vertritt er konservative Positionen und kritisiert insbesondere den Einfluss der Political correctness und die Genderpolitik. Sein 2018 erschienes Buch 12 Rules for Life war internationaler Bestseller.

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R. Reiger / 15.06.2025

Schopenhauer: Kriterium der Handlungen von echt moralischem Wert: → Legale Handlungen können aus egoistischen Triebfedern hervorgehen, aber nicht echt moralische. … Denn offenbar würden alle durch Motive … hervorgerufene Handlungen immer nur im bloßen Egoismus wurzeln. Dagegen ist das Kriterium der Handlungen von echt moralischem Wert die Ausschließung derjenigen Art von Motiven, durch welche sonst alle menschlichen Handlungen hervorgerufen werden, nämlich der eigennützigen im weitesten (!) Sinne des Wortes. ABWESENHEIT ALLER (!!!) EGOISTISCHEN MOTIVATION IST ALSO DAS KRITERIUM EINER HANDLUNG VON MORALISCHEM WERT. Ergänzung: Das gilt insbesondere für Aktivisten, denn merke: Aktivisten erkennt man am besten daran, dass sie sich gerne selbst filmen b.z.w. filmen lassen … .. . :  Der Ausgangspunkt vieler Aktivisten scheint eine Profilneurose zu sein .. . So dann: Schaut mich endlich an, wie toll ich bin! !! → Die moralische Triebfeder: Die moralische Triebfeder muss schlechterdings, wie jedes den Willen bewegende Motiv, eine sich von selbst ankündigende, deshalb positiv wirkende, folglich reale sein; und da für den Menschen nur das Empirische, oder doch als möglicherweise empirisch vorhanden Vorausgesetzte Realität hat; so muss die moralische Triebfeder in der Tat eine empirische sein und als solche ungerufen sich ankündigen, an uns kommen, ohne auf unser Fragen danach zu warten, von selbst auf uns eindringen, und dies mit solcher Gewalt, dass sie die entgegenstehenden, riesenstarken, egoistischen Motive wenigstens möglicherweise überwinden kann. Dieser Forderung entspricht allein das Mitleid. »» DAS HEIẞT, ES LÄSST NICHT JENES SELBST ZU, DAS IM MITGEFÜHL SICH GEFIELE. «« Ergänzung: Der „Politischer Moralismus“ fällt da schon mal vollständig darunter und disqualifiziert sich so schon mal vollständig selbst. Das gilt insbesondere für Aktivisten, denn merke: Aktivisten erkennt man am besten daran, dass sie sich egoistisch gerne selbst filmen b.z.w. filmen lassen … .. .

Jürg Casanova / 15.06.2025

Greta Thunberg scheint mir ein Helitöchterchen einer überbehütenden, hysterischen und süchtigen Mutter zu sein, die – masslos mediengeil – ihr Töchterchen zielsicher ins Rampenlicht einer larmoyanten, abgestumpften und gleichgültigen Öffentlichkeit schubste, in der die Medien, die sich auf alles stürzen, was sich eignet, um die wahren Probleme zu verschleiern und der Politik zu dienen, Lunte rochen und am Exempel Greta ihren woken linken Brei zelebrieren und immer wiederkäuen. Greta ist nicht das Problem. Das «arme» Mädchen, halbgebildet und voll narzisstisch, wäre, betreut von einem einigermassen fähigen Therapeuten, vielleicht sogar zu einem vernünftigen Wesen geworden. Das Problem ist unsere nihilistische Gesellschaft voller marktschreierischen Idioten. Die Kleider des Abendlandes hat sie längst weggeworfen und gezielt schafft sie es, die unfähigsten Leute in entscheidende Machtpositionen zu hieven, die als willfährige Helfer jener Menschen dienen, die nichts Gutes wollen mit der Menschheit. Greta ist nur ein Rädchen in einem riesigen Geflecht weltumspannender Netzwerke, die alle an unserem Untergang basteln und nur das Beste für uns wollen. Und unsere 70 Prozent gehirngewaschenen Narren gucken die Tagesschau und glauben diesen verlogenen Mist auch noch.

Ralf Pöhling / 15.06.2025

Eigentlich müsste man Greta mal beiseite nehmen, ihr kurz erklären wie die Welt wirklich funktioniert, und dann könnte sie viel zielführender wirken. Wenn sie wirklich autistischte Züge hat, dürfte das schneller gehen als bei jedem anderen. ;-) Was sie bisher getan hat, ist ja wohl nicht auf ihrem eigenen Mist gewachsen, sondern auf dem Mist ihrer Einflüsterer und Vorführer. Die Jugend ist ja nicht blöd. Im Gegenteil: Die reine kognitive Leistung und Lernfähigkeit ist bei Kindern und Jugendlichen weit höher als bei Erwachsenen, man muss ihnen aber das richtige beibringen. Und in einer Welt voller kompliziert konstruierter Kartenhäuser von Erwachsenen, die sich nicht selten nur mit Lügen vom Zusammensturz abhalten lassen, ist das meist nicht gewünscht. Weswegen echte Aufklärer dann nicht selten ins Exil verdonnert werden. Das muss aufhören. Wir müssen irgendwann mal der Jugend die echte Wahrheit beibringen. Dann kann sie auch richtig wirken. Das geht. Ich mache das schon länger so. Klappt wunderbar. :-)

Dr. Konrad Voge / 15.06.2025

Warum muss man sich hier mit dieser eigentlich uninteressanten Person hier beschäftigen?

N.Hodgson / 15.06.2025

@Emil.Meins… „ insgesamt ein armer Wurm‘‘ ….  perfekt summiert !

Hans-Joachim Gille / 15.06.2025

@Wilfried Cremer ... reichen Ihnen nicht die Offenbarungen aus dem Kanzleramt? Wird sicher bald in Bundeskanzlei umbenannt.

Ilona Grimm / 15.06.2025

Greta und Apokalypse-Angst: „Apokalypse“ griech.  αποκάλυψις –apokalypsis- bedeutet ♦Enthüllung, Lüften eines Schleiers, Offenbarung von etwas, das noch verborgen/zukünftig ist♦. ♦Es bedeutet NICHT Weltuntergang.♦ Was wir in unserer Zeit an Chaos und Kriegen erleben, gehört noch zu den „Vorwehen“. Wenn es aber wirklich zum prophezeiten Gottesgericht kommt, werden die Menschen den Tod herbeisehnen, aber der Tod „flieht“ vor ihnen. Fünf Monate lang Heulen und Zähneklappern: Offb. 9,5 und 6: >> 5.. es wurde ihnen ⟨der Befehl⟩ gegeben, dass sie sie nicht töteten, sondern dass sie fünf Monate gequält würden; und ihre Qual war die Qual eines Skorpions, wenn er einen Menschen sticht. 6 Und in jenen Tagen werden die Menschen den Tod suchen und werden ihn nicht finden und werden zu sterben begehren, und der Tod flieht vor ihnen.<< Wer mag, darf sich darüber lustig machen und hoch erhaben fühlen. Das ändert aber nichts daran, dass Gott seine an zahlreichen Stellen der Bibel offenbarten Pläne für die Menschheit bis zum Gericht und dem darauf folgenden tausendjährigen Friedensreich durchziehen wird: „Ich rede es und ich tue es auch“ (Hesekiel 37,14). - - - PS: „Apokalyptik“ ist Prophetie in drastischen Bildern, Symbolik.

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