Günter Ederer / 13.06.2013 / 20:41 / 0 / Seite ausdrucken

Die Talk-Rezension (Folge 3): Plasberg, 10.Juni 2013

Da hatte sich Frank Plasberg viel vorgenommen. „Mutig oder dreist – wen treffen die Steuerpläne der Parteien,“ fragte er in der Sendung „Hart aber fair“ am Montag, den 10. Juni. Drei Männer und eine Frau hatte er dazu geladen. Altgediente Parteisoldaten, geeicht auf Sprüche und Parolen. Das Regierungslager vertreten von Steffen Kampeter, CDU, Staatssekretär im Finanzministerium und Rainer Brüderle, Spitzenkandidat der FDP, die Opposition durch die SPD Schatzmeisterin Barbara Hendricks, ehemalige Staatssekretärin und dem Alleskönner Jürgen Trittin von den Grünen. Sie saßen da wie vier Raaben auf einem Ast, die sich gegenseitig ihre Schwärze vorwerfen. Nach der Sendung wusste der Zuschauer auch nicht mehr als vorher. Aber das war bei dieser Selbstdarstellungskonzeption der Sendung auch nicht anders zu erwarten.

Wie nach einem müden Fußballkick versuche ich einmal die Höhepunkte des Geplauderes zusammen zu fassen. Der dümmste Versuch zu punkten kam von Steffen Kampeter. Immerhin sei es dieser Regierung gelungen in einer Legislaturperiode rund 100 Milliarden Euro zu sparen, wollte er als Leistungsnachweis von Schwarzgelb verkaufen.  Was für eine unnütze Steilvorlage für Jürgen Trittin. Unwiderlegbar machte er Kampeter darauf aufmerksam, dass in den letzten 4 Merkeljahren die Staatsschulden um über 100 Milliarden Euro und damit die Staatsverschuldungsquote auf 82% des Bruttoinlandproduktes gestiegen ist. Der blöde Trick, schon die Reduzierung der Neuverschuldung als Schuldensenkung zu verkaufen sollten die Politiker langsam aufgeben. Als Wähler fühlt man sich einfach vera…. Lieber Herr Kampeter, hören Sie auf mit solchen Verdrehungen. Sie sehen doch: Ein Trittin nutzt das nur gegen Sie aus.

Die ideologisch entlarvenste Bemerkung stammte von Trittin - von wem auch sonst in dieser Runde. Bei seiner Erklärung, wofür die Grünen, die von ihnen angepeilten Mehreinnahmen von bis zu 50 Milliarden Euro pro Jahr verwenden würden, zählte er außer den üblichen Parolen „Bildung und Klimaschutz“ auch Investitionen in die Infrastruktur auf. Das würde doch jeder Radfahrer spüren, wenn er auf den Radwegen über die Schlaglöcher fahren müsse. Ja Jürgen – an den Radwegen hängt die Zukunft der Republik. Endlich haben Sie das mal ausgesprochen. Dann hat Trittin schnell noch die maroden Brücken hinzugefügt, was den gerade erschrockenen Moderator veranlasste vermittelnd zu ergänzen, dass dies ja vor allem die Autofahrer betreffe.

Ein Geplänkel war noch witzig. Als Rainer Brüderle die Steuererhöhungsrepräsentanten auf die Laffer-Kurve aufmerksam machte, mit der der US-Wissenschaftler Artur B. Laffer nachwies, dass ein Staat ab einer gewissen Steuererhöhung weniger Geld einnimmt, weil er damit die Wirtschaftsleistung absenkt, aber Schwarzarbeit und Steuerflucht begünstigt, stellte Frank Plasberg fest, das er bisher nur den Fernsehkoch Lafer kenne, der ja wohl nicht gemeint gewesen sein könne. Brüderle machte den Unterschied deutlich: Der Steuer-Laffer schreibt sich mit zwei ff, der Gastronom mit einem f. Gehen wir davon aus, dass Frank Plassberg sich nur unwissend stellte, damit er Brüderle zu einer Erklärung für das nicht so gebildete TV-Publikum zwang.
Die Laffer-Kurve hätte Brüderle aber auch am Beispiel einer Steuererhöhung verdeutlichen können, für die sein Nachbar Steffen Kampeter wesentlich verantwortlich ist: Die nur in Deutschland erhobene Flugsteuer für Passagiere. Eine Milliarde Euro sollte diese Abgabe, die je nach Entfernung bei jedem Ticketkauf erhoben wird, einbringen. In Wirklichkeit hat sie allein dem Flughafen Hahn 1 Million Passagiere gekostet. Zirka 300 000 sind es in Köln wenigher und Air Berlin wird dadurch weiter in die Miesen getrieben. Merke lieber Steffen Kampeter: Steuererhebungen sind nicht nur kontraproduktiv, wenn sie die Grünen einführen. Das gilt auch für die CDU.

Durch die ganze Sendung zog sich die lähmende Diskussion um die Erhöhung der Lohn- und Einkommenssteuer, die von den Grünen und der SPD vorgeschlagen werden. Das ist wenig ergiebige Spiegelfechterei. Ob es für einen Single 8 Cent monatlich mehr sind, wenn er 64 000 Euro netto verdient, wie Frau Hendricks vorrechnet oder sogar 224 Euro weniger im Jahr für ein Doppelverdienerpaar mit einem Kind und 110 000 Euro Einkommen, wie dies Plasberg für die Pläne der Grünen ausgerechnet hat, spielt kaum eine Rolle. Als schwarzrot die Mehrwertsteuer um drei Prozent erhöhte, hat dies wirklich die kleinen und mittleren Einkommen viel härter getroffen, als das was Grüne oder SPD planen.

Bei den Plänen der Grünen geht es in Wirklichkeit um den Umbau der Gesellschaft. Die Steuerpläne werden in eine Gerechtigkeitsdebatte gehüllt, damit sie verdaulicher sind. Die Reichen sollen zahlen. Nur die oberen zehn Prozent sind dran, sagen die Grünen. Robin Hood oder der Räuberhauptmann Schinderhannes dienen unterschwellig als Vorbild. Eine Umverteilung von oben nach unten wird vorgegaukelt. Und das weckt natürlich viel Sympathien in einem Volk, dem ständig erzählt wird, dass wir eine Gerechtigkeitslücke haben, dass es arm ist und von den Neoliberalen ausgebeutet wird.
Alles Täuschungsmanöver. Die Grünen werden auch nach der Wahl für ihr gut situiertes Publikum sorgen. Ganz oben auf ihrer Wahlagenda steht das Ziel: 100% Erneuerbare Energie. Also weiterhin gigantische Steuervorteile für wohlhabende Investoren und direkte Zahlungen an die Dach- Windmühlen- und Biogasanlagenbesitzer zu Lasten des kleinen Mannes. Nur einige wenige Multimillionäre und Milliardäre können gar nicht so viel anlegen, wie sie haben. Doch die gehen dann gleich selbst offshore. Wie Sebastian Vettel, Franz Beckenbecker und Co.

Nicht anders verhält es sich mit dem wie eine Monstranz hochgehaltenen Versprechen, mehr für Bildung zu investieren. Dafür müssen sie die Steuern erhöhen, sagen sie - aber dank ihres erfolgreichen Widerstandes gegen Studiengebühren verschonen sie das Bildungsbürgertum, das so keinen Eigenanteil zu leisten hat, für die finanziellen Vorteile, die sie aus ihrer höheren Bildung erzielen. Sie lassen die Allgemeinheit zahlen. So haben wir in Deutschland den aberwitzigen Zustand, dass das akademische Studium kostenlos ist, viele Fachberufe, wie Altenpfleger -innen oder medizinisch technische Assistentinnen und Assistenten ihre Ausbildung bezahlen müssen. In keiner Partei haben es soviel Langzeitstudenten und Studienabbrecher ins Parlament geschafft, wie bei den Grünen. Für sie wären Studiengebühren tatsächlich Karriere hemmend gewesen.

Entlarvend in der Sendung war der unwidersprochene Vergleich über die Besteuerung der Familie, der die Pläne der Grünen vorstellte. Dass sich die Steuerbelastung eines Doppelverdienerehepaars mit 110 000 Jahreseinkommen und einem Kind um 225 Euro senkt, habe ich schon geschrieben. Für eine Familie, in der der Mann 70 000 Euro verdient, die Frau aber zu Hause das eine Kind betreut, würde sich die Belastung um 1505 Euro erhöhen. „Ja,“ hat Trittin gesagt, das ist so. Er will die Steuern einnehmen, damit er die Gesellschaft umsteuern kann. „Wir wollen,“ so sagt er, „keinen Anreiz geben, die Frauen vom Arbeitsmarkt fernzuhalten.“ Und dabei will ihn die sonst zurückhaltende Frau Hendricks unterstützen: Denn, sagt sie, wer zu Hause bleibt wird am meisten begünstigt. Das ist nicht gerecht. In anderen Worten: Frauen die sich um ihre Kinder kümmern, sind Schmarotzer. Das ist also die neue rotgrüne Gerechtigkeit.

Die Sendung beschäftigte sich fast ausschließlich mit der Lohn- und Einkommenssteuer. Die ist aber ein Nebenkriegsschauplatz. Den Grünen geht es um den Umbau der Gesellschaft, was sie, und das sei ihnen ausdrücklich zugebilligt, auch ehrlich sagen, wenn man genau hinhört. Und die SPD schwimmt da so unentschlossen hinterher.

Es gibt noch einen Grund, warum die Lohn- und Einkommenssteuerdebatte nur von den wahren geplanten Staatseingriffen ablenkt. Sie machte im Jahr 2012 nur 186,2 Milliarden Euro aus, die Mehrwertsteuer aber schon 142,5 Milliarden Euro und der Rest des Steuerbouquets bringt noch einmal soviel wie diese beiden Steuerarten zusammen. Da muss ich kein Prophet sein, wenn ich voraussage: Egal wer die Wahl gewinnt: An irgendeiner Steuerschraube werden sie alle drehen – und zwar nach oben, und wenn das nicht reicht, werden sie Gebühren und Abgaben erhöhen, Autobahnvignetten einführen und die unausweichlichen Kosten für Energie, Mobilität und Grundversorgungen verteuern.

Denn, wie die vier da saßen und sich gegenseitig anschwärzten hätten sie vielleicht auch zusammen singen können. Wenn´s um Steuern geht – sind wir alle kleine Sünderlein.

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