Henryk M. Broder / 07.01.2021 / 10:00 / Foto: Ailura / 47 / Seite ausdrucken

Die talentierte Frau Huml

Der BR meldet, was die Regierung des Freistaats an neuen Restriktionen beschlossen hat und bemerkt nebenbei, Markus Söder habe die bisherige Gesundheitsministerin, Melanie Huml, von ihrem Amt entbunden und in die Staatskanzlei versetzt, wo sie als "Europaministerin" tätig sein wird. In einem kurzen Originalton erklärte Söder, was ihn dazu bewogen hat. Er habe übers Wochenende nachgedacht, wie er die Staatsregierung in der Corona-Krise noch besser aufstellen und deren Arbeit optimieren könnte. Und so ist er darauf gekommen, Frau Huml in die Staatskanzlei zu holen und ihren bisherigen Staatssekretär, Klaus Holetschek, zu ihrem Nachfolger zu ernennen, der sich "als Macher" erwiesen habe.

Es sei, so Söder eine "souveräne Entscheidung" gewesen, die mit allen Beteiligten "besprochen" wurde. Das war mehr als nur eine Anspielung auf das grundsolide Versagen der Ministerin im August dieses Jahres, als 44.000 auf Corona getestete Reiserückkehrer, darunter 900 positiv, nicht über die Test-Ergebnisse informiert wurden. Worauf Frau Huml dem MP ihrer Rücktritt angeboten haben soll, den dieser aber ablehnte.

Natürlich steht es jedem Politiker frei, seine Sicht der Vorgänge in seinem Beritt zu verbreiten. Wahrheit ist, genauso wie geschlechtliche Zugehörigkeit, ein soziales Konstrukt. Zudem wäre es eine unzumutbare soziale Härte, Frau Huml in eine Welt zu entlassen, in der das Leistungsprinzip noch tendenziell gilt. Schon gar nicht nach 17 Jahren im Bayerischen Landtag und nachdem sie sich zur stellvertretenden CSU-Vorsitzenden hochgearbeitet hat. 

Und so kam sie flugs in ein Amt, das es ansatzweise bereits gab, nur dass es vom Leiter der Staatskanzlei, Florian Herrmann, mitverwaltet wurde. Der musste nun ein Stück von seinem Kuchen abgeben, damit Frau Huml auch etwas zu knabbern hat. (Auf die gleiche Art wurde in Berlin eine "Bevollmächtigte des Landes Berlin beim Bund und Staatssekretärin für Bürgerschaftliches Engagement und Internationales" inthronisiert, die vorher keine Gelegenheit ausgelassen hatte, sich als Sprecherin von Außenminister F.-W. Steinmeier lächerlich zu machen.)

Ende gut, alles gut. Markus Söder bleibt Ministerpräsident, Frau Huml wird Europa-Ministerin. Dass sie von ihrem Lebensmittelpunkt in Bamberg nach München commuten muss, das sind etwa 230 Kilometer, also ein wenig mehr als die 15 Kilometer, die Normalos zugestanden werden, spielt keine Rolle, denn "der Weg zur Arbeit" ist eine der anerkannten Ausnahmen. 

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Leserpost

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Detlef Dechant / 07.01.2021

Bei derartigen Charaden ist es kein Wunder, dass in vielen Bereichen der Politik problemlos Quoten eingehalten werden können. Nun wollen sie das auch auf die Wirtschaft übertragen. Nachdem so einige Männer den lukrativen Wechsel von der Politik in die Wirtschaft geschafft haben, wollen die abgehalfterten Politikerinnen das nun auf diesem Weg schaffen.

Hans-Peter Dollhopf / 07.01.2021

Herr Dr. Hahn, Sie diagnostizieren bei Frau Huml das Peter-Prinzip. Da muss ich widersprechen, denn “Peters These ist, dass jedes Mitglied einer ausreichend komplexen Hierarchie so lange befördert wird, solange es auf seiner Position erfolgreich ist. Übersteigen die Anforderungen der neuen Position aber die Fähigkeiten, bleiben weitere Beförderungen aus.” (Quelle: wiki) Befördert wird also, wer auf seiner bisherigen Position erfolgreich war! Frau Huml war bisher Gesundheitsministerin und wird befördert zur “Europaministerin”. Nach Peter bedeutet jede Beförderung immer bisherigen Erfolg. Die Parteienherrschaft aber kennt das Peter-Prinzip überhaupt nicht, sondern Huml wird einfach nur frischgehalten, weil sie im Stimmbezirk Bamberg-Mitte bisher ein Mandat für die CSU einfuhr. Und die Entscheidung über Humls Existenz fällt spätestens mit der nächsten Nominierung.

Frank Zwanziger / 07.01.2021

Vielleicht hat die Versetzung ja auch damit zu tun, dass in Bayern von dem sowieso sehr knappen Impfdosen gleich einmal die Hälfte den Bach runter ging, weil die Kühlkette nicht sichergestellt war und die Kühlboxen - für deren Beschaffung das Gesundheitsministerium verantwortlich war - wohl eher für den Campingplatz als für den Transport von Medizigütern gedacht waren. Zumindest hat der Hersteller kein derartiges (notwendiges) Zertifikat, wie die WELT berichtete.

Walter Haller / 07.01.2021

Wenn man solche Geschichten hört/liest kommt man aus dem Bauklötze-Staunen nicht heraus, was unter dem Deckmantel «Demokratie» alles möglich ist. Ist es nicht nur logisch wenn von Zeit zu Zeit das eine korrupte System durch das andere korrupte Regime abgelöst wird?

Johann-Thomas Trattner / 07.01.2021

Lieber Herr Broder, könnten Sie nicht vielleicht dem Autorenkollegen Bonhorst ein wenig stilistischen Unterricht geben, wie man auch ohne Verschiebung der Gürtellinie auf die Höhe der Achillessehne und via realitätskonformer spöttischer Darstellung dennoch Leute politisch abledern kann?

g.schilling / 07.01.2021

Ja, so geht eben Politik in Gagaland. Unfähige bekommen Ämter die sie nicht ausfüllen können und dann eine fette Pension. Aber alle sind glücklich. Wählerverarsche ist das, nichts anderes.

Marion Knorr / 07.01.2021

Huch, was ist das für ne Grinsekatze?

Dr.Wilhelm Dierkopf / 07.01.2021

Ich habe vor vielen Jahren als Berufsverbandsvorsitzender die Arztkollegin , damals Frau Staatssekretärin Huml, zu einem Arbeitsgespräch kennengelernt. Sie hat sich bis zur Bayerischen Gesundheitsministerin hochgearbeitet und wird nun Bayerische Europaministerin. Dafür kann ich nur anerkennend sagen: Erfolgreiche Karriere einer braven Parteisoldatin. Das kennen wir sonst nur aus China und da funktioniert es ja auch.

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