Titus Gebel / 21.11.2018 / 06:20 / Foto: Bildarchiv Pieterman / 42 / Seite ausdrucken

Die Tage des Sozialstaats sind gezählt (2): Die Alternativen

Wie im ersten Teil gezeigt, führt der Sozialstaat mit seiner verfehlten Anreizstruktur letztlich in den Ruin, entmündigt die Bürger und verursacht unsoziales und unselbstständiges Verhalten. Die gute Nachricht ist: Es gibt funktionierende und erprobte Alternativen zum Sozialstaat. Und damit ist nicht die Verteilung von Almosen durch reiche Gönner gemeint.

Während des 19. und bis ins frühe 20. Jahrhundert waren die meisten Familie stolz darauf, sich selbst unterhalten zu können. Aber wenn der Hauptverdiener krank wurde oder starb, geriet die Familie in schwere Not. Die Antwort der Menschen, also des Marktes, auf diese harte Realität war die Schaffung kollektiver Selbsthilfeeinrichtungen.

In England waren das die „Friendly Societies“, in den USA die „Fraternal Societies“, in Deutschland die Gewerkvereine und Genossenschaften. Ihnen war gemeinsam, dass die Führer dieser Vereinigungen der paternalistische Wohlfahrt (Charity) sehr kritisch gegenüber standen. Sie betrachteten es als Bestandteil ihrer Würde, nicht von solchen Almosen abhängig zu sein, sondern sich untereinander selbst helfen zu können. Ziel war, die Arbeiter zu emanzipieren, anstatt sie in Abhängigkeit von Staat oder Kirche zu bringen.

Diese selbstverwalteten Gesellschaften waren von vielfältiger Erscheinung, funktionierten aber mehr oder weniger nach dem gleichen Muster: Wer regelmäßige Beiträge in einen gemeinsamen Fonds leistete oder Hilfeleistung für andere in Naturalien erbrachte, war berechtigt, im Notfall entsprechende Leistungen zu beziehen. So konnten Unterstützungen bei Bewerbungsreisen, Umzügen, Krankheit, Invalidität, Arbeitslosigkeit, außergewöhnlichen Notfällen und bei Sterbefällen gewährt werden. Die Unterstützungsleistungen waren stets nur als äußerste Nothilfe konzipiert. Jeder Missbrauch wurde aufmerksam verfolgt und in der Regel mit dem Ausschluss geahndet. Darin unterschieden sich übrigens diese Gesellschaften nicht von ihren Kollegen der sozialistischen Gewerkschaften, welche vergleichbare Hilfskassen eingerichtet hatten.

Aus vielen kleinen Kräfte eine Großkraft schaffen

In Deutschland sind vor allem die vom liberalen Amtsrichter Hermann Schulze aus Delitzsch initiierten Gewerkvereine und Genossenschaften zu nennen. Schulze-Delitzsch lehnte staatliche und andere „Hilfe von außen“ ab, weil sie unselbstständig und abhängig mache. Es sei eine deutsche Unsitte, immer nach dem Staat zu rufen, anstatt an Selbsthilfe zu denken. Sein Ansatz war, aus der Vereinigung vieler kleiner Kräfte eine so genannte Großkraft zu schaffen, wenn die persönliche Kraft eines Einzelnen nicht ausreicht. Denn die Gesetzmäßigkeiten der kapitalistischen Wirtschaft könne man nicht überwinden, darum müsse man sich ihrer zum eigenen Vorteil bedienen.

Er konzipierte unter anderem Vorschuss-, Kredit- und Darlehensvereine, Volksbanken, Rohstoff- und Konsumgenossenschaften, Krankenkosten-, Gesundheitspflege- und Magazinvereine. Volksbanken und Konsumgenossenschaften haben bis heute überlebt. Es ist bemerkenswert, dass Schulze-Delitzsch in den Diskussionen des 19. Jahrhunderts bereits nahezu sämtliche Probleme voraussah, die den heutigen Sozialstaat plagen und die im ersten Teil behandelt wurden. Der Mann hatte einfach recht und die Sozialdemokratie nicht. Bis heute versucht sie erfolglos, ökonomische Gesetzmäßigkeiten zu ändern.

Auch die amerikanischen Fraternal Societies umfassten zu ihren Hochzeiten (um 1920) etwa 18 Millionen Amerikaner, das waren etwa 30 Prozent aller männlichen Erwachsenen. Wie sah die Wirklichkeit der Menschen im Rentenalter damals aus? Einer 1930 durchgeführten Erhebung des Staates New York zufolge waren 43 Prozent der Alten aufgrund eigener Tätigkeiten, Ersparnisse oder Rentenansprüche (Versicherungen, Fraternal Societies) versorgt, während Familie und Freunde weitere 50 Prozent unterstützten. Weniger als 4 Prozent der Alten waren demnach abhängig von öffentlicher oder privater Fürsorge.

Zeitgenössische Erhebungen berichten, dass die Kombination aus Eigenverantwortung, familiärer Unterstützung und kollektiven Selbsthilfeeinrichtungen auch in sehr armen Wohngegenden verantwortliches Verhalten nach sich zog. Besonders populär waren die Fraternal Societies bei der schwarzen Bevölkerung der USA, die häufig im Niedriglohnbereich arbeitete. Sie hielten hergebrachte kulturelle und zivilisatorische Standards aufrecht, übernahmen Verantwortung für ihre eigenes Leben, zeigten Stolz, Unabhängigkeit und Stärke. 1919 ermittelte die Gesundheitskommission von Illinois, dass 93,5 Prozent der afroamerikanischen Familien in Chicago mindestens ein rentenversichertes Mitglied hatten. Sie waren damit die meistversicherte ethnische Gruppe in der Stadt. Für junge Schwarze war es in den 1920er Jahren, im Gegensatz zu heute, ebenso wahrscheinlich wie für Weiße, in Familien mit zwei Elternteilen aufzuwachsen. Auch das spricht dafür, dass der Sozialstaat die Übel, die er zu bekämpfen vorgibt, selbst verursacht hat.

Vom Staat durch seine Zwangsversicherung verdrängt

Bis Anfang des 20. Jahrhunderts waren auch die britischen Friendly Societies feste Bestandteile der Gesellschaft. Als die britische Regierung im Jahre 1911, dem Bismarck’schen Beispiel folgend, eine verpflichtende Sozialversicherung für 12 Millionen Menschen einführte, waren knapp 7 Millionen Mitglieder bereits in etwa 27.000 Friendly Societies versichert (mit stark steigender Tendenz), weitere 2 Millionen waren in unregistrierten Vereinen auf Gegenseitigkeit organisiert. Im Augenblick ihres größten Erfolges wurden diese auf freiwilligem Zusammenschluss beruhenden Gesellschaften also vom Staat durch seine Zwangsversicherung verdrängt. Für die entsprechenden deutschen und amerikanischen Gesellschaften gilt im Prinzip dasselbe. Scheitert der Sozialstaat endgültig, wird diese Idee wiederbelebt werden, erste Ansätze bestehen bereits.

Neben der Mitgliedschaft in kollektiven Selbsthilfeeinrichtungen, die praktisch Versicherungsvereine auf Gegenseitigkeit sind, besteht die Möglichkeit, sich über kommerzielle Versicherungen zu versichern. Das betrifft insbesondere Renten- und Krankenversicherung. Private Unternehmen können immer effizienter und effektiver arbeiten als Staatsbetriebe. Nicht weil sie klüger oder geschickter wären. Sie haben einfach die besseren Anreize: nach oben hin den Gewinn und nach unten hin das Risiko des Verschwindens. Im Ergebnis werden private Anbieter wesentlich mehr für dasselbe Geld leisten, sei es in der Altersversorgung, im Gesundheits- oder dem Bildungssystem.

Auch die Schweiz hat diese Erfahrung machen müssen. Erst 1996 wurde ein Krankenversicherungszwang eingeführt. Zu diesem Zeitpunkt waren aber bereits 97 Prozent aller Schweizer freiwillig privat krankenversichert! Die gesetzlichen Vorgaben und Privilegien des neuen Zwangsversicherungsregimes setzen dieselben Fehlanreize, die an anderer Stelle bereits erörtert wurden. Die logische Folge: Seither haben sich die Gesundheitskosten knapp verdoppelt und sind dreimal schneller gewachsen als die realen Einkommen.

Woanders wurde der umgekehrte Weg beschritten: Chile hat trotz alternder Bevölkerung bereits 1980 geschafft, was in Europa vielerorts als unmöglich gilt. Die Rede ist vom Wechsel der gesetzlichen Rentenversicherung vom Umlagesystem zum Kapitaldeckungsverfahren. Finanziert wurde der Übergang durch Steuern und (vorübergehende) Schuldenaufnahme. Es besteht nur noch eine einzige Verpflichtung, nämlich 10 Prozent des Bruttoeinkommens auf ein Rentensparkonto einzuzahlen. Wer möchte, kann freiwillig mehr bezahlen.

Dafür gibt es zertifizierte private Rentenversicherungsanbieter, welche die entsprechenden Gelder anlegen und unter denen die Einzahler frei wählen können. Das Rentensparkonto ist das persönliche Eigentum des Arbeitnehmers. Ist die Altersrente von 65 Jahren erreicht, kann der Berechtigte seine Leistungen abrufen, aber auf Wunsch daneben trotzdem weiterarbeiten und zusätzlich verdienen. Umgekehrt kann altersunabhängig jeder, der Ansprüche angespart hat, die eine Rente in Höhe von mindestens 50 Prozent des Durchschnittseinkommens der letzten 10 Jahre ermöglichen, in den Ruhestand gehen.

Nach 30 Jahren lautet das Fazit: Die Leistungen des neuen Systems liegen heute bereits um 50 bis 100 Prozent über denen des alten Systems. Durchschnittlich werden Rentenquoten von ca. 80 Prozent des Durchschnittseinkommens der letzten zehn Jahre erreicht. Die Wachstumsrate der chilenischen Wirtschaft hatte sich aufgrund des dadurch neu gewonnenen Anlagekapitals über einen langen Zeitraum nahezu verdoppelt. Die Arbeitnehmer haben ein direktes Interesse an der Wirtschaft entwickelt, sind sie jetzt doch Anteilseigner der größten chilenischen Unternehmen. Demografische Probleme sind irrelevant.

"Kostspielige Ideen des Eurosozialismus"

Das von Chile etablierte System ist zwar immer noch eines, das tendenziell vom unmündigen Bürger ausgeht, der zu dumm ist, für sich selbst vorzusorgen und daher gezwungen werden muss. Es ist aber bereits ein Mischsystem, das weit überwiegend private Anteile und marktkonforme Anreize hat: etwa die Entscheidungsfreiheit zwischen mehreren Anbietern, die Selbstvorsorge und Übernahme von Eigenverantwortung. Die Illusion der Gratisleistung wird vermieden. Mehrere Staaten haben das chilenische Modell bereits übernommen, unter anderen Australien.

Derartige Systeme weisen den Weg ins 21. Jahrhundert. Sie zeigen überdies, dass der europäische Sozialstaat seinen Zenit als weltweit leuchtendes Ideal überschritten hat. Dazu eine Anekdote: Anfang der 1990er, während der letzten Jahre der britischen Herrschaft in Hong Kong, fegte der dortige Vertreter des nominell kommunistischen China den Plan des britischen Gouverneurs, in der Kolonie ein Rentensystem nach dem Umlageverfahren einzuführen, mit der Bemerkung beiseite, es gehe nicht an, dass ein britischer Konservativer die "kostspieligen Ideen des Eurosozialismus" nach Hongkong verpflanzen wolle.

Schließlich bleibt die älteste Form der Hilfe für die Schwachen: die Unterstützung durch Familie, Freunde und Bekannte. Ein guter Bekannter des Autors, ein Anhänger des Sozialstaates, gab sein eigenes Beispiel zu bedenken. Er habe vor einem halben Jahr überraschend die Diagnose Gehirntumor erhalten, und eine sehr teure – zum Glück erfolgreiche – Operation war die Folge. Ohne Sozialstaat, so seine Auffassung, wäre diese Operation nicht möglich gewesen. Aber stimmt das?

Nehmen wir an, ein Sozialstaat sei nicht existent und der Betroffene habe weder eine private Krankenversicherung noch wäre er Mitglied einer kollektiven Selbsthilfeeinrichtung. Was wäre dann geschehen? Zunächst einmal hätte seine Familie versucht, das Geld für diese Operation zusammen zu bringen. Wäre das nicht gelungen, dann hätte sich die Familie an nahestehende Freunde gewandt mit der Bitte zu helfen. Diese hätten die Angelegenheit voraussichtlich im weiteren Bekanntenkreis publik gemacht und um Unterstützung gebeten. Es wäre also eine Anteilnahme einer relativ großen Gruppe von Menschen am Schicksal des Bekannten erfolgt. In Wirklichkeit hat kaum jemand davon erfahren.

In echten existenzbedrohenden Situationen stehen Verwandte und Freunde zusammen, gerade weil sie sich und den Betroffenen kennen. Eine soziale Kontrolle zur Verhinderung von Missbrauch ist möglich und wirksam. Aber entscheidend an dem Beispiel ist, dass der gesamte Vorgang der Anteilnahme, der Suche nach Unterstützung und die echte, weil freiwillige Solidarität tatsächlich nicht stattgefunden haben. Und das liegt am Sozialstaat.

Karitative Einrichtungen

Nun gibt es unbestritten Fälle, in denen Familie oder Freundeskreis die notwendige Hilfe aus finanziellen Gründen nicht aufbringen können. Lediglich für solche Fälle, in denen daneben auch keine Versicherung oder Selbsthilfeeinrichtung eintritt, kommt eine mildtätige oder karitative Zuwendung in Frage. Das schließt etwa familien- und mittellose Alte, Schwerbehinderte oder chronisch Kranke mit sehr teuren Behandlungen ein, für die sich keine bezahlbare Versicherung finden lässt.

Daten hierzu zeigen, wie auch das obige Beispiel aus dem Staat New York, dass die Gruppe dieser Personen in entwickelten Ländern in der Regel nicht mehr als  fünf Prozent der Bevölkerung beträgt. Angesichts der Unsummen, die bereits heute im Bereich freiwilliger Wohltätigkeit aufgewendet werden, scheint es schwer vorstellbar, dass hierzu nicht genügend Mittel aufgebracht werden können. Dies gilt insbesondere im Hinblick darauf, dass in einem solchen Szenario die exorbitanten Ausgaben für den Sozialstaat wegfallen würden, also jeder Beschäftigte erheblich höhere Netto-Einkünfte hätte.

Die beschriebenen Unterstützungsmöglichkeiten über

  • Kollektive Selbsthilfeeinrichtungen
  • Private Versicherungen
  • Familie und Freundeskreis
  • Karitative Einrichtungen              

sollten mithin ausreichend sein, um sämtliche Fälle von echter Bedürftigkeit in einer Gesellschaft aufzufangen. Doch möglicherweise bedarf es darüber hinaus noch einer Art Rückversicherung, um ruhiger schlafen zu können. Insofern könnte ergänzend eine (steuerfinanzierte) staatliche Mindestsicherung von Leib und Leben sozusagen als Überlebensgarantie erfolgen. Voraussetzung wäre der Nachweis der Bedürftigkeit und Nichtbestehen beziehungsweise Nichtleistung der anderen Sicherungssysteme. Prüfung und Leistung erfolgen ausschließlich auf kommunaler Ebene! Denn nur in der noch überschaubaren Struktur einer Gemeinde oder eines Stadtviertels kann eine soziale Kontrolle dergestalt stattfinden, dass Missbrauch vermieden oder doch weitgehend eingedämmt wird.

Die Folgen: Aufschwung und stabile soziale Verhältnisse

Im Ergebnis ist das aufgezeigte mehrstufige Modell wesentlich „sozialer“ als heutige Sozialstaaten. Denn es mobilisiert das Beste im Menschen. Dazu gehört die Übernahme von Verantwortung für sich und Andere, echte Anteilnahme, die Stärkung von Familie und kleinen Gemeinschaften, Ideen- und Erfindungsreichtum zur Überwindung von Schwierigkeiten, freiwillige Solidarität und im Gegenzug Dankbarkeit sowie nicht zuletzt Stolz und Zufriedenheit, sein Leben aus eigener Kraft zu meistern.

Es ist weiter geeignet, Mündigkeit und Selbstständigkeit zu fördern. Denn es trägt zum Verstehen wichtiger Prinzipien bei. Da ist zum einen das Prinzip do ut des, also die Erkenntnis, dass Leistung auf Gegenleistung beruht. Ferner die Goldene Regel: Behandle Andere so, wie Du selbst behandelt werden möchtest. Und schließlich das Nichtaggressionsprinzip, also der Vorrang von freiwilliger Kooperation gegenüber Zwang und Enteignung. Ständige Verteilungskämpfe und das Aufwiegeln gesellschaftlicher Gruppen gegeneinander gehören der Vergangenheit an. Durch die Bildung von echten Kapitalrücklagen steigt die Investitionsquote. Weniger Kosten fallen an, bei gleichzeitig besserer sozialer Sicherung. Wirtschaftlicher Aufschwung und gesellschaftliche Stabilität sind die Folge.

Den ersten Teil dieses Beitrages finden Sie hier.

Literaturempfehlungen (dort auch Nachweise für aufgestellte Tatsachenbehauptungen):

Habermann, Gerd: Der Wohlfahrtsstaat – Ende einer Illusion, München 2013.

Christian Hoffmann, Pierre Bessard (Hrsg.), Sackgasse Sozialstaat – Alternativen zu einem Irrweg, Zürich 2012.

Palmer, Tom (Hrsg.), After the Welfare State, Ottawa 2012. (kostenlos zum Download hier.)

Titus Gebel ist Unternehmer und promovierter Jurist. Er gründete unter anderem die Deutsche Rohstoff AG. Der Beitrag beruht auf seinem Buch Freie Privatstädte – Mehr Wettbewerb im wichtigsten Markt der Welt, in dem er auch gesellschaftliche Grundsatzfragen untersucht.

Foto: Bildarchiv Pieterman

Sie lesen gern Achgut.com?
Zeigen Sie Ihre Wertschätzung!

via Paypal via Direktüberweisung
Leserpost

netiquette:

K.Anton / 21.11.2018

Ich fürchte, dass bei uns der Zug längst abgefahren ist in die totale Abhängigkeit vom Staat, körperlich und mental.Ich ziehe Paralellen zwischen staatliche Pflichtversicherung, die die Eigenverantwortung ausrottet und zwischen den staatliche Zwangsabgaben für die “öffentliche Medien”, die die selbständige Meinungsbildung uns abgewöhnen sollten. Damit schliesst sich der Kreis der Knechtschaft.

Wolfgang Kaufmann / 21.11.2018

Sie wollen doch nicht die ganze Sozialindustrie arbeitslos machen? Unnötige Kuren und Therapien, unzählige Plazebos und Esoterika, die teuersten Operationen für die ältesten Senioren, welche alle aus der unerschöpflichen Allmende bezahlt werden? Und gar der riesige Verwaltungsaufwand, von dem Millionen leben – sollen diese ganzen Arbeitskräfte wirklich in die Produktion gehen, dort Rohstoffe verbrauchen und hochwertige Produkte in die Welt setzen? Ist es ökologisch nicht unendlich wertvoller, sie für das CO₂-neutrale Hin- und Herschieben von Akten zu bezahlen als in der realen Wertschöpfungskette? Ein wichtiger Schritt für die Gleichstellung der Minderleister!

Dr. Gerhard Giesemann / 21.11.2018

Das gefühlte “es gibt irgendetwas” umsonst wird durch die Mär vom “Ag-Anteil” an Sozialversicherungsbeiträgen absichtlich genährt - hier muss man sich ehrlich eingestehen: das ist alles mein Gehalt, sonst nichts. Dem AG ist völlig egal, wohin die Lohnkosten fließen. Dass die umlagefinanzierte Rente etwa ergänzt werden kann, wer wollte das bestreiten. Voraussetzung: Kein Betrug wie bei Riester und Konsorten. Ich wäre schon froh, wenn die Mindestlöhner weder Steuern noch Sozialabgaben bezahlen müssten von ihren paar Kröten. Das schafft Nachfrage, die zudem umsatzsteuerpflichtig ist. Eine garantierte beitragsfreie Rente täte ein Übriges. Hier sollten Steuergelder eingesetzt werden, während alle, die mehr haben dann auch beitragspflichtig sein sollten. So werden die Lohnkosten auf der unteren Ebene gedrückt, das schafft Arbeit und - hoffentlich - sinnvolle Beschäftigung. Ein bedingungsloses Einkommen wäre genauso kontraproduktiv wie eine Erhöhung der Mindestlöhne (die über normale Anpassungen hinausgeht, klar). Alles, was Arbeit und Kaufkraft schafft ist gut, am besten ohne den Umweg über die Sozialindustrie. Denn die saugt nur Steuergelder etc an, ohne wirklich sinnvoll-produktiv zu sein, nur viel Leerlauf. Immigration ist regelmäßig Quelle von Armut, nicht Reichtum, auch klar.

Hans Klung / 21.11.2018

Da schreib ich jetzt aber nur eins : Haeresie. Ich mag das ‘warm and fluffy feeling’ des Sozialstaates. Ich mag Rente ab 65, 67, 69, ... mit immer weniger Kaufkraft. Ich mag Krankenkassen die mit weniger Leistungen, aber wir haben Krankenkassen. Ich mag Arbeitslosenversicherungen mit immer weniger Leistungen, aber wir haben Arbeitslosenversicherungen. Ich mag Pflegeversicherungen, genauso wie Totgeburten. Und wenn erst das Grundeinkommen kommt wird keiner von uns mehr arbeiten muessen. Dann sind diese Versicherungen sowieso obsolet und unser Grundeinkommen wird steigen, da wir ja keine Sozialversicherungen mehr zahlen muessen. Es ist mir nicht klar, wie Sie diese offensichtliche ‘Loesung ihres Problemes’ uebersehen konnten. Sie lesen nur die falschen Buecher. Ihre und die Schlussfolgerungen der Autoren ihrer Literaturempfelungen ist fehlerhaft. Sie muss fehlerhaft sein, da dass nicht die Zukunft ist die ich mir wuensche. Ich muesste selber Verantwortung fuer mein Handeln uebernehmen? Wo kommen wir denn da hin. Schoenen Tag noch, muss noch Futter fuer mein totes Pferd kaufen MfG H.Klung

A. Witzgall / 21.11.2018

Zur Etablierung neuer Systeme muß erst einmal das alte System komplett an die Wand fahren. Da sind wir gerade dabei, also komischer Weise auf dem richtigen Weg. Ist nur die Frage, welches “Ereignis” einen Wandel ermöglichen könnte. Ob anschließend die aufgezeigten Lösungsmöglichkeiten mit dem gleichen “Personal, sprich Menschen” zu machen wären, ohne die Hirne von den Erwartungshaltungen reinzuwaschen, wage ich zu bezweifeln. Die “Unwilligen” loszuwerden schaffen wir schon heute nicht.  Eigentlich wissen wir, dass wir uns auf der “Titanic” befinden. Der Eisberg ist schon in Sicht. Die Kritiker versucht man von Bord zu stoßen. Die Anderen fordern mit Hilfe der aus dem Staatsfunk bekannten Moderatoren,  zur Ablenkung der Passagiere, die Kapelle “Feine Sahne Fischfilet” auf, munter aufzuspielen. Deren Repertoire macht nicht so nachdenklich, wie “Näher mein Gott zu Dir”.

U. Unger / 21.11.2018

Ja Herr Gebel, sehr vernünftige Betrachtungen, die leider nicht ohne die wenig mehrheitsfähigen Worte Kapital, Eigentum und privat auskommen. Sozialisten von zart rosa bis schwarz hören das nicht gerne, da Sie auf jede Form der Trittbrettfahrerei verzichten müssten. Der Apell an niedere Instinkte (inklusive Moral) bringt aber zumeist mehr Wählerstimmen, da kann die Vernunft nur hinter der eigenen Abgeordneten Karriere zurückstehen. Wer durch Vernunft seine Karriere gefährdet gilt doch schon als Wahnsinniger, oder? Zudem, wird es ab einem gewissen Punkt nicht mehr vermittelbar, warum Abgeordnete an Stelle von Volksabstimmungen das Sagen haben sollen. Der wirklich emanzipierte Bürger lässt sich leider nur bedingt ausbeuten.

Weitere anzeigen Leserbrief schreiben:

Leserbrief schreiben

Leserbriefe können nur am Erscheinungstag des Artikel eingereicht werden. Die Zahl der veröffentlichten Leserzuschriften ist auf 50 pro Artikel begrenzt. An Wochenenden kann es zu Verzögerungen beim Erscheinen von Leserbriefen kommen. Wir bitten um Ihr Verständnis.

Verwandte Themen
Titus Gebel / 08.11.2023 / 16:00 / 6

Auch unser Zusammenleben ist ein Markt

Nach wie vor kämpfen wir leidenschaftlich darum, welches die „richtige“ oder „gerechte“ Art des Miteinanders ist. Warum akzeptieren wir nicht einfach, dass wir Menschen verschieden…/ mehr

Titus Gebel / 13.01.2023 / 14:00 / 19

Was macht der Dual-Fluid-Reaktor?

Der Dual-Fluid-Reaktor ist eine große Hoffnung für eine CO2-freie, kompakte, autarke und obendrein relativ preisgünstige Energieproduktion. Dazu ein kurzer Überblick: was bisher geschah, was derzeit…/ mehr

Titus Gebel / 27.03.2021 / 06:15 / 171

Grüne Ansage: Steuersklave, egal wohin du abhaust

Wer wissen möchte, was auf Deutschland zukommt, tut gut daran, das Wahlprogramm der Grünen zu lesen. Denn die Grünen konnten bisher auf lange Sicht sehr…/ mehr

Titus Gebel / 11.09.2020 / 12:00 / 22

So klappt es vielleicht doch noch mit dem Liberalismus

Sehen wir der bitteren Wahrheit ins Auge: Der Liberalismus hat heute nur wenige überzeugte Verteidiger und Anhänger. Das liegt darin begründet, dass er seine eigenen…/ mehr

Titus Gebel / 05.06.2020 / 06:15 / 169

Frau Badum antwortet nicht

Ende Januar 2020 reichte die Gruppe Klimafragen.org an alle im Bundestag vertretenen Parteien ihre sechzehn Klimafragen ein und bat um zeitnahe Beantwortung. Achgut.com berichtete hier. Dieser Bitte kamen…/ mehr

Titus Gebel / 15.05.2020 / 12:00 / 153

Die Grünen Khmer machen keine halben Sachen…

Im Leben wie in der Politik ist es ein pragmatischer und sinnvoller Ansatz, sich mehrere Optionen offen zu halten. Nehmen wir an, es sei erwünscht,…/ mehr

Titus Gebel / 07.04.2020 / 16:00 / 6

Pandemie: Was würde eine Freie Privatstadt tun?

In letzter Zeit werde ich oft gefragt, wie eine Freie Privatstadt mit der Corona-Krise umgehen würde. In meinem Konzept einer Freien Privatstadt bietet ein privates…/ mehr

Titus Gebel / 26.01.2020 / 15:00 / 42

Merkel ruft zum Klimadialog auf, CDU macht auf Eiszeit

Von Titus Gebel und Annette Heinisch. Letzten Donnerstag in Davos. Die Kanzlerin macht sich ausdrücklich für einen Dialog in Klimafragen stark. Wenn jeder nur in seiner Blase…/ mehr

Unsere Liste der Guten

Ob als Klimaleugner, Klugscheißer oder Betonköpfe tituliert, die Autoren der Achse des Guten lassen sich nicht darin beirren, mit unabhängigem Denken dem Mainstream der Angepassten etwas entgegenzusetzen. Wer macht mit? Hier
Autoren

Unerhört!

Warum senken so viele Menschen die Stimme, wenn sie ihre Meinung sagen? Wo darf in unserer bunten Republik noch bunt gedacht werden? Hier
Achgut.com