Joachim Nikolaus Steinhöfel / 20.05.2025 / 15:48 / Foto: Achgut.com / 21 / Seite ausdrucken

Die Stuttgarter Nachrichten fragen – Broder und Steinhöfel antworten (Vol. II)

Am 8. Mai 2025 fanden vor dem Verwaltungsgericht Stuttgart zwei mündliche Verhandlungen statt. Ein Verfahren in meiner eigenen Sache gegen das Bundesland Baden-Württemberg, ein weiteres der Achgut Media GmbH, die das Onlineportal „Achse des Guten“ betreibt, gegen denselben Gegner.

In „meinem“ Verfahren ging es um Folgendes: Nachdem der Regierungssprecher des Bundeslandes Baden-Württemberg meine rechtskräftig als zulässige Meinungsäußerung bewertete Bezeichnung des örtlichen Antisemitismusbeauftragten Dr. Michael Blume als Antisemit gegenüber der Presse „niederträchtig“ genannt hatte, wurde dies dem Bundesland durch einstweilige Anordnung des VGH Baden-Württemberg verboten (das Verwaltungsgericht hatte diese Persönlichkeitsrechtsverletzung durch den Staat als unbedenklich erachtet). Es war nicht das erste von mir gegen das Land erwirkte Verbot. Baden-Württemberg heuerte einen renommierten Presserechtler an, um in der jetzt verhandelten Hauptsache erneut zu unterliegen. Höhepunkt der gegnerischen Verteidigung in der mündlichen Verhandlung war wohl die rhetorische Kapitulationserklärung „Sie sind ein Meister darin, mir das Wort im Munde umzudrehen.“

Die zweite Sache war rechtlich deutlich spannender. In früheren, von der „Achse“ gegen Baden-Württemberg geführten und überwiegend gewonnenen Verfahren hatte sich das Land in seinen Schriftsätzen in einer Weise verteidigt, die schwerwiegende antisemitische Persönlichkeitsrechtsverletzungen zu Lasten von Henryk M. Broder und der von ihm als Herausgeber mitverantworteten Website enthielten. Als es in Verfahren gegen das Bundesland und die Bezeichnung von Blume als Antisemiten ging, hielt die 1. Kammer des Verwaltungsgericht Stuttgart das Folgende fest:

„Der Bezeichnung einer Person als ,Antisemiten’ kommt – gerade auch im politischen Raum – eine stark abwertende und ehrenrührige Bedeutung zu. Sie hält dem Adressaten eine gegenüber Menschen wegen ihres jüdischen Glaubens oder ihrer jüdischen Abstammung diskriminierende Einstellung vor, wobei sie diesen insbesondere in Deutschland in die Tradition mit einer Geisteshaltung bringt, die unter der nationalsozialistischen Schreckensherrschaft zum Völkermord an 6 Millionen Juden geführt hat.“

Wenn man das als Gericht so sieht, dürfte man haarsträubend abwegige schriftsätzliche Ausführungen des Bundeslandes wie die folgenden wohl ähnlich bewerten, darf man annehmen:

„Der Blog verharmlost den Antisemitismus und bagatellisiert die Verfolgung der Juden im Nationalsozialismus.“

Der Staat hat keine Grundrechte, er darf sich nicht abfällig über seine Bürger äußern. Das hat das Verfassungsgericht in völliger Klarheit immer wieder betont. Das antisemitische Gehetze in den Schriftsätzen des Bundeslandes erklärt nicht nur die Auswahl des „Antisemitismusbeauftragten“. Auch – und gerade – vor Gericht darf der Staat die Beachtung der Grundrechte nicht unterlassen. Das Verwaltungsgericht hat die Klage allerdings abgewiesen und die antisemitischen Amokläufe durch das Bundesland toleriert. Zu dem obigen Zitat meint es allen Ernstes:

„Die Äußerungen sind jedoch nicht als Schmähkritik einzuordnen."

Das klang kurz zuvor noch ganz anders.

Nun tritt Eberhard Wein auf den Plan. Ein zuverlässiger journalistischer Erfüllungsgehilfe der Landesregierung und von Herrn Blume. In einem früheren Schreiben an Wein ordneten Henryk und ich den Mitarbeiter vom „Reporterteam Baden-Württemberg“ so ein: „Sie haben sich ausnahmslos als zuverlässiger und unkritischer Unterstützer der Landesregierung und des antisemitischen Antisemitismusbeauftragten Dr. Blume präsentiert.“

Heute morgen erhielt ich folgende Presseanfrage von Herrn Wein, die wir im Interesse der Transparenz ebenso wie die Antwort hier vollständig wiedergeben:

„Sehr geehrter Herr Steinhöfel,

über die beiden Urteile des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 8. Mai würden wir in der Stuttgarter Zeitung, den Stuttgarter Nachrichten gerne berichten. Dazu wollte ich nach einem Statement von Ihnen fragen. Können Sie die beiden Entscheidungen, insbesondere diejenige, bei der es um die Schriftsätze ging – das ist ja insofern der neue Fall –, nachvollziehen? Wie werden Sie weiter vorgehen? Ist es richtig, dass Sie vor Gericht geweint haben und warum? 

Meinen Sie, es ist möglich, dass Sie mir schon bis 13.30 Uhr antworten? Gerne können wir auch telefonieren. Meine Nummer lautet xxxx. 

Mit freundlichen Grüßen und vielen Dank, 

Eberhard Wein

Reporterteam Baden-Württemberg

Stuttgarter Zeitung | Stuttgarter Nachrichten“

 

Hier die Antwort:

Sehr geehrter Herr Wein,

nachfolgend ein Zitat zu „meiner“ Entscheidung und zwei Zitate zu Ihren Fragen zu der weiteren Entscheidung. Sicherlich werden Sie über beide zeitgleich ergangenen Entscheidungen berichten und nicht nur über die, die zugunsten der Partei ergangen ist, der Sie sich verbunden und verpflichtet fühlen.

Zitat in Sachen Steinhöfel vs Baden-Württemberg:

„Die erneute Niederlage des Landes Baden-Württemberg, dem zum wiederholten Male eine Persönlichkeitsrechtsverletzung, diesmal durch den Regierungssprecher, untersagt wurde, kann nur Kopfschütteln auslösen. Das Land verschwendet erneut uneinsichtig Steuergelder für aussichtslose Prozesse.“

Zitate in Sachen Achgut Media GmbH vs Baden-Württemberg:

„Dass dieselbe Kammer identische Äußerungen in einer früheren Entscheidung als ‚stark ehrenrührig und abwertend‘ einordnet, nun jedoch eine Schmähkritik nicht erkennen will, sich dabei aber durchgehend auf die Seite der Landesregierung stellt, wirft Fragen nach der Konsistenz der rechtlichen Bewertung und der Neutralität der Entscheidungsfindung auf. Wir werden den Rechtsweg ausschöpfen.“

„Ich habe eine Unterbrechung der Sitzung erbeten – aus Ekel und Bestürzung angesichts der niederträchtigen und in Ton wie Inhalt antisemitisch konnotierten Diffamierungen von Herrn Broder durch Vertreter der Landesregierung.“

Ihre Frage selbst, ob ich „geweint hätte“ ist nicht nur sachlich verfehlt und geschmacklos, sondern stellt – in ihrer insinuierten Geringschätzung anwaltlicher Integrität – einen Verstoß gegen das Anstandsgebot und die Achtung der anwaltlichen Berufswürde dar. Sie legt zudem nahe, dass emotionale Reaktionen auf manifeste Menschenrechtsverletzungen der Lächerlichkeit preisgegeben werden sollen – was im Lichte von Artikel 1 GG wie auch elementarer rechtsstaatlicher Prinzipien indiskutabel ist.

Mit freundlichen Grüßen

Joachim Nikolaus Steinhöfel

Redaktioneller Hinweis: Den in der Überschrift angedeutete Vorgänger-Beitrag "Eberhard Wein fragt – Broder und Steinhöfel antworten" (Vol I) finden Sie hier.

Foto: Achgut.com

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Thomin Weller / 20.05.2025

Für ein Eberhard Wein, Winzer aus Erdmannhausen, gab es nur Nebengeräusche beim ESC. Eberhard Wein, Stutengarter Zeitung, “Basel gilt als europäischste Stadt der Schweiz. Jetzt sind dort ESC-Fans vom ganzen Kontinent zu Gast und feiern eine große Party. Doch es gibt auch Nebengeräusche.” Das LaLa Blume Länd. Was für ein Hass!

Klara Altmann / 20.05.2025

Der Kern all dieses Elends sind Menschen, die nicht in der Lage sind, konsequent zu denken. Sie nutzen Sprache oberflächlich und unangemessen und verstehen nicht den wahren Inhalt ihrer Aufgaben. Und sie haben keinen echten Respekt und keine Wertschätzung für ihre Mitmenschen, weil ihr Fühlen wie ihr Denken an der Oberfläche bleibt. Und am übelsten ist der ständige Machtmissbrauch in öffentlichen Ämtern, mit dem sie zeigen, dass sie keinen Ansatz eines demokratischen Verständnisses oder eines Staatsverständnisses mitbringen. Aufgabe der Medien wäre gewesen in den letzten 15 Jahren, all dies zu aufzuzeigen und deutlich zu machen, aber diese haben die Rolle des Hofberichterstatters eingenommen und ihnen zugejubelt, statt sie zu kritisieren. Infolgedessen wurden jene wieder und wieder gewählt, obwohl alles parallel den Bach herunterging und noch geht, weil die Menschen nicht darüber aufgeklärt werden, mit wem sie es zu tun haben. Die Grünen hätten niemals irgendwo regieren dürfen, es gibt bei ihnen kein geeignetes Personal. Und man könnte auch wirklich weinen angesichts der absurden Zustände, mit denen wir es inzwischen auf allen Ebenen zu tun haben. Als hätte Kafka das Land neu erfunden. Wir müssen die Wahrheit wiederfinden, jenseits der Ideologie und wir müssen darauf bestehen, von Kompetenz regiert zu werden. Und unbedingt sämtliche Gelder für “Beauftragte” aller Art streichen, die höchstens Unheil stiften und das Geld stattdessen in Bildung oder Altenpflege stecken. Die Beauftragten könnten im Sommer Senioren in den Heimen zu trinken bringen, dann hätten sie wenigstens überhaupt einen Nutzen. Man sehe sich den Zustand des Landes und der Finanzen auf allen Ebenen des Landes an, die Party ist zu Ende. Also höre man bitte auf, mit dem Geld der Bürger auch noch sinnlose Prozesse zu führen. Trotzdem - am Anfang von all dem standen deutsche Medien, die ihre Leser irreführten. Eine solch absurde Herrschaft begründet sich immer auf Lügen und auf denen, die sie verbreiten.

Talman Rahmenschneider / 20.05.2025

Seien Sie auch meiner Hochachtung sicher.

Mathias Rudek / 20.05.2025

Sie sind er Fels in der Brandung, Herr Steinhöfel.

Wolfgang Richter / 20.05.2025

@ Ralf.Michael - “Es sind unsere Steuergelder, welche hier von bereits Belehrten, aber trotzdem weiterhin uneinsichtigen Politikern und Beamten wieder besseres Wissen verpulvert werden !” - Nur mal so zum Thema “Verpulvern” - allgemein. Ich weiß nicht, ob es eine Sonderheit in NRW ist, aber wer sich hier zB zu “Bauen und Planen” mit den Kommunen “anlegt”, der hat regelmäßig mit von diesen beauftragten Anwaltskanzleien zu tun, die für die Behörden die Rechtssätze ausarbeiten, ggf. dann diese auch vor Gericht vertreten.. Es gibt Kanzleien, die sich darauf spezialisiert haben und teils gar keine “Privat-Mandanten” annehmen, außerdem Stundensätze abrechnen, die sich “Otto-Normalo” gar nicht leisten kann. Ist schon ziemlich pervers, daß “die Bürger” mit ihren Steuergeldern die Gegenseite in von ihnen eingereichten rechtlichen Klärungen / Verwaltungs- und ggf. Zivilrechtsverfahren bezahlen, das zu Sätzen, die sie sich für die eigene anwaltliche Vertretung mangels verfügbarer Einkommen nicht leisten können, erst “Recht nicht” über mehrere Instanzen.

EEkat / 20.05.2025

Bewunderung. Respekt. Dankbarkeit.

Karl Napp / 20.05.2025

„Er war ein guter Jurist und auch sonst von mäßigem Verstand.“ So, Herr Steinhöfel soll Ihr Berufskollege, Ludwig Thoma, seiner Zeit den königlichen Landgerichtsrat Alois Eschenberger beschrieben haben. Ach ja – manches ändert sich anscheinend nie.

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