Die Story hinter Ground Zero und die Lehre des 12.9.1970

Vor 19 Jahren, am 11. September 2001, entführten Dschihadisten, die zum Terrornetzwerk Al-Qaeda des saudi-arabischen Bauunternehmers und Afghanistan-Kämpfers Osama bin-Laden gehörten, vier Verkehrsflugzeuge. Zwei davon lenkten sie in die beiden Zwillingstürme des World Trade Centers in Manhattan, eines in das Pentagon. Fast dreitausend Menschen wurden getötet. Mehr als dreitausend Kinder verloren ihre Eltern. Mit einem vierten Flugzeug wollten die Verschwörer mutmaßlich ein Gebäude in Washington angreifen – vielleicht das Weiße Haus. Die Maschine stürzte ab, nachdem heldenhafte Passagiere den Entführern Widerstand geleistet hatten.

Sie handelten wie jene Passagiere, die am 6. September 1970 zusammen mit israelischen bewaffneten Flugbegleitern die Flugzeugentführerin Leila Khaled überwältigten. Die Verbindung ist augenfällig: Auch damals, vor 50 Jahren, entführten die Terroristen – die zur PFLP gehörten, der marxistischen Terrorgruppe innerhalb der PLO – gleichzeitig vier Verkehrsflugzeuge, später ein fünftes. Drei davon, darunter eine Swissair-Maschine mit 155 Passagieren, die sich auf dem Flug von Zürich nach New York befunden hatte, brachten sie zum jordanischen Flugplatz Dawson’s Field, einem ehemaligen Flugplatz der britischen Royal Air Force, den die PFLP zu „ihrem“ Flughafen ernannt hatte.

Eine entführte Boeing 747, die zu groß war, um dort zu landen, steuerten sie nach Kairo. Die von Leila Khaled und ihrem Komplizen versuchte Entführung von El-Al-Flug 219 von Amsterdam nach New York scheiterte: Der israelische Pilot weigerte sich, sich entführen zu lassen, und vollzog stattdessen ein Sturzflugmanöver, das die Entführer von den Beinen brachte. Passagiere und israelische Flugbegleiter konnten die Entführer überwältigen. Das Flugzeug landete in London, wo Leila Khaled nach eigener Aussage „wie ein offizieller Staatsgast behandelt“ und dann freigelassen wurde (ihr Komplize starb an den Schussverletzungen, die er erlitten hatte).

In Jordanien trennten die Entführer unterdessen die nichtjüdischen Passagiere von den jüdischen und ließen die nichtjüdischen frei – eine Selektion, die an die Vernichtungslager der Nationalsozialisten erinnert. Die Juden behielten sie als Geiseln. Das war am 11. September 1970. 

Die Entführung der Swissair-Maschine war bereits der dritte Terrorangriff auf die zivile Schweizer Luftfahrt. Im Februar 1969 war auf dem Flughafen Zürich-Kloten eine Maschine der israelischen Fluggesellschaft El Al von einem Terrorkommando auf der Landebahn angegriffen worden. Mit Kalaschnikows feuerten zwei Terroristen auf das Cockpit. Der Pilot wurde tödlich verletzt. Einer der Täter wurde von einem israelischen Wachmann, der an Bord der Maschine war, erschossen. Drei andere wurden von Feuerwehrleuten und der Polizei überwältigt und festgenommen und im Dezember 1969 zu 12 Jahren Zuchthaus verurteilt. Kurz darauf, im Februar 1970, verübten palästinensische Terroristen einen Bombenanschlag auf eine Maschine der Swissair bei Würenlingen im Kanton Aargau. Alle 47 Insassen starben. Als dann im September 1970 das dritte Schweizer Verkehrsflugzeug und seine Insassen Opfer des palästinensischen Terrorismus wurden, entschied die Schweizer Politik offenbar, dass es genug sei – Zeit, zu kapitulieren! Sie ließ die Mörder von Kloten frei. Der Journalist Marcel Gyr beschrieb vor einigen Jahren, den – zumindest informellen – Pakt mit den Terroristen:

Aus den geheimen Gesprächen, von denen bisher nichts an die Öffentlichkeit gedrungen ist, resultierte ein Stillhalteabkommen zwischen der Schweiz und der PLO: Während die palästinensische Seite in Aussicht stellte, die Schweiz vor weiteren Anschlägen zu verschonen, wurde der PLO zugesichert, sie auf dem diplomatischen Parkett zu unterstützen.“

Leila Khaled sah im Nachgeben der Politik vor der Gewalt einen Sieg, der sie darin bestärkte, dass Terrorismus der richtige Weg sei:

„Der Erfolg, den wir mit der Taktik hatten, Flugzeuge zu entführen, unsere Forderungen zu stellen und unsere Forderungen erfolgreich umsetzen zu lassen, gab uns den Mut und das Vertrauen, mit unserem Kampf weiterzumachen.“ 

Der 12. September 1970

Am 12. September 1970 wurde die DC-8 der Swissair auf dem Dawson’s Field zusammen mit den beiden anderen dorthin entführten Flugzeugen in die Luft gesprengt. Die Terroristen hatten die Weltpresse dazu eingeladen und filmten selbst die Explosion. Schaut man sich die Bilder der explodierenden und brennenden Flugzeuge von Dawson’s Field heute – 50 Jahre später – an, kann man nicht umhin, die Ähnlichkeit zum 11. September 2001 zu sehen. Mit ihrem infernalischen Feuer zeigen die Terroristen ihre Macht und drohen: „Seht ihr, was passiert…?“ 

Sie sind wie der babylonische König Nebukadnezar, der jedem mit dem Feuerofen drohte, der sein Knie nicht vor seinem goldenen Standbild beugte. Daniel widerstand. Nicht so unsere Regierungen. Um 1970 herum begann der verhängnisvolle Weg, den die Schweiz, die Bundesrepublik Deutschland, Österreich und andere westeuropäische Staaten angetreten haben: Aus Angst vor den Terroristen zu deren Verbündeten werden. Auf politischer Ebene vollzogen die Regierungen das nach, was die Terroristen am 11. September 1970 auf dem Dawson’s Field in Jordanien gemacht hatten, als sie Juden von Nichtjuden trennten. 25 Jahre nach Auschwitz gab es in der Schweiz, in Deutschland und anderen westeuropäischen Ländern genug Politiker, die bereit waren, den Terroristen zu sagen: Tut uns nichts, wir sind ja keine Juden. Nicht nur in Ostberlin (wo sie ideologisch und moralisch hingehörte) errichtete die PLO ein offizielles Büro, sondern auch in Westdeutschland, der Schweiz, Österreich und Frankreich.

Die nach Kairo entführte Boeing 747 war übrigens schon am 7. September 1970 in die Luft gesprengt worden. Cornelius Van Aalst, ein Mitarbeiter der Fluggesellschaft Pan Am, sagte der New York Times noch am selben Tag, die Entführer seien „sehr freundlich“ gewesen und hätten „vorbildliche Manieren“ gezeigt. Diese Zuneigung zu den Terroristen des Jassir Arafat haben die meisten westeuropäischen Regierungen in den folgenden Jahren und Jahrzehnten übernommen. Hat das Europa davor geschützt, Opfer des Terrorismus zu werden? Mit Blick auf Berlin, Paris, Nizza, Brüssel, Madrid, London und Stockholm müssen wir sagen: nein. 

Als Osama bin-Laden 1998 erklärte, sein „Dschihad“ richte sich gegen „Juden und Kreuzritter“, waren wir mitgemeint – ob Jude oder nicht. Jeder, der für Demokratie und säkularen Rechtsstaat ist – ein Zustand, der Dschihadisten als Dschahiliya (Heidentum vor der Ankunft des Islam) gilt –, der ist ein Kreuzritter, auch wenn er keine Waffe trägt. Und wenn die Terroristen töten, fragen sie ohnehin nicht nach Gesinnung, Ethnie oder Religionszugehörigkeit: Die meisten Opfer des radikal-islamischen Terrorismus sind Muslime.

Es hat Europa nichts genützt, sich zu verstecken und so zu tun, als wäre der Terrorismus ein Problem Israels. Jeder Sieg, jedes Nachgeben berauscht die Täter und spornt sie zu weiteren Massakern an. Man kann den Terrorismus nicht besiegen, indem man den Terroristen nach dem Mund redet, ihnen Kränze flicht, diplomatische Beziehungen zu ihnen aufnimmt, sie gewinnen lässt. Selbst, wenn die Taktik, Schutzgeld an die Terrororganisation X zu zahlen (in Geld oder in Form von diplomatischer Unterstützung), damit diese uns verschont, wirklich zu dem Ergebnis führt, dass X keine Anschläge mehr bei uns verübt, wird es die Terrororganisationen Y und Z auf den Plan rufen, die gesehen haben, dass Terror sich für X gelohnt hat: Sie haben gemordet und Flugzeuge in die Luft gesprengt, jetzt sind sie respektiert und sitzen in der UNO. Auf Jassir Arafat folgte Osama bin-Laden. So führte das Nachgeben vom September 1970 zum 11. September 2001.

Dieser Beitrag erschien zuerst auf Audiatur online.

Sie lesen gern Achgut.com?
Zeigen Sie Ihre Wertschätzung!

via Paypal via Direktüberweisung
Leserpost

netiquette:

Johannes Schuster / 12.09.2020

Wenn Peter Scholl - Latour noch leben täte, er würde über diesen Artikel den Kopf schütteln. Der Westen hat selbst über Jahre hinweg - er tut es noch heute - den Terror für seine Zwecke gesteuert. Bin Laden war gegen Russland die genehme Marionette und als diese zu leben und werkeln begann staunte man wie blöd, als der Ostblock fiel, konnte man aus dem Freund den Feind machen. Solange es um Ölverträge ging, waren alle Despoten im westlichen Anzug einschließlich Saddam Hussein genehm, sie durften bloß kein Eigenleben entwickeln und dreist werden. Und es ist zynisch, daß die Ohnmacht des Westens ausgerechnet durch und unter Helmut Schmidt und Ulrich Wegener (beide Reichs - Luftwaffe) beendet wurde. Man kann unter operativen Gesichtspunkten die Befreiung der Landshut als letzte große Kommandosache des Dritten Reiches bezeichnen, weil auch die Erkenntnisse von Monte Cassino in der Frage schneller Operationen den Charakter der GSG - 9 Taktik bestimmten (Es waren nicht nur die alten Fallschirmjägerhelme). Wenn der Westen bis 1977 und hernach weder die nötigen Dienste betrieb, Terror gewähren ließ und aus Mogadischu keine ausreichenden Schlüsse zog, dann ist der Erfolg des Terrors keine Frage des Islam, sondern westlicher Opportunität. Daß man Israel lange als Bauernopfer duldete erlaubte nur dessen prominenten Schutzanspruch. Es ist auch hier ein zweischneidiges Schwert aus Schaden - und Nutzen. Außerdem gibt es in nicht wenigen tieferen Betrachtungen auch jene, daß sich der zweite Weltkrieg fortschreibt und das auf den unsichtbaren operativen Ebenen. Der Autor sollte das weitaus differenzierter betrachten und nicht vom Dach einer mehrstöckigen Tiefgarage eine Aufstellung betreiben. Zur Erpressung gehören zwei, der Wehrlose und der Erpresser.  Daß der Westen als Ursprung aller modernen Waffensystem der Wehrlose sein soll ist schreiender Unfug.

Frank Stricker / 12.09.2020

Wie fortschrittlich Israel ja bereits 1970 war, erkennt man daran, dass sie damals bereits bewaffnete Flugbegleiter eingesetzt haben. Es ist einfach “nur zum kotzen”, wie islamische Terroristen wie Leila Khaled, oder Frau Andrawes (Landshut-Entführung in Mogadischu) oder die Attentäter von München 1972 praktisch straffrei davongekommen sind. Der Fall Andrawes ist aus deutscher Sicht besonders beschämend, erst wird sie von Zielfahndern in Norwegen aufgespürt und nach Deutschland gebracht. Dann wird sie zu 12 Jahren Haft verurteilt und wieder nach Norwegen ausgewiesen, wo sie wieder freigelassen wird. Mehr Schizophrenie geht echt nicht ! Ich bin sicher, wenn die Männer von der GSG 9 seinerzeit das gewußt hätten, Frau Andrawes hätte die Landshut nicht lebend verlassen…......

Frank Holdergrün / 12.09.2020

Das Schutzgeld heute besteht darin, die intelligenteste Religion aller Zeiten zur friedlichen zu stilisieren. Die Angst vor ihr sei eine Krankheit namens Islamophobie. Kritik der Mainstreammedien: Fehlanzeige „Wie kann man das Schweigen und die Ignoranz der Intellektuellen erklären? Die massive Gewalt des Jihad hat die Psychologie des „missbrauchten Kindes“ zur Folge. Intellektuelle fürchten sich vor den islamischen Vergewaltigern, sie entschuldigen und besänftigen sie und  ignorieren die Gewalt der Vergangenheit. Dann drehen sie sich um und beraten unsere Politiker. Das Resultat ist eine ignorante Bevölkerung welche sich an die Intellektuellen wendet um informiert zu werden. Man tischt ihnen jedoch nur Verrat und Lügen auf.“ (Dr. Bill Warner)

Wilfried Cremer / 12.09.2020

Ein Bogenschlag mit Spannkraft, die DNA von Palästina aufgeschlüsselt - und als Symbolfigur der Anpassung und Unterwerfung: der deutsche Präsident, geistig tot, versteinert.

Uwe Schäfer / 12.09.2020

Ein immer gültiges Zitat von Winston Spencer Churchill, das alles aussagt: Ein Appeaser ist einer, der ein Krokodil füttert - in der Hoffnung, dass es ihn zuletzt frisst.

Franck Royale / 12.09.2020

Marxistische Terrororganisationen sind ja gerade wieder sehr populär - sich als demokratisch bezeichnende Politiker gehen heute sogar auf die Knie um jenen zu gefallen, die Geschichte auslöschen, Angst und Schrecken verbreiten wollen. Die Kultiviertheit und Friedferigkeit des Westens war und ist leider auch seine größte Schwäche im Umgang mit archaischer Gewalt, Rückständigkeit und Barberei - sonst hätten wir solche, bis vor Merkels Amtszeit noch undenkbaren Zustände wie in deutschen Städten und auf griechischen Inseln nicht. Der Westen (Israel ausgenommen) hat verlernt, sich selbst, seine Freiheit, seinen Wohlstand und seine Kultur zu verteidigen. Deswegen wird von Deutschland nicht viel übrig bleiben, während Israel weiter blüht und vielleicht sogar auf die arabischen Nachbarn ausstrahlt.

Stefan Hofmeister / 12.09.2020

Die Kanonenbootdiplomatie war diesbezüglich höchst erfolgreich. Warum wenden wir sie nicht endlich wieder an? Wir sind technisch, moralisch, philosophisch, kulturell usw. haushoch überlegen.

Weitere anzeigen Leserbrief schreiben:

Leserbrief schreiben

Leserbriefe können nur am Erscheinungstag des Artikel eingereicht werden. Die Zahl der veröffentlichten Leserzuschriften ist auf 50 pro Artikel begrenzt. An Wochenenden kann es zu Verzögerungen beim Erscheinen von Leserbriefen kommen. Wir bitten um Ihr Verständnis.

Verwandte Themen
Stefan Frank / 16.03.2024 / 12:00 / 9

Paris ist kein sicherer Ort mehr für Juden

Der kürzlich verübte Überfall auf einen orthodoxen Juden in Paris ist nur einer von vielen antisemitischen Gewalttaten, die sich seit dem Hamas-Angriff und dem darauffolgenden…/ mehr

Stefan Frank / 14.03.2024 / 12:00 / 4

Texas: Der Kampf um die offene Grenze (2)

Wenn man wissen möchte, welche Probleme die illegale Einwanderung über die Grenze zu Mexiko in Texas verursacht, muss man mit den Leuten vor Ort sprechen.…/ mehr

Stefan Frank / 13.03.2024 / 06:00 / 16

Texas: Der Kampf um die offene Grenze (1)

Der Bundesstaat Texas und die Bundesregierung in Washington streiten darüber, welche Kompetenzen Texas hat, um die illegale Einwanderung über die Grenze zu Mexiko – und…/ mehr

Stefan Frank / 03.03.2024 / 16:00 / 5

Israelboykott-Kampagne BDS: Jüdische Künstler im Fadenkreuz

Der Sänger Matisyahu ist wieder einmal unter Beschuss der antisemitischen BDS-Bewegung geraten. Und auch Amy Winehouse wurde posthum zum Opfer der Palästina-Solidarität. Der bekannte, jüdisch-amerikanische…/ mehr

Stefan Frank / 01.03.2024 / 14:00 / 6

Schon wieder judenfeindlicher Vorfall in Harvard

Mit Harvard erweist sich spätestens seit dem Hamas-Überfall auf Israel ausgerechnet eine der renommiertesten Hochschulen Amerikas als Brutstätte des Antisemitismus, der auch vom Lehrpersonal mitgetragen…/ mehr

Stefan Frank / 23.02.2024 / 16:00 / 9

Facebook: Die freie Hetze gegen „Zionisten“ (2)

Ein kurzer Blick in die sozialen Medien zeigt, wogegen Facebook vorgehen und was Amnesty International & Co. als freie Meinungsäußerung schützen möchten.  Amnesty International und…/ mehr

Stefan Frank / 22.02.2024 / 16:00 / 5

Facebook: Die freie Hetze gegen „Zionisten“ (1)

Facebook will gegen die verbale Hatz auf „Zionisten“ vorgehen und ausgerechnet Amnesty International spricht sich gegen diese Facebook-Pläne aus, weil das Recht auf freie Meinungsäußerung…/ mehr

Stefan Frank / 15.02.2024 / 16:00 / 10

CAIR: Antisemitische Verschwörungstheorie über Theodor Herzl

Die 1994 gegründete Organisation CAIR ist für ihre antisemitische Haltung bekannt, verfügt in den USA aber trotzdem über erheblichen politischen Einfluss. Die Juden seien „Unterstützer…/ mehr

Unsere Liste der Guten

Ob als Klimaleugner, Klugscheißer oder Betonköpfe tituliert, die Autoren der Achse des Guten lassen sich nicht darin beirren, mit unabhängigem Denken dem Mainstream der Angepassten etwas entgegenzusetzen. Wer macht mit? Hier
Autoren

Unerhört!

Warum senken so viele Menschen die Stimme, wenn sie ihre Meinung sagen? Wo darf in unserer bunten Republik noch bunt gedacht werden? Hier
Achgut.com