Cora Stephan / 12.05.2022 / 10:00 / Foto: Marelise Wood / 33 / Seite ausdrucken

Die Stimme der Provinz: Wir fürchten uns vorm Borkenkäfer

Nun hört doch endlich auf, euch zu streiten, ihr Putin-Versteher und Selenski-Verehrer!  Nehmt euch ein Beispiel an der Soldatenmutter Lambrecht! So lässt es sich wesentlich leichter leben! 

Auf Facebook wird entfreundet und geblockt, dass es nur so donnert – und sogar im wirklich und wahrhaftig realen Leben zerbrechen Ehen und enden langjährige Freundschaften. Argumente austauschen? Ist so was von gestrig!

Immerhin kann man inmitten all der Entrüstungsstürme einen Zugewinn an Wissen verzeichnen: Nicht nur die Außenministerin weiß mittlerweile all die so fremdartigen Tierpanzer zu unterscheiden, manch einer hat sogar gelernt, wo die Ukraine liegt, dass sie ziemlich groß ist und einige wichtige Männer der Sowjetunion hervorgebracht hat. (Nur mal so am Rande, ist nicht böse gemeint.)

68er-Veteranen wiederum schwärmen von den Zeiten, als sie in der väterlichen Garage nach dem Vernichten ganzer Batterien von im Zweiten Weltkrieg von Vati eroberten Mouton Rothschilds in den leeren Flaschen Molotowcocktails gemixt haben. Manch einer erinnert sich gar an Davongeschiedene, die einst in der DDR den Umgang mit der Kalaschnikow übten. Waren das noch Zeiten! Zeiten, in denen, andererseits, die westdeutsche Friedensbewegung von SED und KGB gesponsert wurde, weil man dort edle Seelen, also nützliche Idioten ausgemacht hatte. Leute, die bei machtvollen Demonstrationen „USA, SA, SS“ skandierten und „Waffen für den Vietcong“ forderten.

Tempi passati. Noch sieht man keine machtvollen Demonstrationszüge in unseren Straßen, aus denen hie nach Frieden, da nach Waffen gerufen wird. Wozu auch? Wir haben weder das eine noch das andere zu bieten.

Jetzt erstmal Sylt!

Deshalb: Entspannt euch! Nehmt euch ein Beispiel an unserer Verteidigungsministerin, die selbst im Wüstensand trittsicher auf Stöckelschuhen balanciert. Die fürchtet weder Putin noch Melnyk, keine Atombombe und keine Kriegsflüchtlinge. Für Mitleid mit der gequälten ukrainischen Zivilbevölkerung (oder gar für gefolterte russische Soldaten) ist sie nicht zuständig. Dafür gibt sie uns, die zu verteidigen sie geschworen hat, ein instinktsicheres Zeichen: Fürchtet euch nicht! Vor dem Weltuntergang ist noch Zeit für ein bisschen Urlaub auf Sylt.

Mal ehrlich: Das hat doch wirklich Stil! Seelenruhig verbindet sie Beruf mit Vergnügen, eine Work-Life-Balance, wie sie auch uns Normalsterblichen von allen Lifestyle-Beratern dringend angeraten wird. Nach einem Flug im Regierungshelikopter (Cougar AS-532, auch so ein Tier) nach Stadum in Schleswig-Holstein, zum Besuch beim Bataillon Elektronische Kampfführung 911 am 13. April – wahrlich kein Zuckerschlecken – trat Lambrecht erholungsreif einen Urlaub auf Sylt an. In Begleitung von Sohn Alexander (21), der freudestrahlend ein Foto von sich im Helikopter postete – geschossen, womöglich, von Mama.

Zwar betätigte sich Russland gerade mit „militärischen Maßnahmen“ in der Ukraine, aber was kann man da schon machen? Putins Truppen standen ja nicht, wie einst Stalins Rote Armee, an der Oder. Und Helikopter in die Ukraine schicken, war schon mal gar nicht Sache, wie sonst hätte die Ministerin und vor allem ihr Sohn nach Sylt gelangen können? Selbstredend wird Sohnemanns Reise privat bezahlt, heißt es, auch wenn die Rechnung dafür wohl erst noch „erstellt“ werden muss.

Schon als Justizministerin ließ Lambrecht sich übrigens auf Dienstreisen von ihrem Sohn begleiten. So gehört sich das in einer familienfreundlichen Regierung. Also wozu die ganze Aufregung? Entspannt euch, Leute! Die Ministerin hat ein Zeichen gesetzt! Alles halb so schlimm.

Die Kriegstouristen kommen

Das sehen auch ganz andere Kaliber so (um im Bild zu bleiben), die das Schöne mit dem Guten verbinden. Derzeit ist die Ukraine das Reiseziel einer Reihe prominenter Bessermenschen wie Angelina Jolie, Sean Penn oder Bono. Unerschrocken rettet sich etwa Jolie vor einem Sirenenalarm ins Auto! Da sieht man mal! Die schreckt kein „Völkermord“, den Putin dort anrichte, niemand fürchtet sich vor russischen Geschützen oder gar einer Atombombe. Ich bin gespannt, wann sich die kriegsreisenden Promis mit entblößter Brust vor einen russischen Panzer stellen und „¡No Pasarán!“ rufen.

Entspannen wir uns also! Nehmen wir uns ein Beispiel an der unerschrockenen Soldatenmutter Lambrecht! So unernsthaft lässt es sich wesentlich leichter leben! Also warum streiten?

So. Ich hatte Sie gewarnt. Es tut mir natürlich leid, wenn Ihnen davon so übel wird wie mir. Und ehrlich gesagt: Mir ist kein Skandal zu klein, um diese oder andere Nullnummern dieser Regierung in den Ruhestand zu schicken.

Doch wir hier in der Provinz haben einen Trost bereit: Schon unseren bäuerlichen Vorfahren war schnurzegal, wer da oben kaiserte oder sonstwie regierte.

Wir fürchten uns vorm Borkenkäfer, vor sonst nichts auf der Welt!

Foto: Marelise Wood dvidshub via Wikimedia Commons

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Hans Meier / 13.05.2022

@ lieber Herr: giesemann gerhard, ich komm gerad „aus`em Garten, hab am Lagerfeuer gesessen in den Himmel zum Mond geschaut“, mir Notizen zu Gedanken gemacht „und lese Ihre Stimmung“. Wir lassen ja hier in diesem Blog, so unsere Freuden, Sorgen, Enttäuschungen, also schlicht Teile unseres „Seelen-Lebens“ ab, weil „das geniale an Achgut für mich“ ist, wir „dürfen Miteinader kommunizieren“ das gibt mir das Gefühl, möglicher weise geduldet zu sein, weil ich gerne für solchen feinen „Freiheits-Genuss“, als alter Gockel echt zu haben bin. Bingo, dem „Dorf-Trottel“ der „den Städter nervt“. Mein Spaß ist nun, ich könnte, wenn ich wollte in 5 Minuten im Kern der Kleinstadt sein, um zu gucken was im Kino läuft. Aber ich gucke viel lieber nach den echt interessanten Leuten bzw. was die so denken, denn das ist eines meiner Hobbys. Ich bin ja ein glücklicher Solist, also brauche ich mich vor nix-mehr zu fürchten, und genieße das. Diese Freiheit am Feuer in den Himmel zu sehen, zu schreiben und glücklich zu sein. Ist wie mein Horn in ne`r Dixiband zu blasen. Ich lebte mal in Aachen Burtscheidt - eigentlich so Archie Bechlenbergs Revier, was glauben Sie & und Alle Anderen denn, was ich Ihnen über diese Phase alles „er zählen möchte“. Das geht „niemals auf nur eine Kuhhaut“. Ich denke, wir alle haben das Glück fröhlich zu sein. Kritische „Dorf – Analyse“: wenn se` betrunken sind, fangen se ` an sich zu feste zu verhauen. Warum weiß nur der Teufel.

Sabine Heinrich / 12.05.2022

Seltsames /schräges Mutter-Sohn-Verhältnis! Der Knabe ist genauso schamlos wie seine Gebärende. Wo soll Anstand auch herkommen, wenn er nicht vorgelebt wird?  Der wird mal ein guter Politiker! - Ernste Frage: Kann es sein, dass heute Vormittag die Ministerin zurückgeflogen ist? Per Helikopter - in Begleitung von 5 weiterenals Begleitschutz? So etwas (6 Hubschrauber dicht beisammen) habe ich hier (nordöstlich von HH) in den vielen Jahren, die ich hier lebe, noch nie gesehen. Hier fliegt sonst immer nur mal wieder ein Rettungshubschrauber vorbei, weil es auf der A1 leider oft zu Unfällen kommt.

giesemann gerhard / 12.05.2022

@Claudius P.: Also ich bin mit Anfang 20 mal mit meiner Mami nach Frankreich gefahren, im Frühjahr, wollte ihr all das zeigen, was ich so liebte: Teile der Auvergne, les Alpilles, Arles, Tarascon, Aiguesmortes, was weiß ich noch. Sie schwärmt heute noch davon, mit ihren 94 Jahren. Denn ihr Alter war zu blöd für sowas.

Peter Krämer / 12.05.2022

Offensichtlich hat Frau Lambrecht bei der Erziehung ihres Sohnes völlig versagt. Wäre er ein aufrechter Sozialdemokrat geworden, hätte sich alles in dem jungen Mann gegen das Besteigen eines Hubschraubers gewehrt. Er wäre in den Urlaub gelaufen oder mit dem Rad gefahren, so wie die SPD das auch dem gewöhnlichen Bürger nahelegt,  wegen der Klimakrise, versteht sich.

Silvia Orlandi / 12.05.2022

P.S. Selensky soll nach Moskau fliegen und mit Putin verhandeln.

giesemann gerhard / 12.05.2022

Leider stehen zumeist noch zehn Spermaspritzen daneben - da macht weibchen gar nix, kann froh sein, wenn es beim Spermaspritzen bleibt. Was glauben die Dämchen eigentlich?

Hans L. Jacoby / 12.05.2022

Puck Futin und Buck Fiden, die bringen uns noch zum leiden, Frieden und Gas machen wahrlich mehr Spaß!

Hans Mohrmann / 12.05.2022

Vor allem aber fürchten wir uns vor dem Schweinezyklus. Dej Biamten und dej Swin, dat is unser Ruin. (Molotwcocktails mit dickwandigen Champagnerflaschen? Beruhigt mich ja irgendwie, daß Du davon gar keine Ahnung hast)

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