Cora Stephan / 18.03.2021 / 06:09 / Foto: Pixabay / 104 / Seite ausdrucken

Die Stimme der Provinz: Weniger Rindviecher!

Seit Wochen machen sich Bauern aus allen Ecken der Republik auf, dieseln mit ihren Traktoren nach Berlin und hupen vor dem Kanzleramt. Unterstützung erhalten sie von Berlinern, die wärmende Getränke und was zu essen vorbeibringen. Nur in den Qualitätsmedien kommen sie nicht vor. Kein Thema? Dabei wird aus Frankreich, der Schweiz und den USA schon lange gemeldet, was auch für uns gelten dürfte: Höfe werden aufgegeben, Bauern nehmen den Strick.

Dank einer eisernen Klammer aus einem enormen Preisdruck des Weltmarkts und der großen Handelsketten, zusammen mit ausufernder Bürokratie, ständig neuen Einschränkungen, nun auch dank Düngeverordnung und „Insektenschutzprogramm“ – einiges vernünftig, anderes einschnürend und widersinnig –, geht auch hierzulande die bäuerliche Landwirtschaft ihrem Ende entgegen. Macht nix. Obst und Gemüse wird bereits zu gut 70% aus dem Ausland importiert, und wie die Anderen es mit Tierwohl und Pflanzenschutz halten, geht uns nichts an, oder?

Das Land wird von der Landwirtschaft befreit. Den Wald kann man getrost Berti Borkenkäfer überlassen, weil der ja Wildnis schafft. Reine Natur, gen- und chemiefrei! Das ist das woke Ding. Man kann die Provinz im Übrigen immer noch als Müllkippe und Windkraft“park“ nutzen und das Biogemüse aus China einfliegen lassen. 

Leben ohne Bauern, ohne Obstbau, Ackerbau, Weinbau, Viehwirtschaft, kurz: ohne Kulturlandschaft? Weniger Fleisch essen, empfiehlt SPD-Chefin Saskia Esken. Ich bin mit meinen Forderungen bescheidener. Mir persönlich würde es genügen, wenn die Zahl der Rindviecher in politischer Verantwortung abnähme, das wäre schadstoffarm, kostengünstig und umweltschonend. Rinder gehören auf die Weide und nicht ins Parlament. Und Stallmist gehört auf die Felder, ganz nebenbei, gerade im Winter, denn davon ernähren sich Vögel, Würmer und – Insekten. Ist aber verboten. Warum auch immer.

„Indem wir die Landwirtschaft abschaffen!“

Ich fürchte, sie meinen es ernst mit der Abschaffung der Landwirtschaft. Ohne Einsatz von Insektiziden wird das nichts mit dem Obst- und Weinbau, will man die Trauben nicht der Kirschessigfliege überlassen. Trauben? Wein? Halt! Die nächste Attacke ist bereits unterwegs. Kampf dem Weingenuss!

Tatsächlich sollen demnächst auch Weinflaschen mit abschreckenden Bildern von Vollsufflebern oder ähnlichem veredelt werden, so wie schon bei Zigarettenschachteln mit durchschlagendem Erfolg verfahren wird. Das jedenfalls stellt sich EU-Kommissionschefin Ursula von der Leyen vor, der unsere Gesundheit sehr am Herzen liegt. Der Volksgesundheit sind Opfer zu bringen! Die Sache mit dem Impfstoff gegen Covid-19 hat sie zwar vergeigt, aber man kann ja ersatzweise andere Todesarten bekämpfen, davon gibt es reichlich. Kampf also dem Krebs, an dem nicht nur der Tabak-, sondern auch der Alkoholkonsum schuld sein könnte, deshalb muss der Bürger gewarnt werden. Ja, wir Schutzbedürftigen, die bekanntlich nicht wissen, was gut für uns ist! 

Doch, das wissen wir. Verdammt gut ist das eine oder andere Glas Wein, deutscher Weißwein gehört zu den besten der Welt, was jeder brauchbare Winzer in Frankreich weiß. Die werden hohnlachen, wenn ihnen VdL mit ihren Aufklebern kommt. Franzosen lassen sich ihr Kulturgut nicht vermiesen – und ja, das ist Wein: Kultur! 

Die EU ist für das gesunde Leben der Bürger zwar nicht zuständig, aber was soll’s: Die Bundeskanzlerin hat auch kein Mandat zur Klimarettung, wir sind da mittlerweile großzügig, der gute Wille zählt. Wenn es um die Rettung der Welt geht, ist alles möglich. Warum nicht Nahrungsmittel künftig aus dem Labor beziehen – „wie frisch vom Feld“? Auch dafür gibt es bereits „Experten“, die fordern, die halbe Erde der Natur zurückzugeben, um Klimakrise und Artensterben „in den Griff zu bekommen“. Wie das geht? „Indem wir die Landwirtschaft abschaffen!“

Was noch nicht abschließend geklärt ist: Müsste man nicht konsequenterweise die halbe Erde, die man an die Natur zurückgibt, nun auch von Menschen befreien?

 

Mehr zu diesem und anderen Themen in „Lob des Normalen“. Das Buch erscheint am 23. März. Siehe auch hier.

Foto: Pixabay

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H Wilde / 18.03.2021

Dazu passt eine grosses Schriftband vor den Wahlen an einem Bauernhof in Grömitz, Osthostein,von 2020: Sie säen nicht, sie ernten nicht, aber sie wissen alles besser!

Rudhart M.H. / 18.03.2021

Die allgemeinen dummen Kühe, kann man ja noch irgendwie verschmerzen, aber bei den Hornochsen, da hört es auf !

andré schnyder / 18.03.2021

Überwältigt vor so viel Common sense in diesen Tagen in dieser Republik kann man Ihnen, Frau Stephan, nur auf den Knien danken. Allerdings fürchte ich, der common sense bricht sich nicht allein die Bahn. Man wird ihm Bahn brechen müssen. Die Ergebnisse der jüngsten Landtagswahlen lassen diesbezüglich freilich wenig Raum für Optimismus. Erwache, teutscher Michel, erwache.

Volker Voegele / 18.03.2021

Sehr gerne hört man die Stimme der Provinz für das Wohl der Landwirtschaft. In diesem sogenannten primären Sektor der (drei) Wirtschaftsbereiche, also der Land-, Forst- und Fischereiwirtschaft, sind nur noch knapp 1,3 Prozent der etwa 44,8 Millionen Erwerbstätigen in Deutschland beschäftigt, also weniger als 0,6 Millionen Menschen. Im produzierenden Gewerbe (sekundärer Sektor, 24 Prozent vom Total) gibt es immerhin 10,8 Millionen Erwerbstätige, während im „Dienstleistungsbereich“ (tertiärer Sektor, 74,7 Prozent vom Total) etwas über 33,4 Millionen Menschen ihren Erwerb haben. (Die Daten sind dem Statistischen Bundesamt DESTATIS für das Jahr 2020 entnommen). Der tertiäre Sektor hat sich in den letzten Jahrzehnten stark ausgeweitet und er ist auch politisch bestimmend, wenn nicht gar erdrückend. Mir ist leider keine Statistik bekannt, wie sich der tertiäre Sektor, der 1950 etwa 30 Prozent Anteil der Erwerbstätigen hatte, weiter in die Detailbeschäftigungen aufgliedert. Nichtsdestotrotz sagt mir meine Lebenserfahrung, dass sich im „Dienstleistungsbereich“ ein, wenn nicht mehrere große Augiasställe befinden.

Dr. Thomas Dörfler / 18.03.2021

Traurig aber wahr. Die Städter kaufen BIO ein und glauben, das kommt vom Bauern vor dem Ortsschild. Und Weißwein trinkt man sicher nicht, für die woke Sippschaft muss es immer der Rote vom Italiener sein. Ja, in der Toskana, da ist die Welt in Ordnung ! Da gibt es weder Kern- noch Kohlekraft, dafür Bio-Oliven und Bio-Rotwein…. Ja, so denkt der Städter, fährt demnächst mit seinem E-SUV zum Einkaufen zum Rewe, und spottet auf die Hinterwäldler, die da ja so gar nicht RMV fahren wollen. Übrigens: Das mit der halben Welt, daran arbeitet man ja. Werden alle in die schöne Großstadt eingeladen. Da gibt es ggf. noch den einen oder anderen Park, wo die zugereisten Ärzte und Ingenieure ihre Waren feil geben können.  Ja, auch die Drogen sind bestimmt BIO!

A. Adam / 18.03.2021

Sie sollten die echten Rindviecher nicht beleidigen, indem Sie die heutige politische “Elite” Deutschlands mit dieser Bezeichnung unverdient ehren! Die Mitglieder der Spezies Bos taurus sind schließlich höchst nützliche und mit anheimelnder Freude anzuschauende sympathische Wesen, die niemandem Böses tun. (Wir sollten sie daher achten und viel besser behandeln, als wir es derzeit tun.) Für die von Ihnen gemeinte Gruppe würde ich also eher Bezeichnungen wie “Skorpione” (für die Anführer) und “Schleimschnecken” (für die rückgratlosen untergeordneten Chargen) vorschlagen. Wenn diese Bande also nun allen Ernstes auch noch die Landwirtschaft zerstört, dann kann es nur darauf hinauslaufen, uns Deutsche durch Verhungern endlich zum Verschwinden zu bringen. Denn Einfuhr oder Einflug von Nahrungsmitteln geht ja auch nicht, denn da entstünde ja - oh Graus! - CO2 ohne Ende! Eine Rückkehr der Vernunft und des Selbsterhaltungstriebs in Deutschland sind wohl erst zu erwarten, wenn jeder, aber auch wirklich jeder einzelne - bis hin zu den Wein saufenden Wasser-Predigern -, die Folgen des grassierenden politischen Irrsinns am eigenen Leibe bitter verspürt.

Rolf Rüdiger / 18.03.2021

Ich bin für die regionale Bäuerliche Landwirtschaft und ihren Wert für die Umwelt und die Gesellschaft. Rindviecher sollte man meiner Meinung nach nur dort abschaffen, wo sie nicht auf der Weide stehen.

Hagen Müller / 18.03.2021

“Was noch nicht abschließend geklärt ist: Müsste man nicht konsequenterweise die halbe Erde, die man an die Natur zurückgibt, nun auch von Menschen befreien?” Das ist das erklärte Ziel. Habe die Georgia Guidestones immer für Spinnerei gehalten. Ich habe mich getäuscht, die Inschrift ist ernst gemeint. *halte die Erdbevölkerung bei 500 Millionen im Einklang mit der Natur*

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