Cora Stephan / 14.01.2021 / 10:00 / Foto: H.M.Broder / 25 / Seite ausdrucken

Die Stimme der Provinz – Parkplatz für Schweinesilos?

Was ist das, die Provinz? Abstellraum für Windparks und Biogasanlagen? Parkplatz für Schweinesilos und andere Zuchthäuser? Maisfelder bis an den Horizont neben Ödnis, verstockten Einwohnern und Restnatur? Oder hier und da noch immer Sehnsuchtsort für alle Abonnenten von Landlust?

Abgesehen von touristischen Hochburgen kennt der Metropolenbewohner die Namen vieler Dörfer und Städtchen höchstens aus Staumeldungen, sofern eine Autobahnauffahrt nach ihnen benannt wurde. Oder, falls der Stadtmensch so einer wie der woke Alex ist, wenn man Bäumen wehtut, wie im Dannenröder Forst, liebevoll Danni genannt, gleich bei mir um die Ecke. Dort sollen Bäume ihr Leben für einen Autobahnausbau lassen. Geht gar nicht!

Und deshalb kennt jetzt alle Welt Dannenrod – schon weil sich dort Carola Rackete an ein Baumhaus gekettet hat, es gibt ja zu Land und zur See immer was zu retten. Nur die verstockten Anwohner wünschen sich seit Jahren nichts dringenderes, als endlich vom Durchgangsverkehr befreit zu sein, man weiß ja, Lärm, Abgase, Feinstaub. In der Stadt wäre der Wunsch legitim? Ach?

Quod licet jovi, non licet bovi, würde der alte Lateiner da murmeln: Was dem Stadtöko frommt, hat der Ochse auf dem Land hinzunehmen. Bäume abholzen und Bodenverdichtung ist nur schlimm, wenn es den falschen Zwecken dient. Wenn es hingegen um die Klimarettung geht, darf, ja muss man gigantische Betonmengen in den Waldboden des Naturparks Vogelsberg versenken und Bäume fällen sonder Zahl, auch der Zufahrtsstraßen wegen, die man braucht, um die Vielzahl gigantischer Windmühlen an Ort und Stelle zu bringen. Vogelmörder, übrigens. Und Förster berichten, dass unter den Rotoren kein Stück Wild anzutreffen ist.

Bauern sind eine langsam verschwindende Minderheit

Doch schweigen wir davon und vom verstellten Horizont. Oder von der Bodenverdichtung. Und der Energiebilanz. Und der Entsorgung. Manch ein alteingesessener Bewohner unseres Landstrichs dürfte froh sein, die saure Wiese an einen Windbauer verpachten zu können, da sich Landwirtschaft schon lange nicht mehr lohnt, es sei denn, im großen Maßstab.

Was ist es also, das Land, sofern es nicht aus schützenswerter und weniger schützenswerter Natur besteht? Was finden Stadtflüchtige vor, wenn es sie dort hinzieht? Schöne Landschaft? Malmendes Fleckvieh auf grünen Wiesen, bäuerliche Idylle mit kuhwarmer Milch, frischen Eiern und krähenden Hähnen?

Zwar werden 51 Prozent der Fläche Deutschlands landwirtschaftlich genutzt, doch nur noch von knapp 250.000 Betrieben. Deren Zahl hat seit 1949 um 86 Prozent abgenommen, der Anteil der Erwerbstätigen in der Landwirtschaft lag 2017 nur noch bei 1,4 Prozent. Bauern sind eine langsam verschwindende Minderheit, in manchem Dorf gibt es keinen einzigen mehr. Das alles kann man übrigens in Ruhe nachlesen in dem faktenreichen und dennoch von Liebe getragenen Buch von Werner Bätzing: Das Landleben.

Hier wohnen Realisten, keine woken Ideologen

Ich erinnere mich noch gut, wie meine Nachbarn in den 80er Jahren die Milchkühe morgens und abends auf die und von der Weide trieben, begleitet von auffordernden Rufen und dem satten Geräusch, mit dem der Stock auf die Hintern der Kühe prallte, die mit schwankendem Euter und unter Hinterlassenschaft fetter Fladen zum Stall schlenderten. Ich habe die Schreie der Schweine noch im Ohr, nicht, wenn sie geschlachtet, sondern wenn sie gefüttert wurden. Meine Rosen konnten mit den Düften aus dem Schweinestall nicht konkurrieren. Besonders widerlich allerdings roch es aus den Silos, in denen das Heu für die Kühe vergoren wurde.

Vorbei. Milch- und Fleischproduktion lohnen sich nicht mehr. Der Nachbar baut nur noch Getreide an und mäht das Bioheu in der Flussaue. Heute ist um mich herum die Luft rein und die Fliegenbevölkerung hat deutlich abgenommen. Es gibt nur noch einen einzigen großen Schweinestall im Dorf, modern belüftet. Was stinkt, ist die Gülle, wenn sie auf die Felder gebracht wird. Und das passiert nicht jeden Tag.

Ist die Provinz damit ein mehr oder weniger menschenleerer Siedlungsraum geworden? Offen für alle und alles? Ganz und gar nicht. Es gibt sie immer noch, die Landbevölkerung, und sie unterscheidet sich von der in den Städten. Oft, ich gestehe, durchaus vorteilhaft: hier wohnen Realisten, keine woken Ideologen.

Außerdem gibt es jetzt Hühner, glückliche, freilaufende Hühner. Schafe und Ziegen. Und statt brüllender Bullen im Stall Mutterkühe und ihre Kälber auf grüner Wiese.

Ja, es geht etwas zuende. Was beginnt?

Mehr dazu demnächst auf diesem Sender ...
 

Den 1. Teil der „Stimme der Provinz“ finden Sie hier.

Foto: H.M.Broder

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Frances Johnson / 14.01.2021

Liebe Frau Stephan! Das ist wunderbar geschrieben. Besonders gefällt mir, wie Sie beschreiben, wie die Kühe nach Hause ermuntert werden. Ja, abholzen darf man nur für Maisfelder, Rapsfelder, Windräder und Solarzellfelder.. Kröten werden auf Durchfahrtstraßen etwas geschützt durch saisonale Geschwindigkeitsbegrenzungen oder eine Untertunnelung, Käfer werden vor Stu 21 geschützt, aber Fledermäuse und Vögel, vor allem Greifvögel, werden nicht vor dem Windrad protegiert, denn das Windrad ist heilig. Das sind die heutigen Grünen und die darüber im Wahn noch hinausgehenden Fridays oder gar ER. So sind sie. Sie schaffen eine Monokultur unter gleichzeitiger Elimination von Flugtieren, während sie bei Hühnern schon mal von “Hühner-KZ” reden. Sie schaffen in der Natur Einfalt statt Vielfalt. Das begann schon mit dem selektiven Schutz von Kormoran und Marder. Sie sind selbst genauso einfältig wie ihre Landschaften. Das allein wäre alles nicht so schlimm, wenn CDU, Söders CSU und Viele Medien ihnen nicht unkritisch hinterher hecheln würden wie Dackel.

Rolf Mainz / 14.01.2021

Nun ja, die “Provinz” hat sicher ihre Vorteile, viele sogar. Nur: wie sieht es mit Schulen aus? Falls man/frau sich denn überhaupt zur Elternschaft herablassen möchte. Und mit öffentlichen Verkehrsmitteln? Wo liegt der nächste Laden des täglichen Bedarfs? Ärzte, Apotheke? Bücherei, Theater, Kino, Kneipe, Imbiss? Damit dürfte es meist mau aussehen. Und wer weiss, wie lange man/frau sich das eigene Kfz zur Erreichung all der genannten Basisinfrastruktur jenseits des Dorfes noch wird leisten können, sobald die Grünen an der Regierung sein werden.  Und schliesslich: auch der Zustrom der Immigranten wird sich irgendwann über die “Provinz” ergiessen, garantiert, mit naheliegenden Folgen. Man/frau geniesse also die Zwischenzeit, sie ist begrenzt.

Karl Eduard / 14.01.2021

Wer weiß denn schon, daß ein Land genug Landwirtschaft vorhalten sollte, um in der Lage zu sein, sich in Krisenzeiten selbst zu ernähren? Und selbst, wenn die Regierung es wüßte, wäre es ihr egal. Als Rußland “der Saft abgedreht wurde” und es vorbei war mit dem Import ausländischer Produkte, hat der Staat schnell reagiert und Anreize geschaffen, in der Landwirtschaft tätig zu sein. Ich bezweifele ob “wir” das könnten, mit lauter Spezialisten an der Spitze. Ja, und Landwirtschaft bedeutet trotz Maschinen harte Arbeit. Wenn der Regen kommt, muß die Ernte rein, da hilft auch kein Jammern. Der Bauer, der Tiere hält und das tun fast alle noch, ist an deren Rhytmus gebunden. Der weiß, wie es aussieht, wenn die Nachwuchs bekommen und wenn es geschlachtet wird. Ob Huhn, Kaninchen oder Schwein. Das müssen Realisten sein, sonst kommen die nicht weit. Gefreut habe ich mich aber letzten Herbst, als ich noch zwei ganz junge Leute gesehen habe, die auf dem Acker zugange waren, gerade aber am Feldrain einePause machten. Eine Traktoristin und ein Traktorist. Das blühende Leben. Dachte ich, siehste, es gibt doch nicht nur Alte in der Landwirtschaft.

Detlef Fiedler / 14.01.2021

Ja liebe Frau Stephan, besonders die Wochenend-Abonnenten von Landlust, städtischer Herkunft, sind hier bei den Eingeborenen sehr beliebt. In bunten, hautengen Kostümen fliegen sie auf ihren, gerade mal daumendicken, Rennradreifen auf Millimeterdistanz an den Fussgängern nur so vorbei. Geschwindigkeit mal aus Rücksicht reduzieren? Fehlanzeige. Auch sehr schön sind jüngere Ehepaare, bevorzugt in gestrickter Oberbekleidung, welche am Fahrrad einen Anhänger haben, in denen das wohlbehütete Kleinkind, durch Klarsichtfolie vor der Frischluft geschützt, vorüberziehende Bäume und Sträucher bestaunen darf. In solchen Anhängern wurden auch schon Hunde gesichtet. Noch ganz prima letztens, die junge Radfahrerin, buchstäblich völlig allein auf weiter Flur, aber mit Maske. Bezeichnend für derartige Zeitgenossen ist übrigens, dass sie “die Fresse nicht aufkriegen”, so mein Nachbar. Gegensätzlich zum gemeinen Landei, immer grüssend, gerne je nach Tageszeit auch brummig oder maulig, sind solcherlei Tagesausflügler stets stumm und haben den Blick frei geradeaus auf den Horizont gerichtet. Sie sind offenbar in höherer Mission unterwegs. Aus der Satteltasche lugt jedoch, ganz korrekt und dem Zeitgeist geschuldet, eine Flasche französchen Marken-Mineralwassers. Alles Klischees? Nee, nahezu täglich erlebte Begebenheiten. Schön wenn sie her kommen. Noch schöner ist es aber, dass sie immer wieder dorthin verschwinden, wo sie hergekommen sind.

Dieter Kief / 14.01.2021

Konventionelle Landwirtschaft mit Spezialkulturen geht gut ab 30 Hektar. Bio sowieso. Und hinterm Hof die Container für die Schaffer aus Osteuropa. Der Biobauer, mit dem ich ab und zu rede, bekam (am Bodensee!) Anfragen für seine Dinkel-Ernte von hunderrrten Kilometern weg. - “Ich kanns leider nur eimol verkaaufä!”

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