Cora Stephan / 20.10.2022 / 10:00 / Foto: Pixabay / 89 / Seite ausdrucken

Die Stimme der Provinz: Nonbinär ist das neue Verrucht

Die Verleihung des Deutschen Buchpreises, war – so das Medienecho – „spektakulär! Unvergesslich!“. Der Preisträger heißt Kim. Kim de l’Horizon, um genau zu sein. Und gemeinsam wurden viele nonbinäre Zeichen gesetzt. Das ändert nix daran, dass Kim ein netter Junge ist, der seine Muddi lieb hat.

Ach, die Frankfurter Buchmesse! Dort war es früher richtig lustig. Zumal es nur am Rande um Bücher ging, sondern vor allem um Tratsch, Klatsch und Alkohol – besonders beliebt deshalb alle Verlagsbutzen, wo man zum Umtrunk lud. Ein Szenetreff, man blieb ja unter sich, bis am Wochenende die Normalos kommen durften, über die alle schimpften, weil sie immer im Wege standen.

Gesoffen wurde reichlich, bis vor einigen Jahren etwas irgendwie Betschwesterliches Einzug hielt. Offenbar vertrug die jüngere Generation nicht mehr so viel Stoff wie die Alten. Überhaupt nahm die Empfindlichkeit zu. Etwa auf der Buchmesse im Herbst 2017, da entdeckten sensible Menschen, dass auch „rechte Verlage“ auf der Buchmesse vertreten sein durften. Dagegen musste Haltung gezeigt werden! Und so stolzierten mittelalte Damen und Herren vom Börsenverein mit Pappschildern durch die Hallen, auf denen so Wohlfeiles stand wie „Gegen Rassismus“ und „Für Freiheit und Vielfalt“. Das musste ja mal ausdrücklich gesagt werden.

Im darauffolgenden Jahr wurden die „rechten Verlage“ an irgendeinen Wurmfortsatz am Hallenrand verbannt, sodass niemand aus Versehen in ihre Nähe kommen konnte. Eine hygienische Maßnahme. Man muss doch die Menschen schützen!

So sind sie, die Leute von der Literatur. Immer auf der richtigen Seite oder wenigstens auf der, die gerade angesagt ist. Und so auch in diesem Jahr: Diesmal bei der Verleihung des Deutschen Buchpreises, die, „spektakulär! Unvergesslich!“ mit der ersten kollektiven „Standing Ovation in der Geschichte des deutschen Buchpreises“ endete. Vielleicht ist doch Alkohol im Spiel gewesen, wenigstens beim Autor der FAZ, der, „A star is born“, den Preisträger anhimmelt?

Ein netter Junge, der seine Muddi lieb hat

Der heißt Kim. Kim de l’Horizon, um genau zu sein. Ein netter Junge mit Schnauzer und dunklen Locken im biederen Glitterrock, der dauernd rutschte. Man muss wohl „literarischer Korrespondent“ bei der „Welt“ sein, um hier „queer schillernde, farbenfrohe Pracht“ zu erkennen. 

Manch einer sieht eben nur mit dem Herzen gut. Daran muss es liegen, dass der lobpreisende Korrespondent Kim als „Autorin“ adressiert, obzwar der Preisgekrönte „nonbinär“ sein, also offenbar weder Autor noch Autorin sein will. Wir jedenfalls bleiben dabei, dass Kim ein netter Junge ist, der seine Muddi lieb hat, was unseren Korrespondenten – „ein großartiger, rührender, intensiver Moment“ – glatt die Fassung verlieren lässt, zumal der Junge auch noch singen kann – „eine sexy, ein bisschen verruchte Transperformance“. So harmlos habe ich verrucht noch nie erlebt. Was ist nur los im deutschen Feuilleton?

Denn bei der FAZ geht man ähnlich leidenschaftlich mit: Allen Besuchern der Zeremonie sei klar geworden, „dass man etwas beigewohnt hatte, das sich nicht mehr vergessen lassen wird. Es war der stärkste Auftritt nichtbinär definierten Erzählens, der sich denken ließ. A star is born“. Verrutschte Sprache? Ach was. So geht nonbinär! Alles darf! Nichts muss!

So bärig kuschelig gut

Der Auftritt des Erzählens war allerdings eher ein Auftritt des Erzählers. Kim trug einen Rasierapparat in seinem Täschchen, den er nach der Gesangsnummer an seinem Haarschopf ansetzte, um sich den Kopf zur Glatze zu rasieren. Warum? Um ein Zeichen zu setzen. Die Jury habe mit ihrer Entscheidung ebenfalls ein Zeichen setzen wollen. Ein Zeichen gegen den Hass und für die Liebe – und für den „Kampf aller Menschen, die wegen ihres Körpers unterdrückt werden“. Kurz: Solidarität mit den Frauen im Iran! 

Das muss man anerkennen: Da wird nicht, wie bei anderen Promis, ein Strähnchen hier und ein Strähnchen da abgeschnippelt, da müssen alle Locken dran glauben. Das ist wahre Radikalität beim Zeichensetzen. Das Publikum goutiert es, diese „große Geste einer globalen Solidarisierung“. Es wird geweint, es kommt zu besagten Standing Ovations. Es ist nicht zu übersehen: Man feiert sich selbst dafür, dass man so bärig kuschelig gut ist.

Und das Buch? Ach ja, das Buch. Schwänze kommen drin vor. Und Sternchen! Und penetrierte Ärsche! Und Großbuchstaben! Die Inszenierung siegt über den Inhalt. Aber das ist ja nichts Neues. Aber geht es der Buchbranche wirklich so schlecht, dass sie ein Skandälchen braucht, das es noch nicht einmal zu einem Skandal bringt?

Foto: Pixabay

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Leserpost

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Fred Burig / 20.10.2022

Und alle halten sich für “normal” - normal ist das nicht! MfG

Wolfgang Heinrich Scharff / 20.10.2022

Ja, die Zustände sind schlimm! Der linke non oder querbinäre Sumpf ist einer, der seit 1968 unser Land beherrscht. es ehrt Frau Stephan, dass sie als reife Frau sich für die gute Sache engagiert, aber auch sie veröffentlichte 1985 ein Pamphlet namens “Ganz entspannt im Supermarkt (!): Liebe und Leben im ausgehenden 20. Jahrhundert (!!)” im “Rotbuch” (!!!) Verlag. Hier darf man sich, auch als Achse, nicht aus der VerAntwortwortung stehlen, diese und andere Geschichten müssen aufgearbeitet und bewältigt werden.

Zdenek Wagner / 20.10.2022

Diese Gesellschaft ist in der Auflösung begriffen. Null Zukunft!!!

Johann Wayner / 20.10.2022

Wie hieß das dritte Album eines bereits verstorbenen Komponisten gleich nochmal: “We´re only in it for the money” ? Jede weitere Anmerkung hinsichtlich der Thematik, wäre an dieser Stelle überflüssig!

Gabriele H. Schulze / 20.10.2022

Und nachher aufm Soffa volles Rohr Auszüge aus diversen “Roasts”. Gibt es bei YT. Noch.

A. Smentek / 20.10.2022

Diese Gestalt erzeugt bei mir nur Mitleid. Diejenigen, die dieses Er/Sie/Es hypen, versuchen, als Profiteure auf dieser Welle woken Schwachsinns zu segeln. Das wird noch eine Weile so weitergehen, denn es gibt noch genügend Leute, die sich mit der Begeisterung für solche “Literatur” beweisen müssen, wie progressiv und tolerant sie sind. Sie möchten sich für die Avantgarde halten. Das sind sie ja auch: die Avantgarde der maßlosen Dummheit und Dekadenz des Zeit(un)geistes.

Emil.Meins / 20.10.2022

Das “Kunstwerk”  steht dann bestimmt in Kürze auf Platz 1 der SPIEGEL Bestsellerliste, alle Idioten kaufen das Buch und stellen es vermutlich ungelesen ins Regal, weil es sowieso uninteressant ist, nur um dabei gewesen zu sein. Die ganzen Preisverleihungen sind eh’ für den A….., weil nur irgendwelche blasierten Deppen anderen blasierten Kretins versichern, wie toll sie alle zusammen sind. In Wirklichkeit sind das nur inszenierte “Skandälchen”, um das Geschäft anzukurbeln und Profit zu machen. Je bunter und perverser, umso besser, da hat der Dummbürger was zum Glotzen und zum Aufregen. Morgen wird die nächste Sau durchs Dorf getrieben. Rosa angemalt und ins Korsett gesteckt. Hauptsache, die Kasse klingelt. Und all diese irregeleiteten Gestalten, die man da erschafft, ob divers, pervers, queer oder längs, mit oder ohne, nonbinär oder Teddybär, werden in Bälde alle Therapeuten, Coaches, Psychologen , Psychiater, Chirurgen und Internisten und vieles mehr brauchen, natürlich alles auf Krankenschein, wenn sie in ihrem Dasein als Randerscheinungen der Gesellschaft dahin vegetieren, und merken, daß vielleicht doch nicht alles so toll ist, wie sie sich das vorgestellt haben. Und dan klingelt die Kasse nochmal, auf unser aller Kosten. Dieser Kim Irgendwas sieht im Übrigen aus wie Harry Sch…, wäre er nicht so bunt lackiert, könnte er gut als unscheinbarer Aktensortierer mit Halbglatze, in einem Büro, in der hintersten Ecke ein unscheinbares Dasein fristen. Genau wie eine Frau Bärbock es vermutlich nicht mal an die Kasse vom Aldi schaffen würde, da zu dämlich, würden wir in einer normalen Welt leben.

Willi Bald / 20.10.2022

Mir fällt dazu nur eine Frage ein. Wieso läuft der noch frei rum oder weshalb hat man sowas rausgelassen.

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