Cora Stephan / 14.07.2022 / 10:00 / Foto: Robert Couse-Baker / 69 / Seite ausdrucken

Die Stimme der Provinz: Widerstand aus Wärmehallen

Je länger ich darüber nachdenke, desto behaglicher wird mir beim Gedanken an die angekündigten Wärmehallen. Neben der menschlichen Nähe, die ja an sich schon Wärme erzeugt, könnte dort auch Widerstandsgeist entstehen.

„Wo bleibt das Positive?“, fragte jüngst der eine oder andere Achseleser. Die „Stimme der Provinz“ meldet: Ich habe verstanden. Ich bin ab sofort positiv. Hier wird nicht gejammert, höchstens gepichelt. Folgen Sie mir also nach! Alles wird gut.

Denn wer auf einen heißen Herbst hofft und einen eisigen Winter erwartet, hat einfach nicht genug Phantasie. Es wird ganz anders kommen. Wir werden schon in wenigen Monaten den Wiederaufstieg des Vaterlandes erleben, dank heimatverbundener menschlicher Wärme. Deutschland steht solidarisch zusammen, bei einem „großen gemeinsamen Projekt“ (Robert Habeck), lächelnden Mundes, weil: untergehakt! (Auch beim Fahrradfahren.) Und was folgt daraus? Genau: Das wird Putin ärgern. Sieg im Volkskrieg!

Die etwas Älteren unter uns dürften sich noch erinnern an die Zeiten, als es Menschenketten gab von der Nordsee bis zu den Alpen, jung und alt, klein und groß, alle untergehakt für den Frieden. Doch anders als damals werden wir es diesmal nicht auf der Straße tun. Das große Unterhaken wird auf „Wärmeinseln“ stattfinden, in Zelten und Hallen, wo sich jene finden werden, denen es zuhause zu kalt ist, also Arme, Alte, Alle.

Ein Zeichen gegen das einsame Frieren

Die Idee hatte der Deutsche Städtetag, in Ludwigshafen wird sie bereits umgesetzt: als zentrale Aufwärmstation soll die Friedrich-Ebert-Halle dienen. Dort war auf dem Höhepunkt der Panikpandemie das Impfzentrum, daraus hat man gelernt, dass Hallen nicht nur für Rockkonzerte geeignet sind. Jetzt also wird dort eine Wärmeinsel vorbereitet. Ein Zeichen gegen das einsame Frieren! Das macht Hoffnung.

Und je länger ich darüber nachdenke, desto behaglicher wird mir beim Gedanken daran. Haben wir das nicht während der harten Coronazeit schmerzlich vermisst, die menschliche Nähe, die ja an sich schon Wärme erzeugt? Wurden wir nicht monatelang einander entfremdet mit Abstandsgeboten und Verhüllungsbefehlen? Demnächst also Kuscheln gegen Putin. Das hat was.

In vieler Hinsicht. Die einen wähnen sich womöglich gemeinsam im Widerstand gegen das Böse: Wir haben dem Unhold getrotzt, haben keines seiner hinterhältigen Angebote wahrgenommen, haben das höllische Flüstern eisern überhört: „Willste Gas? Machste Nordstream 2!“ Auch gegen die Flötentöne der Atombosse haben wir unsere Ohren verschlossen, die uns weismachen wollten, wir könnten nicht nur drei AKW weiterbetreiben, sondern die drei stillgelegten auch noch wiederbeleben. Apage satanas! Wir verbarrikadieren uns lieber auf unserer Wärmeinsel und singen, hüpfen, machen Kniebeugen, sollte uns dennoch kalt sein.

Nun – Andere haben womöglich eine andere Vorstellung von Widerstand. Ich gebe zu, dass mir beim Gedanken daran, wie wir Nachbarn uns demnächst alle untergehakt wärmen, noch eine ganz andere Definition davon in den Sinn kommt. Wo man sich nah ist, sich gar zusammenrottet, ist aus Widerstand schon mal Aufstand geworden.

Pro Wärmeinsel auch nur ein Aufrührerischer – und schon wird aus einem Dorfgemeinschaftshaus ein Brutofen der Rebellion. „Wieso soll Putin schuld daran sein, dass wir uns von seinem zuverlässig zu fairem Preis gelieferten Gas und Öl abhängig gemacht haben? Ohne russisches Gas hätten uns die rotgrünschwarzen Ideologen nicht jahrelang vorlügen können, die Verspargelung der Landschaft und die Vermaisung des Bodens wären Schritte hin zu Energieautarkie. 'Atomkraft, nein danke' und 'Fracking ist böse' – das haben sie uns vorgebetet, bis es zu spät war. Sie haben uns an Putin ausgeliefert! Widerstand!“

Ich sehe sie vor mir, meine Nachbarn, wie sie erbittert nicken. Wie sie im Geiste nach der Mistforke greifen und nach erregter Debatte zur Scheune eilen, um den Bulldog zu rüsten und mit den letzten Tropfen Diesel gen Berlin zu fahren, die Hauptstadt zu belagern und wie anno dunnemals die Volksverräter und -verächter zu verjagen …

Tja. Daran haben sie nicht gedacht, unsere Freunde des Unterhakens und der Wärmeinsel in Politik und Medien: Solche Ideen können auch nach hinten losgehen. Noch Fragen, wo das Positive bleibt?

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Leserpost

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Frances Johnson / 14.07.2022

Einmann wird nicht dabei sein, keine Sorge. denn Einmann hat einen Zweitwohnsitz in Afrika. Er kommt dort an als Kälteflüchtling. Ein halbes Jahr später kommt er zurück als Wärmeflüchtling. Und Cora wird sehen, dass es im Kuhstall besser ist.

Gerd Hellmuth / 14.07.2022

@ Sabine Heinrich / 14.07.2022 - Steinmeier, Scholz und Konsorten waren ja heute zum Jahrestag der Flutkatastrophe im Ahrtal und die geschädigten Doofmichel standen, wie im wahrsten Sinne des Wortes begossenen Pudel, vor der lamentierenden ” Obrigkeit “, anstatt derselben einen frenetischen Empfang mit Faulen Eiern und Tomaten zu bereiten. Aber man will ja bei den 2021 Wiedergewählten nicht in Ungnade fallen. Zum Ko..en, diese servile Mentalität, zumal die meisten immer noch auf finanzielle Hilfe warten.

Yehudit de Toledo Gruber / 14.07.2022

@Martin Schmitt (bezüglich Aufstand): Ich vermute seit langem, daß die meisten “Achse-Kommentatoren” gelernte DDR-Bürger waren und mittlerweile nicht mehr die Jüngsten sind. Sie alle haben ein Leben lang gelernt, studiert, gearbeitet (denn zu DDR-Zeiten gab es keine Sozialämter), und sie lernten aufgrund der damaligen Wehrpflicht auch mit einer Waffe umzugehen . Hier und jetzt jedoch, wer sollte denn w i e   einen Aufstand organisieren? Nur wenige junge deutsche Männer sind noch bereit, sich für einen Wehrdienst zu verpflichten und im Übrigen auch mal 2 Jahre etwas zackiger organisiert zu leben. Oder habe ich mich geirrt? Und sind denn nicht gute Kommunikation, kluge Planung, Weitsicht und straffe Organisation Eigenschaften, die hierzulande gar nicht mehr existieren? Man sieht es an den zahlreichen Behördenversagen. Doch vorstellen könnte man sich durchaus so eine Wiederholung von 1989 und sich fragen, welches Land käme “uns” dann zur Hilfe?  Wahrscheinlich nicht die Franzosen sondern eher die Ungarn und die Tschechen, die Polen vielleicht ebenfalls.

A. Ostrovsky / 14.07.2022

Wenn die Klimaerwärmung dadurch verursacht wird, dass wir zu viel Fleisch essen, müssten dann nicht in den Wärmehallen die Veganer draußen bleiben? Mal abgesehen davon, dass mir keiner bisher erklären konnte, wo da der Zusammenhang ist, dass wir als Öl, Gas und Kohle aussteigen müssen, weil Fleischkonsum das Klima belastet. Mir fehlen wahrscheinlich nur die strahlenmedizinischen Grundlagen. Oder die strahlenpsychologischen. Oder die psychostrahlologischen. Maryland, das Land der Mutter Gottes, war da nicht das HQ irgendeines Geheimdienstes. Von Edgewood, MD über Forth Meade bis Bethesda, MD sind es nur rund 70 Meilen.

Silke Müller-Marek / 14.07.2022

Wärmehallen sind das Armutszeugnis und Bankrotterklärung unseres Regimes!

Sofie Schutt / 14.07.2022

Ich finde nach dieser extremen Heizperiode, sollte die Bevölkerung wenigstens die schattenspendenden Eichen stehen lassen.

Annett Simon / 14.07.2022

Widerstand? Wiiiiiiiderstand? NIEMALS! Der Schlaf der Michel ist so tief und fest. Glückseelig ruhen sie in ihren _noch warmen_ Betten und träumen vom Urlaub unter Palmen oder dem eigenen Häuschen. “Gasnotstand? Sparmaßnahmen? Wie kommst du denn darauf?” Wurde ich heute gefragt. In den Butzen der West-Münsterländer (da wo der Spahn und auch der Wüst herkommen), hat man noch nichts davon gehört. Da ist noch heile Welt. Da wird noch gearbeitet und an die starke Wirtschaft geglaubt. Schließlich ist jetzt auch die Zeit der Schützenfeste. Da bleibt keine Zeit für Schwarzmalerei oder VT! Da muss Bier vernichtet und zur Blasmusik getanzt werden! Bald ist auch wieder Fußball. Erst im eigenen Land die Bundesliga, wo Schalke wieder oben mitspielen darf und dann kommt Katar! Hurra! Während dort absurderweise Stadien mit Klimaanlagen gekühlt werden müssen, friert der Dumm-Michel bei 19°C im Wohnzimmer vor dem TV. Und denkt sich _wie immer_ NICHTS dabei! Sie schwingen sich auf ihre Lastenräder, fahren 1h damit zur Arbeit, lassen sich klaglos 4x impfen (um dabei zu sein!) und das alles nahezu denkfrei! Das Leben kann so schön sein, wenn man in der Beule auf den Schultern nichts als Luft transportieren muss. Manchmal beneide ich meine Mitbürger um diese “Leichtigkeit des Seins”.  Ich konnte das nicht mehr. Deshalb sind wir gegangen. In ein Land mit Gas, Öl, Fracking und einem durchgeknallten, korrupten, dementen Pädo an der Spitze. Aber so what, warm haben wir es hier! Finis Germania!

Sofie Schutt / 14.07.2022

Ich fürchte das Wärmehallen nur Geimpfte mit Booster Maske und Text betreten dürfen. Alle Anderen müssen elendiglich erfrieren. So wird die um uns so besorgte, kluge Politik dann endlich auch die Nörgler los.

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