Der Wintereinbruch gibt vielen Klima-Apologeten Rätsel auf, da er nicht ins Narrativ passt. Ich schlage also vor, Begriffe wie Klima, Klimaschutz oder Klimakatastrophe zu canceln. Lasst uns wieder vom Wetter reden. Das ist beständig unbeständig.
„Alle reden vom Wetter. Wir nicht.“ Ach, was war das für ein schöner Spruch damals. Heute scheitert die Deutsche Bahn nicht nur am Wetter. Und alle reden vom Klima, auch wenn es nur Wetter ist. Ich schlage vor, zum Wetter zurückzukehren, das bietet ja Abwechslung genug, denn es ist mal so, mal so. Mal wärmer, mal kälter, mal trockener, mal nasser, und das seit unfassbar vielen Jahren. Und in denen war warm meistens besser als kalt.
Medien und Politiker hierzulande aber brauchen den Ausnahmezustand. Ozonloch. Saurer Regen. Wir werden alle sterben. Überhaupt sterben: Wie war das noch mit dem Waldsterben? Ich gebe zu: Ich habe 1980 für die deutsche Ausgabe von „Global 2000“ das Kapitel über den Wald übersetzt, in aller Unschuld. Doch bekanntlich rauschen sie noch immer, die deutschen Wälder, es sei denn, man schlägt, wie jetzt im Reinhardswald, breite Schneisen hinein, um dort Windkraftanlagen zu errichten, die dafür sorgen sollen, dass der Wald nicht stirbt. Also am Klima.
Deshalb unterstützt Deutschland Brasilien beim Ziel „Null Entwaldung bis 2030“ zum Schutz des Regenwaldes am Amazonas mit rund 200 Millionen Euro. „Uns verbindet ein Klimaschutz, der allen zugutekommt“, verkündete Kanzler Olaf Scholz. Also Wald hier nix gut, dort supergut. Verstanden?
Man könnte glatt nostalgisch werden
Das Klima aber gibt offenbar einigen derzeit Rätsel auf. „In Deutschland gehören klirrend kalte Winter der Vergangenheit an: Winter mit starkem Frost und viel Schnee wie noch vor zwanzig Jahren wird es in unseren Breiten nicht mehr geben“, prophezeite vor 23 Jahren der „Klimaforscher“ Mojib Latif. Wie also erklärt man den Wintereinbruch und das Schneechaos in Bayern, das Flug- und Fernverkehr zum Erliegen brachte? Nun – natürlich mit dem „Klimawandel“. Es ist halt einfach wärmer kalt als früher, was wiederum zu mehr Schnee führt. (Letzteres wäre richtig, wenn ersteres stimmte.)
Weil das alles völlig widersinnig, also unlogisch ist, schlage ich vor, ab sofort folgende Begriffe und Begriffsbildung zu canceln: Klima, Klimaschutz, Klimakatastrophe, klimasensibel, klimafreundlich. Lasst uns wieder vom Wetter reden. Das tut man übrigens hier in der Provinz seit eh und je. Für den jährlichen Ertrag einer Landwirtschaft ist das Wetter zuständig, nicht das Klima, und das Wetter war immer schon wendisch, also ein Risikofaktor. Es ist guter Brauch, sich darauf so gut wie möglich einzustellen. Und das gilt auch für den Fern- und Flugverkehr, liebe Bayern.
Was bitte auch von der politischen Agenda verschwinden sollte: das CO2 und seine Bepreisung. Ja, es ist ein „Treibhausgas“, in niederländischen Gewächshäusern nährt es die Pflanzen. Ob es einen „Treibhauseffekt“ im Sinne des „Klimas“ hat, ist fraglich. Vor allem aber ist es einigermaßen grotesk, wenn das klimasensible und -freundliche Deutschland ausgerechnet auf Kohleverstromung zurückgreifen muss, statt weiterhin auf Kernenergie zu setzen. Wir waren da mal Weltführer! Man könnte glatt nostalgisch werden.
Es stimmt zwar nicht, dass fossile Energieträger demnächst aussterben – tatsächlich wachsen sie nach. Doch angesichts des Anwachsens der Weltbevölkerung, dem ja nur in Europa Einhalt geboten wird, nicht aber dort, wo Entwicklungshilfe hinfließt (vielleicht gibt es da einen Zusammenhang?), ist es mehr als sinnvoll, nicht alles abzufackeln, was die Reserven hergeben. Was also liegt näher, als die neuen Technologien der Kernenergie zu nutzen, wie es jüngst 22 Staaten auf der Weltklimakonferenz in Dubai beschlossen haben? Die Vorteile liegen auf der Hand. Anstelle der wetterabhängigen „Erneuerbaren“ liefern Kernkraftwerke Energie immer, wenn man sie braucht. Sie emittieren kein CO2, die neuen Meiler können kostengünstiger hergestellt werden, und sie können sogar einen Großteil des alten atomaren Mülls wiederverwenden (während die toxischen Reste ausgedienter Windmühlen vergraben werden müssen.)
Doch wie sagte Olaf Scholz? „Die Kernkraft ist zu Ende. Sie wird in Deutschland nicht mehr eingesetzt. Das Thema Kernkraft ist in Deutschland ein totes Pferd.“ Ich fürchte, Deutschland ist das tote Pferd, das von der Ampelregierung zuschandengeritten wird. Übrigens: Hier bei mir im oberhessischen Vogelsberg ist bereits wieder Tauwetter.
Cora Stephan ist Publizistin und Schriftstellerin. Viele ihrer Romane und Sachbücher wurden Bestseller. Ihr aktueller Roman heißt „Über alle Gräben hinweg. Roman einer Freundschaft“.