Wer jetzt so tut, als sei die Beschäftigung ehemaliger hauptamtlicher Stasi-Offiziere in der früheren “Gauck-”, jetzt “Birthler-Behörde” so etwas wie eine “Sensation” oder auch nur ein kleines vorweihnachtliches “Überraschungsei”, der hätte es spätestens seit dem Erscheinen des letzten Buches des im Jahre 1999 unter mysteriösen Umständen verstorbenen Bürgerrechtlers und Schriftstellers Jürgen Fuchs mit dem Titel “Magdalena” aus dem Jahre 1998 besser wissen können …
Dort begegnet der ehemalige Bürgerrechtler Fuchs seinen früheren Vernehmern im Stasi-Knast Berlin-Hohenschönhausen, Bäcker und Hopfer, bei Recherchen zu seinem Buch in der ehemaligen Stasi-Zentrale in der Berliner Normannenstraße, und zwar in der Abteilung “Spezialrecherche”.
Die “Knaststimme” berichtet über diese “unheimliche Begegnung der dritten Art” wie folgt:
“Ich habe keine Schwierigkeiten mit Ihnen zu sprechen, höre ich mich sagen. Welchen Dienstgrad hatten Sie? Oberstleutnant, sagt Bäcker. Und Sie sind der Einzelkämpfer, fragt er. Was habe ich ihm geantwortet? Das Gedächtnis des Einzelkämpfers läßt nach. In der Haft, in der Not, in der Niederlage frißt sich alles ein, jeder Ölsockel, jedes miese Grün oder Grau, jedes Grinsen, auch jedes eigene Wort und das Gestammel dazu ... Aber danach, nach der ‘Wende’, in der neuen Zeit? Beim Dialog mit kooperationsbereiten ehemaligen Offizieren?
Ich wohne im Neubaublock gegenüber, sagt Bäcker. Ich auch, sagt Hopfer, zwei Minuten zur Arbeit ...
Was ist mit dir, denke ich, hast du Angst vor ihnen?
Und das wollen wir Ihnen gleich sagen, teilt Bäcker mit, wir haben keinen Befehl, diese Tätigkeit hier auszuführen, wir haben ständig Ärger mit bestimmten Kreisen ehemaliger Mitarbeiter. Ach so, sage ich. Wer ist Ihr Vorgesetzter, fragt Bäcker, Dr. Rolle? Ich nicke. Vielleicht sind Sie meine Vorgesetzten, sage ich. Aber, aber, Bäcker und Hopfer lachen ihr Lachen.
Es ist recht leicht, mit ihnen zu plaudern und zu lachen. Unsere Feinde verlassen die Hölle, und wir betreten sie. Berater bleiben zurück und begrüßen uns.”
In der Tat erinnert die sog. “Aufarbeitung des SED-Unrechts” nach 1990 in meinen Augen fatal an die sog. “Aufarbeitung des NS-Unrechts” nach 1945:
Während die Täter in den entsprechenden Behörden nach wie vor in Amt und Würden sind oder sogar bestimmte Schlüsselpositionen bekleiden, streiten die Opfer vor deutschen Gerichten um ihre Anerkennung als Opfer sowie um zumeist eher bescheidene Entschädigungen bzw. Rentenansprüche. Und während ein Haupttäter wie Markus Wolf mit seinen “Rezepten der russischen Küche” auf dem Büchermarkt reüssieren geht, begeben sich die Opfer der Staatssicherheit in die nächstgelegene Apotheke, um sich dort gegen ein entsprechendes Rezept ihre Antidepressiva oder aber ihr Valium gegen die permanente Schlaflosigkeit bzw. gegen die damit verbundenen Alpträume abzuholen.