Ulrike Stockmann / 18.10.2021 / 12:00 / Foto: Achgut.com / 98 / Seite ausdrucken

Die Sprachlosigkeit der Grünen Jugend

Sarah-Lee Heinrich, die frisch gewählte Sprecherin der Grünen Jugend, geriet in die Schlagzeilen, weil sie 2019 vor laufenden Kameras die „eklig-weiße Mehrheitsgesellschaft“ in Deutschland kritisierte und außerdem Tweets auftauchten, in denen die damals 14-Jährige sich in Gewaltfantasien gegen Andersdenkende erging. Es entzündete sich eine Debatte, in der vornehmlich links-grüne Kreise bemüht waren, Heinrichs Entgleisungen als „Jugendsünden“ zu relativieren und konservative Stimmen sich über die verbale Gewaltaffinität des Grünen-Nachwuches empörten.

Bei Achgut betrachteten sowohl Vera Lengsfeld als auch Chaim Noll neben einem übersteigerten Selbstbewusstsein „woker“ Kreise vor allem die sprachliche Verrohung junger Menschen als ein Problem. Ins selbe Horn stieß Elke Heidenreich in der Markus-Lanz-Sendung vom 12. Oktober. Konfrontiert mit Heinrichs Video-Statement über die „eklig-weiße Mehrheitsgesellschaft“, stellte Heidenreich unaufgeregt, aber bestimmt fest:

„Sie hat überhaupt keine Sprache, sie kann gar nicht sprechen, haben wir gerade gesehen. Das sind wieder Kinder, die nicht lesen, das ist diese Generation, von der ich immer wieder merke, wie sprachlos sie ist, wie unfähig, mit Worten umzugehen (…) Dass sie in jungen Jahren einen Tweet unterschrieben hat mit ‚Heil‘, das geht eben gar nicht, das ist überhaupt gar nicht komisch. Man kann alle möglichen Scherze machen, wie viel Quatsch hab ich in meinem Leben schon geredet, als junges Mädchen und auch als ältere Frau. Aber doch nicht ‚Heil‘, es gibt gewisse Witze, die sind off the record, die gehen gar nicht und das ist auch bei ihr der Fall. Und ich habe das Gefühl, dass das ein Mädchen ist, das nicht genug nachdenkt.“

Markus Lanz erinnerte daraufhin, dass es sich um die Sprecherin der Grünen Jugend handele.

„Sie kann ja gar nicht sprechen, sie muss ja erstmal lernen, richtig zu formulieren. Und das macht mich skeptisch, dass man sagt: Hauptsache divers, Hauptsache Migrationshintergrund, Hauptsache Quote. Das ist eben der falsche Weg.“

Schlechtes, hysterisches Zeugnis

Erwartungsgemäß wurde Heidenreich im Anschluss von den üblichen Verdächtigen zerpflückt. Der Tagesspiegel befand, dass sich Heidenreich in rassistischen Stereotypen verrenne und die Süddeutsche unterstellte ihr „Vorurteile“. Die Frankfurter Rundschau übte sich ihrerseits in wenig eleganter Sprache und degradierte die gefeierte Literaturkritikerin zur „alten weißen Frau“, die „faselt“ und „zurechtpalavert“.

Diese medialen Reaktionen kann man getrost als vorhersehbar und wenig originell bezeichnen. Viel spannender ist hingegen, Heidenreichs Kritikpunkt des Sprach- und damit Qualitätsverfalls auf sich wirken zu lassen. Denn tatsächlich erscheint die druckreif sprechende und klar argumentierende Literatin wie ein kultivierter Ruhepol aus einer anderen, besonneneren Epoche. Dass ihre moderaten Ansichten und ihr verständiges Auftreten von der heutigen Öffentlichkeit als Provokation wahrgenommen werden, scheint ein Symptom jener Sprachlosigkeit zu sein, die die Schriftstellerin anprangert. Und stellt den Empörten ein schlechtes, hysterisches Zeugnis aus.

Wohin unsere Aversion gegenüber Exzellenz, Nachdenklichkeit und intellektueller Tiefe führt, wird leicht erkennbar, wenn man Heidenreichs Klarheit mit dem Jargon weniger begabter, aber dafür umso selbstbewusster auftretender Zeitgenossen vergleicht.

Sehr entlarvend wirkt in diesem Kontext zum Beispiel eine Grafik, die die Grüne Jugend Chemnitz auf Instagram geteilt hat. Der Post soll Sarah-Lee Heinrich unterstützen, sodass der dazugehörige Text lautet: „Derzeit gibt es auf Twitter Anfeindungen rechter Hetzer*innen gegen unsere neue Bundessprecherin @xsarahleee. Aufgrund kritischer Tweets aus dem Jahr 2016 zu strukturellem Rassismus erkühnen sich weiße Menschen ohne Rassismuserfahrungen ihr mit der bodenlosen Vorhaltung ‚Rassistin‘ zu begegnen. Es gibt keinen Rassismus gegen Weiße! Wir bekunden uneingeschränkte Solidarität mit @xsarahleee.“

Das Bild selbst zeigt ein Foto von Heinrich mit dem Aufruf: „Solidarität mit unser (sic!) Bundessprecherin. Wir stehen hinter dir. Gegen die Hetzte (sic!) im Netz.“

Zwei markige Fehler in einer Grafik. Grüne Jugend, bitte arbeitet an eurer Sprache!

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Dirk Piller / 18.10.2021

1. es ist erschreckend, wer heutzutage alles ein Abitur geschenkt bekommt. Kann man das nicht endlich wieder ändern? 2. die gesellschaftlichen Spannungen steigen mit immer mehr Zuwanderung, denn die die neu dazukommen denken gar nicht daran, zu hinterfragen, ob sie das hier alles verdient haben und die, deren Vorväter das hier alles aufgebaut haben, fragen sich immer häufiger, warum sie das mit Menschen teilen müssen, die sie nur verdrängen wollen. 3. der Masochismus und Selbsthass vieler weisser Jugendlicher ist zutiefst erschreckend. Das ist keine Gesunde Gesellschaft mehr. 4. Frau Heinrich sollte man einfach ignorieren, sie ist völlig unwichtig

Dirk Jürgens / 18.10.2021

Viele, die für SZ, FR, Spiegel usw. “schreiben” oder für ARD, ZDF und RTL “sprechen”, sind selber kaum der Sprache mächtig. Was zählt, ist die gute Gesinnung. Dafür braucht man nicht einmal einen IQ von 30. Eher schon einen arroganten Gesichtsausdruck.

Hans-Peter Dollhopf / 18.10.2021

Herr Jungnickel, Sie schreiben: “Dieses Gör wird womöglich Regierungssprecherin, wenn der Zettelblätterer Seibert abgelöst wird.” Lassen Sie mich Ihre Perversion weiterfantasieren:  Es ist also November 2024. Der Ort ist die Bundespressekonferenz/Berlin. “So, und die nächste Frage kommt dann von . . . . Herrn Reitschuster.”

Ridley Banks / 18.10.2021

Ich stelle mir vor, in meinem “Land” hier in Texas so etwas wie diese Lady abgeblubbert hat; mich haette man in der “Luft zerrissen”, so ueber unsere schwarzen Mitbuerger herzuziehen. Aber das ist wohl nur in diesem irren Land moeglich und erlaubt. Bemerkenswert, dass das alles von den ganz Guten auch noch Zuspruch findet.

Wolfgang Pfeiffer / 18.10.2021

Wenn es stimmt, dass Denken dem Reden vorausgeht, dann hat Heinrich keine Probleme mit dem Sprechen. Und die zumindest in dem Video von der ekligen weissen Mehrheitsgesellschaft aufscheinende, eher an Logorrhoe erinnernde Sprachbegabung der jungen Frau könnte wohl kuriert werden: Vielleicht Schnaps, Kaffee weglassen. Dann das üben: Mund halten, Denken, dann Sprechen - in genau der Reihenfolge. Eigentlich simpel. Irgend jemand wird es wohl versäumt haben, ihr das zu erklären.  + + + + Neulich im Waschsalon: ein junger Mann, um die 20, verstaut ein Laken in der XXL Maschine, und nur das. Die XXL hat etwa das doppelte Fassungsvermögen einer kleineren Maschine.  Ich erkläre ihm, er kann die Kleinere nehmen, auch weil sie deutlich billiger ist. Und er wundert sich etwas, dass das so funktioniert.  + + + +  Preisfrage: Wer ist schuld: eine verblödete Mathe-ist-Schei**e-aber-wir-retten-die-Welt-Generation? Oder eine Gesellschaft von Alten, die offensichtlich kaum kompetenter ist als die “Jungen”, die heute irgendwo “Vorsitzende” werden?

Peter Groepper / 18.10.2021

Zu diesen in der heutigen politischen Inversionswetterlage überschätzten und sich deshalb auch selbstüberschätzenden Menschen und ihren Erkenntnissen fällt mir das Zitat eines Auschwitz-Überlebenden ein: “Es waren nicht Hitler oder Himmler, die mich verschleppt, geschlagen & meine Familie erschossen haben. Es waren der Schuster, der Milchmann, der Nachbar, die eine Uniform bekamen und dann glaubten, sie seien die Herrenrasse.” (Karl Stoika, Auschwitzüberlebender)——womit ich heute einem Schuster oder Milchmann keineswegs zu nahe treten will. Es sind die Grünen, die glauben, sie seien die Herrenrasse. Dabei können sie von Eiskugel bis Speichernetz noch nicht einmal Theologie bis zum Ende rechnen oder studieren.

Peter Meyer / 18.10.2021

@ Gerald Weinbehr: wenn die grüne Jugend an ihrer Realitätswahrnehmung arbeiten würde UND darüber nachdenken würde, würde sie sofort aufhören, „Grün“ zu sein. Das ist doch die große Angst, daß echte Realität in diese Filterblase eindringt, weswegen Abweichler automatisch „Aggressoren“ sind, es SafeSpaces, Triggerwarnungen und Verbote braucht. Dann kommt sowas dabei raus wie „Klima kontrollieren“ und „Batteriekobolde“, und jeder, der es auch nur wagt, das in Frage zu stellen, ist „Nazi“. Darunter kann man es gar nicht mehr machen…

M.-A. Schneider / 18.10.2021

Eine sehr wohltuende und klare Analyse, die man voll und ganz teilen kann.

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