Dirk Maxeiner / 26.05.2019 / 06:20 / Foto: Pixabay / 51 / Seite ausdrucken

Die Sonntagsfahrerin: Letzte Ausfahrt Dessau

Wenn ich auf der A9 von Berlin kommend Richtung München die Elbe überquere, denke ich oft an den DDR-Slogan „Plaste und Elaste aus Schkopau“. Noch lange Zeit nach der Wende zierte er den Brückenpfeiler an der Elbbrücke. Heute wird in der Gegend überwiegend Papier produziert, denn in Dessau wurde das Umweltbundesamt UBA angesiedelt. Die Versetzung des Amtes in die sachsen-anhaltinische Pampa ist eine Verkehrs-Beschaffungsmaßnahme der Bundesrepublik Deutschland, denn viele der Mitarbeiter pendeln zwischen ihrem Wohnort oder ihrer Dienststelle in Berlin und der UBA-Zentrale in Dessau.

Dort sparen die Öko-Aufseher dann während der Arbeitszeit die Energie ein, die sie zuvor auf der Fahrt verbraucht haben, denn das UBA-Gebäude wurde „als Modellvorhaben für nachhaltiges Bauen mit sehr hohen ökologisch-energetischen Zielen realisiert.“ Jeder Sesselpupser wird gewissenhaft aufgefangen und energetisch  transformiert. Alles, was bleibt, ist heiße Luft. 

Außerdem machen sich die rund 1.000 Mitarbeiter des UBA um die Klimabilanz verdient, indem sie darauf hinarbeiten, zum Ausgleich woanders den Verkehr oder Arbeitsplätze stillzulegen. Beispielsweise in Stuttgart am Neckartor oder in Sindelfingen am Fließband. Dieses bewährte Prinzip wird jetzt im Zuge des Kohleaustiegs auch auf die mitteldeutschen Kohlereviere übertragen. Dort sollen bis spätestens 2028 insgesamt 5.000 Behördenjobs geschaffen und neue Bundesbehörden angesiedelt werden. Die Kohlekumpels werden in Sesselpupser transformiert und schon stimmt die CO2-Bilanz. Die UBA-Zentrale hat bei den betroffenen Industrien inzwischen sogar einen klandestinen Ehrentitel: „Bullshit-Castle-Ost". Die archäologischen Reste des Bullshit-Castle West können derweil in Stuttgart-Möhringen besichtigt werden.

Der liebevolle Kosename resultiert vermutlich aus den vielen bahnbrechenden Studien, die in Dessau erstellt werden. Ganz aktuell hat mich ein 148 Seiten starkes Papier beeindruckt, das unter anderem mit Hilfe der Organisation „Women for Climate Justice e.V.“ verwirklicht wurde und den Titel trägt:

„Gendergerechtigkeit als Beitrag zu einer erfolgreichen Klimapolitik: Forschungsreview, Analyse internationaler Vereinbarungen, Portfolioanalyse“.

Die klimagerecht verschärfte Form des Sonntagsfahrers

Ich möchte es dem geneigte Achse-Leser in ein paar Auszügen vorstellen und habe mich für diesen Beitrag sicherheitshalber entschlossen, in meine weibliche Erscheinungsform zu wechseln. Die Sonntagsfahrerin ist sozusagen die klimagerecht verschärfte Form des Sonntagsfahrers. Und damit bin ich bereit für die Beantwortung der UBA-Frage „inwieweit eine geeignete Ausgestaltung klimapolitischer Maßnahmen zur Geschlechtergerechtigkeit beitragen kann“, was sich mittels einer „systematisierten Analyse der Wirkungsmechanismen zwischen Klimapolitik und Genderdimensionen“ beantworten lässt.

Wobei man mit den Dimensionen ein bisschen aufpassen muss, denn „Androzentrismus-kritische Ansätze... gehen hier deutlich weiter und analysieren die Ursachen von Ungerechtigkeitsproblemen auf Basis der gesellschaftlichen Fixierung auf den Mann oder das ‚Männliche' als die Norm, bei der die Frau als Abweichung von dieser Norm wahrgenommen wird“.

Falls Sie jetzt nur Bahnhof verstehen, liegt das vermutlich daran, dass Sie zwar einen Führerschein aber keinen Fahrschein besitzen. Deshalb hier eine für einfache Gemüter kompatible Übersetzung in Autosprech: Parkplätze entsprechen männlicher Norm, weshalb sie irgendwie immer zu klein und damit ein Ungerechtigkeitsproblem sind. Frauenparkplätze werden als Abweichung von der männlichen Norm wahrgenommen und zementieren damit die traditionellen Geschlechterrollen. Gerechtigkeit kehrt erst ein, wenn es keine Parkplätze mehr gibt und alle mit dem Bus fahren. Das ist wissenschaftlich bewiesen:

„Einen direkten Bezug zwischen Geschlechtergerechtigkeit und CO2-Emissionen bzw. Klimaschutzmaßnahmen stellen Studien her, die zeigen, dass Kommunen mit einem hohen Wert beim Genderbewusstsein auch die höchste Punktzahl bei der Bewertung ihrer Klimapolitik haben (und umgekehrt), bzw. dass es eine direkte Verbindung zwischen der Höhe der Pro-Kopf-Emissionen eines Landes und dem Grad an Geschlechtergleichheit gibt: je gleicher, desto geringer die Emissionen“. 

Um zu solchen Erkenntnissen zu kommen, entschloss sich das UBA, in beim „Kick-off Meeting am 7.12.2016 in Dessau“ ganz doll viel zu lesen: 

„594 peer reviewte Artikel, 122 Forschungsberichte und Dissertationen, 127 Bücher und Buchbeiträge, 147 Broschüren und internationale/EU-Dokumente, 116 Tagungsberichte und Arbeitspapiere“.

Gleichzeitige Stilllegung des Denkens

Das wachsende Aufkommen solcher Papiere hängt möglicherweise unmittelbar damit zusammen, das immer mehr Institutionen bereit sind, Geld für so etwas zu verbrennen, was durch die gleichzeitige Stilllegung des Denkens aber CO2-neutral geschehen kann. Grundsätzlich wird der vermehrte Papierausstoß vom UBA als Indiz dafür gewertet, dass das Thema immer relevanter wird, genauso wie wachsende Zuschauerzahlen beim Rosenmontagszug in Köln darauf hindeuten, dass den Deutschen der Humor immer wichtiger wird. 

Heraus kommt ein Perpetuum mobile: Weil soviel Papier produziert wird, muss noch mehr Papier produziert werden, um herauszufinden, warum so viel Papier produziert wird. Deshalb muss laut UBA 

„das Instrument Gender Impact Assessment (GIA) für den Klimabereich weiterentwickelt werden“. Und das ist im Prinzip ganz einfach:  „Aufbauend auf der Auswertung von Erfahrungen mit dem GIA-Instrument in anderen Anwendungsbereichen wird die bestehende Arbeitshilfe der Bundesregierung zu geschlechterdifferenzierten für das GIA im Klimabereich konzeptionell weiterentwickelt und exemplarisch für ausgewählte Maßnahmen erprobt, bewertet und iterativ optimiert. Übergreifende Frage ist dabei, inwieweit die Maßnahmen zu einem Abbau von (Geschlechter-)Hierarchien beitragen, bzw. inwieweit sie diese verfestigen und zur Verstärkung von Machtkonstellationen, Ausgrenzungen und Abwertungen im Bereich der Klimapolitik beitragen.

Die Kohlekumpel in der Lausitz freuen sich bereits mächtig darauf, iterativ optimiert zu werden. Auch Kraftfahrzeug-technisch ist man beim UBA durchaus auf dem laufenden, besonders wenn es um die Achsen geht:

 „Feministische politische Ökologie ist eine Subdisziplin der politischen Ökologie, die davon ausgeht, dass Gender – in Verbindung mit Klasse, Race und anderen Machtachsen – den Zugang zu und die Kontrolle über natürliche Ressourcen gestaltet und aufzeigt, wie soziale Identitäten in dem und durch das Verhältnis zu Natur und durch tägliche Praktiken im Umgang mit der materiellen Welt geformt werden.“

Kapitalistische, kolonialistische und patriarchale Machtsysteme

Danke UBA! Ich achte seit der Lektüre solcher Erkenntnisse beim Überqueren der Fahrbahn streng darauf, dass ich nicht unter die Machtachsen gerate. Denn: 

„Nachdem der Klimadiskurs über Jahre allein naturwissenschaftlich-technisch geprägt und auf Vorstellungen von objektivem Wissen, Kontrolle und Effizienz aufgebaut war, wurde dies in den letzten Jahren durch einen alternativen Klimagerechtigkeitsdiskurs in Frage gestellt. Dieser deckte auf, dass die Mainstream-Anpassungs- und Mitigationspolitik kapitalistische, kolonialistische und patriarchale Machtsysteme verstärkt und vulnerable Personen und Gemeinden weiter marginalisiert“.

Einig sind sich die Studien laut UBA darin, dass Frauen deutlich seltener den Klimawandel leugnen als Männer. Ein Glück, dass ich heute als Sonntagsfahrerin unterwegs bin. Besonders wenn ich das lese:  

„Der ...‚Conservative White Male Effect‘ findet sich auch bei den Klimaleugnern in den USA wieder. Der Grad der Ablehnung des Klimawandels bei Konservativen im Vergleich zum Durchschnitt der US-Bevölkerung vergrößert sich mit dem selbsteingeschätzten Wissen über den Klimawandel...“

Frauen sind prinzipiell ziemlich klimagerecht, besonders in Ländern wie Saudi-Arabien oder dem Jemen, wo sie ohne Füherschein nicht auf dumme Gedanken kommen können. Sie sollten aber nicht nur keinen Füherschein, sondern auch keinen Nachwuchs haben. Bei uns muss der nämlich zur nächsten Fridays-for-Future-Demo gekarrt werden: 

„Dass Begleitverkehr deutlich häufiger durch Mütter durchgeführt wird als durch Väter, zeigen verschiedene Studien. Danach machen Mütter mehr Wege mit dem Auto als Nicht-Mütter, aber immer noch deutlich weniger als Männer“.

Ein besonders interessante Erkenntnis zur Beförderung des Klimaschutzes verbirgt sich auch in dieser Aussage:

"Trotz des offenbar höheren Wärmebedarfs von Frauen ... zeigt eine in Schweden durchgeführte Studie, die sich mit dem Wärmekonsum in Mehrfamilienhäusern in Verbindung mit der Bauart, dem Hausmanagement, den Haushalten und individuellen Faktoren befasst, dass je mehr Frauen im Haus leben, desto niedriger der Wärmekonsum – bei ansonsten gleichbleibenden anderen Faktoren."

Das spricht eindeutig für die Vielehe.

 

Von Dirk Maxeiner ist  in der Achgut-Edition erschienen: „Hilfe, mein Hund überholt mich rechts. Bekenntnisse eines Sonntagsfahrers.“ Ideal für Schwarze, Weiße, Rote, Grüne, Gelbe, Blaue, sämtliche Geschlechtsidentitäten sowie Hundebesitzer und Katzenliebhaber, als Zündkerze für jeden Anlass(er) Portofrei zu beziehen hier.

Foto: Pixabay

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Leserpost

netiquette:

Klaus Schmid / 26.05.2019

Nein!!! Das kann nicht wahr sein, unmöglich. Soviel Irrsinn KANN keinem menschlichen(?) Gehirn entspringen.

Frank Mertes / 26.05.2019

Mann könnte wunderbar über diesen Unfug lachen, aber nur, wenn man ausblendet, dass das nicht Comedy vom UBA ist, sondern purer Ernst. Die glauben wirklich an den Mist, den sie da produzieren. Und nicht nur dass, abgesehen von den Kosten, sie nerven andere damit und sie machen Deutschland kaputt. Aber hat ein Land besseres verdient, in dem über 20% die Grünen wählen?

Karla Kuhn / 26.05.2019

Da paßt doch ganz hervorragend das Chanson von Reinhard Mey, “Der Antrag für das Antragsformular”  dazu. Bürokratie scheint eben unausrottbar , obwohl dafür für Stoiber in Brüssel extra eine Stelle geschaffen wurde. Herr Stoiber hat aufgeben, Bürokratie scheint schlimmer als Unkraut zu wuchern.

M. Thiermann / 26.05.2019

Und ich dachte immer, ich sei schon verrückt!

Karla Kuhn / 26.05.2019

“Alles, was bleibt, ist heiße Luft. ”  Und davon anscheinend JEDE MENGE !!  “Dort sollen bis spätestens 2028 insgesamt 5.000 Behördenjobs geschaffen und neue Bundesbehörden angesiedelt werden. Die Kohlekumpels werden in Sesselpupser transformiert und schon stimmt die CO2-Bilanz.”  Und damit das BRUTTOSOZIALPRODUKT !!  Rechnen konnten die Kommunisten noch nie, sie haben nur das Geld der ANDEREN ausgegeben. Und jetzt sind wir wieder auf diesem kommunistischen Wege ?  Na dann PROST MALZEIT ! Ich kann mir allerdings nicht vorstellen, daß die neuen “Gäste” sich großartig dazu einspannen lassen. “ „Dass Begleitverkehr deutlich häufiger durch Mütter durchgeführt wird als durch Väter, zeigen verschiedene Studien”  AHA ich dachte, die Vielehen beziehen sich nur auf Männer ? Oder habe ich da etwa etwas mißverstanden ???  “... aber immer noch deutlich weniger als Männer“.  Kommt das vielleicht daher, daß in vielen Ehen der Mann noch Immer der HAUPTERNÄHERE IST ?? Aber solche “Kleinigkeiten” scheinen eben nicht ins Konzept zu passen !  Sehr gut Herr Lindner !! Übrigens auf die EU Wahl scheint die Affaire wenig Einfluß zu haben, Kurz gewinnt dazu und die SPÖ verliert ein paar Prozent. Die Strache Partei ebenfalls nur so um die 2 Prozent. Schade um das Theater aber was sagt das ? Denunziation lohnt nicht immer !  “Das spricht eindeutig für die Vielehe.”  Sie als Sonntagsfahrer können sich doch die “Sahnestückchen” raussuchen, probieren Sie es einfach !!

Bernhard Freiling / 26.05.2019

@Jürgen Probst. M.E. sehen Sie das viel zu verbissen. ;-) Wären diese Fachkräfte für Gedönswissenschaft nicht mit diesen dringend benötigten Studien beschäftigt, würden Sie dem Job-Center als Arbeitslose oder HartzIV-Empfänger zur Last fallen. Aber auch dann würden die aus Ihrem Geldbeutel heraus alimentiert. Erkennen Sie denn nicht, welch Segen mit Ihrem vermeintlich vergeudeten Geld angerichtet wird? Sie helfen mit, ansonsten prekär lebenden Fehlstudierten, ein Dasein voller Sinnhaftigkeit zu bescheren. Drum: Drucken Sie die UBA-Studie aus, hängen Sie die neben Ihren Rasierspiegel und wiederholen Sie bei der morgendlichen Rasur fortlaufend die Worte: “ich bin ein guter Mensch, ich bin…..”. Sie werden sehen, es wird auch für Sie ein wundervoller Start in den Tag werden.

Helmut Bühler / 26.05.2019

Ich glaube inzwischen, dass der große Manitou uns die Mohammedaner geschickt hat weil ihn unser Elend rührt. Er weiß natürlich, was wir nur ahnen - dass wir diese verstrahlte, wohlstandsverwahrloste Gender- und Klimaherde auf natürlichem Wege nicht mehr los werden. Weil er uns liebt hat er nun eine Gegenarmee ins Feld geschickt, die erheblich andere Proritäten setzt und ihre Eier noch nicht verloren hat. Sie wird uns später oder eher früher von diesem Spuk befreien - wollen wir hoffen, dass er auch schon einen Plan hat, wie wir diese Helfer dann nach getaner Arbeit wieder los werden.

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