Claude Cueni, Gastautor / 25.12.2019 / 11:00 / Foto: pixabay / 38 / Seite ausdrucken

Die Sonne hat keinen Penis

Wer wurde am 25. Dezember von einer Jungfrau geboren, vollbrachte Wunder, starb später am Kreuz, war drei Tage tot und überraschte mit einer hollywoodreifen Auferstehung? Jesus? Ja, auch er. Aber auch der ägyptische Sonnengott Horus wurde am 25. Dezember von einer Jungfrau geboren – aber 3.000 Jahre früher. Und auch der persische Sonnengott Mithras wurde am 25. Dezember von einer Jungfrau geboren, hatte zwölf Begleiter, war drei Tage tot und verblüffte mit seiner Auferstehung – aber 1.200 Jahre früher.

Die Liste der Götter, die tausende Jahre vor Jesus dieselben biografischen Eckdaten aufweisen, ist groß. Die zwölf Begleiter weisen auf die astrologische Komponente hin und der Heiligenschein (Corona) auf die Sonne als Ursprung der Göttersagen.

In den meisten Religionen der Naturvölker ist die Sonne die Schöpferin der Welt, sie bringt die Natur zum Blühen, sie kann wärmen, aber auch verbrennen. In jedem Strauch, in jedem Fluss, in jedem Lebewesen manifestiert sich der göttliche Geist.

Herrscher erkannten schon früh, was Napoleon Jahrhunderte später niederschrieb: „Religion hält die Armen davon ab, die Reichen umzubringen.“

Für ein gutes Herz braucht man keine Kirche

Die Sonne wurde personifiziert, sie erhielt (meistens) einen Penis, denn die Verfasser der heiligen Schriften waren Männer, die zugunsten von Männern schrieben. Später machte man den Sonnengott oft zu einer Person der Zeitgeschichte und instrumentalisierte ihn.

Religion ist die beste Klammer, um eine Gesellschaft zusammenzuhalten oder zu unterdrücken, denn alle Menschen sehnen sich nach Gemeinschaft, nach gemeinsamen Ritualen und Symbolen. Auch Hooligans, militante Veganer, politische Extremisten und jene, die in die eigene Magersucht verliebt sind, haben ihre „Familie“, ihre Diät-“Bibel“, ihren Fitness-“Tempel“. Der gemeinsame Nenner ist stets die gemeinsam praktizierte Intoleranz gegenüber Außenstehenden.

Doch „die einzig wahre Religion“, behauptet der Dalai Lama, „ist, ein gutes Herz zu haben“. Dafür braucht man keine Kirche, aber die Kirche braucht (zahlende) Gläubige.

 

Claude Cueni (63) ist Schriftsteller und lebt in Basel. Er schreibt jeden zweiten Freitag in der Schweizer Wochenzeitung BLICK, wo dieser Artikel zuerst erschien. Soeben erschienen seine dort veröffentlichten Kolumnen als E-Book. Mehr unter cueni.ch.

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A. Ostrovsky / 25.12.2019

Wenn ich in mein Logbuch sehe, stelle ich fest, dass ich noch nie in meinem Leben einen Schweizer von etwas überzeugt habe. Woran liegt das? Da bleibt nur die Bitte an alle Schweizer, bitte akzeptieren Sie, dass es Tage gibt, wo bestimmte Weisheiten nicht gut ankommen. Sicher wird das nichts nützen. Schade. Ich bewundere die Schweizer, aber ihre Tendenz zur Rechthaberei gefällt mir nicht. Das Leben zwischen den schroffen Bergen mag ja hart machen, aber inzwischen kann man sich doch in der Schweiz rein finanziell doch etwas Gelassenheit leisten?

Bechlenberg Archi W. / 25.12.2019

Immer, wenn mir jemand etwas von “Gott” und seinem Glauben an diesen erzählt, frage ich zurück, welchen Gott er denn meine. Die Menschen haben sich, seitdem sie sich zu fragen begannen, woher Blitz und Donner kommen, so viele Götter nach ihrem Ebenbild erschaffen, dass es schwer ist, den Überblick zu behalten. Ra, Osiris, Ptha, Amun, Zeus, Loki, Wotan, Saturn, Thor, Mars, Jupiter, Venus, Huitzilopochtli, Coyolxauhqui…. die Aufzählung lässt sich noch stundenlang fortsetzen. // Warum ausgerechnet die Christen glauben, den einzig wahren, echten Gott erkannt zu haben, und warum ausgerechnet ein historisch nicht nachgewiesener Wanderprediger aus dem nahen Osten alle früheren, ehrwürdigen Götter ausgebootet haben soll, ist mit dem Verstand nicht zu begreifen. “Das Christentum bewegt sich in der Weltgeschichte ohne Fahrschein” schreibt der promovierte Theologe Heinz-Werner Kubitza in seinem sehr lesenswerten Buch “Der Jesuswahn.” Wie die Christen sich ihren Gott erschufen.” Und an anderer Stelle: “Auf Jesu Wiederkunft warten die Christen seit 2000 Jahren vergeblich. Er wird nicht kommen, denn Jesus hatte nie die Absicht eine neue Religion zu gründen.” // Gut, man kann an Vater, Sohn und Heiligen Geist glauben, so wie einst die alten Ägypter, Griechen, Römer und Indianer an ihre Götter geglaubt haben. Das ist eine Phase. Nachfolgende Kulturen werden sich wieder neue Mythen und Götter erschaffen, und das Christentum wird ebenso obsolet werden, wie es dem ägyptischen Sonnenkult oder der griechischen Mythologie widerfuhr. // Vor diesem Hintergrund denke ich nicht daran, das einzige Leben, das ich habe, mit Verehrung eines Gottes zu belasten. “Wer da glaubt und getauft wird, der soll selig werden, wer aber nicht glaubt, der soll verdammt werden.” (Mk 16.16). Na gut, das Risiko der Verdammung nehme ich gerne auf mich. Zudem ich keinem Glauben angehören wollte, der Ungläubige verdammt. Da könnte ich mich ja auch dem Islam unterwerfen.

Heinz Gerhard Schäfer / 25.12.2019

Sehr geehrter Herr Cueni, ... was wollten Sie mit diesem Artikel eigentlich anrichten?

Gertraude Wenz / 25.12.2019

@ Ilona Grimm: Da Sie ja meinen Kommentar von gestern ansprechen, den ich zum Artikel von Herrn Held verfasst habe, hier eine kleine Bitte an Sie: Lesen Sie genauer, ehe Sie sich empören. Ich fragte Herrn Held in meinem Kommentar, “wo Gott uns zugewandt sei.” Ich kann es nirgendwo erkennen. Darauf bezog sich mein “KEEP THINKING” und nicht auf seine freundlichen Weihnachtsgrüße. Wissen Sie und all die anderen frommen Christen hier, dass das Christentum gar kein Fundament in Jesus selbst hat, sondern von Paulus lange nach Jesu Tod konstruiert wurde und mit Jesu Lehre kaum noch was zu tun hat? Es ist demnach ein weltanschaulicher Irrtum, so grotesk das auch ist angesichts der Ströme von Blut, die in Religionskriegen geflossen sind. Wer ehrlich interessiert ist, dem empfehle ich das sehr informative, anschaulich geschriebene Buch von Heinz-Werner Kubitza: “Der Jesuswahn” (nicht vom etwas reißerischen Titel abschrecken lassen), in dem er als Theologe die neuesten Forschungsergebnisse der Neutestamentler präsentiert. Von den Kanzeln wird das natürlich nicht verkündet! Anscheinend haben sich viele Tiefgläubige noch nie mit religionskritischer Literatur beschäftigt. Das IST natürlich eingeschränktes Denken, wenn ich wissenschaftliche Erkenntnisse außen vor lasse. Ähnlich einem Astronomen, der im Denken des frühen Mittelalters steckengeblieben ist. Viele Foristen - so habe ich den Eindruck - die dem Christentum trotz aller Skepsis dennoch positiv gegenüberstehen, begründen das mit gewissen ethischen Vorstellungen, die sie mit Religion und hier speziell dem Christentum verbinden. Dazu lege ich den wirklich Interessierten das wunderbare Buch von Dr. Uwe Lehnert ans Herz: “Warum ich kein Christ sein will”. Er setzt sich sehr sachlich, sehr einfühlsam und verständnisvoll mit all den Fragen auseinander, die sicherlich auch hier auf der Achse so manchen bewegen.

Waltraud Köhler / 25.12.2019

Solange der Mensch die Verantwortung auf viele Götter verteilte konnte er auch damit klar kommen, dass andere Menschen andere Götter hatten. So konnten römische, ägyptische, grichische und keltisch/germanische Gottheiten nebeneinander existieren und alle durften angebetet werden. Das Elend begann erst, als ein einziger Gott für das Schicksal aller Menschen, Schmetterlinge und Grashalme zuständig sein musste/sollte. Denn, wenn nur ein einziger Gott der Richtige ist, dann muss es doch immer mein Gott sein, und nicht der des Nachbarn. Denn wäre sein Gott der einzig richtige, dann wäre ja all mein Aufwand an Geld und Zeit und Verzicht vollkommen vergeblich gewesen.  Also muss ich den Nachbarn erschlagen, denn damit beweise ich zudem, dass sein Gott ihm nicht geholfen hat, somit nicht der richtige einzige Gott sein kann. Intelligente Menschen nehmen heute einen Teil der Verantwortung von dem einen Gott wieder weg, damit der nicht mehr so schwer zu tragen hat. Nur sie gaben nun diesen Teil der Verantwortung den Menschen - und machten damit diese Menschen Gottgleich. Ein Mensch, der auch nur ansatzweise Gottgleich ist, und das begreift, wird größenwahnsinnig. Deshalb bin ich mir zu 100% sicher, dass dieser Wahn nicht gut ausgehen wird.

Andreas Rochow / 25.12.2019

Die Lehre von der Evolution ist der direkteste Versuch, den Glauben der Kreationisten an die Schöpfung in Frage zu stellen. Vergeblich! Namhafte Naturwissenschaftler bekennen, zum Glauben an die Schöpfung zurückgekehrt zu sein, zum Schutz vor der Verzweiflung darüber, dass sie die Wunder der Natur nur schrittweise aufdecken, aber nie erklären können. Die Lehre von der Evolution ist nur ein scheinlogisches Deutungsprinzip, das die Vergangenheit vage deutet, das Kommende nicht vorhersehen und den Glauben an die Schöpfung bislang nicht entbehrlich machen konnte. Selbst der Atheismus ist ein Glaube, was zeigt, dass intakte menschliche Wesen ohne einen Glauben nicht auskommen. Ein Gott und überlieferte Legenden sind dafür nicht zwingend erforderlich. Dass trotz Kollektivismus, Indoktrination und Inquisition der Religionen ein kulturhistorischer Gewinn (zB. Westeuropa) nicht zu bestreiten ist, irritiert einigermaßen. Vielleicht geht den christlichen Religionen des Westens gerade die Luft aus und wir sind weit davon entfernt, einen die Gesellschaft navigierenden Ersatz zu finden. Offenbar ist der Bedarf des Menschen nach Kollektivismus (Schwarm), nach Führung, Knechtschaft und irrationalen Glaubensmustern groß. Und es finden sich immer wieder “Religionsstifter” und Scheinheilige, die dieses Prinzip erkennen, befeuern und brutal zu ihrem Vorteil ausbeuten. Selbst die “Aufklärung” ist ein Glauben. Nietzsches “Gott ist tot” war mitnichten das Ende des Glaubens an das Wunder der Schöpfung.

Dr. Gerhard Giesemann / 25.12.2019

Die frappierende Ähnlichkeit des Mithras-Kultes mit christlichen Kulten - etwa bei der “Evcharistie”, der “Danksagung” - hat dem Christentum zur Zeit der Konstantinischen Wende zum Erfolg verholfen: Die Macht Roms stützte sich auf seine Legionen, das Militär also und der Kult der römischen Legionäre war der Mithras-Kult. So konnte man auch einem alten Offizier den Übergang zum Christentum erleichtern, gar schmackhaft machen. Die Schlacht an der Milviusbrücke tat ein Übriges: Mit dem Zeichen auf den Standarten der Siegermacht, dem “XP” konnte man das gut symbolisieren: Die Lateiner lasen das als “PAX”, also Frieden, die etwas Gewitzteren wussten: das ist griechisch und bedeutet “Chi-Rho”, stellt die Angangsbuchstaben von Chr-istos dar - heute noch tragen die Priester dieses “Christogramm” auf ihren Gewändern. Halte das für den größten Propagandatrick der Menschheitsgeschichte, der bis heute seine Wirkung entfaltet. Was sage ich in Griechenland, wenn ich einen Wein bestelle? Ena potiri chrasi, parakaló - ein Glas Wein, bitte. Wenn der Kellner das bringt, dann sage ich: evcharistó - also danke. Das ist meine Danksagung. Im Altgriechischen heiß Wein allerdings “methys” - in unserem Wort “Met” steckt das noch drin. Damals trugen Manche einen Amethyst an einem Kettchen um den Hals als Talisman gegen die Trunksucht - aber das ist eine andere Geschichte, sehr zum Wohl auf den JHS (spanisch für Jesus, Hijo, el Salvador - Jesus, der Sohn und Retter). Das Symbol der Urchristenheit ist der Fisch: ichtys auf griechisch: Will heißen Jesus Christos Thiú Yiós Soter, also Jesus Christus, Gottes Sohn und Retter. Amen.

Peter Thomas / 25.12.2019

Der Mond hat keine Vagina. Für einen guten Apfelkuchen braucht man keinen Spaten. // Da hat die Achse wohl am Abend des ersten Feiertages ein Gegengewicht zum morgendlichen Beitrag von Hofmann-Reindecker gesucht. Und gefunden.  // Hier ein Vorschlag für die Lagerschale: “Es ist ein leichtes Gehen./Es ist ein froher Schritt./Und wo wir gehen wehen/auch unsre Fahnen mit.”

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