Thomas Rietzschel / 26.11.2020 / 10:00 / Foto: achgut.com / 39 / Seite ausdrucken

Die Selbsternannten

Über die Bewegung der „Querdenker“ kann man geteilter Meinung sein. Sicher gibt es Gründe, skeptisch zu sein. Wo nicht. Nur, was soll es heißen, wenn unentwegt von den „selbsternannten Querdenkern“ die Rede ist, in der taz sowie in der FAZ, in der Süddeutschen und der Welt, auf n-tv, bei ARD und ZDF, auf allen öffentlich rechtlichen Kanälen, im Hörfunk, im TV. Handelt es sich bei dem Wort "Querdenker" um einen geschützten Begriff, den die Gegner der staatlich verfügten CORONA-Politik nicht verwenden dürfen, weil er patentiert ist? Machen sie sich der Markenpiraterie schuldig? Oder soll mit der rhetorischen Floskel nur die Unrechtmäßigkeit einer unkonformen Bewegung insinuiert werden?

Schließlich kann sich jede Gemeinschaft nennen, wie sie will. Vorausgesetzt, sie verwendet keine Begriffe, die durch die Geschichte tabuisiert sind. Auch der Bezug auf bestimmte Namen verbietet sich. Wer heute behauptet, er werde verfolgt wie die Widerstandskämpferin Sophie Scholl ehedem, relativiert die Verbrechen des Nationalsozialismus ebenso wie jene, die nicht müde werden, die Querdenker als verkappte Nazis zu bezeichnen.

Sonst aber steht es jeder Bewegung frei, sich einen eigenen Namen zu geben. Das wissen natürlich auch Politiker und Journalisten, die ihren Vorurteilen freien Lauf lassen, wenn sie Stimmung machen, indem sie geradezu reflexartig gegen die „selbsternannten Querdenker“ vom Leder ziehen. Oder wer könnte sich erinnern, dass sie in irgendeinem Bericht über „Fridays for Future“ schon einmal von den „selbsternannten Klimarettern“ gesprochen hätten? Oder von "selbsternannten Kernkraftgegnern" oder "Waldfreunden"?

Bisher haben sich noch alle Bewegungen und die Parteien zumal namentlich „selbsternannt“, die SPD wie die CDU, die FDP, die Grünen oder die Linke, allesamt durch die Bank weg. Dies jetzt bei den einen Verdacht erregend hervorzuheben, verrät einen propagandistischen Impetus, der sich weder mit der Behauptung demokratischer Redlichkeit seitens der Politiker noch mit dem Unabhängigkeitsanspruch der Journalisten verträgt. 

Ungeachtet aller Zweifel, die sie provozieren mögen – allein dass sie sich „selbsternannt“ haben, ist den „Querdenkern“ nicht zu Vorwurf zu machen. Wer das Gegenteil suggeriert, spielt auf der Klaviatur ideologischer Indoktrination.  

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Christian Illo / 26.11.2020

Meiner Erinnerung nach wurde der Begriff “selbsternannt” zum ersten Mal inflationär für das Parlament in Pale/Bosnien verwandt. In gewisser Hinsicht sinnfrei, wer soll Parlamente ernennen? Seitdem hat die Bezeichnung nur den Zweck, etwas abzuwerten. “Selbsternannte Kritiker” können nicht recht haben. Von Hunderten von Beispielen gefällt mir recht gut: “selbsternannter Bitcoin-Erfinder” oder “selbsternannte Weltmacht”. Welche Zertifizierungsbehörden sind da wohl zuständig…

Dietmar Blum / 26.11.2020

Halt der Wortschatz “selbsternannter Journalisten”, einer “selbsternannten Elite”, “selbsternannter Experten”, die ich allenfalls mittelmäßige, ich will ja nicht unhöflich gelten, Schwätzer vor dem Herrn nenne. Es ist an der Zeit, sich selbst zum “Meister Proper” zu ernennen und diesen Schrott hinwegfegen, jedoch nicht wie 1989, diesmal klinisch rein und auch die Ecken nicht vergessen.

sybille eden / 26.11.2020

Mit “selbsternannt” fängt die Hetze an, und mit ” rechts und rechtsextrem” geht es dann weiter. Sind doch nur Wortbausteine aus dem linksextremen Medienbaukasten. Ist schon ziemlich langweilig, weil hundert Prozent vorhersehbar !

Jürgen Fischer / 26.11.2020

Das Brüderchen zu “selbsternannt” ist dann “umstritten”. Wer eins davon abkriegt ist unter Anständigen erledigt, ruckzuck - kann weg, muss man auch nicht argumentieren, hopp!

George Lootkamp / 26.11.2020

@Peer Munk Ich möchte ihren Kommentar noch etwas ergänzen. Leider funktioniert diese “Masche” immer wieder. Die MSM filmen auf den Veranstaltungen oder lassen filmen. Und dann findet man auch solche Auftritte, wie den von #janaauskassel. Man erinnere sich nur an den “Hutmann” vor geraumer Zeit. Das wird medial aufgeblasen. Und dann wird der Auftritt mit der Message verbunden: “Seht sie euch an, so sind sie.” Erstes Ziel erreicht. Gleichzeitig eine herrliche Möglichkeit von den wirklich grottenschlechten Auftritten der Spitzengrün:*_Innen abzulenken. Zumindest in meinem Umfeld kannte (fast) jeder das Video mit Jana, aber das gleichzeitig ein Parteitag stattgefunden hatte, war ihnen größtenteils entgangen. Dabei wäre es hochinteressant sich die Beschlüsse mal genauer anzusehen. Framing bei der Arbeit und es wirkt.

Hans-Peter Dollhopf / 26.11.2020

Es gibt ja auch selbst ernannte Diverse.

Hans-Peter Dollhopf / 26.11.2020

Herr Rietzschel, ich freue mich darüber, dass Sie hier noch einmal die Gelegenheit bieten, die sehr kurze Rede von Jana in Leipzig und die so von ihr ausgelöste Furore bis weit hinauf in den Olymp der Bundesregierung zu besprechen. Sie schreiben, dass “wer heute behauptet, er werde verfolgt wie die Widerstandskämpferin Sophie Scholl ehedem, relativiert die Verbrechen des Nationalsozialismus”. Was? Bisher blieb es auf Achgut doch immer dabei, sogenanntem Gratismut zu diagnostizieren. Wenn der linke Mob etwa Querdenker mit “Nazis raus”-Rufen beleidigt, dann ist das der Gratismut(tm), der ganz nebenbei eben die Verbrechen des Nationalsozialismus relativiert, weil die Nazis keine Querdenker waren. Nun ist es aber etwas verschieden, ob sich eine unerfahrene 22-Jährige verirrt, oder eine Meute Omas im verblühten wie abgebrühten Frührentnerinnenzustand. Jana hat das Recht darauf, sich auch nur Gratismut von uns vorwerfen lassen müssen zu dürfen?! Aber etwas ist mir wichtiger: Jana zeigt im Gegensatz zur linken Meute mehr. Größeren Mut. Es stellt sich nicht jede als angreifbares Ziel allein auf eine Bühne! Um dann vom eigenen Ordner, vom MiniSter und der Linksmutgruppe gemeinsam verbal totgeschlagen zu werden. Seit Ana Agre weiß man, dass es nicht gut ist, sich in Deutschland als Frau allein gegen den linken Mob zu stellen. Sicherlich darf auch Frau Agre nicht wie Anne Frank fühlen, solange die noch (man kann bekanntlich mit den Toten nicht mitfühlen) konnte, Jüdin mit gleichem Vornamen dazu. Denn “wer sich heute mit [Anne Frank] (...) vergleicht, verhöhnt den Mut, den es brauchte, Haltung[?sic] gegen Nazis zu zeigen”, bestimmte ein Zwerg! Strafanzeige? Geschenkt. Jana, lerne aus der Geschichte - vergleiche Dich zukünftig immer mit jüdischen Opfern der HEUTIGEN deutschen Außenpolitik, die gibt es wie Sterne am Himmelszelt.

Volker Kleinophorst / 26.11.2020

Unbedingt noch: “Selbsternannte” Faktenchecker, Antifaschisten, Menschenrechtler.

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