Vielleicht ist es noch nicht jedem aufgefallen: Wir befinden uns seit zwei Jahren im Ausnahmezustand, quasi Kriegszustand. Das bedeutet, daß über Verordnungen und Erlasse alle demokratisch zustandegekommen Gesetze einschließlich der verfassungsmäßig garantierten Bürgerrechte geändert oder außer Kraft gesetzt werden können. Und davon wurde und wird reichlich Gebrauch gemacht. Daß überhaupt noch Wahlen stattfinden, ist nur dem Umstand geschuldet, daß man noch den Schein einer Demokratie wahren will. Warum soll ich dann wählen gehen? Um dieses Unrechtsregime auch noch zu legitimieren? Jeder Wähler hat am Ende mitgemacht.
Auch in der DDR hatten wir fünf Parteien, dazu noch etliche Vereine in der Volkskammer. Einfluß auf die Politik hatte das nicht. Seit 1990 mochte das bis zur Landesebene gelegentlich anders sein, also daß die Stimmabgabe eine Änderung der Politik bewirken konnte. Spätestens mit Corona ist auch das vorbei. Egal, wie es technisch im einzelnen gemacht wird, man sorgt für die gewollte Politik. Das theoretisch regelwidrigste Zustandekommen einer Landesregierung in Thüringen führt - weil sich Ramelow seiner fragilen Position bewußt ist - zu ungewohnt großer Rücksichtnahme auf die Stimmungen in der Bevölkerung. Das jedenfalls ist mein Eindruck. Was aber für die Zukunft schlicht nicht einkalkulierbar ist, daher kein Grund, Leute zu wählen, die man aus guten Gründen nicht will. Und andere gibt es höchstens bei Kommunalwahlen. —Wahlen hätten erst wieder Sinn, wenn ein Bürger realen Einfluß auf die Kandidatenaufstellung hat. Realen, die theoretisch vorhanden Möglichkeiten kenne ich, das hat man von “oben” aber real im Griff. Dann wäre gewiß nützlich, wenn der Wähler seine Stimme bei Mißfallen jederzeit zurückziehen könnte, wie bei einer Vollmacht. Leichtfertig tut man das da auch nicht, wie beim Wechsel von Anwalt oder Arzt. Und es löst gewiß nicht alle Probleme. Aber ein Anfang wäre es.
Herr Niersberger, Sie sagen: “Wir haben nichts anderes als eine Parteienherrschaft.” - - - Ich bin bei Ihnen.
Die Leute sehen nicht (mehr) den Zusammenhang zwischen Zerfall von Demokratie und ihren 2 Kreuzchen. Ich könnte mir auch vorstellen, dass gemessen an dem gestrigen Wahlergebnis die Parteien garnicht an einer höheren Wahlbeteiligung interessiert sind. Denn was bewegen schon die 40% apathischer Wähler? Die schaden allenfalls dem Volk, nicht aber den grottenschlechten Parteien. Hat denn jemals eines der vielen Meinungsforschungsinstitute nach der Wahl die 37% in Sachsen, 40% in Sachsen-Anhalt oder jetzt SH, die 40% Nichtwähler für ihr Fernbleiben befragt?
Wenn man so etwas vorschlägt, dann will man wohl in die Irre führen. Dann will man wohl falsche Tatsachen vorspielen. In Wirklichkeit ist es doch sch…egal, wen man wählt. Man bekommt doch jeweils haargenau die gleiche Politik geliefert. Deshalb freuen sich alle so sehr über ein Ausscheiden der AfD. Allenfalls bei denen wäre möglicherweise eine andere Politik zu erwarten. Deshalb wird die Wahlbeteiligung auch weiterhin sinken. Wahlwochen oder Supermarkt hin oder her. Es liegt an der Alternativlosigkeit. Alles grün macht der Mai.
Was sollen die denn wählen, Ebbe oder Flut? Welches Schweinderl hätten gern? Nichts oder garnichts?
Ergo sum…Wenn jetzt alle Nichtwähler ne wählbare ,wirklich demokratisch agierende Alternative hätten und wählen würden..könnte diese bis zu 40% Stimmen erreichen…das wäre doch schonmal etwas für den Anfang.. Ne Partei..ganz anders als all die anderen…ehrlich…konstruktiv…transparent…dem Allgemeinwohl verpflichtet…oder? is ja gut….wirds nie geben…habs kapiert…
Eine der Regelungen in der Weimarer Verfassung, die besser war als heute im Grundgesetz: Pro sechzigtausend abgegebenen gültigen Stimmen gab es einen Sitz im Reichstag. Da waren niemandem 40 % Stimmenthaltungen gleichgültig. Denn die taten real weh.
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