Peer Ederer, Gastautor / 22.02.2020 / 14:00 / Foto: Pixabay / 23 / Seite ausdrucken

Die Schuld der Kühe

In der Berichterstattung über den menschengemachten Klimawandel geht schnell der Überblick verloren. Ist der Kohleausstieg weitgehend Konsens, um die CO2-Emmission möglichst auf Null zu bringen, versuchen mittlerweile alle möglichen Interessensgruppen, die Klimakrise für ihre oft obskuren Ziele zu missbrauchen. Dazu zählen auch die Versuche, alles, was mit Rinderzucht und Milchwirtschaft zu tun hat, zu diskreditieren. Hauptargument: Die Millionen Rinder würden das gefährliche Methangas ausscheiden und damit das Klima aufheizen. An dieser Behauptung ist alles falsch. Aber wer macht sich schon die Mühe, den Wahrheitsgehalt zu überprüfen?   

Zum Beispiel: „Kurzgesagt“ heißt eine Youtube Filmreihe, die von ARD und ZDF veröffentlicht wird und als „faktenbasiert“ angepriesen wird. Ein Video dieser Reihe über die ungesunde Milch wurde von der Zielgruppe der 14–29-Jährigen bereits mehr als eine Million Mal gesehen. Das Video über das Fleisch, das als „das Leckerste Übel der Welt“ direkt dem Moralkatalog der Klimahysteriker entsprungen zu sein scheint, wurde ebenfalls schon mehr als eine Millionen Mal angesehen. Der Titel des Anti-Milch-Videos macht von Beginn an deutlich, dass die Frage geklärt wird, wie ungesund die Milch ist. 

Die Autoren des Videos mussten aber nach Sichtung der wissenschaftlichen Quellen zu dem Ergebnis kommen, dass Milch doch reichlich gesund ist. Das war offensichtlich nicht das gewünschte Ergebnis. So greifen sie zu heftigen Manipulationen, die selbst den indoktrinierten Klimawächtern peinlich vorkommen müssten. Gegen Ende des Videos zeigen die Autoren einen dunkel-bedrohlichen Kuhstall, aus dem dicke, schwarze Wolken qualmen, um dann weiter zu erklären, dass die Milchwirtschaft genauso viel klimaschädliches Kohlendioxid produziert wie der gesamte Flugverkehr der Welt. Deswegen solle man das Milchtrinken vermeiden.

Entweder haben die Macher des Videos nie einen Kuhstall mit eigenen Augen gesehen, oder sie haben bewusst manipuliert. Denn aus keinem Kuhstall der Welt entweichen schwarze Wolken, und selbst wenn das von den Kühen erzeugte Methan eine Farbe hätte, kommt es nur in so minimaler Konzentration vor, dass man es nicht erkennen würde. Klimaschädliches Kohlendioxid wird sowieso nicht in einem Kuhstall produziert.   

Woher stammen die Quellen?

So wie in den Kurzgesagt-Videos wird, weit verbreitet in den öffentlichen Medienkanälen wie auch in deutschen Zeitungen, Magazinen oder auf T-Online, laufend darüber berichtet, dass die Kühe Methan erzeugen und Methan das Klima besonders stark beschädige – und daher der Fleisch- und Milchkonsum reduziert werden müsse.

Kurios ist allerdings, dass es bestenfalls magere wissenschaftliche Evidenz für diese Aussagen gibt. Das Thema wurde jahrelang in den Berichten des Weltklimarats stiefmütterlich behandelt. Es gab nur schwache, schlecht belegte und sich häufig widersprechende wissenschaftliche Studien. Daher wurde eine besondere internationale Task Force einberufen, die sich der globalen Landverwendung und dem Klimawandel intensiv widmete, worunter auch die Landwirtschaft zählt.

Die Ergebnisse dieser bislang ausführlichsten Weltklimarat-Studie zu dem Thema wurden am 9. August 2019 veröffentlicht. Mit keinem einzigen Wort steht darin, dass die Reduktion von Fleisch- und Milchkonsum empfehlenswert sei. Im Gegenteil, es wird sogar ausdrücklich darauf hingewiesen, wie wichtig Viehzucht für die Welternährungssituation ist. Auf welche Quellen beziehen sich also die Macher der ARD/ZDF-Videos, die ihre Aussagen wirklich belegen würden?

Klarer ist: Die Viehzucht ist Teil eines hochkomplexen Kreislaufsystems zwischen Luft, Boden, Gräsern und Tieren. Die meisten Bestandteile dieses Systems sind von der Wissenschaft nur lückenhaft verstanden und vermessen. Ein paar empirische Beobachtungen lassen sich aber anstellen, die zeigen, dass Kühe nicht am menschengemachten Klimawandel schuld sein können.

Viele Ungereimtheiten

Dazu einige Fakten, die in der Berichterstattung verschwiegen werden:

Zwischen 2002 und 2012 hat ein Satellit der ESA erstmals die Methankonzentrationen der Erdatmosphäre erfasst. Die gemessenen Werte sind nicht mit den weltweit bekannten Standorten der großen Rinderherden korreliert. Im Gegenteil: In Brasilien, dem Land, in dem mit 212 Millionen Rindern die größte Herde lebt, hat entsprechend der Satellitenaufnahmen geringe Methangaskonzentrationen.  

Eine weitere kaum beachtete Tatsache: Methan-emittierende Huftiere und andere Großfauna hat es bereits vor der industriellen Revolution gegeben. Zum Beispiel die Bisonherden und Elche in Nordamerika, und nicht weniger als 26 Millionen Elefanten alleine nur in Afrika. Diese inzwischen stark dezimierten Bestände, die vermutlich ähnlich groß waren wie die heutige Rinderherde, haben damals die Erdatmosphäre mit ihren Methanemissionen nicht überhitzt, und daher können es die aktuellen domestizierten Tiere auch nicht.

Und dann gibt es viele Ungereimtheiten: Zum Beispiel: Die grob bekannten Einträge von Methan in die Erdatmosphäre sind um ein Vielfaches größer als die vermuteten Methansenken, so dass die Methankonzentrationen ebenfalls um ein Vielfaches größer sein müssten, als gemessen wird. Da die Messungen stimmen, müssen folglich die Modellierungen grundsätzlich falsch sein. 

Ein gutes Dutzend Formeln im Umlauf

Wer sich mit den wissenschaftlichen Veröffentlichungen befasst, der merkt schnell, dass es eine erhebliche Konfusion über die mögliche Treibhausgaspotenz von Methan gibt. Es besteht keine Einigkeit darin, ob Methan ein 23-fach oder doch 80-fach stärkeres Treibhausgas als Kohlendioxid ist, ob es 12 Jahre in der Atmosphäre verbleibt oder doch nur 8 oder noch weniger Jahre. Es scheint klar, dass Methan von Hydroxyl aus der Atmosphäre gewaschen wird, aber wie genau, in welchen Mengen und in welchen Zeiträumen, ist lediglich Spekulation. Die chemische Reaktion in der Atmosphäre lässt sich nicht direkt beobachten. Nicht einmal auf die Umrechnungsformeln der Treibhauspotenz von Methan im Vergleich zu Kohlendioxid können sich die Klimaforscher einigen. 

Es sind ein gutes Dutzend dieser Formeln im Umlauf, und jede hat andere Konsequenzen zur Folge. Renommierte Forscher der Oxford Universität behaupten zum Beispiel, die Veränderung der Methankonzentration wäre die beste Methode zur Klimaabkühlung. Diesen Effekt erreichen sie aber lediglich durch die Veränderung ihrer Berechnungs- und Modellierungsmethoden und nicht, weil sie ein besseres Verständnis oder direkte Messdaten gewonnen hätten.

Nicht ein einziger unabhängiger und „ehrlicher“ Wissenschaftler kann und würde mit Gewissheit behaupten, welche Nettoklimawirkung das Methan in einer echten Atmosphäre hat – alle Aussagen dazu basieren bislang lediglich auf unzureichenden, noch äußerst unscharfen mathematischen Modellen oder solchen unter Laborbedingungen. Was wir aber mit Sicherheit wissen, ist, dass Milch und Fleisch äußerst gesund sind, und dass die historischen Viehbestände ähnlich groß waren wie die heutigen, und damals das Erdklima auch nicht zum Kochen gebracht haben. Anstatt die junge Öffentlichkeit mit manipulierten Fehlinformationen zu versorgen, sollten ARD und ZDF vielleicht beginnen, ordentlich zu recherchieren.

Einen 14-minütigen Videofilm des Autors mit anschaulicher Erklärung finden Sie hier.

Mehr wissenschaftliche Hintergründe und Quellen finden sich hier und hier,

Prof. Dr. Peer Ederer hat an der Sophia Universität in Tokyo (BA) und der Harvard Business School in Boston, USA (MBA) studiert. Er promovierte an der Universität Witten-Herdecke in Finanzökonomie. Er ist unter anderem Honorarprofessor der Zeppelin Universität in Friedrichshafen mit den Schwerpunkten Humankapital, Wachstum und Innovation und leitet das „Global Food and Agribusiness Network“ mit Unterstützung der China Europe International Business School Zurich Campus.

Im Rahmen seiner Tätigkeiten berät er Firmen aus aller Welt, die in der Agrarwirtschaft und Lebensmittelindustrie arbeiten. Nur objektive und wissenschaftliche Erkenntnisse sind dabei gefragt. Auftragsforschungen mit Zielvorgaben oder Lobbyarbeit in jedweder Form sind nicht Bestandteil seiner Arbeit.

Foto: Pixabay

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Leserpost

netiquette:

Karsten Dörre / 22.02.2020

Alte wissenschaftliche Versuchsanordnung: Die Frau wurde an Händen und Füßen gefesselt ins Wasser geworfen. Ertrank sie oder überlebte, stand fest, sie ist eine Hexe. Klimawandel ist auch eine Hexe.

Robert Jankowski / 22.02.2020

Jeder Stausee der zur Erzeugung von “grünem Strom” genutzt wird, produziert mehr Methan als dieser ganze Rinderwahn. Die Massenvermehrung der Gattung Homo sapiens geht fröhlich weiter, aber das spielt in allen grünen Wahnvorstellungen von einer besseren Welt keinerlei Rolle. Man würde sich ja der armen Wilden berauben die so dringend unserer Hilfe bedürfen. Das man diesen Menschen jegliche Eigenverantwortung abspricht und sie behandelt, wie kleine Kinder, zeigt die bigotte Arroganz dieser selbsternannter grünen Weltretter.

Roland Stolla-Besta / 22.02.2020

Ich kann die Kids sehr gut verstehen, die sich quasi gegen die Milch auf Jutub anklicken. Ich hasse Milch, – hick - der Mensch soll – hick - pro Tag mindestens 2 – hick – Liter trinken, egal was, – hick – bloß keine Milch. Ich – hick – halte es mit Dry Martinis, – hick – Manhattans und Whisky, – hick – zur Not – hick – mit – hick – Wein. Milch ist ja sowas von schädlich, hab ich immer gewußt. Und ich – hick – saufe für die Umwelt!!! Gehöre also zu den Guten – hick hick hick - - - kotzwürg. Pardon, ich kann dieses Umweltgetue nur noch mit Sarkasmus ertragen. Hallo Ihr Grünlinge, verbietet auf jeden Fall auch das Furzen und Scheissen nicht nur bei den Viechern! Das ist auch nicht gut für die Umwelt! Also geht mit gutem Beispiel voran, ihr Heiligen der letzten Tage vorm Weltuntergang!

P. Ziege / 22.02.2020

“Eine weitere kaum beachtete Tatsache: Methan-emittierende Huftiere und andere Großfauna hat es bereits vor der industriellen Revolution gegeben. Zum Beispiel die Bisonherden und Elche in Nordamerika, und nicht weniger als 26 Millionen Elefanten alleine nur in Afrika.” Ich bin mir zwar bewusst, dass ie Biologen die Systematik der Lebewesen regelmăssig ăndern, aber Elefanten als Huftiere sind mir neu. ” Was wir aber mit Sicherheit wissen, ist, dass Milch und Fleisch äußerst gesund sind, und dass die historischen Viehbestände ähnlich groß waren wie die heutigen, und damals das Erdklima auch nicht zum Kochen gebracht haben.”. Ich nehme an, mit “Vieh” ist an dieser Stelle nicht Vieh, sondern Wild gemeint? “[...] es wird sogar ausdrücklich darauf hingewiesen, wie wichtig Viehzucht für die Welternährungssituation ist” Das wűrde ich gerne nachlesen, habe aber nichts dazu im Netz gefunden. Wer hilft mir?

Ernst Dinkel / 22.02.2020

Und was lernt der Klimarettungs-Fan daraus: Wer pupst muss Bäume pflanzen (Kompensation). Ich habe mir bereits einige Setzlinge gekauft ...

Wolfgang Kaufmann / 22.02.2020

Für die CO₂-Bilanz wäre es vielleicht besser, wir würden mehr Ratten, Schlangen und Fledermäuse essen. Oder gleich auf Kinder verzichten. – Nein, ohne Sarkasmus: Wir können froh sein, dass unsere Ernährung weitgehend auf kontrolliert gezüchteten Haustieren basiert und dass wir in der gesamten Lieferkette hohe Hygienestandards haben. Bovine Flatulenzen sind angesichts der realen Gefahren nur heiße Luft.

Manfred Knake / 22.02.2020

Nicht nur riesige Bisonherden und Elche (die keine Herden bilden), sondern auch riesige Rentierherden bevölkerten einmal weite Teile in Europas, Nordamerika (Caribous) und Sibirien. Dazu kamen Mammuts, Riesenhirsche oder Wollnashörner. Alle furzten Methan, und es war kalt! Oder leiteten die Methanfürze etwa das Ende der letzten Kaltzeit ein? Mal Prof. Rahmstorf vom PIK fragen…

Joachim König / 22.02.2020

Darauf lass ich jetzt erst mal ordentlich einen fahren….. *pfffff*

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