“Der berühmte israelisch-amerikanische Psychologe Daniel Kahneman unterscheidet zwei Arten des Denkens: das schnelle, intuitive und das langsame, rationale. Politiker neigen zu Ersterem.” Es müsste heißen: “Menschen neigen zu Ersterem”. Wer jetzt behauptet, es sei ihm noch nicht passiert leidet entweder unter einer ziemlich ernsthaften Störung (gibt es tatsächlich und macht einen ziemlich lebensunfähig), hat es einfach nicht gemerkt oder er lügt. Die oben genannten Beispiele wie alle politischen haben imo nichts mit schnellem oder langsamen Denken zu tun sondern eher mit der Einschätzung welchem Experten man glauben will (was schonmal damit zu tun hat, wie man sich die Wirklichkeit wünscht), welche politischen Ziele man verfolgt und wie man sich gerade fühlt. Untersuchungen zeigen, dass Kaufentscheidungen zu weniger als 10% rational getroffen werden. Dem entsprechend ist Werbung gestaltet. Wer denkt er sei immun dagegen ist schon lange reingefallen.
Also Mal ganz ehrlich, ich habe schon gewusst, dass mit dem Eur und den zehn Cent etwas nicht stimmt, aber hätte aufgrund des Textes die Lösung einfach akzeptiert. Erst nachdem ich zwei Formeln mit x und y gebildet habe, kam ich auf das richtige Ergebnis. Das Unbill liegt oft in mehreren Hirnzentren. Wenn jedoch die Hälfte der Studenten richtig lag und die andere falsch, dann habe ich zwei differgierende Ergebnisse und es wäre dringend notwendig nochmals darüber nachzudenken. Das versucht die Demokratie. Der Totalitarismus nicht. Wenn es aber nicht Mal die freie Presse versucht, sind wir endgültig verloren. Deshalb danke, dass es noch Portale wie achgut gibt.
Heute werden Schüler in “Kompetenz” unterrichtet. Beiträge wie diese werden sie nicht mehr lesen und verstehen können. Die woke Meinung fertig ohne die lästigen Mühen von Denkarbeit und ohne ein (böses) konservatives und kulturelles Bildungsfundament fertig. Das ist zeitsparend und bequem. Indes arbeiten sie intensiv an der Entwicklung der künstlichen Intelligenz und dementieren unbesorgt in der Hängematte.
Schnell- und Langsamdenker wurden ja vor Kahnemann vollkommen anders definiert: Nicht nach einem von ihnen jeweils bevorzugten Denkweise-System, sondern nach individuell verschiedener Befähigung von Individuen, in Kürze Äquivalentes kognitiv zu verarbeiten. Schnelldenker sind also von der ursprünglichen Bedeutung des Wortes her die mit “kürzerer Leitung” im Nervensystem. “Bessere Gene” im Synapsen-Feuern? Dieses Fass wurde auch von Sten Nadolny aufmacht in der Entdeckung der Langsamkeit (1983). Darin durfte sich jeder genetisch bedingt “langsam” Denkende rehabilitiert sehen, so er denn auch immer System 2 pflegte. Und das System 2-Konzept passte nicht zum Erziehungsstil des DDR-Schulsystems, in dem genetisch bedingte “Langsamdenke” in Kombination mit System 1-“Schnelldenke” bestes Menschenmaterial für die Erhaltung des Apparats bot. “Züchtungsziel” für die Menschheit also? Genetisch Schnellfunkende mit gleichzeitig kulturell ausgestatteter “langsamer” Denke! Bis sich das Gap zwischen Denkqualität und täglicher Erfordernis für die Spezies schließt!
Der Unterschied zwischen Politikern und Menschen (ja, ich habe mich richtig ausgedrückt) besteht nicht in der Form bzw. Geschwindigkeit, sondern im Inhalt des Denkens. Der Mensch denkt an alles Mögliche: an seine Familie, Geld, Arbeitsprobleme usw. usf. Der Politiker denkt nur an seine Profilierung und daran, wie er seine Konkurrenten beseitigt und möglichst weit nach oben kommt. An ihre Karriere denken Politiker volllkommen richtig, in Kahnemanns Begriffen “langsam” - an etwas anderes denken sind nicht “schnell”, sondern gar nicht.
Jakob@ Göhring, gar nicht so übel. Damit bringen Sie zwei neue Variablen ins Spiel. A. Einen Rundkurs und B., der mehrere Male durchlaufen werden muß. So katapultieren Sie sich immerhin aus dem Spreu heraus. Erinnert mich an das Marshmallow- Experiment. Kindern versprach man eine doppelte Ration, wenn Sie die Süßigkeit nicht sofort verzehrten, sondern sich beherrschten. Einer fraß die eine Seite an und platzierte die Süßigkeit so geschickt, daß es dem Betrachter bei der ersten Begutachtung nicht auffallen sollte. Erfindungsreich. Ganz Ihre Kragenweite.
@ Jacob Gröning: Sie behandeln lediglich einen Spezialfall! Sabine Schönfelder sprach weder davon, daß die Pferde mehrere Runden laufen müßten, noch daß sie überhaupt im Kreise liefen. +++++ Zum DENKEN: Für das Ergebnis der Denkleistung ist letztlich nicht entscheidend, ob es auf schnellen oder langsamen Wege entstand, sondern vielmehr davon, ob überhaupt ein scharfsinniger Denkprozeß stattgefunden hat. So ist das im Beitrag vorgelegte (falsche) Erstergebnis nach (Bauch-) Gefühl (manche sagen auch, ich glaube) unter Einwirkung eines Scheinbildes entstanden, also ohne (Nach-) Denken. Wer gleichzeitig mindestens um drei Ecken denken kann, ist eben etwas schneller, was nicht heißt, daß das Ergebnis falsch sein muß. Wichtig für das Ergebnis in letzter Instanz ist der Ansatz, unter einer allumfassenden Sichtweise, in problemadäquater Distanz und in der vierten Dimension die Sache zu betrachten. Dabei ist die Einnahme einer problemadäquaten Distanz eine der anspruchsvollsten Übungen überhaupt.
Kahnemann Pflichtlektüre? Einer meiner Bekannten ist ganz begeistert davon. Ich habe über eine Stunde in seinem Exemplar des 500-Seiten Wälzers geblättert, ganze Abschnitte gelesen, und fand keinen originellen Gedanken. Nichts was man nicht auf 50 Seiten hätte darstellen können (aber ich bin familiär psychologisch “vorbelastet”).—Ich weiß nicht, ob es der Übersetzer war, aber ich goutiere es nicht, wenn mich ein Buch schon auf dem Einband belügt: Es gibt keinen Nobelpreis für Wirtschaftswissenschaften, und wenn das auch dieser Artikel wieder behauptet.—Alfred Nobel hat bewußt keinen Wirtschaftsnobelpreis eingerichtet und war seinen Kindern zufolge diesen auch abgeneigt. Was es gibt, ist ein auf Betreiben gleichgesinnter Ökonomen (Mont Pelerin Society) im Jahre 1968 (!) von der Schwedischen Reichsbank eingerichteter “Preis im Gedenken an Alfred Nobel”, der der Öffentlichkeit als Wirtschaftsnobelpreis verkauft wird, die Vertreter dieser ökonomischen Lehren verleihen sich den Preis gewissermaßen gegenseitig, des Ansehens halber (Ausnahmen bestätigen die Regel). Es mag das Verdienst Kahnemanns sein, gezeigt zu haben, daß der homo oeconomicus mancher “Wirtschaftswissenschaftlichen Schulen” (!) nicht das unterstellte, stets rational agierende Individuum ist. Schnellere Zeitgenossen wußten das auch vorher, dies auch an die geschätzte Frau Schönfelder! Die meisten Menschen sind, porca miseria, nicht in der Lage bis drei zu zählen.
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