Roger Letsch / 20.02.2024 / 14:00 / Foto: Pixabay / 33 / Seite ausdrucken

Die Risiken und Nebenwirkungen des Trump-Urteils

In New York ist Donald Trump zu einer bemerkenswert hohen Strafzahlung verurteilt worden. In dem Eifer, Trump zu schaden, riskieren die Akteure eine verhängnisvolle Entwicklung.

Wie es sich anfühlt, in einem de facto Ein-Parteien-Staat zu leben, erfahren gerade mal wieder die New Yorker. Zumindest die hoffnungslose Minderheit, deren Kandidaten bei der Wahl von Richtern, Staatsanwälten, Abgeordneten oder Präsidenten seit Dekaden nichts zu melden haben. Republikaner in New York sind eine aussterbende Spezies, und so schmiegt sich seit vielen Jahren politisch alles stromlinienförmig der Agenda der Demokraten an. Deshalb sollte auch niemand glauben, es habe da „Befehle“ von „oben“ gegeben, Trump in New York City mit einem weiteren Prozess zu überziehen. So etwas versteht sich von selbst, und Generalstaatsanwältin Letitia James (D) musste sich sicher nicht überwinden, Trumps Immobilienentwicklungsfirma in ihrem Bundesstaat wegen „wiederholt und durchweg falsch und aufgeblasen dargestellten Vermögenswerten“ aufs Korn zu nehmen.

Da James Wahlkampf wortwörtlich unter dem Motto „Get Trump“ stand, kann sie sich nun über das Ergebnis freuen: Es gibt ein Urteil. Für die versprochene Liquidierung der „Trump Org“ hat es schon mal nicht gereicht. Die 355 Millionen Dollar, die der klammen Staatskasse New Yorks zufließen sollen, wird es vorerst auch nicht geben, denn Trump legt Berufung ein, und das alles kann sich noch Jahre hinziehen.

Die Vorwürfe sind bizarr und verwirrend. Denn einerseits wirft man Trump prinzipiell vor, er würde lügen, stehlen und Steuern hinterziehen, weil er nun mal Trump sei. Andererseits ist der Kern der Anklage ausgerechnet die absichtsvolle „Aufblähung“ des Wertes seiner Immobilien. Trump-Tower New York: Seine Wohnung dort sei zwar sehr viel größer, als er es angegeben hat, aber gleichzeitig im Grund wertlos! Mar-a-Largo, sein Anwesen in Palm Beach mit 10.000 Quadratmeter Nutzfläche: keine 20 Millionen wert! Aber was stimmt denn nun? Ist Trump betrügerisch reich oder arm? Man kann sich nicht entscheiden, welcher Vorwurf ihn härter im Ego treffen mag, und versucht gleich beides.

Leser, Häuslebauer

Stellen Sie sich vor, Sie haben ein Haus und wollen ein zweites bauen. Sie gehen also zur Bank und bieten Ihr erstes Haus als Sicherheit für einen Immobilienkredit an, mit dem Sie dann das zweite in Auftrag geben. Akzeptiert die Bank Ihr erstes Haus als Pfand, bekommen Sie nicht nur einen Kredit, sondern je nach Wert des Pfandes auch bessere oder schlechtere Zinsbedingungen. Die Bank wird die zur Sicherheit eingesetzte Immobilie natürlich prüfen, sie wird Gutachter bestellen, das Risikomanagement wird einen Bericht schreiben, man wird schauen, ob Sie in der Vergangenheit ein guter Kunde waren, und Sie bekommen den Kredit mit Sicherheit nicht, wenn die Bank glaubt, übervorteilt zu werden oder Ihr erstes Haus in Wirklichkeit ein Fall für das Abrisskommando ist.

Sie kriegen nun also den Baukredit, Sie bauen das Haus und verkaufen es dann mit Gewinn. Die Bank bekommt das geliehene Geld nebst Zinsen zurück, die Baufirma wurde bezahlt, das Finanzamt bekommt ordentlich Steuern, und ein neues Haus ist auch entstanden. Eine Win-Win-Win-Win-Win-Situation! Doch nun haben Sie das Pech, das Geschäft in New York gemacht zu haben, und Trump heißen Sie dummerweise auch noch. Na, das ist jetzt aber dumm gelaufen für Sie!

Denn ein Richter urteilt, dass Ihr erstes Haus, das Sie als Sicherheit eingesetzt haben, keine Million Dollar, sondern nur so viel wert ist wie ein Schinkensandwich. Sie hätten also viel mehr Zinsen an die Bank zahlen sollen, um das nächste Haus zu bauen. Sie Schlingel und Ihr Sandwich haben sich einen zinsgünstigen Kredit bei der Bank erschlichen! Sie sind natürlich fassungslos, weisen auf die Bank und fragen, wem denn genau hier ein Schaden entstanden sei. Der Richter bestätigt, dass es keine Geschädigten gebe, dass Sie aber im Prozess keine Reue gezeigt hätten und überhaupt ein gang ganz schlimmer Finger sind. Und Ihre Kinder auch! Wumms, der Hammer fällt! Im Namen des Volkes von New York! Und Zinsen auf die gesparten Zinsen brummt man Ihnen jetzt auch noch auf. Fühlt sich gut an, oder?

Nun sind Sie, lieber Leser und Häuslebauer in spe, und New York City natürlich nicht der Einzige, der Kredite aufnimmt, Immobilien baut oder renoviert und diese anschließend mit Gewinn verkauft. Die ganze Branche der Immobilienentwickler macht weltweit den lieben langen Tag nichts anderes! Exakt so, wie oben beschrieben. Und New York City ist der heilige Gral der Branche. Wohlstand und glitzernde Fassaden der ganzen Stadt stehen und fallen mit genau diesem Geschäftsmodell! Und deshalb haben nicht nur Sie, sondern all ihre Immobilienentwicklerfreunde jetzt Schnappatmung. Denn die Drohung liegt in der Luft, dass ein Staatsanwalt noch Jahre nach einem für alle Seiten erfolgreichen Geschäft über den Daumen schätzend in der Absicht an Ihrer Fassade entlangläuft, Ihre unanständigen (und unanständig hoch besteuerten) Gewinne nachträglich noch mal abzuschöpfen.

Ein gefährliches Pflaster für Immobiliengeschäfte ist dieses New York neuerdings! Auch für Banken übrigens. Denn ein übervorsichtiger Immobilienentwickler von morgen, der womöglich nicht großzügig genug war mit Zuwendungen zu „der einen“ Partei oder wenn der vielleicht gar der falschen zugeneigt ist, könnte in Kreditverträgen auf eine Schadenersatzklausel bestehen. Nur für den Fall, dass später mal ein Richter auf die Idee kommt, frei verhandelte Verträge infrage zu stellen und sich eine Art „Recht des letzten Wortes“ gestattet… Keine Bank der Welt würde an solchen Orten noch Immobiliengeschäfte machen.

Das alles und vor allem die Steuereinnahmen bedenkend, die dadurch wegzubrechen drohen, geriet Gouverneurin Kathy Hochul (D) in Panik. Und weil panische Reaktionen nun mal kein Vertrauen generieren, machte sie alles nur noch schlimmer.

Nothing to worry about!

Auf einer Veranstaltung des New Yorker Geschäftsmanns John Catsimatidis gefragt, ob man sich nun Sorgen machen müssen, denn wenn man sowas mit Trump machen kann, könne es ja jeden anderen auch treffen, meinte Hochul, das sei schon ein außergewöhnlicher Umstand und sie [also der Rest der Immobilienbranche] seien ja ganz anders als Donald Trump. Soll wohl heißen, wer keine MAGA-Cap auf dem Kopf hat und genug Abstand zu Trump hält, ist vorerst sicher. Und sie fügt einen Satz hinzu, den man je nach Parteiaffinität ganz unterschiedlich interpretieren kann:

„Im Großen und Ganzen sind sie ehrliche Leute und sie versuchen nicht, ihr Vermögen zu verstecken und sie befolgen die Regeln“ Im Großen und Ganzen ehrlich. Und die zu befolgenden Regeln sind dann sicher …„unsere“?

Wird das Urteil rechtskräftig?

Wenn die Berufung abgelehnt oder durch Trump verloren wird, sicher. Aber was für Folgen dies hätte, übersteigt momentan noch unsere Vorstellungskraft. Auch das Common Law kann, wie man sieht, in die Hände von politischen Parteien geraten, und was einem Staatsanwalt mit „D“ hinter dem Namen in New York recht ist, kann einem mit „R“ in Texas oder Florida dann nur billig sein. Solche Willkür, einmal bis zum bitteren Ende durchgefochten, würde zum Präzedenzfall für jeden anderen Staatsanwalt, der – aus welchen Gründen auch immer – eine Person, deren Umfeld, deren Firma oder Partei aus dem Weg räumen will. Zum seit Jahren tobenden bürgerkriegsartigen Kulturkampf gesellte sich so eine ökonomische Komponente.

Mehr als das halbe Land zuckte angesichts der Konsequenzen des New Yorker Urteils erschrocken zusammen – und zwar ausdrücklich nicht nur die Parteigänger Trumps. So auch Kevin O’Leary, ein kanadischer Investor in einem Interview bei CNN, einem nicht gerade Trump-affinen Sender:

„Wenn man in diesem Fall klagt und gewinnt, muss man auch jeden Immobilienentwickler überall verklagen. Also ich glaube nicht, dass diese Sache jemals ein Berufungsverfahren überstehen wird. Das macht überhaupt keinen Sinn.“

 

Roger Letsch, Baujahr 1967, aufgewachsen in Sachsen-Anhalt, als dieses noch in der DDR lag und nicht so hieß. Lebt in der Nähe von und arbeitet in Hannover als Webdesigner, Fotograf und Texter. Sortiert seine Gedanken in der Öffentlichkeit auf seinem Blog unbesorgt.de

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Leserpost

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BKKopp / 20.02.2024

Wie auch immer die Sache mit dem Berufungsverfahren ausgeht, und irgendwann tatsächlich rechtskräftig ist - bis dahin muß Trump Sicherheiten leisten, und die Kosten dafür aufbringen. Wenn man aber die Geschäftstätigkeit von Trump in New York und Umgebung beleuchtet, und die tiefsitzende gesellschaftliche Verachtung und politische Grundstimmung gegen ihn, dann sollte man seine Geschaftskarriere und die Milliardenpleiten in den 1990ern mit in Betracht ziehen. Er hat sich schon vor 30 Jahren als einer der übelsten Gesellen unter den Immobilienhaien dargestellt und viele Narben und Aversionen hinterlassen. Es ist kein Zufall, dass Familienangehörige und Vertraute von damals, auch sein Co-Autor von The-Art-of-the Deal, von ihm abgewandt haben. Trotz seiner Popularität als TV-Persönlichkeit, hat es auch immer sehr, sehr viele Leute gegeben, die ihn grauenhaft fanden. Trump hatte in NewYork seit mehr als 30 Jahren das Stigma eines größenwahnsinnigen Soziopathen mit einer pathologischen, narzistischen Persönlichkeitsstörung. All dies hat er als Politiker seit 2015 in ungeahnte, weitere Höhen getrieben, auf denen er unverändert beharrt. Er meint wirklich, dass er jemanden auf der Fifth Avenue erschießen könnte, ohne wesentlich Stimmen zu verlieren. Er würde sich einfach für unschuldig erklären, und Millionen würden es glauben. Wie sie auch die gestohlene Wahl glauben. Voltaire wird zugeschrieben : Wer dich dazu bringen kann Absurditäten zu glauben, der kann dich auch dazu bringen Greueltaten zu begehen. MAGA - save America with God, Guns and Guts.

Fred Burig / 20.02.2024

Wenn das liebe Geld nicht wär’, wär’ das Leben halb so schwer! Und aus dem Artikel kann man deutlich erkennen, dass es nicht nur Menschen mit kleinem Geldbeutel sind, die so ihre liebe Not mit dem Geld haben. Für Letztere ist die Ursache aber sonnenklar: Es wurde einfach zu wenig “erfunden” ....... was denn sonst?! MfG

rolf schwarz / 20.02.2024

Wenn einer von all diesen Politdarstellern was einstecken kann, dann ist es dieser Donald Trump. Würde einem von den hiesigen Clowns ein Risiko für privates Vermögen entstehen, wäre der schnelle Fluchtweg die erste und einzige Wahl. Das schlimme daran: Wir haben uns an diese Feiglinge schon gewöhnt.

Talman Rahmenschneider / 20.02.2024

„Wenn man in diesem Fall klagt und gewinnt, muss man auch jeden Immobilienentwickler überall verklagen. Also ich glaube nicht, dass diese Sache jemals ein Berufungsverfahren überstehen wird. Das macht überhaupt keinen Sinn.“ ;-)

Michael Hufnagel / 20.02.2024

Tja, so sieht wohl eine politisierte Justiz aus.

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