Alex Feuerherdt / 02.09.2016 / 12:00 / 2 / Seite ausdrucken

Die Reise zum Arsch der Welt

Ein gutes Jahr ist es her, da unterstützte der Jugendverband der deutschen Grünen einen markanten und deutlichen Aufruf gegen die Iranreise von Sigmar Gabriel, die der Wirtschaftsminister und Vizekanzler nach dem Atom-Deal von Wien gar nicht schnell genug antreten konnte. „Deutsche Unternehmen und die Bundesregierung stehen 70 Jahre nach dem Ende der Shoah in der ersten Reihe, um Geschäfte mit dem antisemitischen iranischen Regime zu machen“, hieß es seinerzeit in dem Appell. Und weiter:

„Repräsentanten des Regimes haben Israel während der Verhandlungen immer wieder mit der Vernichtung gedroht.“ Milliarden flössen nun als Ergebnis dieses Abkommens an das Regime in Teheran. Damit, so der Aufruf, werde die Förderung des islamistischen Terrors von Gruppierungen wie der Hisbollah oder der Hamas ebenso neue Ausmaße annehmen wie die Expansion des Regimes in der arabischen Welt. Zudem nehme der Terror gegen die iranische Bevölkerung nicht ab, sondern im Gegenteil sogar zu: „Unter dem vermeintlich ‚moderaten‘ Präsidenten Hassan Rohani wurden deutlich mehr Menschen hingerichtet als unter seinem Vorgänger Ahmadinejad.“ Also lautete die von der Grünen Jugend(GJ) mitgetragene Forderung: „Stoppt die Reise von Sigmar Gabriel in den Iran!“

Eben noch waren die jungen Grünen noch befremdet

Als einige Grünen-Politiker – darunter Claudia Roth, Jürgen Trittin und Omid Nouripour – den Parteinachwuchs daraufhin in einem offenen Brief kritisierten, bekräftigte der Verband seine Positionen in einem Antwortschreiben noch einmal. Man sei befremdet, hieß es darin, besonders über die Einschätzung, „dass Präsident Rohani und sein Umfeld ‚moderate politische Vertreter‘ seien“. Schließlich sei während seiner Regentschaft die Zahl der Hinrichtungen massiv gestiegen und liege bereits jetzt höher als während der Amtszeit von Mahmud Ahmadinejad. Die Rechte von Frauen und Homosexuellen würden zudem massiv missachtet.

Darüber hinaus halte man es für einen Fehler, „reguläre Wirtschaftsbeziehungen mit einem Regime aufzunehmen, das pro Kopf die höchste Zahl an Exekutionen weltweit vorzuweisen hat und deren Führer sich durch antisemitische Äußerungen hervortun“. Es sei überdies bekannt, dass der Iran terroristische Organisationen wie die Hisbollah oder die Hamas finanziell unterstützt und das Existenzrecht Israels nicht anerkennt. Auch deshalb müsse „verhindert werden, dass der Iran zur Atommacht wird“. Mit dem Atom-Deal aber werde das Gegenteil erreicht und das Atomprogramm des Iran grundsätzlich legitimiert.

Warum die jungen Grünen Rohani plötzlich moderat finden

Unterzeichnet war die Antwort an Roth, Trittin & Co. unter anderem von Theresa Kalmer, der seinerzeitigen Sprecherin der Grünen Jugend. Jetzt, nur ein Jahr später, sieht die 25-jährige Studentin die Dinge offenkundig anders. Zusammen mit Jessica Messinger – Mitglied im Landesvorstand der Grünen in Baden-Württemberg und früher Sprecherin der GJ in diesem Bundesland – und Michael Bloss, dem Sprecher der Vereinigung Junger Europäischer Grüner, war Kalmer im August drei Wochen lang im Iran. Nach ihrer Rückkehr veröffentlichten die drei auf ihren Facebook-Seiten eine gemeinsame Stellungnahme, in der von den Positionen aus dem Juli 2015 nicht mehr viel übrig geblieben ist.

Nun heißt es beispielsweise, der Atom-Deal sei richtig, weil er „das Land geöffnet und der jahrelangen Isolation der iranischen Gesellschaft entgegengewirkt“ habe. Man verbinde mit dem Abkommen die Hoffnung einer „Stärkung der Vielfalt der iranischen Gesellschaft“ und einer „Veränderung des Irans von unten“. Dazu müsse man nun „aufhören, den Iran als Land zu dämonisieren“ und „differenziert Kritik üben“. Hier geht es weiter.

Sie lesen gern Achgut.com?
Zeigen Sie Ihre Wertschätzung!

via Paypal via Direktüberweisung
Leserpost

netiquette:

Heiner Bargel / 03.09.2016

Den Jung-Grünen kann man alles erzählen, die glauben blind. Warten wir es mal ab, wenn die nach Nordkorea fahren, dann propagieren sie hier für das dortige System.

Wolfgang Richter / 02.09.2016

Und dabei wird doch immer propagiert, daß Reisen bildet. Offensichtlich war es eine von der iranischen Religionspolizei und dem Geheimdienst der Revolutionsgarden o. ä. ausgerichteten örtlichen Reiseführern begleitete Reise, die nur die dem Westbürger vorzeigbaren Seiten des Landes zugänglich machte und für Gespräche mit ausgesuchten Personen sorgte, im Zweifel aus dem Kreis der genannten iranischen Institutionen. Vielleicht findet sich ein Sponsor, der den drei Jung-Grünen einen Einbildungstrip nach Nord-Korea finanziert. Vermutlich erkennen sie dann dort zumindest Grundlagen einer im Aufbau befindlichen Basisdemokratie, deren Probanden in den verschiedenen politischen Schulungen, für die sie zeitweise in Umerziehungslagern weiter gebildet werden, fit für die Zukunft gemacht werden.

Leserbrief schreiben

Leserbriefe können nur am Erscheinungstag des Artikel eingereicht werden. Die Zahl der veröffentlichten Leserzuschriften ist auf 50 pro Artikel begrenzt. An Wochenenden kann es zu Verzögerungen beim Erscheinen von Leserbriefen kommen. Wir bitten um Ihr Verständnis.

Verwandte Themen
Alex Feuerherdt / 23.10.2019 / 11:00 / 39

Warum sich Juden in Deutschland zunehmend unsicher fühlen

Antisemitismusdebatten in Deutschland zeichnen sich regelmäßig dadurch aus, dass sie die Problematik und die Ausprägung des Hasses gegen Juden nicht in ihrer Gänze zu erfassen…/ mehr

Alex Feuerherdt / 11.10.2019 / 10:00 / 15

Grünes Geld für Terror und Antisemitismus?

Israelische Sicherheitskräfte haben den mutmaßlichen Hauptverantwortlichen für den Mord an Rina Shnerb festgenommen. Der Palästinenser Samer Mina Salim Arbid ist dem israelischen Inlandsgeheimdienst Shin Bet…/ mehr

Alex Feuerherdt / 02.10.2019 / 15:00 / 10

Deutscher Regierungsvertreter trifft Antisemiten und Terror-Unterstützer

Die deutsche Bundesregierung hat seit April 2018 einen Beauftragten für die weltweite Religionsfreiheit, der beim Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung angesiedelt ist und „den…/ mehr

Alex Feuerherdt / 12.08.2017 / 11:09 / 4

Gipfelsause der Despoten mit ihren nützlichen Idioten

Wer noch Tage nach der Iranreise der EU-Außenbeauftragten Federica Mogherini deren Namen und den jenes Landes, dessen Präsidenten sie ihre Aufwartung machte, bei Google eingab,…/ mehr

Alex Feuerherdt / 03.08.2017 / 15:06 / 5

Zur Behandlung in die Obhut des Bösen

Saeb Erekat geht es nicht gut, und das ist noch sehr vorsichtig formuliert. Der Fatah-Politiker, einer europäischen Öffentlichkeit vor allem als Chefunterhändler in israelisch-palästinensischen Verhandlungen…/ mehr

Alex Feuerherdt / 22.07.2017 / 13:34 / 4

Zehn Jahre Hamas in Gaza: Elend, Diktatur, Terror, Antisemitismus

Von Alex Feuerherdt. Ein wesentliches Merkmal der Nahostberichterstattung ist es, dass Gewalt gegen Palästinenser, die nicht dem jüdischen Staat zugeschrieben werden kann, auf vergleichsweise geringes…/ mehr

Alex Feuerherdt / 29.06.2017 / 13:45 / 5

WDR: Die Kaltherzigkeit der Ertappten

Von Alex Feuerherdt. Am Ende wurde sie dann doch noch im öffentlich-rechtlichen Fernsehen gezeigt, die Dokumentation Auserwählt und ausgegrenzt – Der Hass auf Juden in Europa von Joachim Schroeder und…/ mehr

Alex Feuerherdt / 24.05.2017 / 09:45 / 2

Warum Israels Siedlungen nicht das Problem sind

Das Europäische Parlament hat vor wenigen Tagen wieder einmal Israel verurteilt, nämlich für dessen Siedlungspolitik im Westjordanland. Es ist längst ein Ritual, das in unregelmäßigen Abständen…/ mehr

Unsere Liste der Guten

Ob als Klimaleugner, Klugscheißer oder Betonköpfe tituliert, die Autoren der Achse des Guten lassen sich nicht darin beirren, mit unabhängigem Denken dem Mainstream der Angepassten etwas entgegenzusetzen. Wer macht mit? Hier
Autoren

Unerhört!

Warum senken so viele Menschen die Stimme, wenn sie ihre Meinung sagen? Wo darf in unserer bunten Republik noch bunt gedacht werden? Hier
Achgut.com