Thilo Schneider / 12.06.2021 / 11:00 / Foto: Bavaria-media.de / 38 / Seite ausdrucken

Die Rechts- und Ordnungsextremen

Das Frankfurter SEK der Polizei wurde nach „rechtsextremen Chats auf WhatsApp“ aufgelöst. So berichtet es beispielsweise die stets aktuelle Tagesschau. Hessens Innenminister Beuth (CDU) bescheinigt den SEK-Beamten eine „abgestumpfte, diskrimierende Haltung und teils rechtsextreme Gesinnung“ (Rechtschreibfehler aus der in Aufregung und Hektik geschriebenen „Eilmeldung“ übernommen).

Nun ist es ja in der Geschichte von Spezialeinsatzkräften, seien es SEK oder KSK, keineswegs eine Neuigkeit, dass es da irgendwie „rechtsextreme Chats“ gibt. Auch hier sind die ausschlaggebenden Trigger SMS- und WhatsApp-Nachrichten.

Ich gebe zu, dass mich das etwas verwundert. Zum einen halte ich Chat-Gruppen für etwas mehr oder weniger Privates. Wie einen Stammtisch. Auch da wird viel dummes Zeuges „gebabbelt“ (wie wir Nordbayern sagen) und gerade auch in solchen Gruppen fliegen mehr oder weniger „lustige“ Memes (die durchaus rassistisch sein können) durch die Gegend. Und in diesen Chatgruppen muss es dann mindestens einen geben, dem das Ganze so viel Sorge bereitet, dass er eine derartige Gruppe nebst Schriftverkehr an seine Vorgesetzen oder lieber gleich an die Presse meldet.

Es steht außer Zweifel, dass es speziell bei den SEK und KSK Rechtsextreme gibt. Niemand, der sich zu einer solchen Spezialeinheit nebst „Licence to kill“ meldet, tut dies, weil ihm Energiewende, Rechte für „genderfluide Personen“ oder das „Gute-Kita-Gesetz“ so wichtig sind, dass er sie unter Einsatz von Leib und gelegentlich Leben verteidigen möchte. Mag die Bundeswehr auch noch so viel Wert auf „intersexuelle Diversität“ legen und in ihren Panzern auf schwangere Soldat*Innen Rücksicht nehmen.

Wiedersehensfreude mit guten alten Polizeibekannten"

Die Motivation für eine Bewerbung um entsprechende Stellen bei Sondereinheiten dürften eher im Interesse an Waffen, den eigenen Grenzen und selbstverständlich in militärischer Begeisterung bis hin zum Nationalismus liegen. Diese Soldaten sehen sich selbst – und das sollten sie auch – als „Verteidiger Deutschlands“ oder, abgeschwächt, „als Verteidiger der Bundesrepublik Deutschland“. Wem Deutschland nicht wichtig ist, der wird sich eher bei den „Ärzten ohne Grenzen“, Greenpeace oder der Amadeu-Antonio-Stiftung melden als sich bei der Bundeswehr verpflichten. Selbst Anastasia Biefang, der ersten transsexuellen Kommandeurin der Bundeswehr, (die es sich nicht nehmen lassen wollte, sich mit einem Sperrholz-Einhorn zu verabschieden, witzigwitzig) dürfen durchaus wenigstens „rechte Tendenzen“ unterstellt werden. Warum wäre sie sonst zur Armee gegangen, wenn sie dieses Land nicht liebt?

Natürlich muss dies umso mehr für Soldaten und Soldatinnen (gibt es die da?) und Polizisten und Polizistinnen in Eliteeinheiten gelten, die ihre Zeit nicht damit verbringen, den Dienstmercedes des/der Kompanieführenden reinigungstechnisch auf Vordermann oder Hinterfrau zu bringen, da geht es um ein bisschen mehr als stumpfe Büro-, Wartungs- und Reinigungsarbeiten. Da kann jeder Fehler im Einsatz der letzte sein.

Was also bedeutet das für die Beamten in den entsprechenden Truppen von Bundeswehr und, da noch viel näher am schlechten Menschen und Kriminellen, den diversen (im Sinne von „unterschiedlich“, nicht „divers“) Einheiten? Auf den Leuten lastet ein enormer Druck. Teilweise erleben sie, wie ihre (lebens-)gefährliche Arbeit – das Fangen von Kriminellen – von liebevollen und empathischen Richtern konterkariert wird und dass sie sich beschimpfen lassen dürfen, wenn sie tatsächlich von der Schusswaffe aus Sicherheitsgründen Gebrauch machen. Und gelegentlich dürfte auch die „Wiedersehensfreude“ mit guten alten „Polizeibekannten“ groß sein… Natürlich machen die sich dann in ihren „privaten“ Chatgruppen Luft. Wer wollte ihnen das verdenken? Letztlich sitzen auch da nur Menschen.

„Gestern wie immer: Ölaugen und Bartträger“ – rassistisch?

Was ist aber nun so ein „rechtsextremer Chat“, dessentwegen nun die Beamtenköpfe fliegen? Ich kann da nur von mir ausgehen, weil ich ja nicht in rechtsextremen Chats des SEK verkehre. Wo fängt er an, der Rechtsextremismus? „Gestern wieder großes Kanakenklatschen am Frankfurter Hbf“ würde ich persönlich als „klar rechtsextrem“ bezeichnen. Erst recht, stünde hinter der Message noch ein knackiges „Sieg Heil“. Der Junge/das Görl wäre sofort seine Dienstgradabzeichen, seine Pension, seine Arbeit und auch alles andere los. Das geht nicht, das gehört sich nicht, das macht man nicht, das wäre Rassismus und Rechtsextremismus und Menschenverachtung in Reinform. Tschö mit Ö.

Wie sieht es aber mit „Gestern wieder die üblichen Nafris ausgehoben“ aus? Wäre das auch bereits rechtsextrem? Oder eher die Schilderung einer Erfahrung? Was ist mit „Gestern wieder die klassische Kundschaft besucht“? Oder „Gestern wieder internationale Partyszene und Einmänner am Bahnhof“? Ist das rechtsextrem? Rassistisch? „Gestern wie immer: Ölaugen und Bartträger“ – rassistisch? Abfällig sicher – rechtsextrem auch? „Die üblichen 88er“ wäre ein definitiv rassistischer Code. „Die Üblichen“ wäre das, was jeder für sich hineininterpretiert. Hier ist der Schelm der, der Böses dabei denkt.

Ich schätze, man darf von einem Soldaten oder Polizisten erwarten, dass er sich gesetzeskonform verhält. Die Erwartung aber, dass er sich wie ein verdammter Roboter verhält, der das, was er jeden Tag sieht und erfährt, gefälligst nicht oder bestenfalls wohlwollend zu kommentieren hat, halte ich für völlig überzogen.

Aber ich kenne die Chats nicht. Ich weiß nicht, was geschrieben wurde – und genau hier würde ich mir mehr Transparenz seitens der Dienstherren und der Medien wünschen. Denn jeder kann nur nach den Regeln spielen, die er kennt. Und heute kann bereits der zum Rassisten werden, der dem Satz „Ich mag gar nicht mehr abends in den Stadtpark, zu riskant“ nicht noch ein „…wegen der vielen Nazis natürlich“ hintendranhängt.

(Weitere Gruppenchats des Autors unter www.politticker.de)  

 

Von Thilo Schneider ist in der Achgut-Edition erschienen: The Dark Side of the Mittelschicht, Achgut-Edition, 224 Seiten, 22 Euro.

Sie lesen gern Achgut.com?
Zeigen Sie Ihre Wertschätzung!

via Paypal via Direktüberweisung
Leserpost

netiquette:

Eberhard Will / 12.06.2021

Ein Beitrag des gesunden Menschenverstandes, danke. Angeblich war es ja ein “Kinderpornoverdacht“, der das Mitlesen des Chats und den daraus resultierenden Beifang ermöglichte. Jemand sollte sich das auf Wiedervorlage legen und verfolgen, ob wg. Kinderporno gegen einen oder mehrere Beteilgte Anklage erhoben wird. Wenn nicht, würden Skeptiker sich natürlich fragen, ob der Verdacht vielleicht fingiert war.

Alex Müller / 12.06.2021

>> „Die üblichen 88er“ wäre ein definitiv rassistischer Code<< - Welcher denn bitte? Herr Schneider, klären Sie mich auf, ich weiß es wirklich nicht. Habe vor kurzem erst gelernt, daß “Alles für Deutschland” ein strafbarer Code ist. Erstaunlich, was man alles wissen muß in diesem Land. Vielleicht sollte man dann auch endlich mal das Autokennzeichen der Hamburger ändern.

Frank Dom / 12.06.2021

Amüsant, die Frankfurter Innenstadt wird wegen Partyaktivisten am Wochenende gesperrt, ein Supermarkt wird eben dort die Tage von Ölaugen zerlegt und der Frankfurter HBF ist ein multikultureller Erlebnisraum von Einmännern. Und ein Politiker räsoniert über Rechtsextremismus bei der Polizei als soziale Problemstellung.

Emmanuel Precht / 12.06.2021

Deswegen würde ich auch nicht mehr sagen: “Die Zigeuner, die da nebenan eingezogen sind, hocken auf ihrem Müllberg”. Niemals, sondern: “Die Wertstoffsammlung im Garten nebenan wird von Zigeunern bewohnt”. Wohlan…

Bernd Ackermann / 12.06.2021

Was, bei der Polente wird rassistisch gechattet? Kaum zu glauben! Aber wenn Pump-Gun-Achmed ums Eck kommt macht sich lieber vom Acker und drangsaliert stattdessen die Kartoffel, die wehrt sich ja nicht. Dann bekommt man auch keine dienstlichen Probleme, eine Oma ohne Maske in die Mangel zu nehmen oder einen Querdenker-Nazi zu verkloppen sieht der Innenminister mit Wohlgefallen. Mein Mitgefühl mit den Beamten hält sich inzwischen sehr in Grenzen.

Karsten Dörre / 12.06.2021

Der Zugang in das betreffende Chat war wegen einer anderen ermittelnden Angelegenheit im SEK erfolgt. Es war faktisch ein Zufallstreffer.

Leane Kamari / 12.06.2021

Jeder Polizist und auch jeder normale steuerzahlende Bürger fühlt sich mittlerweile vera…. wenn Straftäter gleich nach der Festnahme wieder auf die Öffentlichkeit losgelassen wird. Der Polizist oder SEKler dürfte da regelrecht frustriert sein, wenn der Verhaftete oder Festgenommene nach kurzer Zeit, womöglich am selben Tag, schon wieder fröhlich grinsend anzutreffen ist. Dafür und für den entsprechenden Frust sollte man Verständnis haben und etwas an den Ursachen ändern. Letzteres hat Politik und Justiz zu verantworten mit Kuscheln und Samthandschuhen ggü. der Klientel der SEK kommt da niemand weiter und damit einen ganzen Zweig der Polizei unter Generalverdacht zu stellen auch nicht.

Udo Kemmerling / 12.06.2021

In der Tat erwarte ich nichts anderes, als dass überbesorgte Innenminister sich der von scharflinks geforderten Hexenjagd verweigern, und die Chats im Original der Öffentlichkeit vorlegen. Und zwar jetzt und vollständig! Alles andere erhärtet den Verdacht, dass es lediglich etwas ist, das Linksradikalen nicht schmeckt. Man kennt schon die dummdreisten “Argumente” im Bericht des Verfassungsschutzes über die AfD, in denen sinngemäß als “verfassungswidrig” gilt, was nicht von der Bandbreite der Altparteien abgedeckt wird. Das ist kein Argument sondern eine freche Unverschämtheit. Wenn es bei den vermeintlich extremistischen Beamten so ähnlich läuft, ist das lediglich ein weiterer beschämender Skandal unserer verkommenen Bananenrepublik.

Weitere anzeigen Leserbrief schreiben:

Leserbrief schreiben

Leserbriefe können nur am Erscheinungstag des Artikel eingereicht werden. Die Zahl der veröffentlichten Leserzuschriften ist auf 50 pro Artikel begrenzt. An Wochenenden kann es zu Verzögerungen beim Erscheinen von Leserbriefen kommen. Wir bitten um Ihr Verständnis.

Verwandte Themen
Thilo Schneider / 30.01.2024 / 16:00 / 20

Jahrestag: Die Schlacht von Stalingrad geht zu Ende

Heute vor 81 Jahren ernannte Hitler General Paulus, der mit seiner 6. Armee in Stalingrad dem Ende entgegensah, zum Generalfeldmarschall. Denn deutsche Generalfeldmarschälle ergaben sich…/ mehr

Thilo Schneider / 26.01.2024 / 16:00 / 20

Anleitung zum Systemwechsel

Ein echter demokratischer Systemwechsel müsste her. Aber wie könnte der aussehen? Bei den Ampel-Parteien herrscht mittlerweile echte Panik angesichts der Umfragewerte der AfD. Sollte diese…/ mehr

Thilo Schneider / 18.01.2024 / 16:00 / 25

Neuer Pass für einen schon länger hier Lebenden

Ich will einen neuen Reisepass beantragen. Doch um ihn zu bekommen, soll ich den abgelaufenen mitbringen, ebenso meine Heiratsurkunde und Geburtsurkunde. Warum muss ich mich…/ mehr

Thilo Schneider / 16.01.2024 / 15:00 / 73

Zastrow-FDP-Austritt: „Ich will den Leuten noch in die Augen schauen können“

Holger Zastrow, Ex-Bundesvize der FDP, kündigt. In seiner Austrittserklärung schreibt er: „Als jemand, der in der Öffentlichkeit steht und durch seinen Beruf mit sehr vielen…/ mehr

Thilo Schneider / 11.01.2024 / 14:00 / 64

Was würden Neuwahlen bringen?

Kein Zweifel, die Ampel hat fertig. „Neuwahlen!“ schallt es durchs Land, aber was würden die angesichts der aktuellen Umfrageergebnisse bringen, so lange die „Brandmauer“ steht…/ mehr

Thilo Schneider / 10.01.2024 / 14:00 / 35

Das rot-grüne Herz ist verletzt

Die Leute begehren auf, vorneweg die Bauern. Es wird viel geweint. In Berlin, Hamburg, München und Stuttgart. Aus Angst. Aus Angst, von den Futtertrögen des…/ mehr

Thilo Schneider / 24.12.2023 / 12:00 / 25

Meine Agnostiker-Weihnacht

Herrgottnochmal, ich feiere tatsächlich Weihnachten. Wenn es doch aber für mich als Agnostiker eigentlich „nichts zu feiern gibt“ – warum feiere ich dann? Die Geschichte…/ mehr

Thilo Schneider / 02.12.2023 / 12:00 / 15

Jahrestag: High Noon bei Austerlitz

In der auch „Drei-Kaiser-Schlacht“ genannten Schlacht in Mähren besiegt Napoleon Bonaparte am 2. Dezember 1805, genau ein Jahr nach seiner Kaiserkrönung, eine Allianz aus österreichischen…/ mehr

Unsere Liste der Guten

Ob als Klimaleugner, Klugscheißer oder Betonköpfe tituliert, die Autoren der Achse des Guten lassen sich nicht darin beirren, mit unabhängigem Denken dem Mainstream der Angepassten etwas entgegenzusetzen. Wer macht mit? Hier
Autoren

Unerhört!

Warum senken so viele Menschen die Stimme, wenn sie ihre Meinung sagen? Wo darf in unserer bunten Republik noch bunt gedacht werden? Hier
Achgut.com