Kasernen-Barbie macht wieder einmal von sich reden. Der Staatsanwalt hat sie im Visier. Am 30. September wurde Anzeige gegen Ursula von der Leyen erstattet. Aus dem eigenen Haus, dem Bundesministerium für Verteidigung, soll sie verpetzt worden sein. Ermittelt wird wegen des „Anfangsverdachts“, dass bei der Verpflichtung externer Berater womöglich nicht alles mit rechten Dingen zugegangen ist.
Es geht um „scheinselbstständige“ Arbeitsverhältnisse, um den Vorwurf, externe Unternehmensberater „wie Mitarbeiter beschäftigt“ zu haben, mit eigenen Büros im Amtssitz, von wo aus sie dann „als ministerielle Instanz“ agieren konnten, ausgestattet mit Mailadressen des Ministeriums sowie dem Zugang zu dessen geschütztem Intranet.
Die Behörde, immerhin die oberste Führungsebene der Bundeswehr, sei „geradezu abhängig“ gewesen von „Beratern“, die „fast immer freihändig ohne Ausschreibung“ verpflichtet wurden, schreibt SPIEGEL ONLINE. Ob es sich tatsächlich so verhielt, werden die Ermittlungen zeigen. An den Juristen ist es, den Fall zu beurteilen, nicht an uns, Mutmaßungen anzustellen.
Endstation Verteidigung
Fest steht jedoch zweierlei: Wer immer politisch handelt, hat erstens das Recht, sich beraten zu lassen. Schließlich kann niemand über alles Bescheid wissen, schon gar nicht, wenn er oder sie heute mit diesem und morgen mit jenem Ressort betraut werden. Ursula von der Leyen könnte davon ein Lied singen. Innerhalb weniger Jahre wechselte sie vom Familien- ins Arbeitsministerium, um schließlich bei der Verteidigung zu landen. Ohne sachkundige Ratgeber ist eine solche Hipp-hopp-Karriere nicht zu schaffen. Die meisten Schäden werden von jenen angerichtet, die beratungsresistent mit dem Kopf durch die Wand wollen.
Um das zu verhindern, stehen den Ministern geschulte und erfahrene Mitarbeiter zur Seite, Staatssekretäre und Spezialisten auf diesem oder jenem Gebiet, insgesamt tausende von Beamten. Das kostet den Steuerzahler eine Stange Geld, sollte freilich auch genügen, ihn vor ministeriellen Fehlentscheidungen zu bewahren. Gleichwohl kann es von Fall zu Fall angezeigt sein, meist infolge unvorhersehbarer Entwicklungen, von Krisen oder technischen Innovationen, zusätzlichen Sachverstand einzukaufen.
Das setzt aber zweitens voraus, dass die regierenden Minister ihren Bereich hinreichend überblicken. Denn nur, wenn sie die Kapazitäten des eigenen Hauses abschätzen können und sich der Probleme bewusst sind, für deren Lösung es fremder Hilfe bedarf, können sie punktuell die nötigen Experten auswählen, strategisch oder technisch vorausschauende Köpfe.
Pleiten, Pech und Pannen
Wer dagegen, selbst nicht wissend, was ihm fehlt, ein Heer von Beratern engagiert, weil er glaubt, viel müsse auch viel helfen, hat von Tuten und Blasen keine Ahnung. Er oder sie rudern, wo sie führen sollten – womit wir wieder bei Flinten-Uschi wären. Hat Ursula von der Leyen doch, seit sie zur Inhaberin der Befehls- und Kommandogewalt über die Streitkräfte avancierte, jährlich rund 70, manchmal sogar bis zu 150 Millionen Euro für die Beschäftigung von McKinsey und weiteren Consulting-Unternehmen hingeblättert. Ohne dass dabei mehr herzugekommen wäre als ein Serie von Pleiten, Pech und Pannen, Panzer, die nicht anspringen, Schießprügel, die nicht treffen, Hubschrauber, die nicht abheben, wurde das Geld mit der Gießkanne ausgegossen.
Und wenn dies auch mehr gewesen sein mag, als ihre Kabinettskollegen für den externen Beistand locker machten, ist es doch kein Einzelfall, nur die Spitze des Eisbergs. Vom Bundesinnenministerium kassierten die Berater 2017 über 66 Millionen, vom Verkehrsministerium 27,8 und vom Finanzminister immerhin noch 24,4, indes sich das Bundeskanzleramt mit 1,5 Millionen begnügte.
Es werde Licht!
Ein Bilanz, die unterm Strich offenbart, wie überfordert die Regierenden hierzulande durchweg sind. Nicht mal dem eigenen Apparat scheinen sie die Bewältigung der anstehenden Aufgaben zuzutrauen. Ausschließlich im Biotop der Parteien sozialisiert, entfalten sie zwar eine erstaunliche Energie, wenn es gilt, sich nach oben durchzuboxen. Sobald sie es aber mit der Realität draußen im Land zu tun bekommen, mit den Problemen, zu deren Lösung sie auf ihre Posten berufen wurden, sind sie auf kommerziellen Beistand angewiesen. Ratlos begeben sie sich in die Abhängigkeit ihrer Berater. Mit deren fortschreitender Verpflichtung bestätigen sie die eigene Unfähigkeit.
Und fraglos ist es das Verdienst von Merkels treuer Husarin, uns eben daran erinnert zu haben. Ganz gleich, was bei den Ermittlungen gegen die Ministerin am Ende herauskommen mag, sie hat uns ein Licht aufgesteckt, indem sie wieder einmal von sich reden machte.