Gerd Held / 22.07.2019 / 06:06 / Foto: sophie & amp / 40 / Seite ausdrucken

Die Peripherie spielt nicht mehr mit

Man könnte vielleicht denken, dass dieser „späte“ Beitrag zu einer Bewegung, deren (vorläufiger) Höhepunkt gegen Ende des Jahres 2018 lag, ein Nachruf ohne praktische Bedeutung ist. Doch die Bewegung der „Gelben Westen“ („gilets jaunes“) in Frankreich ist hochaktuell. In diesem Herbst schicken sich die Regierenden in Deutschland an, eine CO2-Hochpreispolitik durchzusetzen und das auch auf die gesamte EU auszudehnen. Das aber war der konkrete Punkt, an dem sich die Bewegung der „Gelben Westen“ formiert hat und eine solche Politik vorläufig gestoppt hat. 

Und mehr noch: Hier hat sich ein Teil der Bevölkerung, der lange Zeit in politischen, wirtschaftlichen und kulturellen Dingen kaum zu hören war, laut und deutlich zu Wort gemeldet. Damit ist ein Raum, der in der forcierten Europäisierung Frankreichs immer weniger zählte, nun zu einem eigenen Faktor geworden: die innere Peripherie. Die Bürger haben gezeigt, wie zweifelhaft die „Größe“ ist, die die herrschende Politik für sich in Anspruch nimmt. 

Und die „Gelben Westen“ stehen ja international gar nicht alleine da. Das Votum der Peripherie spielte auch bei der Brexit-Mehrheit, bei der Wahl von Donald Trump zum US-Präsidenten und auch bei der Bildung neuer „rechter“ Regierungen in Polen, Tschechien oder Ungarn eine entscheidende Rolle. Zugleich sind die großen Städte deutlicher als bisher zum eigentlichen Kerngebiet eines „linken“ Lagers geworden, das sich mit seinem nationalen Territorialstaat kaum noch verbunden fühlt.  

Aber wie ist das Anliegen der Peripherie zu verstehen? Was bedeutet in dem neuen Gegensatz von peripheren und metropolitanen Räumen „rechts“ und „links“? In den konkreten Anliegen der Gelben Westen sind Grundfragen unseres Verkehrs- und Siedlungssystems enthalten, und damit auch Grundfragen unserer staatlichen und wirtschaftlichen Ordnung. Mit einem richtigen Instinkt hat diese Bewegung erkannt, dass die dominierende Politik in Frankreich und Europa dabei ist, unter Berufung auf höhere Anliegen wie „Globalisierung“ und „Klimakrise“ radikale Eingriffe in die Existenzgrundlagen der Peripherie vorzunehmen und zugleich die wirtschaftliche und politische Ordnung des ganzen Landes fundamental zu Gunsten der Metropolen zu verschieben.

In den folgenden Tagen wird diese Herausforderung in einer Folge von vier Beiträgen  publiziert werden: Heute geht es im ersten Teil: darum wie  Die „Gelben Westen“ Frankreich verändert haben. Macrons „Aufbruch“ hat seinen Schwung verloren.

Seit dem Beginn der Bewegung der „gilets jaunes“ („Gelbe Westen“) im Oktober 2018, die durch die Einführung einer Ökosteuer auf Benzin und Diesel ausgelöst wurde, ist mehr als ein halbes Jahr vergangen. Die Regierung musste die Einführung zurückziehen, doch das Vertrauensverhältnis zwischen Bevölkerung und Präsident ist nach wie vor erschüttert. Die große Pressekonferenz am 25. April im Elysée-Palast zeigte einen Präsidenten, der recht egozentrisch einen Neuanfang erklärte („une nouvelle ambition“). Aber in der Sache wirken die Vorschläge Macrons zaghaft, halbherzig, ohne klare Richtung. Das deutet darauf hin, dass die „neue Politik“, mit der Macron angetreten ist und seine „Bewegungs-Partei“ („La France en Marche“) gegründet hat, ihren Schwung verloren hat – nicht allein durch das Auftreten der „Gelben Westen“, sondern auch durch innere Schwächen.

Es gelingt dieser Politik nicht, eine Akzeptanz für die Einschnitte und Zumutungen herzustellen, zu denen Frankreich angesichts seiner ernsten Lage eigentlich gezwungen wäre. Das liegt daran, dass Macron seine Reformen optimistisch durch schnelle neue Zugewinn-Aussichten legitimiert hat. Es liegt aber auch daran, dass der gesellschaftliche Sektor, auf den er sich stützte, nicht robust genug war, um ohne solche Aussichten auszukommen. Nun geht Macrons Reform-Rechnung nicht auf, und seine Politik zeigt jenen fast gesetzmäßigen Enttäuschungs-Verlauf von großem Aufbruch zu baldiger Erlahmung, den man in unserer Zeit so häufig beobachten kann.

Die robuste Kraft des „peripheren“ Frankreich

Die sozialen Kräfte, auf die sich die „Gelben Westen“ stützen, haben dieses Enttäuschungsproblem nicht. Sie haben Einschnitte und Zumutungen schon in reichlichem Maß erfahren. Denn sie kommen aus jenem Teil Frankreichs, der von der Deindustrialisierung besonders betroffen ist. Industrien, die bis in die 1970er Jahre in der Peripherie angesiedelt waren, wurden in den letzten beiden Jahrzehnten ins Ausland verlagert, und die Sozialpläne für die Entlassenen änderten nichts daran, dass vor Ort kaum Arbeitsalternativen bestanden. Ebenso wurden Infrastrukturen und Dienstleistungen „in der Fläche“ ausgedünnt – insbesondere bei Verkehrsverbindungen, beim Einzelhandel und der Gastronomie, im Schulwesen, bei Gesundheits- und Pflegeeinrichtungen und bei den Verwaltungsbehörden außerhalb der großen Städte.

Diese sozialen Kräfte haben bereits vielfältige Anpassungsleistungen in ihrem Alltagsleben erbracht und dabei viele mühsame Wege oder auch Einbußen und unerfüllte Bedürfnisse auf sich genommen. Aus Einsicht oder aus Zurückhaltung. Sie waren allerdings zu einem großen Teil nicht bereit, dem optimistischen Aufbruchs-Versprechen Macrons zu folgen und sorgten für sehr hohe Zahlen bei den Wahlenthaltungen. Zum Teil wählten sie trotzig die Partei Marine Le Pens. Die Ankündigung einer zusätzlichen Steuer auf Benzin und Diesel änderte dann die noch bestehende Zurückhaltung. Sie wurde als existenzieller Angriff auf die Lebensmöglichkeiten in peripheren Räumen begriffen – denn sie traf das Automobil, das angesichts der Ausdünnung bei Arbeitsplätzen, Geschäften, Arztpraxen, Schulen, Krankenhäusern, Kultur-Einrichtungen und angesichts der Ausdünnung der öffentlichen Verkehrsmittel immer unverzichtbarer geworden war. Sie war eine Kriegserklärung der Regierung an die Peripherie. 

Eine politische Form wurde gefunden: die „Gelben Westen“ 

Dann gelang etwas, das überhaupt nicht selbstverständlich war: Die Bürger in der Peripherie, die zwar meistens lokal recht gut verbunden waren, aber im größeren räumlichen Maßstab des ganzen Landes viel weniger vernetzt waren als die Großstädter, fanden eine gemeinsame Aktionsform und eine öffentlich sichtbare Ausdrucksform. Sie besetzten die Kreisverkehre und bald auch andere neuralgische Punkte des regionalen und überregionalen Straßenverkehrs – und führten mehr oder weniger lange Blockier-Aktionen durch. Die Posten wurden bald mit Paletten, Feuerstellen und Regenschutz versehen und auf dem Höhepunkt der Bewegung rund um die Uhr besetzt.

So bekam „La France profonde“ (das „tiefe Frankreich“), auf einmal ein neues, eigenständiges und weithin sichtbares Gesicht. Und die gelben Westen, die ganz am Anfang nur aus praktischen Gründen für die Sicherheit der Protestierenden getragen wurden, wurden zum Symbol einer ganzen Bewegung. Ein Symbol, das man auch bei sehr vielen Autos vorne hinter der Windschutzscheibe sah. Es war ein sehr treffendes Symbol, weil die gelbe Weste eigentlich bei der Arbeit im Straßenraum getragen wird und das zum physisch-handfesten Habitus dieser Bewegung passte, die eben nicht nur „kommunizieren“ wollte, wie die Protestbewegungen der studierenden Jugend. 

Eine tiefe soziale Verachtung ist sichtbar geworden 

Dann, in den ersten Wochen der Aktionen, geschah noch etwas Unerwartetes. Es wurde massiv und von einem vielstimmigen Chor aus politischen Amtsträgern, namhaften Intellektuellen und prominenten Medienleuten versucht, die “gelben Westen“ sozial verächtlich zu machen. Man hätte es in den Kommentaren und Stellungnahmen dabei belassen können, den Forderungen der Bewegung zu widersprechen, aber es wurde immer etwas hinzugefügt – ein Kultur- und Moralurteil wurde über die Beteiligten gefällt. Sie wurden abqualifiziert und verächtlich gemacht.

Es war erstaunlich, was da alles in den Urteilenden geschlummert hatte und offenbar nur darauf gewartet hatte, endlich einmal in die Tasten und in die Mikrofone abgelassen zu werden. Dumm seien die Protestierenden und roh, arbeitsscheu und aggressiv, erbärmliche Elendsgestalten und hoffnungslose Sozialfälle. Der Regierungssprecher sprach von „Kettenrauchern und Dieselfahrern“, die „nicht das 21. Jahrhundert verkörpern, das wir wollen“. Und immer war da auch der Hinweis, dass da „Ungebildete“ sich eine Rolle anmaßten, die ihnen nicht zustand.

Da sprach nicht nur ein kleine abgehobene „Elite“, sondern ein gehobener akademisch-urbaner Mittelstand – und er sprach mit sichtlicher Empörung darüber, dass das einfache Volk („la France populaire“), von dem man erwartete, dass es stumpf und stumm im Hinterland vor sich hinlebte, auf einmal die politische Bühne betrat. So wurde in Frankreich nicht nur sichtbar, dass es eine Peripherie hat, sondern auch, wie viel versteckter Etablierten-Dünkel gegen diese Peripherie vorhanden war. Ein Dünkel, der an jenes „Sie sprachen vom Volk, als wäre es nicht da“ erinnert, mit dem Alexis de Tocqueville die Situation kurz vor der französischen Revolution von 1789 beschrieb:  

„Da das Volk keinen einzigen Augenblick seit hundertvierzig Jahren auf dem Schauplatz der öffentlichen Angelegenheiten erschienen war, hatte man ganz und gar aufgehört zu glauben, dass es sich jemals wieder dort zeigen könne; da man es so unempfindlich sah, hielt man es für taub, so dass, als man sich für sein Los zu interessieren begann, man in seiner Gegenwart von ihm selbst in einer Weise sprach, als ob es nicht zugegen wäre.“ (Alexis de Tocqueville, Der alte Staat und die Revolution, 1856)

Die „Gelben Westen“ haben einen Teilerfolg errungen 

Eine ganze Zeitlang dachte der Präsident, die Angelegenheit könne mit dieser Einschüchterungs-Kampagne erledigt werden. Er ignorierte demonstrativ die Bewegung, die da irgendwo vom „tiefen Frankreich“ ausging. Und er nahm immer noch nicht Stellung, als das ganze Land schon ordentlich gelb gefärbt war. Noch Ende November ließ er verlauten, dass eine Rücknahme des Steuerbeschlusses völlig ausgeschlossen sei. Aber ein paar Tage später kam die Meldung: Die Steuerpläne werden zurückgezogen. Zunächst für sechs Monate. Inzwischen sind die sechs Monate fast vergangen, aber von einer Wiederaufnahme der Ökosteuer ist nicht mehr die Rede.

Die Regierung hat zusätzliche sozialpolitische Zuwendung beschlossen, und sie hat auch Maßnahmen, die die Verwaltungspräsenz in der Fläche und die Finanzausstattung der Kommunen weiter verschlechtert hätten, zurückgezogen. Das sind, gemessen an der Ausgangssituation der Bewegung, beträchtliche Teilerfolge. Sie bedeuten de facto, dass der französische Staatspräsident anerkennen musste, dass es neben seiner Bewegung „La France en Marche“ (die einmal beansprucht hatte, „die“ neue Sozialbewegung in Frankreich zu sein), eine zweite Bewegungskraft im Lande gibt. Eine Bewegungskraft, die noch dazu gewissermaßen ein eigenes Stück Frankreich besaß und gar kein so kleines: die Peripherie. 

Allerdings war das nur eine De-facto-Anerkennung. Im offiziellen Diskurs wurde keineswegs eine Anerkennung der Gelbwesten als sozialer Bewegung ausgesprochen. Schon das Wort wurde offiziell peinlichst vermieden. Ebenso wurde keineswegs zugegeben, dass hinter dieser Bewegung eine ganz eigene Realität mit eigener Würde und eigenen Leidenschaften steht – die sich vom metropolitanen Frankreich, in dem ja die Macron-Mehrheit zu Hause ist, deutlich unterscheidet. Noch ist nicht anerkannt, dass es ein zweites Frankreich gibt, das auf seine Weise auch „dynamisch“ und „cool“ ist, und dass sich nicht einfach unter das erste subsumieren lässt.

So steht auch die soziale Verachtung, die in dieser Auseinandersetzung deutlich geworden ist, weiterhin im Raum. Aber es hat sich in den vergangenen Wochen und Monaten ein neues Selbstbewusstsein der Peripherie entwickelt und auch die Formen der Geselligkeit haben sich neu belebt. Die „Gelben Westen“ sind nicht nur Ausdruck einer Notlage, sondern auch Ausdruck eines kulturellen Neuerwachens der Peripherie, das schon länger in Gang ist. Auch wenn die Straßenaktionen der Bewegung seltener geworden sind, und auch wenn sie – in Paris und anderen großen Städten – von gewalttätigen Gruppen missbraucht werden, so ist dieses neue Leben und Selbstbewusstsein der Peripherie die eigentliche Errungenschaft. Dafür sind die „Gelben Westen“ zu einer bleibenden Referenz geworden, auch wenn ihre Straßenaktionen in diesem Sommer nicht fortgesetzt werden.  

In Frankreich stehen sich nun zwei Lager gegenüber 

Doch gibt es natürlich auch weiterhin das andere soziale Lager, das man nicht auf die individuelle Figur des Emmanuel Macron verkürzen darf. Auch hier gibt es eine soziale Realität und nicht nur einen einsamen Machthaber oder einen kleinen Elite-Zirkel, sondern einen größeren sozialen Sektor, in dem die gehobene akademische Mittelschicht eine wichtige Rolle spielt. Deren urbaner Standort ist nicht nur die französische Hauptstadt, sondern auch eine ganze Reihe weiterer Metropolräume, die sogar etwas schneller wachsen als Paris – weshalb das Bild vom „Pariser Zentralismus“ ein überholtes Klischee ist. Doch in diesen sozialen Sektor hat sich eine gewisse Ernüchterung ausgebreitet. Der Reform-Elan ist ermüdet, die Weltoffenheit der Metropolen hat an Glanz verloren.

So endet in diesem Frühjahr 2019 ein Zyklus, der mit der Wahl Macrons zum Staatspräsidenten und mit der Eroberung einer parlamentarischen Mehrheit seiner Partei begann. Am Ende dieses Zyklus ist das Macron-Lager noch nicht am Ende, aber es hat sein Monopol auf „Bewegung“ verloren. Nun stehen sich in Frankreich zwei Lager gegenüber und diese Situation könnte noch länger andauern. 

Beide Lager sind nicht stark genug, um eine überzeugende Entwicklungsperspektive für ganz Frankreich zu repräsentieren. Das Macron-Lager, das anfangs mit diesem Anspruch angetreten ist, scheint dazu nicht mehr die Kraft zu haben. Auf der anderen Seite hat das „Gelbwesten-Lager“ noch nicht die Kraft, eine Entwicklungsperspektive für die ganze Nation darzustellen. Kurzfristig sind also keine erdrutschartigen Verschiebungen zu erwarten. Aber es wird auch nicht zu irgendeiner Form der Annäherung, der Verständigung oder des Ausgleichs zwischen beiden Lagern kommen. Es gibt keine „Mitte“ zwischen beiden, und sie ist auch nicht erstrebenswert, denn sie würde die Eigenheiten beider Seiten nur verwischen. 
 

Den zweiten Teil dieser Beitragsfolge finden Sie hier.

Den dritten Teil dieser Beitragsfolge finden Sie hier.
 

Lesen Sie morgen und in den folgenden Tagen:

II. Das „metropolitane“ und das „periphere“ Frankreich

III. Das „Territorium“ als Ordnungsidee  

IV. Zwei verschiedene Grundanlagen der heutigen Politik  

Foto: sophie & amp Flickr CC BY-SA 2.0 Link">via Wikimedia Commons

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Anders Dairie / 23.07.2019

Ich erinnere mich,  dass PEGIDA-Montags-Spaziergänger genauso runtergemacht worden sind,  wie erst kürzlich die französischen Geldbwesten.  Die Wortwahl in der veröffentlichten Menung war letztlich deckungsgleich:  “Minderbemittelt, abgehängt, reaktionär”.  Allen voran der damalige Polizeiminister Heiko MAAS. Das Dumme daran ist,  dass dann ein Prof. PATZELT, inzwischen abgestraft vom Arbeitgeber TU Dresden,  mit seiner Statistik auf die Tatsache aufmerksam machte,  dass die Demonstranten den Querschnitt der sächsischen Bevölkerung darstellen;  Alles vorhanden zwischen Geschäftsführer und Arbeitslosen.  Dabei auch Polizisten, Armisten u.a. Diener der Staatsmacht.  Da die Ursachen dieser Gruppenbildung , die Sorgen um die innere Sicherheit, sich eher noch verstärken, ist gar nichts vorrüber.  Die Konfrontation mit der AfD hat Züge purer Existenzangst.  Herr MP KRETSCHMER / CDU wird wohl das Landtagsmandat für GÖRLITZ nicht mehr erringen.  Damit ist seine pol. Rolle am Ende.  Das ist der Sieg PEGIDA’s.  Mit Kretschmer leert sich der Landtag weiter von CDU und SPD. Wer das Staatskrise nennen möchte, liegt wohl dicht an der Wahrheit.  Das war mal das Land des Überfliegers “König Kurt” Biedenkopf.  Im Rückblick ist das fantastisch.

Uta Buhr / 22.07.2019

Liebe Frau @Sabine Schönfelder, ich lese Ihre Kommentare sehr gern, muss Ihnen aber in Bezug auf Jean-Jacques Rousseau widersprechen. Aus meiner Sicht war dieser Mann ein Spinner und zudem total verlogen. Ich musste mich während meines Romanistik-Studiums mit seinen Werken beschäftigen, u.a. mit seinem Contrat Social und seinen Erziehungsbüchern, z B. Émile. , in denen er anderen Leuten wohlfeile, sehr gut gemeinte Ratschläge erteilt, aber seine eigenen Kinder hartherzig in Waisenhäuser weiterreichte. Und sein “Zurück zur Natur” hat mich auch nicht gerade überzeugt.  Dass die Jakobiner ihn zu ihrer Ikone erklärten, macht ihn auch nicht glaubwürdiger.

Thomas Taterka / 22.07.2019

Wer sich für französische Ideengeschichte stärker interessiert, dem empfehle ich die wirklich bemerkenswerten Arbeiten von Jean Starobinski : Rousseau, Montaigne, Montesquieu,  aber auch seine kleineren Arbeiten sowie seine Texte zur ” Aufklärung “. Allesamt grossartige Texte, völlig konkurrenzlos in der Durchdringung des Themas. ” Kleine “ Anregung für die Gute -Nacht -Lektüre in der kalten Jahreszeit. Lesen sich wie ein Krimi ! ?

Wolfgang Richter / 22.07.2019

@ Ilona G. Grimm—Fragen Sie doch mal die Leute von nebenan zur LKW-Maut. Der Michel glaubt doch tatsächlich, daß die von den “Spediteuren” gezahlt, somit auch getragen wird. Daß die Transporteure die Kosten auf jedes Produkt umlegen, das mal auf ihrer Ladefläche lag - völlig ausgeblendet, mal abgesehen davon, daß die Jobs der Branche inzwischen zunehmend ins kostengünstigere Ausland verlagert sind, Und so lange der Michel so blöd ist, bettelt er auch noch darum, von “Muddi” mit einer CO2-Steuer abgezockt zu werden, für das eigene Gute Gewissen. So wie geglaubt wird:  “Niemandem wird etwas weg genommen. oder nach Hollande “Das zahlt der Staat.” Und die Größe der eigen finanzierten Trittinschen Eistüte zu berechnen, ist die Mehrheit offenbar auch nicht in der Lage und / oder willens.

Ilona G. Grimm / 22.07.2019

@Eugen Richter: Ich bin auch ein Angsthase; geduckt von typischer German Angst vor: 1.) dem Islam – weil ich diese als Religion ummantelte hegemoniale Ideologie ziemlich gut kenne.// 2.) der Aberkennung bürgerlicher Rechte von Mainstream-Dissidenten durch Peter Tauber mit Zustimmung Merkels. // Willkür definiert, wer als Dissident bestraft gehört. Dies geschieht in Anwendung von Karl Poppers Ratschluss: „Im Namen der Toleranz sollten wir uns das Recht vorbehalten, die Intoleranz nicht zu tolerieren.“ Mit anderen Worten: Was dem Meinungsführer nicht passt, macht der flugs zum Straftatbestand. Dabei muss einem doch angst und bange werden. // 3.) Angst habe ich vor der deutschen Hybris, die Welt retten zu können, statt sich selber zu retten. // 4.) Ich habe Angst vor Leuten, die danach betteln, Steuern („Bepreisung“) auf unser aller Sicht verstellendes CO2 zahlen zu dürfen. 5.) Angst habe ich auch davor, dass die mir nachfolgenden Generationen als Tagelöhner ihr karges Brot auf den Gütern GRÜNER Herrenmenschen verdienen müssen, weil es keine Industrie mehr gibt. // Das hat alles nichts mit dem Dreißigjährigen Krieg zu tun. // ICH WILL EINE GELBE WESTE!

Ilona G. Grimm / 22.07.2019

Während die Franzosen einen beachtlichen Protest auf die Beine gestellt haben, können es die Deutschen gar nicht erwarten, sich die CO2 Steuer aufbrummen zu lassen. Dem Weltklima zuliebe, an dem Großdeutschland nicht einmal kratzen kann. Und diese Steuer („Bepreisung“ gepriesen) zusätzlich zu den höchsten Stromkosten in Europa und zusätzlich zum Soli. Kaum jemand hierzulande scheint verstehen zu können oder zu wollen, dass mit dieser Zwangsabgabe (islamisch = jizya) wirklich ALLES teurer wird. Dann fahre ich eben weniger, heißt es. Dass auch die Lieferfahrzeuge zum Supermarkt oder Amazon-Lager mit Sprit fahren und damit der Transport teurer wird, ist extrem schwer einzusehen. Dass die Produktion eines jeden einzelnen Artikels des täglichen Bedarfs und Wünschens teurer wird, ebenso wenig. Dass damit Arbeitsplätze gefährdet werden bzw. verloren gehen, dito. Dass viele Wohnungen im Winter kalt bleiben müssen, weil ärmere Menschen sich das Heizen nicht mehr leisten können, auch nicht. Dass wegen ungeheizter Wohnungen bei frostigen Außentemperaturen Wasserleitungen einfrieren und Mehrkosten verursachen: dito. Man kann bis zur eigenen Erschöpfung erklären, es hilft nichts. Auch barrierefreie Sprache ändert nichts daran. In Deutschland wird es keinen breit angelegten Protest geben. Solange man im eigenen Wohlstand nicht betroffen ist, darf es ruhig so weitergehen. Den ärmeren Menschen und den ganz Armen fehlt die Kraft zum Widerstand. Und weil es uns zu gut geht in diesem unserem einstmals schönen Lande, fordert der selbsternannte „Umweltökonom“ Niko Paech im DLF die „radikale Verarmung der deutschen Bevölkerung“ (siehe Beitrag von Vera Lengsfeld auf ihrem Blog.). Viel Zeit haben wir nicht mehr, um uns gelbe Westen überzuziehen…

Sabine Schönfelder / 22.07.2019

Herr @Engel, Rousseau wollte nicht ‘zurück auf die Bäume’, und seine kritische Gesellschaftsanalyse entspricht in keiner Weise meinen Vorstellungen des gesellschaftlichen Miteinanders. Im Gegensatz zu R., der den Instinkt als Handlungsmaxime präferierte, setze ich auf Vernunft. ‘Sapere aude’! Die Demokratie ist im wesentlichen die bisher intelligenteste Regierungsform auf dieser Welt und Voraussetzung für freies Denken. Das Hauptproblem einer scheiternden Demokratie, wie es gerade in Deutschland zu beobachten ist, sind die Ideologien, die sich mittlerweile antidemokratisch der Staatsämter bedienen. Sachlichkeit und Vernunft können nur herrschen, wenn sie von den politischen Repräsentanten gelebt und verkörpert werden. Eine Regierung sollte abseits von Ideologien ausschließlich von Fachgremien geleitet werden (und das meine ich nicht im Sinne Schellnhubers, der sich selbst willkürlich von Gleichgesinnten zum Fachmann stilisieren läßt und die Weltherrschaft anstrebt, der arme Irre) die objektiv, wissenschaftlich und für jeden Menschen verständlich, ihre Dienste zur Wahl anbieten. Diese gewählten Entscheidungsträger führen den Willen des Volkes aus und repräsentieren das Land. Nicht die dümmsten Ideologen bestimmen unsere Geschicke, sondern kluge, frei gewählte Kompetenzträger. Auch in diesem System gibt es keine 100% Gerechtigkeit, aber die größtmögliche Annäherung. LG

Dieter Kief / 22.07.2019

David Goodhart hat mit seiner Unterscheidung zwischen den Anywheres und den Somewheres den Nerv des hiesigen Kommentariats getroffen. Toll! Ich stimme denen zu, die Pegida zu den Somewheres rechnen, also zu den Kleinbürgern und Handwerkern usw., die irgenwo zu Hause und verwurzelt sind. Hat eine einzige Deutsche Zeitung Goddhart positiv besprochen? Sie hacken alle auf dem rum, weil er wie Thilo Sarrazin (und Trump…) argumentiert, die diese Untecheidung ebenfalls machen. Trump und Thilo Sarrazin und - die NZZ, die viel und sehr vernünftig über Goddhart geschrieben hat. Da schließt sich ein Kreis. Mir übrigens schleierhaft, wieso kein größeres Deutsches Medium diese Fährte aufgreift - da wären doch LeserInnen zu finden… Seltsames Land, seltsame Frucht vor der deutschen Leserschaft und - - - dem deutschen Volk…

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