Peter Grimm / 07.06.2018 / 13:30 / Foto: Christian Demiegeville / 19 / Seite ausdrucken

Die Parteien bitten zur Kasse

Wenn die Bürger in einer Demokratie einer einstmals großen Partei immer weniger Stimmen geben, dann hat diese Partei logischerweise weniger Mandate und außerdem weniger Einnahmen. Schmerzlich, wenn nicht nur die politischen Gestaltungsmöglichkeiten und die zu vergebenden Pfründe schrumpfen, sondern es auch für den eigenen Apparat in der Kasse knapp wird.

Als die französischen Sozialisten nach den letztjährigen Präsidentschafts- und Parlamentswahlen nicht nur ein politisches Desaster erlebten, sondern zudem so klamm waren, dass sie ihre Parteizentrale in Paris verkaufen mussten, mag das so manchem deutschen Genossen schon als Menetekel erschienen sein. Nun eilt die SPD weiter von Rekord-Tief zu Rekord-Tief und leistet sich dabei nicht nur teure Sonderparteitage, sondern muss auch einen Parteiapparat unterhalten, der noch einer Volkspartei von mindestens doppelter Stärke angemessen ist.

Mittlerweile steuert die SPD aber ziemlich zielsicher die 15-Prozent-Marke an. Bei einem solchen Absturz wird es selbst unter den deutschen Bedingungen der Parteienfinanzierung knapp, obwohl der von Parteien getragene Gesetzgeber schon dafür gesorgt hat, dass der Steuerzahler bei der Ausstattung der Parteien gesetzlich zur Großzügigkeit verpflichtet ist.

Kurzum: Es reicht nicht mehr bei der SPD und da wollen sie auch die altvertrauten Partner und Mittbewerber bei der Verteilung von Macht und Einfluss nicht im Regen stehen lassen. Wer will den Genossen schon zumuten, bezahlte Parteifunktionäre zu entlassen, Immobilien in lukrativen Stadtlagen zu verkaufen oder gar sich von Besitztümern wie dem parteieigenen Verlagsimperium DDVG zu trennen. Gerade Letzteres ist schließlich enorm wichtig, wenn man der Hilfe von Meinungsbildnern bedarf und die Einflüsse auf den öffentlich-rechtlichen Rundfunk allein zur Stimmungsbildgestaltung nicht reichen.

Schnelle Millionen im Eilverfahren

Gerade beim Koalitionspartner findet die SPD in ihrer Not nun offenbar solidarische Unterstützung. So konnte man am Mittwoch in der FAZ die folgende Meldung lesen:

„Im Hauruck-Verfahren will die Koalition kurz vor der Fußball-WM noch eine Gesetzesänderung durchwinken lassen, um die klamme Kasse der SPD zu füllen: Die Parteien sollen mehr Geld bekommen. Die Opposition wird überrumpelt.“

Mit einer schnellen Änderung im Parteiengesetzes soll mehr Geld in die Parteikassen geleitet werden. Im Eilverfahren muss der Rahmen der gesetzlichen Parteienfinanzierung dazu ausgeweitet werden. Wenn der Maximalbetrag wie geplant von 165 Millionen Euro auf 190 Millionen angehoben würde, könnte die SPD sofort mehrere Millionen Euro zusätzlich bekommen.

Zu diesem Zwecke habe die SPD-Fraktionsvorsitzende Andrea Nahles zusammen mit dem Unions-Fraktionsvorsitzenden der Union und dem Chef der CSU-Landesgruppe am Dienstagabend einen schwer verständlich formulierten Gesetzentwurf vorgelegt. In der Runde der Parlamentarischen Geschäftsführer habe die Koalition dann überraschend die bisherige Tagesordnung ändern wollen, um das Gesetz eiligst einzubringen, berichtet die FAZ weiter.

Trotz Ablehnung aus der Opposition hätten SPD und Union kurz darauf im Innenausschuss eine Expertenanhörung für kommende Woche angesetzt, bei der das Vorhaben binnen zweier Stunden erörtert werden soll. Die Experten müssten sich über das Wochenende ihre Meinung bilden. Zur offiziellen Begründung des Gesetzentwurfes habe es geheißen, gestiegene IT-Sicherheits- und Kommunikationskosten machten die zusätzlichen Mittel erforderlich.

Es erinnert irgendwie an die Art und Weise, mit der im letzten Jahr das Netzwerkdurchsetzungsgesetz eilig durch das Parlament geschleust wurde und die Beschlussfassung im Windschatten der „Ehe für alle“ erfolgte. In diesem Jahr reicht ein relevantes WM-Spiel, um die öffentliche Aufmerksamkeit zu binden oder schnell wieder von der ungeliebten Parteiselbstbedienung abzulenken.

"Wir freuen uns über Mehreinnahmen"

Die FAZ vermutet ein ganz schnelles Vorgehen:

„Das Gesetz könnte schon Ende nächster Woche beschlossen werden, zwei Tage vor Beginn der Fußballweltmeisterschaft. Die Grünen sprachen von einem „ungeheuerlichen Vorgang“. Niemand habe hierüber mit ihnen gesprochen. Die FDP sagte, man sei „überrascht“; Union und SPD fehlten Geld weil sie schlechte Wahlergebnisse hatten.“

Auch mit AfD und Linken war der Vorstoß nicht abgesprochen. Die AfD ließ verlauten, dass sie keiner Zuwendungs-Erhöhung oberhalb der Inflationsrate zustimmen könne. Bei den Linken beispielsweise scheint das etwas anders auszusehen. Deren Bundesgeschäftsführer Harald Wolf erklärte der Mitteldeutschen Zeitung: „Wir freuen uns natürlich immer über Mehreinnahmen“. Selbstverständlich versah er diese Freude fürs steuerzahlende Publikum mit der Einschränkung: „Aber man muss auch gucken, dass es sachlich gerechtfertigt ist.“

Zwar gibt es auch verfassungsrechtliche Bedenken, doch die Zeiten, da sich die Koalition unter Führung von Angela Merkel von solchen vielleicht beeindrucken ließe, sind bekanntlich lange vorbei. Ausgerechnet in der Frankfurter Rundschau, die bis 2012 noch in der Hand des SPD-Verlagsimperiums war, erklärt der Politikwissenschaftler und Parteienrechtler Ulrich von Alemann: „Ich halte die Erhöhung der staatlichen Parteienfinanzierung um 25 Millionen Euro nicht für gerechtfertigt. […] Ein solcher Anstieg um 15 Prozent widerspricht den geltenden Regeln, die für diese sogenannte absolute Obergrenze nur einen jährlichen Anstieg im Rahmen der allgemeinen Inflationsrate erlaubt.“ Von Alemann fügte hinzu: „Die jetzige Regelung, insbesondere die absolute Obergrenze, ist nach jahrelangem Dialog mit dem Bundesverfassungsgericht so festgesetzt worden.“

Aber Obergrenzen haben diese Koalitionäre ja schon länger sehr flexibel gehandhabt.

Der Beitrag erschien auch hier auf sichtplatz.de

Foto: Christian Demiegeville CC BY-SA 3.0 via Wikimedia Commons

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Leserpost

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R.E.Rath / 07.06.2018

Nach der Merkel-Ära, dem Scheitern der EU und nach der Übernahme der anhäuften EU-Schulden durch uns werden wir uns wohl für die Durchführung eines Entmerkelfizierungsverfahren einsetzen müssen. Nicht entmerkelfiziert werden die Personen, die dieser Dame widerspruchslos ihre Eidbrüche u.a. durchgehen ließen. Klasse I: Teilnehmer der Jubelparteitage, Klasse II: Abgeordnete der deutschen Parlamente, Klasse III: Beamte mit staatstragender Verantwortlichkeit wie z.B. der amtierende Bundespräsident, sein Vorgänger und die Verfassungsrichter.

Justus Werner / 07.06.2018

Vermögen von CDU/CSU, SPD allein knapp eine halbe Milliarde Euro in 2016.  noch Fragen??? Warum müssen gewinnorientierte Unternehmen, die sich Parteien nennen, eigentlich überhaupt noch staatlich bezuschusst werden? Das Horten von überschüssigen Steuergeldern in “Non-Profit-Organisationen”, die dem Staatswohl dienen sollen, ist schamlos. Wenn die SPD meint, die einbrechenden Geldflüsse aus den Wählerpauschalen so zu kompensieren, wünsche ich ihr das Betrachten der 5%-Hürde von unten. aus dem Rechenschaftsbericht 2016 Bargeld / Geldbestände der Bundestagsparteien: 1. CDU: 136.460.134,76 Euro 2. SPD: 114.053.702,87 Euro 3. Grüne: 34.613.873,21 Euro 4. CSU: 33.095.012,93 Euro 5. LINKE: 19.805.450,98 Euro 6. AfD: 13.178.529,40 Euro 7. FDP: 10.984.110,44 Euro Geschätzter Wert von Haus- und Grundbesitz der Parteien:   1. SPD: 102.064.559,73 Euro   2. CDU: 50.746.399,13 Euro   3. CSU: 26.528.908,70 Euro   4. Grüne: 14.064.559,69 Euro   5. LINKE: 4.847.824,73 Euro   6. FDP: 3.397.301,31 Euro   7. AfD: 0 Euro

Andreas Rochow / 07.06.2018

Zum Abfeiern dieses Stücks aus dem Tollhaus schlage ich ein neues Infotainmentformat für die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten vor: Barbarett. Dort können sich Frank Plasberg und Oliver Welke die politisch korrekten Bälle zuwerfen und Dunja Hayali macht den Faktencheck und passt auf, dass nicht an der falschen Stelle gelacht oder applaudiert wird.

Burkhard Miersch / 07.06.2018

Imagine my shock, eine Regierungspartei, die in den Steuersack greift um sich zu bereichern…

Fritz Kolb / 07.06.2018

Selbst wenn die unsägliche Erhöhung durchgewinkt werden würde; der weitere Absturz der SPD ist nicht aufzuhalten, eingedenk der handelnden Figuren und der Flüchtlingspolitik gegen die Interessen der eigenen Bevölkerung. Es gibt schlicht keinen vertretbaren Grund mehr, als Deutscher die Sozen in ihrer heutigen Besetzung zu wählen. Deshalb würden auch ein paar Millionen mehr den Abstieg der SPD in die politische Kreisliga nicht stoppen. Was unweigerlich zum Verkauf grosser Teile des Tafelsilbers führt, mit dem Vorteil, das einige Journalisten wieder freier schreiben könnten, ohne dabei den Verlust von Arbeitsplatz, Haus und Familie fürchten zu müssen.

Karla Kuhn / 07.06.2018

“Im Hauruck-Verfahren will die Koalition kurz vor der Fußball-WM noch eine Gesetzesänderung durchwinken lassen, um die klamme Kasse der SPD zu füllen: Die Parteien sollen mehr Geld bekommen. Die Opposition wird überrumpelt.“  Das ist eine UNGEHEUERLICHKEIT. Für mich ist das eine Straftat, die geahndet werden muß, denn es geht immerhin um STEUERGELDER.  Wenn die Koalition vielleicht noch einen Rest Vertrauen genießt, von denjenogen, die hier schon länger leben, so wird er wahrscheinlich mit dieser Aktion völlig verspielt sein. Nicht nur Merkel muß weg, sondern die ganze Koalition. Es ist unglaublich.  Ich HOFFE SEHR !!, daß die SPD UNTER 5 % abrutscht und die CDU gleich mit.

U. Schmitz / 07.06.2018

Es ist Diebstahl, nichts anderes. Als man damals Harzt IV um 5 EUR anheben wollte hat man sich monatelang wie die Kesselflicker geprügelt. Bei der Diätenerhöhung ging sehr schnell, hier wird man die Tour wieder fahren wollen. Dann muss es vor das BVG

Dietrich Herrmann / 07.06.2018

Fällt sowas eigentlich unter den Begriff “Korruption” oder gar “Staatskorruption”?

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