Susanne Baumstark / 26.06.2018 / 17:30 / Foto: Lionel Allorge / 11 / Seite ausdrucken

Die Online-fixierte Jagd nach Hass

Nebenbei zur Kenntnis: Heute stellt die Landesanstalt für Medien NRW (LFM) im Rahmen eines Pressegesprächs in Berlin ihren Zehn-Punkte-Plan gegen Hassrede im Netz sowie das Whitepaper „Hasskommentare im Netz. Steuerungsstrategien für Redaktionen“ vor. Die Sachen habe man mit Unterstützung der Google Germany GmbH erarbeiten lassen. Verantwortliche Wissenschaftler: Prof. Dr. Stephan Weichert von der Hamburg Media School und Dr. Leif Kramp von der Uni Bremen. Beteiligte Praxispartner: Deutschlandfunk Kultur, Mediengruppe RTL Deutschland, RP Online, Spiegel Online und tagesschau.de. 

Morgen startet dann in der Düsseldorfer LFM der Fachtag „Hassrede – Prävention und Rechtsdurchsetzung in NRW“. Vertreter von Wissenschaft, Strafverfolgungsbehörden, Medienaufsicht und Journalisten vermitteln dort den Anwesenden „effektive Handlungsoptionen im Umgang mit Hassrede im Netz“. Neben Weichert und Kramp wird auch die Staatsanwältin Janina Menzel referieren und zwar über „Strafverfolgung als Ansatz zur Gewährleistung einer Diskussionskultur im Internet“. Die Vorstellung der Initiative „Verfolgen statt nur Löschen“ übernimmt der Direktor der LFM. Seit Anfang 2017 bemühen sich Strafverfolgungsbehörden, Medienhäuser und Medienaufsicht, eine „effektive Strafverfolgung im Netz zu gewährleisten und so der zunehmenden Verrohung der Netzkommunikation entgegenzutreten“. Generalpräventiv werden strafbare Äußerungen „nicht nur gelöscht, sondern die Verfasser auch im Online-Umfeld konsequent zur Verantwortung gezogen“. Projektbeteiligte Medien: Rheinische Post, RTL und WDR.    

Es wäre mal hilfreich, zu erfahren, warum es das Gros der Medienvertreter nicht ebenso engagiert ächtet, wenn es um Personen geht, die offline ihren Hass ausleben. Aktuell sehe man etwa nach Ottobrunn: Dort verliert unter anderem eine Notärztin durch einen Hassangriff mehrere Zähne und erleidet einen Kieferbruch sowie ein Schädel-Hirn-Trauma und Schnittverletzungen im Gesicht. Die Feuerwehr vor Ort ist nach wie vor geschockt von der willkürlichen und ungeahnten Gewalt. Der Täter, „der seit rund drei Jahren in Deutschland lebt und bereits zuvor wegen Gewaltdelikten polizeilich in Erscheinung getreten ist“, erklärt sich unterdessen wie folgt: Er sei wütend gewesen, weil er seinen Whisky nicht mit in das Jugendhaus nehmen durfte. „Aus dieser Wut heraus habe er das Fahrzeug angegriffen, das er fälschlicherweise für ein Polizeiauto gehalten habe.“ (!)  

Dieser Beitrag erscheint auch auf Susanne Baumstarks Blog Luftwurzel. 

Sie lesen gern Achgut.com?
Zeigen Sie Ihre Wertschätzung!

via Paypal via Direktüberweisung
Leserpost

netiquette:

Georg Dobler / 26.06.2018

Verehrte Frau Baumstark. Sie haben da etwas nicht verstanden. Es geht nicht um Hass in jeder Form, sondern darum Äußerungen des Unmutes über die Person, die der Notärztin die Zähne ausgeschlagen hat möglichst unter “Hass” einordnen und unterbinden zu können. Einem Italiener, Spanier, Nepalesen, Engländer und Chinesen können Sie soviel Zähne herausschlagen wie Sie wollen, sofern Sie nicht eine Nähe zu “rechts” haben.

Rainer Göttlinger / 26.06.2018

Sogar eine so klar differenzierte Aussage wie „kriminelle Gäste wirft man für gewöhnlich raus“ wird einem heute schnurstracks als pauschaler Fremdenhaß ausgelegt - da frage ich mich doch, was diese Menschen für ein Bild vom Ausländer haben.

Heiko Loeber / 26.06.2018

“Er sei wütend gewesen, weil er seinen Whisky nicht mit in das Jugendhaus nehmen durfte.” Vielleicht wäre es sicherer, künftig nur noch Tetra-Pack hineinzulassen?

Karl Anders / 26.06.2018

Einher mit der so zwanghaften wie plumpen Hatz auf “Hass im Netz” geht die Infantilisierung der Argumentation (?), so z.B. wenn KGE schreit, ein Untersuchungsausschuss sei “ein Tribunal gegen die Menschlichkeit!” oder Frau Giffey piepst, ein Burkini sei “zum Wohl der Kinder” oder wenn “No Hatespeech” “gemeinsam die Menschlichkeit zurück ins Netz holen” möchte. Zwanghaft auch die Fixierung auf “Nazi” und Co.: im DLFunk z.B. lässt man die AfD regelmäßig “anrücken, um mobil zu machen” oder rechtsverdächtige Haubewohner mit metallisch verfremdeter Stimme auftreten (im Feature “HERD. HEIMAT. HASS. Über die Verlockungen rechten Denkens” galten sogar Nachbarn, die Zäune aufstellen, als Rechte) ... Auch reale Gewalt wird verniedlicht, wenn es z.B. um die Angriffe der Hamas in Gaza geht: “Demonstranten am Grenzzaun” und “Zusammenstöße” eben.

Michael Scheffler / 26.06.2018

Die Ärztin hat vermutlich das Pech zu jenen zu gehören, die schon länger hier leben. Bei denen ist Empathie fehl am Platze. Genauso, wie Frau Bundeskanzlerin leiber nach Solingen fährt, statt auch der vielen Opfer unter den autochthonen Deutschen zu gedenken…

Robert Jankowski / 26.06.2018

Na Mensch: wenn er aus Wut ein Polizeiauto angreift, dann ist das natürlich nachvollziehbar. Und die Notärztin ist ja schließlich auch nur so eine Uniformierte, die man(n*innen) nicht ernst nehmen muss. Da haut man dann eben mal so drauf. Was kann denn der arme Flüchtling dafür, wenn er so sozialisiert ist? Das muss man doch bitte berücksichtigen. Zumindest war es keine Messerattacke gegen die Ärztin. Dazu passend die Schlagzeile aus Köln, wo die Großfamilie nach dem Tod eines Kindes auf dem OP Tisch, den Chefarztlynchen will. Geht doch gut los in Deutschland, aber die Kriminalstatistik stimmt, darauf lassen wir nix kommen.

Martin Müller / 26.06.2018

“Strafverfolgung als Ansatz zur Gewährleistung einer Diskussionskultur im Internet“ Das hört sich an wie alter DDR-Jargon, wenn es denn damals schon Internet gegeben hätte. Quasi Stasi ist auch im Internet unterwegs…. Was kommen da noch für Maulkörbe auf uns zu?

Dietmar Blum / 26.06.2018

Es ist halt persönlich sicherer, gegen verbale Täter vorzugehen, als sich Jemandem von Angesicht zu Angesicht gegenüber zu stellen, der “Hass” praktiziert. Erinnert irgendwie an die Tierschützer à la PETA, die eine ältere Dame im Pelzmantel öffentlich anmachen, nicht aber die Rockergruppe in Lederklamotten.

Weitere anzeigen Leserbrief schreiben:

Leserbrief schreiben

Leserbriefe können nur am Erscheinungstag des Artikel eingereicht werden. Die Zahl der veröffentlichten Leserzuschriften ist auf 50 pro Artikel begrenzt. An Wochenenden kann es zu Verzögerungen beim Erscheinen von Leserbriefen kommen. Wir bitten um Ihr Verständnis.

Verwandte Themen

Es wurden keine verwandten Themen gefunden.

Unsere Liste der Guten

Ob als Klimaleugner, Klugscheißer oder Betonköpfe tituliert, die Autoren der Achse des Guten lassen sich nicht darin beirren, mit unabhängigem Denken dem Mainstream der Angepassten etwas entgegenzusetzen. Wer macht mit? Hier
Autoren

Unerhört!

Warum senken so viele Menschen die Stimme, wenn sie ihre Meinung sagen? Wo darf in unserer bunten Republik noch bunt gedacht werden? Hier
Achgut.com