Thilo Schneider / 17.02.2021 / 11:00 / Foto: Pixabay / 53 / Seite ausdrucken

Die Nöte des Christian Lindner

Christian Lindner ist traurig. Wütend und verletzt. Denn der Bundestag will die Opposition nicht so richtig über das Wirksamwerden von Pandemiemaßnahmen mitentscheiden lassen. Aber nicht mit ohne die FDP: „Die wesentlichen Fragen müssen im Parlament entschieden werden“, stellt er trotzig auf der Homepage der FDP fest. Und er will jetzt die Regierung per Gesetz verpflichten, die Zustimmung des Bundestags vor entsprechenden Beratungen einzuholen. Außerdem sagt er noch: „Bei den Maßnahmen, die zur Debatte stehen, geht es um weitreichende Freiheitsbeschränkungen. Deshalb muss über die wissenschaftliche Grundlage, aber auch über mögliche mildere Mittel gesprochen werden. Das sagt er aber nicht im Parlament, sondern im Morgenmagazin von ARD und ZDF, die Meldung stammt vom 19.01.2021.

„Recht hat er da, der Herr Lindner von der FDP“, mögen Sie nun sagen. Nur ist es leider so, dass Christian Lindner mit dieser Aussage einem Steakesser ähnelt, der über die Vorzüge des Vegetariertums redet oder einem Porschefahrer, der sich endlich die Beschränkung auf elektrisch betriebene Kleinwagen wünscht. Denn tatsächlich wurde ein entsprechender Antrag bereits am 18.11.2020 gestellt. Allerdings nicht von Christian Lindner und schon gar nicht von der FDP, sondern von Uwe Kamann von der LKR (Liberal-Konservative Reformer).

„Wer von wem?“, werden Sie jetzt fragen. Uwe Kamann kommt von der Schwefelpartei AfD, die er 2018 verließ, und wechselte im September 2020 zu den „Liberal-Konservativen Reformern“, kurz LKR, dem unehelichen Kind von Bernd Lucke. Das Gleiche tat auch sein Kollege Mario Mieruch, ebenfalls Ex-AfD, zwei Monate später. Womit eine der breiten Öffentlichkeit bisher völlig unbekannte Partei zwei Abgeordnete im Bundestag hat. Demokratie darf ruhig witzig sein. 

Diese beiden Abgeordneten der Winzig-Partei hatten sich für ihre entsprechende Eingabe mit der seit September 2017 ebenfalls aus der „Partei, deren Namen nicht genannt werden darf“ ausgetretenen und seitdem recht einsamen Frauke Petry zusammengetan. Wörtlich heißt es in dem Antrag vom 18. November 2020: „Grundrechtseinschränkungen von der Schwere des neuen § 28a IfSG sollten mit einem Parlamentsvorbehalt versehen sein. Eine Grundrechtseinschränkung in der vom Gesetz zugebilligten möglichen Qualität durch ein Ministerium und/oder durch eine Behörde hätte weder die notwendige Akzeptanz in der Bevölkerung noch kann eine verantwortungsvolle Abwägung im Einzelfall sichergestellt werden.“

Dieser Antrag wurde auch eingereicht, mit Kenntnis und Bitte um Unterstützung der FDP und der anderen Oppositionsparteien im Bundestag. Es passierte: nichts. Wie so oft in der parlamentarischen Demokratie ist eine Idee stets schlecht, wenn sie nicht von der eigenen Partei kommt. Die mangelnde demokratische Beteiligung des Parlaments, die Christian Lindner jetzt händeringend reklamiert, ist die gleiche, die die FDP aus feinsinniger Eitelkeit mitverschuldet hat. Dass Grüne oder Linke nicht mit einem Antrag einer bürgerlichen Mini-Partei mitstimmen, war und ist erwartbar.

Erst recht bei einer grünen Partei, die sich gerne selbst ab September auf der Regierungsbank mit einem Kanzler Laschet oder Söder (nein, es wird keinen Kanzler Merz geben, sorry for that, aber der Mann kann sich als Werbeslogan mittlerweile „Enttäuschung seit 5 Jahren“ drucken lassen) sehen lassen will. Deren Abgeordnete dürften mittlerweile ein Fall für den Orthopäden sein, so oft, wie sie so ziemlich jede abgedrehte Pandemiemaßnahme der Regierung eifrig abnicken... Naja – und bei der LINKEn… da ist die bürgerliche Erwartungshaltung schon erfüllt, wenn nicht der eigene Corsa am 1. Mai abfackelt. Mit denen ist zwar „ein Staat zu machen“, aber eben nur ein Unrechtsstaat. 

Nein, ausgerechnet bei der FDP bleibt es, wie es ist. Mittlerweile müssen die Liberalen ja nicht einmal mehr zum Jagen getragen werden – die Beute kommt schon von allein. Aber selbst wenn man diesem Jagdhund die Beute direkt vor die Schnauze legt – er weigert sich beharrlich, zuzubeißen und beschwert sich dann. Was, um alles in der Welt, muss eigentlich noch passieren, damit man im Hans-Dietrich-Genscher-Haus aufwacht? Christian Lindner präsentiert hier lustige Taschenspielertricks, die mit Sicherheit auch auf jedem FDP-Kindergeburtstag klasse ankommen – nur: Es ist nicht ehrlich. Oder, um es in Abwandlung des Kommentars des französischen Generals Bosquet zum Angriff der Englischen Leichten Brigade bei Baklawa zu sagen: „Das ist großartig – aber es ist keine Politik.“ Erst recht keine bürgerliche Politik. 

Es bleibt der Eindruck einer FDP als einer „so ein bisschen dagegen, aber schon doch auch dafür“-Partei. Ob dies für 5% im September reicht? Und falls ja: Sicher, dass das nicht „rückgängig“ gemacht wird?

(Weitere tränenreiche Geschichten des Autors unter www.politticker.de)   

 

Von Thilo Schneider ist soeben in der Achgut-Edition erschienen: The Dark Side of the Mittelschicht, Achgut-Edition, 224 Seiten, 22 Euro.

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Karla Kuhn / 17.02.2021

Judith Panther, “Beide - Söder und Laschet - sollten aufpassen, daß ihr erbärmliches Dasein, wenn sie ihre Hälse zu schnell wenden, nicht plötzlich mit einem leisen Knacks beendet ist.”  Danke, ich sitze unter dem Tisch vor lachen, einfach herrlich. Aber keine Angst,  Wendehälse gab es im Unrechtsstaat jede Menge. Ich kannte einen strammen Kommunisten, unmittelbar nach dem Mauerfall hatte der seine Zelte im Westen aufgeschlagen. Ich bin auch überzeugt, daß etliche ehemalige Stasis im Hauruckverfahren ihren elenden Hals gewendet haben, während etliche andere im Westen, auch in der POLITIK offenbar UNGEHINDERT ihre Kommunistenträume verwirklichen können.  Eine offenbar enge Merkelverrtraute aus dem UNRECHTSSTAAT, Deutsce DIKTATORISCHE Republik, IM VICTORIA, Anetta KAHANE, sitzt ebenfalls wieder an der richtgen Stelle, mit WESSEN HILFE die dahingekommen ist,  bleibt für mich zwar kein Rätsel aber eine große Schande!!  Daß Stasis NICHT hinter Schloß und Riegel gekommen sind, genau wie nach dem Krieg viele NAZIS, ist eine Verhöhnung aller Opfer !! Offenbar haben viele Menschen weder aus der verbrecherischen Hitlerzeit noch aus der verbrecherischen STASIZEIT absolut nichts gelernt !  Und daß heute diese ehem. Agitpropse das Zepter schwingen darf, ist die für mich an Abartigkeit kaum zu übetreffen.

Karola Sunck / 17.02.2021

Wenn statt Lindner der verstorbene Möllemann Parteichef wäre, wäre die Wahl in Thüringen anders verlaufen. Und die FDP wäre auch noch in der Kategorie Opposition zu erkennen gewesen. Ich glaube nicht dass Möllemann sich so von der Merkel hätte beindrucken lassen und dass nicht nur mit der Wahlangelegenheit in Thüringen. Sicher, Lindner hat einmal Rückgrat bewiesen als er die Jamaika- Koalition hat platzen lassen. Danach wurde er schon extrem von der Haltungspresse und den Ö.R. Nachrichtensender in die Mangel genommen. Das hat Lindner nicht vergessen, deshalb sein Rückzieher in Thüringen und sein jetzt zaghaftes Auftreten als Vorsitzender einer Pseudo-Oppositionspartei. Ich weiß es nicht, irgendwie haben diese jungen politischen Aufsteiger, wie Lindner, alle kein gesundes Selbstvertrauen mehr in sich. Wenn Wind aufkommt, werden sie alle umgepustet. Kein dauerhaftes Standvermögen mehr vorhanden. Ob es an der Erziehung liegt? Helikoptereltern und so. Vielleicht, mir ist das als Nachkriegskind, dass sein Leben überwiegend selbständig, alleine und ohne große Hilfe gemeistert hat, ein großes Rätsel!

Johannes Hammann / 17.02.2021

‘‘Die Nöte des Christian Lindner’‘ Danach hab ich aufgehört zu lesen. Man muss sich seine Zeit einteilen.

Gabriele klein / 17.02.2021

Als ich mich mit der etwa 69 Mio schweren Covid App und den Immobilien von Herrn Spahn einst näher befasste,( ich meine jetzt nicht nur diese 4 Millionen Villa),  las ich irgendwo,, vielleicht Tagesspiegel,?  dass Herr Lindner von der FDP doch tatsächlich in einem der Immobilien “Körbchen”  von Herrn Spahn sitzt. (Bitte prüfen….) Indem das so ist, wundert mich eigentlich nix. Denn, Hunde im “Körbchen” beißen nicht. Ja so ist das halt mit dem deutschen Parteien, (pardon) “Körbchen” System.  Herr Lindner im Körbchen von Herrn Spahn,  dieser mit H. Seehofer,, Söder, etc . im Körbchen von Frau Dr. Merkel.  Und diese, ja diese wähne ich im Körbchen von Xi Jinping, zusammen mit J. Biden,  Ab und zu springen sie alle “gleich einem Tieger”  (fürs “Publikum”) auf um, nachdem der Vorhang fiel, “als Bettvorleger zu landen”. (um die treffenden H. Seehofer skizzierenden Worte eines Journalisten zu nutzen, dessen Name ich leider vergaß)

Emmanuel Precht / 17.02.2021

Die FDP ist eben doch was es nicht gibt: Ein bischen schwanger. Wohlan…

Paul Siemons / 17.02.2021

Lindner, Lindner… ist das nicht so ein Smarter in Feinripp? Was ist mit dem? Er hat einen Sack Reis umgeschubst?

Lutz Herzer / 17.02.2021

Christian Lindner, dieser launische Hauskater, der bei Nachbarskatzen gelegentlich mit Tiger-Attitüden Eindruck schindet? Der wird doch nicht einmal von Mäusen gefürchtet.

Silas Loy / 17.02.2021

Das ist nur wieder ein Schritt der FDP-Springprozession, einer vor, zwei zurück.

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