Cora Stephan / 18.01.2024 / 10:00 / Foto: Achgut.com / 39 / Seite ausdrucken

Die neue Cora Stephan-Kolumne: Toxische Weis(s)heit

Nachdem Cora Stephan „Die Stimme der Provinz“ vertreten hat, erweitert sie nun ihr Themenspektrum. Künftig geht es um „Toxische Weis(s)heit“, ein weites Feld – und damit ebenfalls Landleben-kompatibel. Heute geht’s weniger um die Radikalisierung der AfD und mehr um die Frage: Wie radikal wird eine Regierung noch agieren, die Existenzangst hat?

Sind wir wieder soweit? Erleben wir das letzte Aufzucken einer politmedialen Elite, der der Arsch auf Grundeis geht? Oder stehen wir vor den ersten Schritten in eine faschistoide Diktatur? Nun, womöglich führt das Erste zum Zweiten: Angst ist eine gewaltige Triebkraft. Menschen in Angst, das haben wir während der Panikpandemie gesehen, schrecken vor Ausgrenzung bis Vernichtungswünschen nicht zurück. Sind wir also wieder soweit?

Der Ton, den insbesondere die politmediale Klasse gegen Unbotmäßige anschlägt, wird jedenfalls immer hysterischer und ihr Gegner immer größer und gefährlicher. Die Bauern? Die betreiben die „Wiederbelebung einer völkischen Protestbewegung, die früher terroristische Züge getragen hat“, tönt es aus der Glotze. Auf den Traktoren sitzt also nichts als reaktionärer Widerstand! Da lacht der Bauer, und der Landwirt wundert sich schon längst nicht mehr.

Der Konkurrenz im Parteiengefüge geht es wenig besser. Nordrhein-Westfalens Ministerpräsident Hendrik Wüst (CDU) befand schon vor einigen Monaten: „Die AfD ist eine gefährliche Nazipartei.“ Oder nur eine „parasitäre Gruppe“, wie der bayerische Ministerpräsident Markus Söder analysiert? 

Ach, der Phantasie sind keine Grenzen gesetzt

Volkstümlicher warnt die liberale Mehrzweckwaffe Strack-Zimmermann vor einem Erstarken der AfD: „Je größer der Haufen Scheiße, umso mehr Fliegen sitzen drauf“. Was man mit Parasiten macht, wissen wir, auch, wie es einem Haufen Scheiße ergeht, wenn die Putzmamsell da war: die einen vernichten, das andere ins Klo spülen. Doch was passiert mit den „Fliegen“, also den Wählern einer legitimen Partei? Erschlagen? Ach, der Phantasie sind keine Grenzen gesetzt.

Denn die Wähler sind das wahre Problem – und mit der Diffamierung der Partei diffamiert man ihre Wähler, deren Zahl in Bund wie Ländern die Angst der Regierungsparteien erklärt, deren Legitimität schwindet wie Eis in der Sonne. Der INSA-Sonntagsfrage zufolge steht die SPD derzeit bei 14, die Grünen bei 12 Prozentpunkten und die FDP auf dem Kippunkt, die AfD hingegen konstant bei 23 Prozent. Und das in einem Jahr, in dem Wahlen anstehen: am 9. Juni die zum Europäischen Parlament, im Herbst Landtagswahlen in Sachsen, Thüringen und Brandenburg. 

Kammerjäger und Putzmamsell müssen sich also eilen, um rechtzeitig Ordnung und Sauberkeit herzustellen. Die Parole lautet: Scheiße einfach verbieten, dann gibt es auch keine Fliegen mehr. Stilsicher wieder Strack-Zimmermann: „Verfassungsmäßig“ schwebe über der AfD das „Verbotsschwert“, deshalb sei es richtig, dass „die Verfassung genau hinguckt“ – mit all ihren scharf gestellten Augen. Nun ist ein Parteienverbot bekanntlich nicht ganz einfach, vor allem dann, wenn „die Verfassung“ ihre Augen in den Laden eingeschleust hat, daran ist einst bereits ein Verbot der NPD gescheitert. Deshalb sucht man nach anderen Wegen. 

Wenn man schon nicht die ganze Partei wegputzen kann, dann wenigstens einen seiner Fliegenfänger. Björn Höcke, dem Thüringer AfD-Chef, sollen Grundrechte eines deutschen Bürgers entzogen werden, nämlich das Recht, zu wählen und gewählt zu werden. Dann könnte er kein thüringischer Ministerpräsident werden (AfD-Stärke in Thüringen derzeit bei 36 Prozent)

Die linke Kampagnenorganisation Campact hat eine entsprechende Petition gestartet, denn: „Die AfD hat einen abscheulichen Plan entwickelt: Massendeportationen von Millionen Menschen. Die Partei wird immer mehr zu einer ernsthaften Gefahr für unsere Demokratie.“ Die Petition wurde bislang (Stand: Mittwoch, 15:30) von 356.000 Personen unterzeichnet. Das schöne daran ist, dass das vom Petitionsausschuss behandelt werden muss und sich somit die Parteien positionieren müssen. Das wird sicherlich sehr interessant. Die Gegenpetition ist allerdings auch bereits unterwegs.

Der Wahrheit eine Autobahn: Die AfD hat keinen Plan zur „Massendeportation“ von Menschen, und das Verbot einer Partei ist kein Dienst an der Demokratie. An der Demokratie vergehen sich derzeit vor allem jene, die Opposition zur Regierungspolitik bereits zu einem demokratiefeindlichen Akt erklären. Nicht nur die Bauern sind längst auf die Idee gekommen, dass es die Ampelregierung ist, die dem Volk Exkremente vorsetzt. Die Frage lautet derzeit weniger, ob die AfD sich radikalisiert, sondern wie radikal eine Regierung noch agieren wird, die Existenzangst hat.

 

Cora Stephan ist Publizistin und Schriftstellerin. Viele ihrer Romane und Sachbücher wurden Bestseller. Ihr aktueller Roman heißt Über alle Gräben hinweg. Roman einer Freundschaft“.

Foto: Achgut.com

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Leserpost

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Mathias Rudek / 18.01.2024

Das sind unglaubliche Vorgänge. Das sich das Land seitens des desaströsen Personals ihrer unproduktiven Parteien so radikalisieren wird, hat Karl Jaspers schon vorausgesehen. Ein Parteien-Oligopol fürchtet seine Pfründe, weil es nichts kann. Es hat sich nur in der Politik bewegt und jetzt mit Frauen-Quoten und anderem Ablenkungsgedöns ist es noch abstruser geworden. Ich setze auf neue Parteien und die AfD und das mit klarer Ansage.

S. Wietzke / 18.01.2024

“stehen wir vor den ersten Schritten in eine faschistoide Diktatur? “ Da ist er wieder, der Selbstbetrug der distinguierten Habitusbürgerlichen mit pseudoliberalem Anstrich. Wir stehen nicht vor dem ersten, sondern vor dem letzten Schritt in eine faschistische Diktatur. Ich empfehle da mal die heutige Bundestagsdebatte zum “Geheimtreffen” der “Rechten”. Würde man das in Schwarzweiß zeigen wäre der Unterschied zur Kroll-Oper gar nicht mehr zur erkennen. Lager sind übrigens schnell gebaut.

Sam Lowry / 18.01.2024

Vertraut den “Experten” im Mainstream… die wissen es für Dich! Nichts hinterfragen! STAUBSCHUTZ-Maske tragen! Ja, auch alleine im Wald… und gerade da!

Peter Faethe / 18.01.2024

Die Propaganda ist noch nicht hinreichend entartet. Richtig unangenehm wird es erst, wenn man die (inzwischen als realitätsfern zu bezeichnenden) Verseifungen und Verlampenschirmungen revitalisiert.

Sam Lowry / 18.01.2024

Ich verteile eindeutige Ansagen an das “Pack”, gerade eben wieder. Wie kann jemand mitten in der Zufahrt zu einer weitläufigen Seitenstraße parken? Dieselben Ansagen mache ich auch an Gerichte, Polizei, Krankenhäuser usw. 100 Tagessätze. Na und? “Bitter End” (Placebo), wenn man schon wie Herr/Frau/Em Kaltenhauser mit Musik unterlegen möchte…

Klaus Keller / 18.01.2024

Wie radikal wird eine Regierung noch agieren, die Existenzangst hat? Unter der Kanzlerschaft Gerhard Schröders zwischen 1998 und 2005 hatte die SPD anfangs mehr als 750.000 Mitglieder, an deren Ende immer noch rund 600.000 Mitglieder. Zum 31. Dezember 2023 hatten die Sozialdemokraten 365.190 Mitglieder, berichtet der „Tagesspiegel“ mit Verweis auf einen Parteisprecher. Demnach waren dies 14.671 Parteimitglieder weniger als Ende 2022, was einem Verlust von 3,9 Prozent entspricht. Auch CDU, CSU, Grüne und FDP verloren 2023 Mitglieder. Die Entwicklung in den Unionsparteien kenne ich nicht. +++ Das Christentum konnte Mitglieder gewinnen in dem es strengere Regeln im Vergleich zum Judentum über Bord warf, die neue Mitglieder daran hinderten zu konvertieren. zB Jerusalem als Zentraler Ort des Glaubens, Beschneidung, Speisegesetze usw. Man kann sich überlegen ob man das mit der Union unter Dr. Merkel vergleicht, die wesentliche Positionen der Union über Bord warf, was schließlich auch zur Abspaltung führte. Als das Christentum Staatsreligion wurde war es mit der Toleranz vorbei und es dauerte Jahrhunderte bis eine Normalisierung einsetzte. +++ Die Phase der DDR mit ihrer politischen Staatsreligion war relativ kurz. Von daher besteht die Hoffnung das die Radikalisierung kurz ist. Das Problem ist, wir haben keine reiche Republik in der Nachbarschaft, der wir beitreten könnten. Die Schweiz ist zwar reich, wir wären aber einfach zu viele. Sie könnte aber als Vorbild dienen.

Lutz Liebezeit / 18.01.2024

Bis zur letzten Kugel? Nürnberg hat gezeigt, daß die Angeklagten vollkommen uneinsichtig blieben. Die glaubten tatsächlich, sie seien Opfer. Der Krieg war längst verloren, trotzdem hat Hitler nicht aufgegeben. Der hatte Angst, nicht vorm Sperrfeuer, sondern davor, daß er im Käfig unter den Augen seines Erzfeindes durch Moskau getragen wird. Das hat - wenn ich mich recht erinnere -,sein persönlicher Adjutant bei einer Befragung ausgeplauert. Die Geschichte ist obszön, aber viel zu verhärtet, als daß da jemand einsichtig würde. Ich sage es nicht gern, aber ich war für ein anderes Gleis und habe vor einem Verbot gewarnt. Ich habe nicht gewarnt, um Recht zu behalten, ich habe gewarnt, um Unrecht zu haben.

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