News-Redaktion / 16.09.2021 / 08:37 / Foto: cartese / 0 / Seite ausdrucken

Die Morgenlage am Donnerstag

Ein Blick in die Nachrichten der letzten Stunden.

Taliban-Vizechef wieder aufgetaucht

Unter der Taliban-Führungsriege soll ein offener Streit zwischen dem moderateren politischen Flügel und den militärischen Hardlinern ausgebrochen sein, heißt es seit Tagen in Medienberichten. Vizeregierungschef Abdul Ghani Baradar, eigentlich die Nummer zwei der Taliban, blieb mehrere Tage von der Bildfläche verschwunden. Am Mittwoch tauchte er wieder auf und dementierte in einem Interview Streitigkeiten innerhalb der Taliban, meldet orf.at. Doch viele Fragen blieben offen. Und es mehren sich die Indizien, dass das Haqqani-Terrornetzwerk in Kabul die Zügel in der Hand halte.

Baradar habe das Politbüro in Doha geleitet und die Delegation der Taliban in den Verhandlungen mit den USA geführt, weshalb er als moderat gilt. Er war immer wieder auch als möglicher Präsident Afghanistans gehandelt worden, sei letztlich aber nur Vizeregierungschef geworden.

Laut BBC hätte Baradar Ende vergangener Woche eine handfeste Auseinandersetzung mit Khalil Haqqani gehabt, Minister und Mitglied des berüchtigten Haqqani-Terrornetzwerks. Schon am Wochenende hätten in sozialen Netzwerken Spekulationen kursiert, Baradar wäre bei dem Streit im Präsidentenpalast getötet worden. Öffentliche Auftritte von ihm habe es mehrere Tage nicht gegeben.

US-Minister wollten Afghanistan-Einsatz verlängern

Führende US-Minister haben einem neuen Enthüllungsbuch zufolge vergeblich versucht, Präsident Joe Biden zu einem längeren Afghanistan-Einsatz zu bewegen, meldet 24matins.de. In dem in der kommenden Woche erscheinenden Buch "Peril" (Gefahr) schrieben die "Washington Post"-Journalisten Bob Woodward und Robert Costa, dass Außenminister Antony Blinken und Verteidigungsminister Lloyd Austin im März versucht hätten, Biden dazu zu überreden, vorerst nicht alle US-Truppen vom Hindukusch abzuziehen. Damit hätte Druck auf die radikalislamischen Taliban ausgeübt werden sollen, mit der afghanischen Regierung eine politische Einigung zu erzielen, hätten die beiden Minister den Angaben zufolge argumentiert. Durch eine fortgesetzte US-Truppenpräsenz sollte “Zeit für Verhandlungen gewonnen“ werden.

Blinken habe das Thema den Angaben zufolge im März nach einem Treffen mit den NATO-Partnern in Brüssel in einem Telefonat mit Biden besprochen haben. Demnach hätten die Verbündeten die USA gedrängt, ihre Truppenpräsenz in Afghanistan dafür zu nutzen, konkrete Zugeständnisse von den Taliban zu erzielen. Blinken hätte sich dieser Meinung angeschlossen.

Pentagon-Chef Austin habe Biden ebenfalls versucht zu überzeugen, nicht sofort alle Soldaten abzuziehen. Er hätte sich demnach für einen stufenweisen Abzug in drei oder vier Phasen ausgesprochen, um einen Hebel für diplomatische Verhandlungen zu haben. Biden habe sich aber entschieden, einen vollständigen Truppenabzug aus Afghanistan bis zum 11. September anzuordnen, dem 20. Jahrestag der Terroranschläge von 9/11. Später sei die Frist auf den 31. August vorgezogen worden.

Kramp-Karrenbauer droht mit Abzug aus Mali

Bundesverteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer (CDU) hat die Fortführung des Bundeswehr-Einsatzes im westafrikanischen Krisenstaat in Mali in Frage gestellt, meldet 24matins.de. Die Ministerin habe am Mittwoch mit "Konsequenzen" gedroht, falls sich Berichte über Verhandlungen der Militärjunta in Mali mit russischen Söldnertruppen bestätigen sollten: "Wenn Malis Regierung mit Russland solche Vereinbarungen trifft, widerspricht das allem, was Deutschland, Frankreich, die EU und die UN in Mali seit acht Jahren leisten."

Die Bundeswehr ist mit bis zu 1700 Soldaten vor Ort, ihr derzeit größter Auslandseinsatz. Frankreich, das mit besonders vielen Truppen in Mali präsent sei, habe am Vortag einen Abzug seiner Soldaten angedroht, sollte es zu einer Zusammenarbeit von Malis Militärjunta mit der privaten russischen Söldnertruppe Wagner kommen.

Aus französischen Kreisen habe es geheißen, die Junta prüfe die Möglichkeit eines Vertrags mit Wagner über die Entsendung von tausend russischen Paramilitärs, um die malischen Streitkräfte auszubilden. Die malischen Behörden hätten eingeräumt, dass Gespräche mit der russischen Gruppe geführt würden, dass aber “noch nichts unterschrieben ist“.

Boris Johnson baut sein Kabinett um

Der britische Premierminister Boris Johnson tauscht das Personal seiner Regierung aus, meldet orf.at. Neben mehreren anderen Ministern habe es auch den bisherigen Außenminister Dominic Raab getroffen. Er habe wegen der Evakuierungsaktion aus Kabul in der Kritik gestanden. Spekulationen über die Umbildung des Kabinetts hätten seit Wochen die Runde gemacht.

Raab wechsle vom Außenministerium in das Justizministerium, habe der Regierungssitz Downing Street am Mittwoch auf dem Kurznachrichtendienst Twitter mitgeteilt. Zugleich sei Raab zum Stellvertreter Johnsons und zum Lord Chancellor berufen worden. Raab sei heftig kritisiert worden, weil er während des überhasteten Abzugs der Alliierten aus Afghanistan im Urlaub auf Kreta war und erst spät nach Großbritannien zurückgekehrt sei.

Das dürfte ihn nun das Amt gekostet haben. Die Versetzung in das weniger prestigeträchtige Justizministerium gelte als Degradierung. Raabs Nachfolge soll die bisherige Handelsministerin Liz Truss antreten.

Barnier für Referendum über Migration in Frankreich

Der um das Präsidentenamt in Frankreich kämpfende Ex-Brexit-Unterhändler Michel Barnier hält trotz Kritik an der Idee eines eigenen französischen Weges in Migrationsfragen fest, meldet orf.at. Er sei für ein Referendum in Frankreich im September kommenden Jahres zu dem Thema sowie für einen verfassungsrechtlichen Schutzschild, um nationale Maßnahmen treffen zu können, habe Barnier dem Wochenblatt „Le Point“ gesagt. Es gehe um ein Moratorium von drei bis fünf Jahren, um die Migration unter Kontrolle zu bringen.

Zunächst sollte in Frankreich ein Konsens erzielt und dann mit den europäischen Partnern über eine effektive Sicherung der Außengrenzen gesprochen werden, habe Barnier gesagt. Auch solle das Schengen-Abkommen reformiert werden, mit dem die Kontrollen an den Binnengrenzen der EU abgeschafft worden seien.

Mit der Forderung einer Beschränkung des Einflusses europäischer Gerichte in Migrationsfragen habe Barnier sich in der Vorwoche scharfe Kritik aus Brüssel eingehandelt. Die EU-Kommission hätte darauf verwiesen, dass aus den EU-Verträgen ganz klar eine Zuständigkeit des Europäischen Gerichtshofs im Bereich der Asyl- und Migrationspolitik hervorgehe. Seine Aussage sei auch deshalb brisant, weil sich europäische Gerichte seit Jahren mit Staaten wie Polen und Ungarn streiten, wie weit deren Befugnisse gehen. Barnier habe Ende August erklärt, Spitzenkandidat der französischen Konservativen für die Präsidentenwahl werden zu wollen. Er habe aber parteiintern noch mehrere Konkurrenten.

Spanien verhandelt wieder in Katalonien

Nach eineinhalb Jahren Unterbrechung haben die spanische Zentralregierung und die Regionalregierung von Katalonien ihre Gespräche über die Zukunft der nach Unabhängigkeit strebenden Region wieder aufgenommen, meldet orf.at. Beide Seiten hätten immer noch „radikal unterschiedliche“ Positionen, habe der spanische Ministerpräsident Pedro Sanchez nach dem Treffen in Barcelona gesagt. „Aber wir sind uns einig, dass der Dialog der beste Weg nach vorne ist“.

Zuvor habe er zwei Stunden lang mit dem katalonischen Regionalpräsidenten Pere Aragones gesprochen. Dieser hätte vor dem Treffen eine Amnestie für alle an dem gescheiterten Unabhängigkeitsreferendum von 2017 Beteiligten sowie ein neues Unabhängigkeitsreferendum gefordert. Beiden Forderungen habe Madrid jedoch eine Absage erteilt: „Für uns kommt weder ein Referendum noch eine Amnestie infrage“, habe Sanchez gesagt. Dennoch wolle er den Dialog aufrechterhalten und habe erklärt: „Wir werden Zeit brauchen, sehr viel Zeit.“

Dass die Verhandlungen dauern würden, habe auch Aragones bei einer eigenen Pressekonferenz gesagt. Mit dem Fortschreiten der Gespräche werde die Regionalregierung aber „Ergebnisse fordern“, habe er angekündigt.

Iran degradiert Atom-Chefunterhändler

Der Iran hat seinen Chefunterhändler für Atomangelegenheiten degradiert, meldet 24matins.de. Wie staatliche Medien am Mittwoch berichtet hätten, bleibe Abbas Araktschi zwar Teil der Verhandlungsdelegation, die an Gesprächen zur Wiederbelebung des internationalen Atomabkommens beteiligt sei, aber er habe nur noch beratende Funktion. Auch als stellvertretender Außenminister sei Araktschi abgesetzt und durch einen Hardliner ersetzt worden.

Sein Nachfolger als Vize-Außenminister werde laut Regierungsangaben Ali Bagheri, ein Verbündeter des iranischen Präsidenten Ebrahim Raisi. Der 53-jährige Bagheri sei bekannt für seine harte Linie gegenüber dem Westen. Ob er Araktschi auch als Chefunterhändler ersetze, habe das Außenministerium nicht mitgeteilt.

USA wollen Australien beim Atom-U-Boot-Kauf helfen

Die US-Regierung will Australien den Erwerb von U-Booten mit Nuklearantrieb ermöglichen, um die Sicherheit und die militärische Abschreckung im Indopazifikraum zu stärken, meldet orf.at. Gemeinsam mit Großbritannien solle in den kommenden 18 Monaten mit Ingenieuren, Strategen und dem Militär geprüft werden, was der „beste Weg“ für Australien sei, solche modernen U-Boote zu erhalten, wie ein ranghoher Vertreter des Weißen Hauses gesagt habe. Die US-Regierung hätte zuvor erst einmal eingewilligt, diese „extrem vertrauliche“ Technologie zu teilen. Die Initiative sei Teil einer „neuen trilateralen Sicherheitspartnerschaft“ der Staaten für den Indopazifik. Es handle sich um einen „historischen Schritt“, der die Entschlossenheit der USA zeige, in der Region des Indischen Ozeans und des Pazifiks mit Hilfe „stärkerer Partnerschaften“ Frieden und Stabilität zu erhalten, habe es geheißen. Die US-Regierung und auch Australien würden Chinas zunehmenden Machtanspruch im Indopazifikraum mit Sorge betrachten. Der Beamte des Weißen Hauses habe jedoch betont, das neue Bündnis richte sich nicht gegen ein bestimmtes Land.

Raketentests in Nord- und Südkorea

Nord- und Südkorea haben binnen weniger Stunden ballistische Raketen getestet, meldet deutschlandfunk.de. Zunächst hätte Nordkorea zwei Geschosse gestartet, wie das südkoreanische Militär mitgeteilt habe. Diese wären eine Strecke von 800 Kilometern geflogen. Nach Angaben der japanischen Regierung seien sie in japanischen Gewässern eingeschlagen.

Kurz darauf habe Südkorea bekannt gegeben, es hätte erstmals eine neuentwickelte Rakete von einem U-Boot aus gestartet. Von Seiten Nordkoreas habe es geheißen, man verfolge Verteidigungs- und keine Angriffspläne. Die Bemerkungen der südkoreanischen Regierung wären deshalb unangebracht.

UNO-Resolutionen verbieten Nordkorea eigentlich den Test von ballistischen Raketen, die je nach Bauart auch einen atomaren Sprengkopf befördern könnten.

Erster Prozess vor Kosovo-Tribunal begonnen

Über 20 Jahre nach dem Kosovo-Krieg hat vor einem neuen Sondergericht in Den Haag der erste Strafprozess zu mutmaßlichen Kriegsverbrechen begonnen, meldet kleinezeitung.at. Der Ex-Kommandant der kosovo-albanischen Miliz Kosovo Befreiungsarmee (UCK), Salih Mustafa (49), stehe seit Mittwoch als erster Angeklagter vor dem Gericht. Die Anklage beschuldige ihn unter anderem der Folter und des Mordes von Gefangenen im April 1999. Mustafa habe vor den Richtern seine Unschuld beteuert.

Der Angeklagte sei im vergangenen Jahr in Prishtina festgenommen worden. Er solle einen internen Geheimdienst der kosovo-albanischen Miliz geleitet haben. In einem Straflager bei Prishtina hätten er und seine Untergebenen im April 1999 mindestens sechs Zivilisten grausam gefoltert, einer der Männer sei ermordet worden, heiße es in der Anklage. Die Opfer seien nach Angaben der Anklage alle Kosovo-Albaner gewesen, die von der UCK als "Kollaborateure" angesehen worden wären.

Während des Kosovo-Krieges von 1998/99 habe die UCK gegen serbische Truppen gekämpft, um die Unabhängigkeit des vorwiegend von Albanern bewohnten Kosovos von Serbien zu erlangen. Das sei schließlich mit Hilfe der NATO gelungen. Das Sondergericht sei 2015 auf internationalen Druck errichtet worden. Es sei Teil des Justizsystems des Kosovo, doch besetzt mit internationalen Richtern und Anklägern. Wegen großen Drucks auf Zeugen sei das Gericht nach Den Haag verlegt worden. Die Anklage wolle auch den ehemaligen kosovarischen Staatspräsidenten Hashim Thaci strafrechtlich verfolgen. Er war im November 2020 zurückgetreten und soll sich vor dem Sondertribunal verantworten.

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