Gerade fand in Paris ein Internationales Gipfeltreffen zu einem neuen globalen Finanzierungsplan für Klimaschutz und Armutsbekämpfung statt. Stiftungen wie die von Bill Gates sollen mit ihren Geldern die Politik unterstützen und im Gegenzug profitieren. Ursula von der Leyen schlug eine weltweite CO2-Bepreisung vor, um noch mehr private Finanzmittel zu generieren.
Am 22. und 23. Juni fand in Paris ein Internationales Gipfeltreffen zu einem neuen globalen Finanzierungsplan für Klimaschutz und Armutsbekämpfung (Summit for a New Global Financing Pact) statt. Teilnehmer waren 40 Regierungsvertreter sowie zahlreiche NGOs, Stiftungen und Entwicklungsbanken. Diskutiert wurde über ein solidarischeres globales Finanzsystem, das gleichermaßen auf Klimaschutz und Bekämpfung von Armut ausgerichtet sein soll. Dabei wurde von der Voraussetzung ausgegangen, dass arme Länder von einem als globale Bedrohung eingestuften Klimawandel besonders betroffen seien. Außerdem könne globalen Krisen wie Klimawandel und Pandemien nur auf globaler Ebene begegnet werden.
Eingeladen hatte Emmanuel Macron, angereist waren unter anderen IWF-Chefin Kristalina Georgieva, EU-Kommissionschefin Ursula von der Leyen, EZB-Chefin Christine Lagarde, Chinas Ministerpräsident Li Qiang, Weltbankpräsident Ajay Banga, UN-Generalsekretär Antonio Guterres, Melinda Gates für die Bill & Melinda Gates Stiftung, Rajiv Shah für die Rockefeller-Stiftung, Greta Thunberg und natürlich auch Bundeskanzler Olaf Scholz. Der ursprüngliche Plan für diesen Gipfel war übrigens ein deutsch-französisches Gemeinschaftsprojekt, denn beispielsweise auf der Webseite des Internationalen Instituts für nachhaltige Entwicklung (IISD) ist noch der Eintrag zu lesen: „Frankreich und Deutschland werden vom 22. bis 23. Juni 2023 in Paris ein Gipfeltreffen zu einem neuen Finanzpakt veranstalten.“
Die konkreten Ergebnisse sind zwar überschaubar: Es wurden 100 Milliarden US-Dollar an Klimaschutz-Unterstützung aus dem Reserveguthaben des IWF, Schuldenerlasse für arme Länder und eine stärkere Einbeziehung von Privatkapital vereinbart. Doch die Tendenz ist klar ersichtlich: Das globale Finanzsystem soll zumindest vorgeblich auf den Klimaschutz ausgerichtet werden. So ist auf der Webseite des Internationalen Währungsfonds in einer für den Gipfel vorbereiteten Stellungnahme Georgievas zu lesen:
„Die Quellen der Emissionen liegen – historisch und aktuell – vor allem in den fortgeschrittenen Volkswirtschaften und den großen Schwellenländern. Doch wo sind die meisten Auswirkungen zu verzeichnen? Tragischerweise in Ländern, die nichts zur Entstehung des Problems beigetragen haben. Wir müssen eine Brücke bauen, um dieses Ungleichgewicht zu beheben.“
Außerdem sei zu berücksichtigen, dass der überwiegende Teil junger Menschen an anderen Orten lebe, als sich das Kapital befinde. Insgesamt müsse die Resilienz des einzelnen Menschen etwa durch Bildung und Gesundheitsfürsorge, die Resilienz der Gesellschaft beispielsweise im Bankensektor sowie die Resilienz des Planeten durch Klimaschutz gestärkt werden. Dafür habe der IWF unter anderem den Fonds für Resilienz und Nachhaltigkeit (Resilience and Sustainability Trust, kurz: RST) eingerichtet, wobei er eng mit der Weltbank zusammenarbeite.
Verdopplung der Klimafinanzierung für Entwicklungsländer
Mit seiner geradezu rührenden Sorge um die Nöte der Menschen in armen Ländern ist der IWF allerdings nicht allein: Zahlreiche philanthropische Stiftungen und Organisationen sind als Unterstützer des Pariser Gipfels aufgeführt, wie etwa die Rockefeller-Stiftung, die Bill & Melinda Gates Stiftung, die Open Society Foundation von George Soros, die Foundation der Weltgesundheitsorganisation (WHO), die Bloomberg Philanthropies und der Bezos Earth Fund. Die Geldgeber aus dem Privatsektor haben sogar eine gemeinsame Stellungnahme auf der Webseite des Pariser Gipfels abgegeben, die sie mit „Beitrag privater Philanthropien zum Gipfel für einen neuen globalen Finanzierungspakt“ überschrieben haben. Darin führen sie aus:
„Die Weltwirtschaft ist mit multidimensionalen Krisen konfrontiert, die sich in noch nie dagewesener Weise auf die am wenigsten entwickelten Länder und die am stärksten gefährdeten Bevölkerungsgruppen auswirken und durch die akuten Folgen der Pandemie und des russischen Krieges in der Ukraine noch verschärft werden. Diese bedürftigsten und verwundbarsten Bevölkerungsgruppen sind außerdem unverhältnismäßig stark von den häufigeren und extremen Wetterkatastrophen und der beschleunigten Erdewärmung betroffen. Ohne vorausschauende Anpassungsmaßnahmen wird die Bewältigung dieser Auswirkungen noch komplexer und kostspieliger werden, mit kaskadenartigen Folgen.“
Nichtstaatliche Akteure hätten jedoch die Möglichkeit, weitere Finanzmittel zu mobilisieren, um strukturelle Hindernisse für die Verwirklichung der Nachhaltigkeitsziele (SDGs) der Agenda 2030 zu beseitigen. Parallel dazu müssten die Industrieländer allerdings ihre Zusagen einhalten, etwa über die jährliche Klimafinanzierung von 100 Milliarden US-Dollar für Entwicklungsländer sowie über die Verdopplung der Klimafinanzierung für Entwicklungsländer bis 2025.
Die finanzstarken Menschenfreunde zeigen sich also durchaus selbstbewusst. Doch es geht noch weiter: Mit einem Gesamtvolumen von 42 Milliarden US-Dollar von 2016 bis 2019 ergänze die private Philanthropie die Arbeit von Regierungen und multilateralen Organisationen etwa bei der Eindämmung des Klimawandels, aber auch bei der Pandemie-Vorsorge. Und explizit fordern die Philanthropen „proaktive Schritte, um sicherzustellen, dass philanthropische Akteure ihre komparativen Vorteile zur Unterstützung und Ausweitung von Klima- und Entwicklungsmaßnahmen voll ausschöpfen können“.
Angestrebter Systemwandel
Dafür seien ein grundlegender Systemwandel sowie neue Wirtschaftsmodelle nötig, die „Lösungen für die miteinander verflochtenen globalen Herausforderungen – von der Dekarbonisierung über den Schutz der biologischen Vielfalt bis hin zu wirtschaftlicher Entwicklung und Gerechtigkeit – integrieren, anstatt sie zu isolieren, und die auf den besten verfügbaren wissenschaftlichen Erkenntnissen und Daten basieren“.
Und vollmundig verkünden sie: „Wir sind bereit, die Synergien zwischen philanthropischen Organisationen, privaten Investoren und multilateralen Entwicklungsbanken sowie multilateralen Klimafonds zu stärken.“ So seien sie angetreten, um die gesundheitlichen und wirtschaftlichen Risiken des Klimawandels zu verringern, sich für die Lebensmittel- und Ernährungssicherheit zu engagieren und zum Beispiel die Impfallianz GAVI zu fördern. Diese Erklärung der Philanthropen ist allerdings nur in einem aufploppenden Fenster auf der Webseite zu finden und hat daher auch kein besonderes Medienecho hervorgerufen. Sie verdeutlicht jedoch, dass es bei dem angestrebten Systemwandel und dem neuen Finanzpakt offenbar nicht nur um reine Menschenliebe, sondern um konkrete ökonomische Interessen geht, da die „philanthropischen Akteure“ aus dem finanzstarken Privatsektor unverhohlen größeren Einfluss auf die globale Finanzpolitik beanspruchen.
An der Oberfläche – also für Medien und Öffentlichkeit – wurde eine glänzende Show in Paris abgehalten. Insgesamt wurden 80 Programmpunkte wie Debatten und Gespräche an Runden Tischen angeboten. Der Livestream der Hauptveranstaltungen ist teilweise noch in archivierten Videoaufzeichnungen zu sehen, die entweder in französischer oder englischer Sprache ausgewählt werden können. Repräsentativ war der Nachspann des Livestreams zum Ausklang am Freitagmittag, in dem – unterlegt von euphorischer Musik – collagenartig Bilder und Stimmen des Gipfels kombiniert wurden. Hier waren Parolen zu hören wie „Armut und Klima sind untrennbar miteinander verbunden“ und Szenen zu sehen, in denen sich lachende Menschen optimistisch auf die Schulter klopfen.
Und natürlich durfte auch Macron selbst nicht fehlen mit seiner Aussage: „Kein Land soll sich entscheiden müssen zwischen Armutsbekämpfung und Klimaschutz.“ Wer einen Eindruck gewinnen möchte, kann sich ein zehnminütiges Best-of des ersten Gipfeltags hier anschauen. Eine Zusammenfassung der Diskussionen, Ergebnisse und Ziele aus Sicht der Veranstalter findet sich hier. Darin wird hervorgehoben, dass die Transformation zu einer Netto-Null-Wirtschaft „eine erhebliche Umgestaltung der Volkswirtschaften und Gesellschaften erfordert“. Für den Schutz des Planeten sei eine „Verlagerung der globalen Investitionen von Milliarden auf Billionen“ nötig.
15 bis 20 Milliarden US-Dollar mobilisieren
In den kommenden Monaten biete sich die Gelegenheit, die Architektur der Entwicklungs- und Klimafinanzierung mit der Vision eines gemeinsamen Wohlstands für den globalen Norden und Süden neu zu gestalten, um ein stärkeres und effizienteres internationales Finanzsystem zu schaffen. Die wichtigsten Entscheidungen sollen demnach auf dem G20-Gipfel im September und auf der COP 28-Konferenz getroffen werden. Der weitere Fahrplan bis September 2024 kann hier eingesehen werden. Kein Zweifel: Das globale Finanzsystem ist im Umbau begriffen. So wird auch Generalsekretär António Guterres auf der Webseite der Vereinten Nationen in Hinblick auf den Gipfel in Paris zitiert mit der Aussage, dass „das globale Finanzsystem, das rund 300 Billionen Dollar an Finanzvermögen verwaltet, einfach nicht zweckmäßig“ sei.
Guterres: „Die heutigen Mehrfachkrisen verstärken die Schocks für die Entwicklungsländer – zum großen Teil aufgrund eines ungerechten globalen Finanzsystems, das kurzfristig und krisenanfällig ist und die Ungleichheiten weiter verschärft.“ Ursula von der Leyen sagte wiederum am 22. Juni in Paris: „Wir brauchen privates Kapital. Das ist meines Erachtens ein Hauptthema dieses Gipfels.“ Öffentliche Gelder allein seien keine Lösung. Grüne Anleihen seien für jede Art von Land ein entscheidendes Hilfsmittel, um den ökologischen Wandel voranzutreiben und in den Infrastrukturbedarf zu investieren. Daher solle im Rahmen der neuen „Global Green Bond Initiative“ für grüne Anleihen Schwellen- und Entwicklungsländer Zugang zu den Kapitalmärkten, den Pensionsfonds und den Vermögensverwaltern ermöglicht werden.
Viele Vermögensverwalter und Pensionsfonds wüssten allerdings über diese interessanten Märkte noch zu wenig Bescheid. Die EU werde in erster Linie Know-how über die Entwicklung grüner Anleihen zur Verfügung stellen und durch finanzielle Unterstützung zur Risikominderung für die Investoren beitragen. Es gehe darum, den Ersteinstieg in diese Märkte zu ermöglichen. Hierfür setze die EU in Zusammenarbeit mit der Europäischen Investitionsbank (EIB) und den Entwicklungsbanken der Mitgliedstaaten nun eine Milliarde Euro ein, vor allem um privaten Anlegern die nötige Sicherheit für verstärkte Investitionen zu bieten. Damit könnten etwa 15 bis 20 Milliarden US-Dollar an nachhaltigen Investitionen mobilisiert werden.
142 Milliarden Euro mit Klima-Abgaben
Außerdem wies sie auf „Global Gateway“, das 300 Milliarden Euro schwere Programm der Europäischen Union für Investitionen in Drittstaaten, hin, das beispielsweise die Energiewende-Partnerschaft mit Südafrika umfasse. Es gehe jedoch nicht nur um Finanzierung, sondern auch um Wissenstransfer, etwa in Bezug auf die Herstellung von mRNA-Impfstoffen. Darüber hinaus sei die CO2-Bepreisung eines der wirkungsvollsten, wenn nicht sogar das wirkungsvollste Instrument, um Emissionen so zu senken, dass die Verursacher – die Industrie, der Verkehrssektor, die Bauwirtschaft – entweder dafür zahlen, wenn sie die Umwelt weiter belasten, oder zu Innovationen veranlasst werden.
Seit der Einführung der CO2-Bepreisung im Jahr 2005 habe die EU daraus Einnahmen von 142 Milliarden Euro erzielt. Gleichzeitig seien die CO2-Emissionen um 35 Prozent gesunken. Nach Möglichkeit sollten also beide Ziele erreicht werden: sinkende Emissionen und steigende Einnahmen. Der Emissionshandel werde in der EU nun auf Gebäude und den Straßenverkehr erweitert. Die Einnahmen sollen zu 100 Prozent in die Klimapolitik fließen und zum Teil der Finanzierung von Klimamaßnahmen in Drittstaaten dienen. Doch Ursula von der Leyen will mehr: Sie schlägt tatsächlich eine weltweite CO2-Bepreisung vor, weil dies viel mehr private Finanzmittel generieren könne. Allein die hoch entwickelten Länder der G20 erzeugten derzeit 80 Prozent aller Treibhausgasemissionen. Wenn beispielsweise nur 60 Prozent der Treibhausgasemissionen mit einer CO2-Bepreisung abgedeckt werden würden, könnten dadurch immense Einnahmen erzielt und entsprechende Investitionen in Klimamaßnahmen ermöglicht werden.
Wenn man Ursula von der Leyen zuhört, drängt sich ebenfalls der Eindruck auf, dass es bei dem „globalen Finanzierungspakt“ weniger um die individuellen Schicksale von Menschen in den ärmsten Ländern der Welt geht, sondern um einen attraktiven Investitionsmarkt, den die grüne Transformation erschließt. Dieser Verdacht wird auch von EZB-Chefin Christine Lagarde nicht zerstreut, die ihre Gipfel-Rede am 23. Juni hielt. Darin sagte sie, dass es ihr eine große Ehre sei, bei diesem wichtigen Gipfel dabei zu sein, der sich mit dem dringendsten Problem unserer Zeit befasste. Lagarde im O-Ton:
„Vor acht Jahren eröffnete UN-Generalsekretär Ban Ki-moon in Paris die COP21 mit der Feststellung, dass 'Paris einen Wendepunkt markieren muss', um die globale Erwärmung auf 1,5 Grad Celsius zu begrenzen. Heute schließt sich das Zeitfenster, in dem dieses Ziel erreicht werden kann, vor unseren Augen: Die letzten acht Jahre waren weltweit die wärmsten seit Beginn der Aufzeichnungen.“ Die Welt sei bereits jetzt von Dürren, Hitzewellen und Überschwemmungen geplagt, doch diese seien nur ein Vorgeschmack auf die Zukunft. Und Lagarde fordert: „Es ist die Pflicht aller, alles dafür zu tun, dass das Pariser Klimaziel erreicht wird.“
In diesem Predigt-Tonfall geht es weiter. Dass es vor „Beginn der Aufzeichnungen“, die auf das Ende des 19. Jahrhunderts datieren, wesentlich wärmere Phasen in der Erdgeschichte wie etwa die römische Wärmeperiode und mittelalterliche Warmzeit gegeben hat, blendet Lagarde routinemäßig aus und fährt fort:
„Die Entwicklungsländer werden einen unverhältnismäßig großen Anteil an den Auswirkungen tragen. Mehr als 90 Prozent der Menschen, die im letzten halben Jahrhundert durch extreme Wetterereignisse ums Leben gekommen sind, lebten in diesen Ländern, in denen sich mehr als 70 Prozent der gemeldeten Katastrophen ereigneten. Der Weg in die Zukunft ist klar: Wir müssen den globalen Wandel vorantreiben, um unsere Volkswirtschaften zukunftssicher zu machen.“
Die Industrieländer müssten mit gutem Beispiel vorangehen und die vor 14 Jahren auf der COP15 in Kopenhagen gemachte Zusage von 100 Milliarden US-Dollar für den Klimaschutz einhalten. Die Regierungen sollten auch private Finanzmittel mobilisieren, indem sie Übergangsmaßnahmen umsetzen und einen soliden und stabilen Rahmen schaffen, um Kapitalströme auf nationaler und globaler Ebene anzuziehen. Lagarde: „Generell müssen wir weltweit öffentliche und private Hindernisse für grüne Finanzierungen identifizieren und beseitigen, wo immer dies möglich ist.“ Zentralbanken müssten auf der ganzen Welt im Rahmen ihres Mandats die Ökologisierung des Finanzsystems unterstützen. Generell müssten Banken konsequenter Klimarisiken bei ihren Geschäfts- und Kreditentscheidungen berücksichtigen.
Überzeugungskraft des entsprechenden Narrativs
Auf Ökologisierung setzt auch die Weltbankgruppe, die klimaresiliente Schuldenklauseln einführen will. Diese sehen vor, dass die Rückzahlung von Schulden für die am stärksten vom Klimawandel gefährdeten Länder in Krisen- oder Katastrophenzeiten ausgesetzt wird. Außerdem will die Weltbank Regierungen beim Aufbau von Systemen für den Katastrophenfall unterstützen und Investitionen in Prävention und Vorsorge zunehmend mit der Finanzierung von Katastrophen- und Krisenreaktionshilfe verknüpfen. Sie will allen Ländern die Möglichkeit geben, eine Katastrophenversicherung in Kreditprodukte einzubinden, und diese auch für einkommensschwächere Länder erschwinglich machen.
Darüber hinaus kündigte Ajay Banga, Präsident der Weltbankgruppe, die Einrichtung eines „Privatsektor-Investitionslabors“ („Private Sector Investment Lab“) an, durch das Hindernisse beseitigt werden sollen, die Investitionen des Privatsektors in Schwellenländern bremsen. In den Schwellen- und Entwicklungsländern würden jährlich Investitionen in Billionenhöhe benötigt, um angemessene Fortschritte bei der Erreichung der Klimaziele zu erzielen, die Risiken des Klimawandels zu bewältigen und die Armut zu bekämpfen. Angesichts des Ausmaßes dieser Herausforderung müsse der Privatsektor neben der Weltbankgruppe und anderen Entwicklungsinstitutionen eine wichtige Rolle spielen. O-Ton Ajay Banga:
„Jahrelang haben die Weltbankgruppe, Regierungen und andere multilaterale Institutionen versucht, sinnvolle private Investitionen in Schwellenländern zu mobilisieren – und sind gescheitert. Angesichts der Dringlichkeit und des Ausmaßes unserer miteinander verflochtenen Herausforderungen müssen wir einen neuen Ansatz ausprobieren – und die Weltbankgruppe muss dabei eine zentrale Rolle spielen, indem sie ihre Ressourcen, ihre Überzeugungskraft und ihr Wissen nutzt, um privates Kapital effektiver zu mobilisieren.“
Wohin man auch schaut: UN, EU, IWF, EZB, Weltbank und die ihnen zugetanen Stiftungen steuern allesamt auf eine tief greifende Transformation des globalen Finanzsystems hin. Im Namen von Klimaschutz und der Bekämpfung von Armut. Doch wessen Interessen stehen tatsächlich im Vordergrund? Klar ist, dass diese Transformation für manche „nichtstaatliche Akteure“ immense Investitionsfelder eröffnen wird, sollte sie denn tatsächlich umgesetzt werden. Doch nicht alles läuft immer nach Plan.
So wollte die EU-Kommission ursprünglich am 28. Juni ihren Vorschlag für eine Verordnung zum digitalen Euro vorstellen, hat dieses Unterfangen nun aber verschoben. Warum auch immer. Vielleicht hält die EU-Kommission schlichtweg die Kommunikationsstrategie noch nicht für ausgereift genug? Darauf lassen jedenfalls Bemerkungen von Paschal Donohoe, Präsident der Euro-Gruppe, nach deren Sitzung am 15. Juni 2023 schließen. In Hinblick auf den digitalen Euro sagte er:
„Die Minister erörterten heute, wie wichtig es ist, eine überzeugende und klare Darstellung des Mehrwerts dieser Entwicklung und des Unterschieds zu entwickeln, den sie für das Leben der europäischen Bürger und für die Geschäftstätigkeit der Unternehmen in der Europäischen Union bedeuten würde. Wir erkennen an, dass es zwar eine breite Unterstützung für das laufende Projekt gibt und die Minister innerhalb unserer Institutionen diese Arbeit befürworten, aber dass sie auch prüfen wollen, wie wir dieses Narrativ weiter entwickeln können.“ Nicht die Einführung des digitalen Euro an sich steht also infrage, sondern lediglich die Überzeugungskraft des entsprechenden Narrativs.
Martina Binnig lebt in Köln und arbeitet u.a. als Musikwissenschaftlerin (Historische Musikwissenschaft). Außerdem ist sie als freie Journalistin tätig.