Susanne Baumstark / 10.09.2018 / 12:00 / Foto: Pixabay / 15 / Seite ausdrucken

Die Messe der Konfliktschürer

Seltener Fall eines logisch denkenden Konfliktforschers: Anatol Itten fand das #wirsindmehr-Konzert in Chemnitz kontraproduktiv und schließt eine noch stärkere Polarisierung zwischen Links und Rechts in Folge davon nicht aus.

„Die Besucher wollen ja, dass wir in einer toleranten Gesellschaft leben, in der Minderheiten akzeptiert werden … Aber wenn es uns darum geht, einen Konflikt zu schlichten und Rechtsradikalismus keinen Nährboden zu geben – dann ist es aus meiner Sicht der falsche Weg. Besser wäre ein Konzert mit progressiven und konservativen Bands gewesen. Und jemand mit Staatsverantwortung wie ein Ministerpräsident sollte sich nicht auf eine Seite stellen, auch wenn er Gesetzesbrüche natürlich verurteilen muss“  

Der Konflikt wird bisher in allererster Linie geschürt von all jenen, die unentwegt von „Demokratie“ sprechen, doch lediglich ihre autoritär fundierte Meinungsherrschaft ausbauen wollen. Und von den öffentlich-rechtlichen Brüllern, die Kritikern „Staatsverächtung“ unterstellen ohne jemals auf die Idee zu kommen, dass sich die gewachsene Verachtung allein auf sie als Personen bezieht, die um eine Wiederbelebung der vordemokratischen L’état-c’est-moi-Ära täglich bemüht sind. Ja, auch Frankreich lässt – diesmal nur moderner umschrieben – mit dem Leitsatz des Absolutismus grüßen, sollte es tatsächlich bis Jahresende mit einem „Gesetz gegen politisch motivierte Desinformation“ aufwarten.

Es wird in zehn bis zwanzig Jahren festzustellen sein, ob sich die bis zum Anschlag mit Workshops gegen „Rechtspopulismus“ zugetextete Jugend trotzdem von ihrer Indoktrination lösen kann. Entsprechende Veranstaltungen entpuppen sich regelmäßig als Stigmatisierungs-Plattformen, wo der mittels rhetorischer Trickserei konstruierte Feind keinerlei Chance zur Richtigstellung bekommt: weil ihm jede einzelne Redewendung zu seinen Ungunsten ausgelegt wird. Wem selbst das noch zu umständlich ist, der fordert gleich gänzlich die Einstellung des Dialogs. 

Dieser Beitrag erschien zuerst auf Susanne Baumstarks Luftwurzel.

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Test 45: 51108

Werner Liebisch / 10.09.2018

"wirsindwirr-Konzert" würde eigentlich besser passen...

Helge Grimme / 10.09.2018

Immer mehr häufen sich Handlungen unserer Politelite, für die meiner Meinung nach hauptsächlich zwei Ursachen plausibel erscheinen. Gnadenlose Realitätsferne oder absichtliche, umfassende Spaltung unserer Demokratie über die Grenzen friedlich-demokratischen Diskurses hinaus. Hoffentlich erkennt der deutsche Michel ausnahmsweise noch rechtzeitig, wie Schlimmstes verhindert werden kann.

Sabine Schönfelder / 10.09.2018

Eine äußerst eigenwillige Art , seine Sepsis gegenüber Rechtsradikalen darzustellen , sind Gruppen, die in ihren Texten über Nackenschläge, die andere in den Rollstuhl befördern singen oder Frauen ficken wollen, bis sie 'grün und blau ' werden. Nun, schon die Antifa kämpfte mit roher Gewalt und Mordversuchen an Polizisten und eventuellen Kollateralopfern in Hamburg für eine friedliche Welt. Alles ist möglich, wenn die ideologische Abstimmung mit den Medien besteht, dann heiligt der Zweck alle Mittel ,und die Presse macht, wie im neuesten Fall in Sachsen-Anhalt, aus einer schwarzen Übelkrähe eine weiße Friedenstaube. Ein behinderter Deutscher möchte einen Konflikt zwischen zwei Afghanen schlichten, wird brutal zusammengetreten ( einheimische Presse)und derjenige, der ihm zu Hilfe eilt, wird bereits am nächsten Tag zum rechtsradikalen Schläger, der die armen Migranten zur Notwehr veranlaßte. Das Opfer, ganz wichtig für den Tatvorgang, hat auch einen rechtsradikalen Bruder(Welt). Der junge Mensch starb, unabhängig von den zahlreichen Tritten der beiden Kriminellen, an einem Herzinfarkt. Wer glaubt, wird selig!

Martin Lederer / 10.09.2018

Das erinnert doch etwas an die Hexenverfolgung, wo die Verdächtige auch keine Chance hatte - ganz egal was sie sagte oder tat.

Belo Zibé / 10.09.2018

Die Förderung des Meinungsstreites,der eigenen Urteilsfähigkeit ,so wie es Ulrike Poppe schildert, fehlt mittlerweile nicht nur in den Schulen.Die MSM bilden da auch keine Ausnahme.Bekannte Hashtags wie #Haltung #Wirsindmehr u.a sind oberflächlich betrachtet «sanfte Grenzen»,die aber bei Denkübertritten zur Stigmatisierung mit Folgen führen können.Abgesehen davon, dass Lehrer einem Meinungsstreit schon deshalb aus dem Weg gehen, werden sich Schüler einen Denkübertritt erst recht nicht getrauen.Kinder, die wegen der Gesinnung eines Elternteils der Waldorfschule verwiesen werden, oder Anwälte, die sich als Wegbereiter für Kündigungen aus Gesinnungsgründen anbieten, wie hier schon zu lesen war, sind realistische Beispiele dafür, wie zwingend sich diese Hashtags unter dem #Demokratie wagen mittlerweile auswirken.Darüber wird man Campino und Co. nicht schraddeln hören.

Hans Jürgen Haubt / 10.09.2018

Sehr geehrte, lesenswerte Frau Baumstark! Sie schreiben im letzten Absatz "wo der mittels rhetorischer Trickserei konstruierte Feind keinerlei Chance zur Richtigstellung bekommt...". Mit Herrn Sarrazin wurde in der Rezension seines neuen Buchs über den Islam durch Herrn Herrmann genau so verfahren. Die FAZ weigerte sich, die Gegendarstellung von Herrn Sarrazin zu veröffentlichen. Vermutlich wollte und will sie damit einer journalistischen Blamage entgehen.

Wiebke Lenz / 10.09.2018

Zuerst zum letzten Absatz: Ich denke, dass sich andere Ansichten nicht einfach unterdrücken lassen. Und wenn jemand überzeugt davon ist, dass seine Meinung die richtige ist, so merkt er auch, wann er einfach "gehirngewaschen" werden soll. Dies wird sich dann auch auf die eine oder andere Weise zeigen. Nun zum Anfang: Es war wohl jedem denkenden Menschen klar, dass die Gräben nur tiefer gezogen werden, wenn ein politisches Konzert veranstaltet wird. Egal, von welcher Seite. Jedoch hätte ich noch eine Frage: Eine Quelle, die ich nicht unbedingt als vertrauenswürdig einstufen würde, berichtete, dass auf dem Konzert "Wir sind mehr" auch solche Sätze wie in etwa "f**kt sie in den Arsch, f**kt sie grün und blau. Bunt statt braun!" "gesungen" wurden. Ist das korrekt?

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