Von Jan Hendrik.
Mit Hass, Gewalt und totaler Verweigerung jedweden Kompromisses haben sich die Palästinenser ins Aus manövriert, dennoch machen sie auf ihrem Irrweg weiter. Leider lassen sich auch EU-Politik und Medien vor diesen Karren spannen.
Am vergangenen Donnerstag gab es erneut einen Anschlag auf israelische Zivilisten. Zwei mit Axt und Messer bewaffnete Palästinenser ermordeten drei Familienväter und verletzten vier weitere Opfer zum Teil lebensgefährlich. Die drei Todesopfer hinterlassen 16 Kinder. Einer der drei hatte die Terroristen in seinem Auto aus der Nähe der israelischen Grenzanlage mitgenommen.
Während israelische Sicherheitskräfte die Suche nach den geflohenen Terroristen begannen, kam es in den palästinensischen Gebieten zu einem inzwischen vertrauten Ritual. Auf erfolgreiche Anschläge gegen Israelis wird auf der Straße mit dem Verteilen von Süßigkeiten und Freudenfeiern reagiert. Die jüngste Attacke ist Teil einer Terrorwelle, die seit März bereits 19 Israelis das Leben gekostet hat.
Von den Feiern der Palästinenser ist bei der Nachricht zum Vorfall im SPIEGEL keine Rede, wie überhaupt das Wort „Palästinenser“ vermieden wird, solange es sich nicht um Opfer, sondern um Täter handelt. Als sei die Faktenlage noch nicht geklärt, spricht man von „Angreifern“; „drei Menschen“ seien „getötet worden“. Damit steht der SPIEGEL beileibe nicht allein, sondern folgt einem beständigen Muster in der üblichen Nahost-Berichterstattung. Nachdem ein Palästinenser aus Dschenin im April drei Israelis aus unmittelbarer Nähe exekutiert hatte, berichtete der BR von einer „Kneipenschießerei“ in Tel Aviv.
Noch besser brachte es neulich das ZDF auf den Punkt, nachdem im November ein Hamas-Mitglied einen jüdischen Stadtführer in der Jerusalemer Altstadt per Kopfschuss getötet und vier weitere Israelis verletzt hatte und schließlich von Polizisten erschossen worden war. Während die ARD von „Toten und Verletzten bei Attacke am Tempelberg” berichtete, als sei über Opfer und Täter weiter nichts bekannt, titelte man beim ZDF forscher: „Israel: ein Palästinenser erschossen“. So also die Berichterstattung der Öffentlich-Rechtlichen aus dem Land, das von sich sagt, eine besondere Verantwortung gegenüber dem jüdischen Staat zu tragen. Man fragt sich, wie die Schlagzeilen sonst wohl lauten mögen. Vielleicht so wie bei der Rheinischen Post: „Israelische Polizisten erschießen Palästinenser am Tempelberg“.
Verschweigen, vernebeln, verdrehen
Während der „Spiegel“ bei der jüngsten Attacke zu Tätern wenig und zu Freudenfeiern nichts zu sagen hat, findet er sehr wohl Platz für eine Erläuterung zum Hintergrund der Terrorattacke. Die Polizei nämlich „erlaubte es jüdischen Israelis wieder, den Tempelberg zu besuchen”, dabei gebe es immer wieder Verstöße der Juden gegen die Vereinbarung, nicht an der drittheiligsten Stätte des Islam zu beten. Deswegen „kam es zu Konfrontationen zwischen Palästinensern und Sicherheitskräften”. Die Israelis verstoßen, und „es kommt zu Konfrontationen“, vermutlich so ähnlich, wie es manchmal zu Unwettern kommt. So kann man das natürlich zusammenfassen. Ein ehrlicher Bericht aber sähe anders aus.
Der Tempelberg ist zwar die drittheiligste Stätte im Islam, aber mit der Klagemauer auch die heiligste Stätte im Judentum. Trotzdem war unter jordanischer Kontrolle Juden der Zutritt zur gesamten Altstadt und somit auch der Klagemauer verboten. Erst seit der Wiedervereinigung Jerusalems durch Israel im Sechstagekrieg 1967 ist Angehörigen aller Religionen freier Zugang zu ihren jeweiligen Andachtsorten garantiert.
Israel unternimmt gewaltige Anstrengungen, diese Garantie unter schwierigen Umständen aufrechtzuerhalten. In Anerkennung der Bedeutung des Tempelbergs für Muslime hat Israel seine Verwaltung einer muslimischen Stiftung (dem Waqf) unterstellt. Nicht-Muslimen ist zwar das Betreten des Areals erlaubt, aber um Ausschreitungen zu vermeiden, ist Juden das Beten auf dem Tempelberg verboten. Weil das Verbot nicht immer beachtet wird, hatte Israel in den vorangehenden zwei Wochen jüdischen Besuchern zum Ende des Ramadan gänzlich den Zutritt verwehrt, während der Ort für Muslime frei zugänglich blieb. Am Donnerstag war der Zugang wieder für alle Menschen freigegeben worden. Diese „Provokation“ war für die Hamas offenbar so unerträglich, dass ihr Anführer Yahya Sinwar wenige Tage vor dem jüngsten Anschlag verkündete: „Jeder, der ein Gewehr hat, möge es bereit machen. Und wenn du kein Gewehr hast, greife zum Fleischermesser oder Axt.“ Am Donnerstag war man seinem Aufruf gefolgt.
Bilder provozieren, die den Hass anstacheln
Für Hamas und die vielen palästinensischen Akteure, deren Dasein untrennbar verbunden ist mit dem Kampf gegen den jüdischen Staat, und für welche die langsame Normalisierung zwischen Arabern und Juden eine existentielle Bedrohung darstellt, ist der Tempelberg ein ideales Betätigungsfeld. Durch den hohen religiösen Stellenwert hat jede dort stattfindende Auseinandersetzung das Potenzial, einen Flächenbrand auszulösen.
Das gilt insbesondere für die auf dem Berg stehende Moschee Al-Aqsa („Die Juden haben kein Recht, sie zu entweihen mit ihren schmutzigen Füßen”, Mahmud Abbas 2015). Es ist deswegen kein Zufall, dass gerade von ihr aus Angriffe gegen Israelis inszeniert werden. Die unausweichlich entstehenden Bilder garantieren Empörung in der gesamten muslimischen Welt. Vor diesem Hintergrund lassen sich dann besonders leicht Attentäter motivieren, deren Anschläge und die darauf folgenden Fahndungen die Situation immer weiter aufheizen.
Ähnliche Vorgänge hatten schon den Krieg zwischen Israel und Hamas im Mai 2021 ausgelöst. Auch da hatte der jüdische Staat nur zu verlieren: Verteidigt Israel sich nicht, macht Hamas mit massivem Raketenbeschuss ein Leben unmöglich. Geht Israel gegen Hamas vor, lösen die unvermeidbaren Opfer und Zerstörungen immer größeren Hass sowie weltweite Verurteilung aus, die die Legitimität Israels zunehmend erodieren lässt. Diese Gleichung geht nur mit Hilfe westlicher Journalisten auf.
Auch dieses Jahr war es nicht einfach „zu Unruhen gekommen“, wie es nicht nur der Spiegel schreibt. Stattdessen hatten Palästinenser Polizisten und Zivilisten an der unterhalb gelegenen Klagemauer mit Steinbrocken und Feuerwerkskörpern angegriffen und sich dann in der Moschee verbarrikadiert. Die Szenen der gegen sie vorgehenden Polizeibeamten sorgten wie erwartet für helle Empörung in der gesamten muslimischen Welt. Dass einige der palästinensischen Angreifer in der Moschee Schuhe trugen, ein Unding für einen gläubigen Muslim, schien dabei genauso wenig zu stören wie die Tatsache, dass es gerade der Einsatz der israelischen Polizei war, der es noch am gleichen Tag trotz der Unruhen 200.000 Muslimen ermöglichte, ungestört am Tempelberg beten zu können.
Deutsche Medien machen sich zum Bestandteil einer zynischen Terror-Logik
Die Auseinandersetzung um Al-Aqsa sind Teil einer Strategie, die bewusst zu eskalieren versucht, um dem jüdischen Staat größtmöglichen Schaden zuzufügen, die Zivilbevölkerung zu terrorisieren und die stattfindende Annäherungen zwischen Juden und Arabern im Keim zu ersticken. Leider nicht ohne Erfolg. Dahinter steckt immer noch die Hoffnung, langfristig den jüdischen Staat vernichten zu können:
Durch tendenziöse oder schlampige Berichterstattung machen sich nicht wenige deutsche Medien zum Bestandteil dieser Logik. Das schadet nicht nur Israel, das als die einzige freie Gesellschaft der Region eine faire Behandlung verdient hätte. Ähnlich wie UNWRA, NGOs und die Autonomiebehörde tun sie damit auch den im eigenen Narrativ feststeckenden Palästinensern keinen Gefallen. Nichts steht einer Verbesserung der palästinensischen Lebenssituation mehr im Wege als Hass, Gewalt und die totale Verweigerung jedweden Kompromisses.
Umso tragischer, dass sich auch europäische Politik und Medien vor diesen Karren spannen lassen, statt sich zugunsten aller Bewohner der Region klar und konsequent für friedliche Koexistenz und Zusammenarbeit einzusetzen. Eine saubere Berichterstattung wäre dabei der erste Schritt.
Dieser Beitrag erschien zuerst hier.
Jan Hendrik ist ein in Deutschland geborener Israeli. Nach Zwischenstationen u.a. in Cambridge und San Francisco übersiedelte er 2010 nach Israel. Er lebt und arbeitet als Software-Ingenieur in Tel Aviv.