Die Maßeinheit für Größenwahn

Der geplante Ausbau von Solaranlagen um den Faktor drei wird keine Probleme lösen, aber enorme Einbußen an Lebensqualität mit sich bringen. Widerstand ist aber zwecklos, denn demokratische Hindernisse auf dem Weg zur totalen Nachhaltigkeit werden elegant aus dem Weg geräumt.  

Vor 100 Jahren schrieb ein kluger Kopf über erneuerbare Energien:

Das alles klingt durchaus plausibel. Man darf nur nicht zu rechnen beginnen. Jede Umsetzung einer Energieform in eine andere verzehrt Kraft. … Die Folge ist ein sehr geringer Wirkungsgrad. Verbunden mit der Unstetigkeit der Ausgangsenergie läßt sich daraus ohne weiteres die Unbrauchbarkeit solcher Vorschläge erkennen.

Damit war nicht Photovoltaik gemeint, aber sie ist exakt solch ein „unbrauchbarer Vorschlag“. Von Sonnenlicht geht es per Photovoltaik zu Elektrizität, dann per Elektrolyse zu Wasserstoff und dann per Brennstoffzelle wieder zu Elektrizität. Das sind drei der erwähnten Umsetzungen, und auch die „Unstetigkeit der Ausgangsenergie“ namens Sonne lässt sich nicht leugnen.

Demokratische Gefälligkeiten

Andere kluge Köpfe entwarfen 1949 die Bundesrepublik. Das neue politische System sollte so dezentral wie möglich, so zentral wie nötig sein. Man hatte ja gerade erfahren, wohin es führt, wenn eine Partei alles bis ins kleinste Detail kontrolliert. So entstand nun die Pyramide aus Gemeinde – Kreis Land – Bund. Ob Xdorf einen Maibaum aufstellt oder nicht, das entscheiden nur die Xdorfer und nicht der Bundeskanzler.

Es ist aber nicht immer so einfach. Wenn die Bundesregierung etwa die „Erneuerbaren“ erweitern möchte, dann braucht sie die Zustimmung der Gemeinden, auf deren Grund und Boden das passieren soll. Es könnte ja sein, dass den Bürgern von Xdorf der Blick auf Wiesen und Bäume lieber ist, als auf ein Meer von Photovoltaik. Was macht man nun, wenn das Volk nicht will, was die Politik möchte?

Von Menschen gemachte Regeln lassen sich leichter verbiegen als Naturgesetze, und so ist jetzt das „Freiflächen Abgabengesetz“ im Gespräch. Es bestimmt, dass zur Genehmigung einer PV-Anlage der Betreiber einen Betrag von etwa 2.000 Euro pro Megawatt (MW) in die Kasse der Gemeinde bezahlen muss. Bei 100 MW versüßt das die Entscheidung für so manchen Bürgermeister.

Bahn frei in den Wahnsinn

So wird nun die Bahn frei für den alternativen Wahnsinn. Bis 2030 soll Photovoltaik mit insgesamt 215 Gigawatt (GW) installiert werden. Ist das viel? Aktuell sind ca. 67,7 Gigawatt Photovoltaik installiert.

Wieviel Platz bräuchten wir jetzt dafür? Ein GW ist dasselbe wie 1.000 MW. Bei ca. 1 Hektar pro Megawatt (je nach Quelle variiert die Zahl) braucht 1 GW also etwa 10 Quadratkilometer. Bei der angestrebten Leistung von 215 GW würden dann 2030 mehr als 2.000 Quadratkilometer Deutschlands mit PV-Modulen zugepflastert sein. Das entspricht dem Flächenbedarf von Autobahntrassen einer Gesamtlänge von 40.000 Kilometern! Deutschland hat derzeit 13.500 Kilometern davon.

Außer Terrain kostet dieser Wahnsinn natürlich auch noch ein paar Euros. Wie viele, das weiß niemand genau, nur eines ist gewiss: Letztendlich bezahlt alles der deutsche Verbraucher.

Was bekommen wir dafür?

2022 waren in Deutschland 67,7 GW Photovoltaik installiert. Die haben uns 57,6 Terawattstunden (TWh) beschert, das sind gut 10 Prozent von Deutschlands Strombedarf. Hochgerechnet bekämen wir von der auf 215 GW erweiterten Photovoltaik dann 183 TWh pro Jahr geliefert, also ein Drittel des gesamten Strombedarfs.

Bei perfektem Sonnenschein über ganz Deutschland allerdings bekämen wir mittags tatsächlich die vollen 215 Gigawatt geliefert! Wohin damit? Das Land kann ja nur ein Viertel davon brauchen! Und da kommt nun der Wasserstoff ins Spiel, der aus dem Überschuss per Elektrolyse erzeugt, gespeichert und bei Bedarf durch Brennstoffzellen wieder zu Strom verwandelt wird. Wie erwähnt, hat das einen sehr schlechten Wirkungsgrad, aber das ist noch nicht alles.

100 oder 200 Gigawatt ist eine unvorstellbare Menge an Elektrizität. Woher sollen die Anlagen kommen, um den Wasserstoff zu erzeugen, zu komprimieren und zu speichern? Das wären viele gigantische Fabriken, die noch dazu nur an wenigen wolkenlosen Sommertagen im Einsatz wären und den Rest des Jahres vor sich hin rosten würden.

Aber auch das ist noch nicht alles. Auch wenn die Wasserstoffspeicher dann prall gefüllt sind, dann retten die uns bei Flaute und Wolken vielleicht über zwei oder drei dunkle Tage, aber nicht über die finsteren Wintermonate, denn für Solar ist von Oktober bis April Schicht im Schacht.

 

Dr. Hans Hofmann-Reinecke studierte Physik in München und arbeitete danach 15 Jahre in kernphysikalischer Forschung. In den 1980er Jahren war er für die Internationale Atomenergiebehörde (IAEA) in Wien als Safeguards Inspektor tätig. Er lebt heute in Kapstadt. Dieser Artikel erscheint auch auf Blog des Autors Think-Again. Der Bestseller Grün und Dumm, und andere seiner Bücher, sind bei Amazon erhältlich.

Foto: Pixabay

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Leserpost

netiquette:

Karsten Dörre / 04.12.2023

Auf den Dächern ist Platz und die überaus erfolgreichen Balkonkraftwerke bei Hinz und Kunz. Spaß beiseite: ich investiere in Solaranlagen auf Grönland. Da wird demnächst viel ungenutzte Fläche frei.

Gerd Maar / 04.12.2023

Mittlerweile sind die Xdorfer doch derart von den meinungsführenden Medien indoktriniert worden, dass sie die Solarfelder und Monstermühlen schön finden, weil es ja dem Klima hilft.

Richard Reit / 04.12.2023

Ideologen interessieren sich nicht für Realitäten.

Gudrun Meyer / 04.12.2023

Laut Ihrem Text macht das FreiflächenAbgabegesetz aus der “klimaschützenden” Entscheidung eine pseudo-wirtschaftliche. “Pseudo” deshalb, weil diese Bestechung der Kommunen nicht zu einer erfolgreicheren Produktion und/oder zu echtem Umwelt- und Landschaftsschutz führt, sondern ganz im Gegenteil zur weiteren Verschwendung der Steuergelder. Sogar, wenn in Kleinsiehstenich etwas Sinnvolles mit dem Geld geschieht, hat man schon 4 km weiter in Hinterkleinsiehstenich keinen Vorteil davon. Allerdings wird so ein Dorf mit ideologisch grünstichigem Spielzeug abhängiger von der überregionalen Verwaltung, und eben das ist der Zweck von´s Ganze. Der politischen Klasse geht es nicht um Geld, sondern um Kontrolle und Macht, und mindestens ein Teil dieser Klasse glaubt, ab einem gewissen Punkt auch ohne Geld herrschen zu können.

rolf schwarz / 04.12.2023

Das notwendige Invest für die vielen Halbleiterplatten geht weitestgehend nach China. Plus der ganzen Marie, die den Chinesen dann auch noch für die teueren Rohstoffe der Batterien überwiesen wird. Aber vielleicht erlassen uns diese netten Menschen in Fernost dann die Entwicklungshilfe, die man derzeit noch überweist. Den Deal würden die Hampler und ihre Medien sicher ganz groß feiern.

Patrick Meiser / 04.12.2023

“Bei perfektem Sonnenschein über ganz Deutschland allerdings bekämen wir mittags tatsächlich die vollen 215 Gigawatt geliefert! Wohin damit? Das Land kann ja nur ein Viertel davon brauchen!” Ganz einfach Herr Hofmann-Reinecke, fragen Sie mal die “wir-haben-Speicher-noch-und-nöcher” Tante Kempfert. Die grün-woken Spinner samt ihrer Wähler sollten alle vom herkömmlichen Energienetz abgeschnitten und ausschließlich mit “erneuerbarer Energie” versorgt werden, besonders über die Wintermonate.

Wilhelm Lohmar / 04.12.2023

Herr Dr. Hofmann-Reinecke, mit so einem exotischen Begriff wie Wirkungsgrad können die Weltretter doch gar nichts anfangen. Die Weltretterinnen erst recht nicht. Fragen Sie doch einfach Luisa Neubauer und Carla Hinrichs danach. Oder nach Energiedichte.

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