Dirk Maxeiner / 27.07.2017 / 11:33 / Foto: Kalispera Dell / 12 / Seite ausdrucken

Die Manager prügeln und das Auto meinen

„Totalschaden“ heißt die Überschrift eines Berichts in der heutigen Bildzeitung, in dem es darum geht, „was die Autobosse alles falsch machen“. Sehr viel, soviel steht fest. Ein Satz in dem Bild-Beitrag ließ mich dann aber doch stutzen: „Tatsächlich hat die deutsche Autoindustrie den Wandel zum E-Auto erst spät ernst genommen, Tesla und Renault sind Spitzenverkäufer in Deutschland....“. Wandel zum E-Auto? Spitzenverkäufer? Wie bitte?

Schauen wir uns einmal die Zahlen an: Tesla verkaufte 2016 in Deutschland 1.908 Elektroautos, Renault 3.175. Im März 2017 verkaufte Tesla 670 Autos, Renault 640. Insgesamt wurden 2016 in Deutschland 3,4 Millionen neue Autos zugelassen, davon 15.165 Elektrofahrzeuge, also nicht einmal 0,5 Prozent. In diesem Zusammenhang von einem Wandel zur E-Mobilität zu sprechen, erscheint mir ein wenig präpotent. Bislang hat noch nicht einmal die staatliche Kaufprämie von 4.000 Euro dazu geführt, dass ein ernsthafter Trend zu rein elektrischen Autos entsteht.

Die nächste Stufe – und das wird ja bereits angekündigt – dürfte daher der Zwang zum Elektroauto sein. Französische und englische Politiker haben ein Verbot für Verbrennungsmotoren für 2040 angekündigt, die Norweger für 2025, eine Gesetzesinitiative des Bundesrates sieht in Deutschland 2030 vor. Das ist aber dann kein technischer Wandel, sondern ein Akt politischer Willkür. In einer Abwägung der Vor und Nachteile von Autos mit Elektro- und Verbrennungsmotor steht das Elektro-Konzept keineswegs so überragend da, wie es gerne herbeihalluziniert wird. Insbesondere nicht in einem Land wie Deutschland, wo der Saft aus Kohlekraftwerken kommt, wenn der Wind nicht weht und die Sonne nicht scheint.

Sollte die Technik für einen Wandel soweit sein, insbesondere die Haltbarkeit, Kapazität und Bezahlbarkeit der Batterien konkurrenzfähig sein – und obendrein die dafür benötigten Rohstoffe ausreichend zur Verfügung stehen, dann wird so ein Wandel in der Tat kommen. Wie schnell das geht, weiß im Moment niemand. Politischer Wille kann Technik jedenfalls nicht ersetzen. Er kann höchstens den wichtigsten deutschen Industriezweig durch politischen Aktionismus zerstören, wie er es schon mit den deutschen Energieversorgern getan hat. Eine bewährte Technologie zu verbieten, bevor man seriösen Ersatz hat, ist für eine Industrienation russisches Roulette.

Es wäre deshalb ganz gut, die Diskussion zu trennen. Natürlich muss man Manager zur Verantwortung ziehen, die die Bodenhaftung verloren haben – und von denen einige dermaßen von Hybris befallen sind, dass sie glauben, sich nicht an die Gesetze halten zu müssen. Die Frage welche Rolle das Auto in naher und ferner Zukunft spielen kann, und welche technischen Konzepte dabei die besten sind, hat damit aber herzlich wenig zu tun. Im deutschen Wahlkampf läuft es leider auf eine muntere Vermischung der beiden Themenfelder hinaus. Man prügelt auf die Manager, meint aber das Auto als vom Bürger geliebtes individuelles Fortbewegungsmittel.

Wir sind eben nicht nur Weltmeister im Autobauen, sondern auch im moralischen Rigorismus.

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Leserpost

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Dr. Bredereck, Hartmut / 27.07.2017

Wiedermal haben sich alle Mainstreamjournalisten darauf geeinigt, auf die deutsche Autoindustrie einzuschlagen. Bei den angeblichen Kartellverletzungen der fünf großen Autofirmen wird automatisch Schummelei und Betrug unterstellt, ohne überhaupt die Faktenlage zu kennen. Es handelt sich nicht um Preisabsprachen, sondern um vermeintliche technische Detailkonzepte, die durchaus einen Normencharakter haben können. Dass die Dieselhersteller bei der Größe der Adblue-Tanks kartellrelevante Absprachen geführt haben, klingt merkwürdig. Die Adblue- Tanks müssen aus Temperaturgründen unter der Motorhaube installiert werden. Da jedes Auto anders aufgebaut ist, muss der Tank den technologischen Gegebenheiten in Größe und Form angepasst werden. Die Firma Röchling Automotiv hat das Konzept der SCR- Systeme entwickelt und ist Zulieferer für alle Dieselautos. Ich plädiere dafür, die Ergebnisse der Karttellbehörden abzuwarten und nicht vorzuverurteilen.

Heinrich Moser / 27.07.2017

Wir sollten ein Gesetz machen, dass den Anti-Schwerkraft-Antrieb für Raumflugkörper ab 2023 zur Pflicht macht. Das wäre doch ein ungeheurer technischer Fortschritt.

Hein Tiede / 27.07.2017

“...dass sie glauben, sich nicht an die Gesetze halten zu müssen.” Zu bemängeln ist doch eher die Feigheit der Konzernchefs, sich nicht rechtzeitig gegen unrealistische Grenzwerte zu wehren. Da wird immer davon geschwafelt, dass die wahre Macht bei den Industriemagnaten liege, und dann knicken sie reihenweise ein vor der technisch unterbelichteten Politik. RWE hatte noch am ehesten Widerstand geleistet, insgesamt bekleckerten sich die Energieversorger jedoch nicht mit Ruhm, sondern ergaben ein jämmerliches Bild der Feigheit vor dem linksgrünen Meinungsdiktat.

Redlin, Stefan / 27.07.2017

Wir würden heute noch an mit DDT und anderen tötlichen Giften verseuchten Lebensmitteln sterben, wenn die nicht verboten worden wären. Nicht ganz so krass aber ähnlich ist das mit dem Verbrenner. Wenn nach hundert Jahren Weiterentwicklung ein Ding ausentwickelt ist, und dieses nicht mehr zu akzeptablen Preisen massentauglich weiter entgiftet werden kann, dann sollte man den Arsch in der Hose haben sich davon zu verabschieden. Das E-Auto ist sicher nicht oder noch nicht sowas wie ein Allheilmittel, aber diese Technologie kann sich nur zum Besseren entwickeln, was bei der Alten nicht oder kaum noch geht. Und was zur Hölle spricht dagegen sich endlich ein Stück weit vom Öl und dessen Verkäufern unabhängig zu machen! Statt dessen frisst der Bauer wieder mal nichts was er nicht kennt und kauft weiter den ollen Kram. Also muss eingegriffen werden um uns zur Vernunft zu bringen! Das ist dann eben politischer Zwang. Würden wir einfach mal was neues kaufen und ausprobieren, statt immer alles Neue schlecht zu reden, wär das nicht nötig. Ist wie im Strassenverkehr, Geschwindigkeitsbeschränkungen gibt es nur, weil wir alle wie bescheuert rasen.

Ralf Schmode / 27.07.2017

Hallo, Herr Maxeiner, ein Staat lässt sich dann am bequemsten führen, wenn das Staatsvolk in möglichst weitgehender Abhängigkeit zu den Regierenden gehalten wird und dankbar sein muss für jede Zuteilung materieller und immaterieller Güter. Nun gibt es ein paar Dinge, die dabei stören: Hohe Vermögen der Untertanen, hohe Qualität ihrer Ausbildung sowie diese vermaledeite individuelle Mobilität. All diese Faktoren tragen zur Unbotmäßigkeit der Bürger bei und verbessern übrigens auch deren Perspektive, außerhalb des bunten Merkelschen Irrenhauses ihr Glück finden zu können. Die Angriffe auf Vermögen und Ausbildungsstand der Menschen werden von den Regierenden und ihren medialen Klatschpappen gerade massiv vorgetragen, der Anschlag auf den motorisierten Individualverkehr wird das nächste Glied in der Kette sein. Die Damen und Herren der Inneren Partei haben ihren Orwell gelesen: Ein totalitäres Regime funktioniert, indem es seine Bürger arm und dumm hält, immer schneller im Hamsterrad laufen lässt und bei Bedarf einsperrt. Und ihnen gleichzeitig erzählt, wie gut sie es haben. Big Mutti is watching you.

Herbert Dietl / 27.07.2017

Die Gesetze des Marktes werden es richten. Es gab schon ein System, das mit Hammer und Sichel, mit Ideologie und Willkür die Welt nach ihrem Gusto verändern wollte; wir wissen wie es endete. Es wird nur dauern, Humankapital vernichten, und in geistiger Unterdrückung und gewaltsamen Auseinandersetzungen enden, wenn es nichts mehr zu verteilen gibt. Schade, aber wir werden wohl wieder mal nicht darum herumkommen.

A. Geurtz / 27.07.2017

Nach 2025 und dem Verbot von Autos mit Verbrennungsmotor in Norwegen wird sich die Diskussion eh versachlichen, weil die Nachteile dieser Technik ohne den erkennbar ausbleibenden, zur Alltagstauglichkeit notwendigen Quantensprung in der Entwicklung (Was ist eigentlich in den letzten ~ 100 Jahren geschehen??)  überdeutlich zu erkennen sein werden. Also abwarten und Tee trinken.

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