Die Macht der Zahlen lässt sich nicht außer Kraft setzen

Demnächst gehen die geburtenstarken Jahrgänge der Sechzigerjahre in Rente. Es gähnt eine demografische Lücke am Arbeitsmarkt, die von der grassierenden Asylmigration schon aus Qualifikationsgründen nicht ausgefüllt werden kann.

1964 wurden in Deutschland 1,4 Millionen Kinder geboren. Dann setzte der sogenannte Pillenknick ein. In wenigen Jahren halbierten sich die Geburtenzahlen und haben sich bis heute nicht erholt. 2023 wurden in Deutschland noch rund 700.000 Kinder geboren. Je zur Hälfte entfielen sie auf ethnische Deutsche und auf Migranten. Diese Entwicklung, dass wir kleiner und fremder werden, hält seit 60 Jahren an. Man muss sie wohl als säkularen Trend betrachten. Dieser Trend wird an dieser Stelle nicht weiter kritisiert, er wird vielmehr als Tatsache zur Kenntnis genommen. Als gefestigte Wahrscheinlichkeit dürfen wir davon ausgehen, dass sich das Geburtenverhalten in Deutschland auch künftig nicht ändert, denn dazu müssten die Frauen mehr Kinder wollen, absehbar ist eher das Gegenteil.

Nachdem sich das veränderte Geburtenverhalten Mitte der Siebzigerjahre dauerhaft etabliert hatte, gab es jahrzehntelang Zeit, um sich anzupassen,

  • durch eine veränderte Familienpolitik,
  • durch eine gezielte Einwanderungspolitik
  • durch einen früheren Eintritt ins Erwerbsleben
  • durch einen späteren Renteneintritt
  • durch mehr Kapitaldeckung in der Rentenversicherung
  • durch ein abgesenkten Rentenniveau

„Deutschland ist kein Einwanderungsland“

Als junge Beamte im Bonner Bundesfinanzministerium redeten wir uns darüber Mitte der Siebzigerjahre beim Mittagstisch die Köpfe heiß. Nur die deutsche Politik interessierte sich ein halbes Jahrhundert lang kaum oder allenfalls lauwarm für die damit verbundene Problematik. Jahrzehntelang hörte der Bürger immer die gleichen Sprüche: „Deutschland ist kein Einwanderungsland.“ „Eins ist sicher, die Rente.“ „Das Rentenniveau ist unantastbar.“ „Die gesetzliche Altersgrenze wird nicht erhöht.“ Selbst mühsam erreichte Reformfortschritte wie der demografische Faktor in der Rentenformel wurden unter Merkels Kanzlerschaft stillschweigend ausgesetzt, sobald sie wirksam zu werden drohten.

Die Macht der Zahlen ließ sich allerdings so nicht außer Kraft setzen: Die gesetzliche Rentenversicherung, die sich vor Jahrzehnten aus den Sozialbeiträgen vollständig selbst getragen hatte, ist mittlerweile zu einem Drittel von Zuschüssen aus dem Bundeshaushalt abhängig. Marode Brücken und Straßen, eine kriegsuntüchtige Bundeswehr und ein wettbewerbsfeindliches überhöhtes Steuerniveau gehören zu den Folgen dieser Art von Rentenpolitik.

Demnächst gehen die geburtenstarken Jahrgänge der Sechzigerjahre in Rente. Es gähnt eine demografische Lücke am Arbeitsmarkt, die von der grassierenden Asylmigration schon aus Qualifikationsgründen nicht ausgefüllt werden kann. Mittlerweile beziehen die Migranten mehr Bürgergeld als die deutsche Bevölkerung und verschärfen so die finanziellen Engpässe des Sozialsystems, anstatt zu einer Lösung beizutragen.

So wird die Zukunft erneut zur Beute der Vergangenheit

Die ständig wachsende Querfinanzierung der Rentenversicherung aus dem Bundeshaushalt ist nicht länger durchhaltbar. Aber mindestens die SPD möchte genau das: Sie will ein Rentenniveau von 48 Prozent bedingungslos festschreiben und wendet sich zudem gegen jede Anpassung der gesetzlichen Altersgrenze. Im beginnenden Wahlkampf geht hier auch die CDU/CSU auf sehr leisen Füßen. Die Grünen halten sich raus, und auf die FDP hört sowieso keiner mehr. Auch AfD und BSW vertreten in dieser Frage keine zukunftsfähigen Positionen.

Wenn man auf den Altersaufbau der Wähler in Deutschland schaut, wird der Grund für den parteiübergreifenden Opportunismus klar: 40 Prozent der deutschen Wähler sind 65 Jahre oder älter, und demnächst werden es 45 Prozent sein. Für Deutschland – dem Land der Grauköpfe und Rollatoren – ist ein auskömmliches Rentenniveau zur wichtigsten politischen Frage geworden. Wirtschaftliche Dynamik, eine moderne Infrastruktur, ein leistungsgerechtes Steuersystem und eine kriegstüchtige Bundeswehr fallen demgegenüber weit zurück.

Auf diese Prioritäten setzt die SPD: Mit einem Rentnerwahlkampf möchte sie die Union mit dem Herausforderer Merz an der Spitze das Fürchten lehren. Vielleicht hat sie damit sogar Erfolg. In diesem Fall könnte man nur sagen: Armes Deutschland! Ein Achtungserfolg der SPD bei der Bundestagswahl am 23. Februar könnte in einer neuen großen Koalition einen Bundeskanzler Merz zum gefesselten Prometheus machen. Indem die ungelöste Rentenfrage mit mehr Staatszuschüssen zugekleistert wird, würde die Zukunft erneut zur Beute der Vergangenheit werden.

Zuerst erschienen in der Zürcher Weltwoche

Foto: Montage achgut.com/ Imago

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Leserpost

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Martin Bauer / 03.02.2025

@ Bernd Neumann. Bin voll auf Deiner Seite. Habe 4 Kinder. Davon 2 Beamte, ein Apotheker, der in seiner eigenen Versorgungswelt lebt, und das schwarze Schaf: der jüngste. Der hat sich jetzt mit 20 ins Bürgergeld verabschiedet.  Schade, dass keines meiner 4 Kinder in die gesetzliche Rente einzahlt. Aber ich unterstütrze natürlich deinen Vorschlag: Sollen doch die kinderlosen Akademiker, die 35 Jahre lang den Höchstbeitrag gezahlt und damit anderer Kinder Eltern durchfütterten endlich abgezockt werden und später nur noch von der Hälfte, was sage ich, von einem Viertel der Grundsicherung leben. Asoziales Pack, das… Super Idee, oder? Und was lernen wir daraus? Kinder sind kein Garant dafür später Rentenbeitragszahler zu werden und Kinderlose zahlen womöglich mehr ein als Du und Deine Kinder. Und was machen wir mit all denen, die biologisch keine Kinder bekommen können oder einfach zu schief ausschauen um einen Partner abzukriegen? Fagren über Fragen….

Wolfgang Richter / 03.02.2025

“Die ständig wachsende Querfinanzierung der Rentenversicherung aus dem Bundeshaushalt ist nicht länger durchhaltbar.” - Regierungsdarsteller, die 3stellige Milliardenbeitrage aus dem Steuertopf zur Finanzierung n u r politisch gewollter “Corona-Zwangsmaßnahmen” aufzuwenden bereit waren, gleiches mit der Bekämpfung eines erfundenen Problems der “C02-Klimaerwärmungs-Wende” und der Finanzierung eines fremden Krieges durchziehen, sollten mit der “Querfinanzierung der Rente” eher kein Problem haben, einfach die anderen “Projekte” einstampfen und die Verantwortlichen der “Corona-Lügerei” zur Kasse bitten, bis zur letzten Unterhose, wenns sein muß.

Sam Lowry / 03.02.2025

Ja, und die Macht der Zahlen sagt welche zukünftige Regierung voraus? Richtisch… nein, jedenfalls nicht AfD, dafür ist zu stark noch die Macht. (Starwars)

Leo Hohensee / 03.02.2025

@Barbara Strauch @Achter u Meier - ” ......  Wer immer noch an die Rettung durch ein Aufweichen der Schuldenbremse glaubt, sollte mal nach Frankreich sehen: Dort frisst der Schuldendienst demnächst ein Drittel (!) des gesamten Haushalts.” - Ja, ist eigentlich banal, jegliche Erhöhung der Neuverschuldung vergrößert den Anteil der Steuereinnahmen, der sofort für fällige Zinsen abgeführt werden muss, ohne jeglichen Ertrag. - Die große Ausnahme war die Zeit mit negativen Zinsen. Da hätten unsere Staatslenker LANGFRISTIGE Schulden machen müssen / können. In dieser Zeit haben unsere Nachbarländer das gemacht, obwohl für sie die Zinsen wohl niedrig aber nicht wie für D negativ waren. beste Grüße

Karl Dreher / 03.02.2025

Ich würde wirklich gerne - fortbestehende Gesundheit vorausgesetzt - über meinen 67. Geburtstag hinaus noch ein paar Jahre in meinem Beruf im höheren öffentlichen Dienst (Laufbahngruppe) weiter arbeiten. Doch: Mein entsprechender Antrag ist nach mittlerweile mehr als fast fünf Monaten noch immer unbeschieden!

Leo Hohensee / 03.02.2025

Arbeitgeberpräsident Rainer Dulger hat die Katastrophe schon 2022 berechnet, 2028 werden keine (!!) Renten mehr bezahlt werden können. Dagegen hat Prof Rainer Raffelhüschen im Jan 24 vorgerechnet, dass die gesamtwirtschaftlichen Aufwendungen für Zuwanderung 5,8 Billionen betragen. Hierzu gibt es eine gute Zusammenfassung von Jutta Martin, Autorin von mehreren Steuerratgebern, bei youtube. Abgabenmäßig sind wir schon heute eines der teuersten Länder der Welt. Solche Erkenntnisse werden aber tunlichst vertuscht. Dazu eine Meinung laut zu äußern, z b zum Verbleib des ganzen Geldes, ist gefährlich. Hirnrissig!

A. Ostrovsky / 03.02.2025

“Am besten isses folglich, man schafft den Sozialquatsch einfach ersatzlos ab.” Verdreht, Geplapper.

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