Gastautor / 26.09.2024 / 13:00 / Foto: X.com / 13 / Seite ausdrucken

Die Logik von der Tötung des Ibrahim Aqil

Von Michael Rubin.

Die Verfolgung der an den Bombenanschlägen in Beirut 1983 beteiligten Täter sollte einen hohen Preis für die Tötung von Amerikanern signalisieren.

Bei einem israelischen Luftangriff auf die Hisbollah-Hochburg Dahiyeh im Süden Beiruts wurde Berichten zufolge der ranghohe Hisbollah-Befehlshaber Ibrahim Aqil getötet, der Kopf der Eliteeinheit Radwan. Die Vereinigten Staaten hatten Aqil seit langem für seine Rolle bei der Entführung und Ermordung von Amerikanern verantwortlich gemacht und eine Belohnung für Informationen ausgesetzt, die zu seiner Ergreifung führen. Die USA glaubten insbesondere, dass Aqil an den Bombenanschlägen von 1983 auf die US-Botschaft in Beirut und die Marinekaserne beteiligt war, bei denen mehr als 300 Amerikaner getötet wurden.

Die Frage ist, warum haben die Vereinigten Staaten Aqil nicht schon vor Israel ausgeschaltet? Immerhin war der Bombenanschlag auf die Marinekaserne der tödlichste Angriff auf Amerikaner bis zu den Anschlägen der Al-Qaida am 11. September 2001. Israel war aus mehreren Gründen am Tod von Aqil interessiert. Er plante aktiv die Ermordung von Israelis und stimmte sich eng mit dem Iran ab, um Waffen zur Erreichung dieses Zwecks zu importieren. Sicherlich wusste Israel seit Wochen, wenn nicht sogar Monaten oder länger, über Aqils allgemeinen Aufenthaltsort Bescheid. Sie verfolgten ihn und kannten die verschiedenen Wohnungen, in denen er sich aufhielt.

Entweder hatten die Vereinigten Staaten diese Informationen oder sie wussten dies nicht. Wenn nicht, dann liegt eine Geheimdienstlücke vor, die William Burns, der Direktor der Central Intelligence Agency, vor dem Kongress erklären sollte. Wenn die US-Geheimdienste jedoch Aqils Aufenthaltsort kannten, stellt sich die Frage, warum die Vereinigten Staaten nicht gehandelt haben und welche Folgen dieses Versagen hatte. Das Problem mit George W. Bushs „Globalem Krieg gegen den Terror“ ist, dass der Terrorismus nur eine Taktik ist, die eingesetzt wird, um ein bestimmtes Ziel zu erreichen. Im Kern geht es dabei um eine Kosten-Nutzen-Analyse: Bringt der Angriff das Ziel voran und sind die Kosten es wert?

Als Ronald Reagan nach den Bombenangriffen auf den Libanon die Evakuierung der US-Streitkräfte anordnete, kam die Hisbollah-Führung zu dem Schluss, dass der Terror funktioniert. Das dachte auch Al-Qaida-Führer Osama Bin Laden, der den Abzug aus Beirut als Beweis dafür anführte, dass seine Strategie die Vereinigten Staaten dazu zwingen könnte, sich von Saudi-Arabien abzukoppeln. Reagans Bereitschaft, Waffen gegen Geiseln einzutauschen, verschlimmerte das Problem nur noch, indem er die Terroristen davon überzeugte, dass sich Geiselnahmen lohnen könnten. Ja, die Geiseln kamen nach Hause, aber kaum hatte der Iran die letzte Ladung von Ersatzteilen für seine Kriegsanstrengungen gegen den Irak erhalten, nahm die Hisbollah neue Geiseln.

Nicht belohnen, sondern töten

Es gab einen Weg, der von Reagan und seinen Nachfolgern nicht genommen wurde. Hätten die Vereinigten Staaten alle an den Bombenanschlägen in Beirut 1983 beteiligten Täter zur Strecke gebracht, hätten sie nicht nur den Tod von Amerikanern gerächt, sondern auch signalisiert, dass die Tötung von Amerikanern einen sehr hohen Preis hat. Dies ist nicht nur eine reine Theorie. Denken Sie daran, was der KGB getan hat, als libanesische Terroristen russische Diplomaten entführt haben: „Die sowjetische Geheimpolizei hat letztes Jahr die Freilassung von drei entführten sowjetischen Diplomaten in Beirut erreicht, indem sie einen Familienangehörigen eines radikalen libanesischen schiitischen Moslemführers kastrierte, ihm die abgetrennten Organe schickte und dann dem Verwandten in den Kopf schoss.“ Vielleicht ist eine solch unverblümte Brutalität nicht Amerikas Stil, aber eine gezielte Tötung durch Marschflugkörper oder Drohnen würde den gleichen Sinn vermitteln. Hätten Reagan, George H.W. Bush oder Bill Clinton die Tötung aller an den Bombenanschlägen von 1983 oder der anschließenden Geiselnahme Beteiligten angeordnet, hätte vielleicht auch Bin Laden noch einmal darüber nachgedacht, ob die Vereinigten Staaten wirklich so schwach sind, wie er meinte.

Das Thema ist auch heute noch aktuell. Der Iran hat einen dreisten Plan entwickelt, um Amerikaner zu entführen und Lösegeld in Milliardenhöhe zu erpressen. Sowohl Präsident Barack Obama als auch Präsident Joe Biden waren zu bereit, den Preis dafür zu zahlen und den Kreislauf am Leben zu erhalten.

Würden die Vereinigten Staaten die Geiselnehmer nicht mehr belohnen, sondern töten, würde die Wahrscheinlichkeit, dass die Terroristen eine Belohnung für künftige Entführungen erwarten, drastisch sinken. Die Vereinigten Staaten sollten Israel für die Beseitigung von Aqil applaudieren. Dass er 40 Jahre nach den Bombenanschlägen von 1983 überlebt hat, ist jedoch ein Affront gegen die Gerechtigkeit und das Andenken an die amerikanischen Diplomaten und Friedenstruppen, die bei dem Versuch, dem Libanon eine bessere Zukunft zu bringen, getötet wurden.

Dieser Beitrag erschien zuerst im Middle East Forum.

 

Michael Rubin ist Direktor für politische Analysen beim Middle East Forum und Senior Fellow am American Enterprise Institute.

Foto: X.com

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Leserpost

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Wolfgang Richter / 26.09.2024

j. heini - “Sie wird niemals Israel applaudieren, geschweige denn wirklich für sie selbst bittere Entscheidungen für D treffen.” —Seh ich bezüglich Deutschland völlig anders, denn mit ihrer Kriegsrhetorik und daraus folgenden Maßnahmen führen sie und ihresgleichen Deutschland (und die EU) zunehmend in eine direkte militärische Auseinandersetzung mit Rußland. Und die deutschen “Marine-Experimente” von der chinesischen Küste sind auch nicht gerade deeskalierend, im Falle des Falles zutiefst selbstmörderisch.

Wolfgang Richter / 26.09.2024

@ Georg Dobler - “Ich finde das Zusammenleben wesentlich einfacher wenn man miteinander in einer Sprache spricht, die alle Beteiligten verstehen.” - Das ist doch schon seit Dekaden im von selbst ernannten Bessermenschen und ebensolchen Sprachpanschern im hiesigen Wokistan nicht mehr üblich, sondern voll “Natzie”. Einer der Gründe, warum es im sozialen Miteinander zunehmend knirscht. Und das setzt sich entsprechend “nach oben” fort.

Stefan Riedel / 26.09.2024

Eine andere Sprache verstehen diese Terroristen-Monster nicht! Kein klarer Fall von Notwehr? Entweder diese islamistischen Bestien massakrieren uns alle früher oder später, oder wir knallen sie alle vorher ab?  Benjamin Netanjahu hat so recht!

G. Männl / 26.09.2024

Ob es wirklich was bringt diese Älteren zu entfernen? Da stehen doch schon drei jüngere und aggressivere in den Startlöchern.

Ralf Pöhling / 26.09.2024

Was viele im von der islamischen Welt weit entfernten Westen, ich nenne hier besonders die USA und den christlichen Teil Europas bzw. Deutschlands, einfach nicht verstehen: Das christliche Vergeben und Vergessen funktioniert mit radikalen Muselmanen nicht. Die müssen entweder siegen oder brachial geschlagen werden. Stichwort: Paradies und 72 Jungfrauen. Im Zweifelsfall muss das mit dem Tod des Kämpfers enden. Ein Einlenken bzw. ausgehandelter Frieden wird ihm von den eigenen Leuten nicht zugestanden und als Verrat gesehen. Da sind sich Muselmanen und nordische Germanen sehr ähnlich, denn da ist es genauso. Die christliche Denke von “wenn dich jemand auf die linke Wange schlägt, so halte ihm auch die rechte hin” und vom Outsourcing der eigenen Schuld an Jesus, der für deren “Sünden gestorben” ist funktioniert nur bei Christen. Im Islam oder nordischen Germanentum gibt es das nicht. Wer da nachgibt, ist nicht der Intelligentere, sondern eben der Verräter. Genau aus diesem Grund müssen die Juden in Nahost permanent militärisch gegenhalten. Tun sie das nicht, werden sie als Schwächere gesehen und überrannt. Und wenn die palästinensische Führung nachgibt, wird man sie als Kollaborateur der Juden sehen und am nächsten Baum aufhängen. Was im Endeffekt bedeutet: Damit in Nahost Frieden einkehrt, bedarf es keiner Zwei-Staaten-Lösung, die es eh nie geben kann, so lange die Palästinensergebiete in Gaza und Westjordanland getrennt sind, sondern eines eindeutigen Sieges. Damit Israel seine Ruhe bekommt, muss es Hamas und Hisbollah eindeutig schlagen. Alles andere zeugt nur von völligem Unverständnis über die kämpferische Seele des Islam. Eine Niederlage können die akzeptieren. Umsiedlungen auch. Ein Einlenken aber nicht, denn das wird als Verrat am eigenen Volk gesehen. Insofern soll mir bitte keiner mehr mit Camp David 2.0 kommen. Das funktioniert so nicht. Auch bei den Israelis nicht, die müssen sich auf Gedeih und Verderb verteidigen, sonst sind sie ihr Land wieder los.

Georg Dobler / 26.09.2024

Ich finde das Zusammenleben wesentlich einfacher wenn man miteinander in einer Sprache spricht, die alle Beteiligten verstehen. Wie aus einem verlinkten Artikel der los Angeles Times zu entnehmen ist, hat der sowjetische KGB nach Entführung seiner Diplomaten diese für alle verständliche Sprache gesprochen - Zitat ” this is the language Hezbollah understands.”

j. heini / 26.09.2024

Helmut Schmidt hat bei der RAF richtig gehandelt. Er hat es sich mit Sicherheit nicht leicht gemacht, als es darum ging, Entscheidungen zu treffen, die Menschenleben gegen Abwehr von Terror erforderten. Heute wäre D verloren. Heute haben wir Analena Baerbock, mit ihrer femininen Außenpolitik. Sie wird niemals Israel applaudieren, geschweige denn wirklich für sie selbst bittere Entscheidungen für D treffen. Bitter sind die Entscheidungen von AM und denen unter Herrn Scholz nur für D. Die Entscheider selbst ruhen tief und ungequält.

finn waidjuk / 26.09.2024

Würde der Westen genau so mit allen Terroristen (und dazu zähle ich ausdrücklich auch jeden Messerstecher, der bei seiner Tat Allahu Akbar schreit) verfahren, wie Sie es dankenswerter Weise beschrieben haben, wäre die Welt ein gutes Stück besser und sicherer. Angst funktioniert nämlich in beide Richtungen. Danke für diesen fantastischen Artikel.

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