Wolfgang Röhl / 29.03.2019 / 06:29 / Foto: Tim Maxeiner / 62 / Seite ausdrucken

Die lästige Pressefreiheit der Vielen

Ein konservativer Publizist der Nachkriegszeit, während der Vorkriegs- und Kriegszeit emsiger Beiträger auch von hammerharten Naziblättern wie dem „Völkischen Beobachter“, sprach im März 1965 allen Linken aus dem Herzen: „Die Pressefreiheit ist die Freiheit von 200 reichen Leuten, ihre Meinung zu verbreiten.“ 

Der Satz stand in einem Leserbrief, welchen Paul Sethe dem „Spiegel“ geschickt hatte. Was Sentenzen über den Medienbetrieb betrifft, so steht er im Zitate-Ranking ziemlich oben. Öfter dürfte nur noch Hanns Joachim Friedrichs’ Diktum zitiert worden sein, einen guten Journalisten erkenne man daran, dass er sich nicht mit einer Sache gemein mache, „auch nicht mit einer guten“. Tatsächlich standen beide Sprüche in einem etwas komplexeren Kontext. Aber es war die knackige Kurzversion, die ihnen Flügel verlieh.

Das vollständige Zitat später. Vorher was zu Sethe. Als einer der fünf Gründungsherausgeber der FAZ, die 1949 als Quasi-Nachfolgerin der 1943 verbotenen „Frankfurter Zeitung“ auf den ausgedünnten Pressemarkt kam, schien dieser, in ganz unterschiedlichen Disziplinen gebildete, Geist die Idealbesetzung für ein neues Bürgerblatt. Zwar enthielt seine Vita hässliche braune Flecken. Doch das war bei vielen damals publizistisch Umtriebigen genauso – siehe Henri Nannen. Im frühen Spiegel gaben sich ehemalige SS-Chargen die Klinke in die Hand.

1955 verließ Sethe die FAZ aus eigener Entscheidung, weil er im Gegensatz zu den Mitherausgebern Adenauers Politik der Westbindung der Bundesrepublik ablehnte. Er arbeitete später für die „Welt“, die „Zeit“ und den „Stern“, schrieb Bücher und historische Studien. Als er 1967 starb, wanden ihm die Leitjournos der Republik opulente Kränze. Immerhin war er es gewesen, der ihre Branche mit dem Orden „Gewissen der Nation“ geschmückt hatte. Ein Nachruf im Spiegel nannte Sethe einen „Mann der heimatlosen Rechten“. Das war als Kompliment gemeint.

Das Gros der Verleger duckte sich weg

Sethes legendärem Satz von den 200 betuchten Meinungsverbreitern folgte noch eine Erläuterung fast marxistischen Kalibers:

Frei ist, wer reich ist. Das Verhängnis besteht darin, daß die Besitzer der Zeitungen den Redakteuren immer weniger Freiheit lassen, daß sie ihnen immer mehr ihren Willen aufzwingen." Und weiter: „Da die Herstellung von Zeitungen und Zeitschriften immer größeres Kapital erfordert, wird der Kreis der Personen, die Presseorgane herausgeben, immer kleiner. Damit wird unsere Abhängigkeit immer größer und immer gefährlicher. 

Zwar gäbe es in der Presselandschaft ein paar Räume, "in denen noch die Luft der Freiheit weht, ... aber wie viele von meinen Kollegen können das von sich sagen?"

Gleichwohl, so endete der Leserbrief, betrachte sich der Verfasser keineswegs als einen Linken. Doch vor allem Linke und Linksradikale rubelten Sethes Wort bald zum Schlachtruf um. Antikapitalismus und berechtigte Wut auf hetzerische Artikel gegen die APO in vielen Springer-Organen befeuerte nach dem Attentat auf Rudi Dutschke ab Ostern 1968 die Kampagne „Enteignet Springer!“. Sie mündete in gewalttätigen Angriffen auf das Verlagshaus. 

Das Gros der Verleger duckte sich weg, wohl in der Hoffnung, Springer genüge den studentischen Protestlern als Prellbock. Dabei gehörten auch die meisten anderen Verlagsinhaber zu den 200 reichen Leuten, deren Presswerke bei einem Gelingen der von manchen Achtundsechzigern ersehnten Revolution flugs vergesellschaftet worden wären. Dazu kam es bekanntlich nicht. Und doch ist heute, 50 Jahre später, die Freiheit, anderen die Meinung zu geigen, erheblich umverteilt.

Zu Sethes Zeit stand das Zeitungsverlagswesen noch in hübscher Blüte. Tatsächlich kontrollierten ein Dutzend Großverleger und ihre Clans schätzungsweise die Hälfte der auf den Markt strömenden Druckerzeugnisse. Die andere Hälfte befand sich im Streubesitz von Mittelständlern, die damit in erster Linie Geld verdienen wollten. Sogar das nach Kriegsende wiedererstandene Presseimperium der SPD warf ja noch reichlich Profit ab; sein schmachvoller Niedergang begann erst gegen Ende der 1960er. 

Keine Ähnlichkeiten zum Kleber-TV von heute

Magazinen wie dem Spiegel oder dem Stern oder der – politisch einen Gegenkurs steuernden – „Quick“ dagegen standen ihre goldenen Jahre erst noch bevor. Das verdankten sie kommenden Kämpfen um die Meinungshoheit. Etwa in Sachen Ostpolitik, Radikalenerlass, RAF-Terrorismus, Friedensbewegung.

Die Staatsradiosender waren zu Sethes Zeit betulich, altbacken, popkulturell eine Katastrophe. Als junger Mensch hörte man lieber AFN, BFN oder Radio Luxemburg, your station of the stars. Politisch waren die Funkhäuser rot (WDR) oder schwarz (BR) gefärbt. Es kam jedoch vor, dass darin Kräfte wirkten, die nicht auf Linie der jeweiligen Sender lagen. Wie der konservative Gentleman Peter Coulmas, viele Jahre leitender außenpolitischer Redakteur im WDR.

Und das Fernsehen? Spielte als Meinungssturmgeschütz nur eine Nebenrolle, verglichen mit heutigen Verhältnissen. 1965 gab es praktisch nur ein einziges Vollprogramm, welches schwarzweiße Bilder versendete. Das zwei Jahre zuvor gegründete Zweite Deutsche Fernsehen war noch nicht richtig in die Puschen gekommen. Und schon gar nicht besaß es Ähnlichkeiten zum Kleber-TV von heute. 

Liebe Jüngere, Folgendes ist Fakt, kein Witz: Das ZDF strahlte von 1969 bis 1988 ein stockkonservatives Politmagazin aus, welches alle zwei Wochen auch eine vielköpfige Hassseherschaft vor der Glotze versammelte. Der stets gnieflig drein guckende Leiter Gerhard Löwenthal verkaufte sich als Person grottenschlecht, behielt aber in der Sache nicht selten recht.

Das kommodeste Kabuff für Moralconcierges

Heute hat sich die Medienwelt verändert, sind die Karten neu gemischt. Nicht länger verfügen 200 reiche Leute über die Möglichkeit, anderen das Hirn zu waschen. Es sind inzwischen viele mehr, und sie müssen gar nicht reich sein. Ganze Kohorten, deren Eltern im Altersheim zuweilen noch selig in Erinnerungen an Flower Power, Sit-Ins, dicke Joints und freie Liebe schwelgen, haben sich der Verbesserung ihrer Mitmenschen verschrieben. 

Sie sind in die bröselnden Reste der traditionellen Holzmedien eingezogen oder schrubben Texte für deren Online-Portale. Sie rascheln in Partei- und Firmenstiftungen rum, trommeln für NGOs oder die EU, schützen Wachtelkönige, predigen in Klimakirchen das immergrüne Fünfvorzwölf, gründen Denunziantenvereine gegen alles, was ihnen voll nazi vorkommt. 

Vor allem aber zieht es sie in den Staatsfunk, das kommodeste Kabuff für Moralconcierges. Mittlerweile ist es so gut wie unmöglich, irgendein Programm zu empfangen, ohne alsbald einer Nanny ausgeliefert zu sein, welche über die Dringlichkeit der Inklusion dieser oder jener Minderheit, die mangelnde Akzeptanz der Landbevölkerung gegenüber Wölfen oder die Gefahren von Schadstoffen in Brillengestellen aus China aufklärt. In „Themenwochen“ werden auf sämtlichen ARD-Wellen Erziehungsaufträge rauf und runter genudelt, wie ausgeheckt von der EKD der KGE. Das Wort „Umweltschutz“ kommt in jeder besseren Sendung mindestens fünfmal vor; viel hilft viel.

Es grenzt an ein Wunder (und macht im Netz sofort die Runde wie das Bild einer Kuh mit drei Köpfen), wenn ein Journalist vom „Deutschlandfunk“ einfach mal seinen Job versieht. Zum Beispiel den Grützkopp Anton H. auf den Grill setzt, bis ihm die Büx qualmt. Kurz, es ist unter Journalisten die Ausnahme geworden, sich nicht mit einer vermeintlich guten Sache ins Bett zu begeben.

Hat die neue Kaste der Meinungsverbreiter also gewonnen? Offenbar nicht ganz. Beklagt wird im Bessermenschenmilieu neuerdings, dass viele Debatten von Rechten angezettelt würden, während die Linken darauf nur reagierten. Vor allem im Internet seien die Rechten erfolgreich, schaudern linke Netzaktivisten. 

„Mehr Freiraum, als die Demokratie vertragen kann.“

Das Netz bedürfe daher dringend einer Reconquista. Und eine christdemokratische Kulturstaatsministerin (welch ein beinahe österreichischer Titel!) tat im „Tagesspiegel“ kund: „Das Internet ermöglicht derzeit mehr Freiraum, als die Demokratie vertragen kann.“ 

Abgesehen davon, dass das Rechts-Links-Schema zum Beispiel beim Thema Massenmigration schlecht greift – es handelt sich da eher um Auseinandersetzungen von Gesinnungsethikern und Verantwortungsethikern –, scheint das Alarmgeschrei nicht gänzlich grundlos zu sein. Vorbei die herrlichen Zeiten, da sich obligate Diskurse und heiß geliebte Streitkultur vornehmlich in aufgeblähten Feuilletons der Bildungsbürgergazetten abspielten. Gewissermaßen unter Bewohnern ein und desselben Hauses, die bei bestimmten Fragen zwar unterschiedlicher, aber bitteschön denn auch nicht zu unterschiedlicher Ansicht sein sollten. 

Leitfigur jener Ära war der Debattenkugelblitz Frank Schirrmacher. Der 2014 verstorbene FAZ-Herausgeber hatte es gelegentlich vermocht, binnen einer Woche gefühlt drei Großpalaver anzukicken, welche daraufhin in der SZ, der Zeit oder dem Spiegel ausgiebig bekakelt wurden. Das machte Spaß, da kam Freude auf. Unter den Hausbewohnern. Warum die oft selbstreferenzielle linke Debattenhegemonie etwas auf den Hund gekommen ist, darüber kann man spekulieren. Liegt es am Auflagenschrumpf der Printmedien, mit dem ein Bedeutungsverlust notwendigerweise einhergeht? Schlägt der wachsende Unmut über die „Lügenpresse“ (aufgeweckte Zeitgenossen benutzen den viel treffenderen Begriff Lückenpresse) sogar bei manchen Feuilletonfans durch? 

Oder sind schlicht ungemütlichere Zeiten angebrochen? Zeiten, in denen es keinen mehr juckt, was ein durchgeknallter Georg Diez im Spiegel dem Schriftsteller Christian Kracht mal so alles ans Hemd kleben wollte. Riesendebatte, damals!  Weshalb funktioniert so etwas – und einiges anderes – nicht mehr reibungslos? Wie kam es zur Entzauberung einer Zunft, die sich unentbehrlich vorkam, dem Verfassungsolymp („Vierte Gewalt“) so nah?

Wegen des Netzes, natürlich. Der alte Traum von der „Gegenöffentlichkeit“, in den 1970ern von Linken, Spontis und Alternativos dank neuer, erschwinglicher Reproduktionstechniken in bescheidenem Maß verwirklicht, ist mittlerweile ziemlich manifest geworden. Diverse bunte, vielfältige und erstaunlich gut redigierte Blogs und Internetzeitschriften, die auf meiner PC-Favoritenliste stehen, informieren, bespaßen oder ärgern mich besser als die meiste Kioskware. 

Nein, Filterblasen sind das nicht

Und ja, da schreiben Leute, die von manchen Themenfeldern viel mehr Ahnung haben als viele Journos. Weil die Leute nämlich auf diesen Feldern beruflich ackern oder geackert haben. Und nein, Filterblasen sind das nicht, jedenfalls nicht nur. Nebenbei, die ehedem gute alte Tante Zeit ist mittlerweile die schillerndste Seifenblase im deutschen Medienzirkus, seit ihrer Neuerfindung als Schneeflöckchens Hauspostille („Können Muscheln Schmerz empfinden?“) durch den schönen Giovanni.

Paul Sethe konnte solche Entwicklungen nicht erahnen. Heute würde er vielleicht schreiben: Die Pressefreiheit ist die Freiheit von 200 reichen Leuten, regierungsfrommen Sendern, mit Parteien verbandelten Stiftungen, spendengeilen Umweltaposteln und verbiesterten NGOs, ihre Meinungen zu verbreiten. Zum Glück ist da noch das Internet Schließlich verhält es sich so, wie Alexander Wendt kürzlich den „lieben Schrumpfmedien“ zurief: „Die Leser sind nicht weg. Sie lesen nur woanders.“

Foto: Tim Maxeiner

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Michael Scheffler / 29.03.2019

Herr Löwenthal war der seriöse Widerpart des stets geifernden, auch im Wortsinne spuckenden von Schnitzler. Löwenthal hat eigene Beiträge gehabt, Schnitzler hat lediglich Fetzen präsentiert, die er aus dem Zusammenhang gerissen hat. „Sudelede“ war eine passende Bezeichnung…

Peter Wichmann / 29.03.2019

„Schlägt der wachsende Unmut über die „Lügenpresse“ (aufgeweckte Zeitgenossen benutzen den viel treffenderen Begriff Lückenpresse) sogar bei manchen Feuilletonfans durch?“—- „Lücke“. Klingt nicht ganz so verwahrlost wie Lüge. Wie andere altgediente Edel- und sonstige Federn klammert sich auch – der von mir im übrigen sehr geschätzte – Wolfgang Röhl an den „Lücken“-Begriff.  Journalismus! Das war und ist ihr Leben. Sage doch keiner, der ganze Laden sei von Grund auf verlaust.—- Doch, ist er. Und den Begriff „Lückenpresse“ zu bevorzugen hat nichts mit „Aufgewecktheit“, aber viel mit Verdrängung zu tun. So bitter eine solche Erkenntnis für die Betroffenen ist und so sehr sie vermutlich am Selbstwertgefühl nagt: allmählich sollten auch die letzten „aufgeweckten“ Journalisten die rosaroten Brillen absetzen und klar sehen, daß sie einem aktuell durch und durch verrotteten Milieu entstammen. Es zeugt von Hilflosigkeit und zumindest partieller Verwirrung, selbst nach den jüngsten Offenbarungen des Relotius und Gieselmann noch immer am „Lücken“-Begriff festzukleben. Und selbst wenn: Falls ich meiner Frau die Geliebte verheimliche, führe ich dann eine Lückenehe? Oder belüge und betrüge ich sie?

Frank Reinert / 29.03.2019

Das verlinkte Interview im Deutschlandfunk von Herrn Heinemann mit dem substanzlosen Anton H. ist Klasse. Hoffentlich muss sich Herr Heinemann nicht einen neuen Job suchen, weil er den grünen Phrasendrescher so hart angegangen ist.

Martin Landvoigt / 29.03.2019

Einerseits ist die Hoffnung durch das anarchische Internet durchaus gegeben, aber praktisch bilden sich noch immer wirksame Propagandakanäle ... und das Imperium der roten Reaktionären schlägt zurück. Hier ein Netzwerkdurchsetzungsgesetz - angeblich gegen ‘Hate Speech’ - dort ein Upload-Filter, und die Masse vertraut auch nach den gesinnungsdurchwirkten Programmen noch immer den öffentlich Rechtlichen - die kommerziellen TV-Medien blasen schließlich ins gleiche Horn. Man fragt sich, warum früher Prostituierte ehedem einen schlechten Ruf hatten: War es, dass sie Liebe und Erregung vorspielten, obwohl es doch nur der Wunsch auf den Verdienst war? Oder Versicherungsvertreter? Denen unterstellte man auch gerne, dass sie einem im Eigeninteresse etwas aufschwatzten, also die Kunden prellten? Dann waren die Politiker im Fokus: Sie mimten den Volkstribun und blieben doch nur am eigenen Wohl interessiert. Die Kunst blieb, mit den Wölfen zu heulen. Heute sind es die Journalisten, die unter relozierenden Generalverdacht stehen ... und allzu oft nicht unbegründet: Warum sollte man sich deren Produkte noch antun?

gabriele bondzio / 29.03.2019

Mittlerweile ist es so gut wie unmöglich, irgendein Programm zu empfangen, ohne alsbald einer Nanny ausgeliefert zu sein, “...was ich voll auf bestätigen kann. Daher lese ich wider mehr. Man wird nicht belästigt von dauernd-unterschwelligen Belehrungen, die ich in meinem Alter (64) sowieso als unnütz und oft auch als Zumutung an meinen noch sehr gut funktionierenden Verstand, empfinde. Gestern bin ich eher zufällig bei Panorama vorbeigekommen, just am Augenblick, als Jouwatsch so richtig madig gemacht wurde. Und da ich gelegendlich dort auch lese. Blieb ich kurz dabei. Dachte aber eher zum Schluß, hier wurde so richtig die Neugier der Fernsehzuschauer geweckt. Mal bei der Seite vorbeizuschauen und vielleich auch öfter dort zu lesen.

Sabine Drewes / 29.03.2019

@Thomas Taterka: Lieber Herr Taterka, daß das ZDF-Magazin in Ihrer Jugend das letzte gewesen wäre, was Sie sich angeschaut hätten, glaube ich Ihnen ohne weiteres. Ob es sich tatsächlich nur “verbitterte Ältere” ansahen, kann ich nicht beurteilen. Was ich aber beurteilen kann: Jüngere, die sich für das Schicksal der Deutschen “drüben” auch nur die Bohne interessiert hätten, kannte ich in meiner Jugend nicht. Vielleicht kennen Sie noch den Spruch: “Die DDR ist fremder als die Mongolei”. Ja, ja, die “DDR”. Aber nicht die Menschen, die das Pech hatten, unschuldig hinter Mauer und Stacheldraht gesperrt zu werden. Und: Mit seinen “Hilferufen von drüben” hatte Löwenthal vielen geholfen, die sich in einer ausweglos erscheinenden Lage befanden. Löwenthal hatte eben nicht nur angeklagt, sondern gehandelt.

J. Braun / 29.03.2019

Bei diesem Lamento über »die Presse« wird ständig ausgeblendet, daß es jedem freisteht, sein eigenes Presseerzeugnis herauszugeben und sich seine Leser selbst zu suchen. Jeder kann das, es ist niemandem verboten. Vergleicht man die IVW-Zahlen der Zeitschriften, erkennt man schnell, daß konservative Blätter offensichtlich nicht so gefragt sind wie linke. Woran das liegt, kann sich jeder selbst überlegen. Man vergleiche nur die Zahlen von Wochenblättern wie der JF, der Zeit, dem Freitag oder Tichy. Es braucht auch nicht von der Freiheit des Journalisten fabuliert zu werden, denn es gilt: Wer zahlt, schafft an. Und es zahlt der Leser. Alle Verlage müssen von den drei Säulen Einzelverkauf, Abo und Werbung leben. Und anscheinend funktioniert das bei den meisten Presseprodukten immer noch—vielleicht nicht mehr so gut wie früher—, aber immer noch so gut, daß es Zeitschriften wie Zeit und Spiegel und Zeitungen wie SZ und FAZ gibt. Um es ganz provokant zu sagen: Die gedruckte Ausgabe von Achgut suche ich am Kiosk vergebens. Man kann es nur immer wieder betonen: Zeitungen/Zeitschriften/Magazine haben nicht »eine Wahrheit« zu verbreiten, wo auch immer man die findet, sondern sie sind Waren, die verkauft werden müssen. Und deshalb müssen sie schreiben, was ihre Leser lesen wollen. Solange sie dies tun, klappt das Geschäftsmodell, wenn sie es nicht mehr tun, müssen sie entweder schließen oder—es lebe die »Parteiendemokratie«—, sie müssen einen Politiker finden, der sie subventioniert.

Werner Pfetzing / 29.03.2019

Nun auch ich (Jahrgang 1950) zähle mich zur Flower-Power-Generation,  aber für den Aufenthalt im Altersheim ist es für mich noch 10 Jahre zu früh. Und ich glaube, da bin ich nicht der Einzige. 

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